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Ersatzkältemittel für R404A

Die Suche nach Alternativen aus der Sicht eines Herstellers

    Ausgangssituation

    Die neue F-Gase-Verordnung (EU) 517/2014 verbietet den Einsatz von R404A in stationären Neuanlagen ab dem 1. Januar 2020. Darüber hinaus gilt ab dem gleichen Datum ein Serviceverbot für bestehende Anlagen mit mehr als 10,2 kg Füllmenge mit Frischware (recyceltes oder wiederaufbereitetes Kältemittel darf noch bis 2030 verwendet werden). Außerdem verlangt der Phase-Down aus Annex II die schrittweise Verringerung der Mengen an CO2-Äquivalenten (Produkt aus GWP und Menge der Kältemittel), um schlussendlich bis 2030 eine Reduzierung um 79 Prozent zu erreichen. Gerade R404A mit seinem sehr hohen Treibhauspotenzial (GWP = 3 922) wird daher als erstes Kältemittel schon deutlich vor dem eigentlichen Verbot 2020 in den meisten Neu- und Bestandsanlagen ausgetauscht werden müssen.

    Als Hersteller von Anlagen der Umweltsimulation, Stabilitäts- und Emissionsprüfung hat Weiss Umwelttechnik diese Problematik früh erkannt. Nahezu alle im Lieferprogramm enthaltenen Systeme für Temperatur-, Klima-, Bewitterungs-, Temperaturschock-, Korrosions- und Langzeitprüfungen arbeiteten in den letzten Jahren mit R404A als Kältemittel. Die Größen derartiger Anlagen variieren hierbei von Tischgeräten mit Prüfraumvolumina um 20 Liter bis hin zu befahrbaren Zellen, in denen komplette Antriebsstränge oder Lkws getestet werden können. Die großen Herausforderungen bei der Suche nach einer Alternative für R404A in diesen Simulationsanlagen stellen dabei die sehr komplexe Regelung und die hohen Anforderungen an die Anlage dar. Parameter wie Lufttemperatur und Luftfeuchte müssen hochgenau und reproduzierbar abgebildet werden, wobei diese oftmals überlagert sind mit mechanischen Beanspruchungen, z. B. Vibrationen und Strahlungseinflüsse. Temperaturbereiche von 70 °C bis +180 °C in einem Raum sind die Grundvoraussetzung, um die gängigsten Prüfnormen aus verschiedensten Teilen der Industrie abbilden zu können. Außerdem müssen die Anlagen in der Lage sein, Temperaturen im Prüfraum mit zum Teil mehr als 25 K/min zu verändern und über sehr hohe Regelgüten verfügen, um eine Dosierung der verbauten Kälteleistung bis unter 1 Prozent zu ermöglichen. Hierfür werden umfangreiche und teils komplexe kältetechnische Schaltungen wie kaskadierte Anlagen bei Tieftemperaturprüfungen eingesetzt. Da in Umweltsimulationsanlagen Lebensalterungsprüfungen an Produkten und Komponenten durchgeführt werden, die Prüfgeräte selbst jedoch über zehn Jahre und mehr betriebsbereit sein müssen, unterliegen die eingesetzten Materialien und Konstruktionen besonders hohen Anforderungen. All diese Faktoren machen die Suche nach einem Ersatzkältemittel denkbar komplex und schränken die Auswahl erheblich ein.

    Die neuen Opteon-Ersatzkältemittel

    Mit der oben aufgeführten Herausforderung wandte sich Weiss Umwelttechnik im Rahmen der Chillventa 2014 an Chemours auf der Suche nach dem richtigen Kältemittel, um R404A in ihren Anlagen zu ersetzen. Erste Tests mit R407F führten nicht zu dem gewünschten Erfolg. Neben den typischen Problemen mit der viel zu hohen Heißgastemperatur kam es unter bestimmten Bedingungen auch zu Leistungseinbrüchen und unsauberem Verdampfen bei sehr niedrigen Drücken. Pünktlich zur Chillventa hatte Chemours jedoch zwei vielversprechende Alternativen anzubieten, um R404A auch in anspruchsvollen Anlagen ersetzen zu können: Opteon XP40 (R449A) und Opteon XP44 (R452A). Beide Kältemittel wurden als nicht brennbare Ersatzkältemittel für R404A in Neu- und Bestandsanlagen entwickelt. Opteon XP40 wird mit einem GWP von 1 282 (AR5*) bereits großflächig in stationären Anlagen von Gewerbe und Industrie eingesetzt und hat sich mittlerweile mit Tausenden erfolgreich umgestellten Anlagen als favorisiertes HFO-Ersatzkältemittel für R404A etabliert. Opteon  XP44 dagegen wurde vornehmlich als Ersatzkältemittel für die Transportkälte entwickelt. Letzteres zeigte jedoch aufgrund seiner günstigeren Eigenschaften auch Potenzial für andere auf niedrige Heißgastemperaturen angewiesene Spezialanwendungen wie kleine, hermetisch geschlossene Systeme in der Tiefkühlung. Da der GWP-Wert von Opteon XP44 mit 1 945 (AR5) über dem von Opteon XP40 liegt, ist eine Weiterentwicklung mit Blick auf die Umweltverträglichkeit gefordert.

    Mit diesen Informationen und der tatkräftigen Unterstützung von Chemours begann Weiss Umwelttechnik mit der Evaluierung der beiden möglichen Alternativen. Aufgrund der Erfahrungen mit R407F lag der Fokus dabei zunächst auf Opteon XP44 (R452A).

    Evaluierung und Anforderungen an die Kältemittel

    Im Rahmen der Tests wurden sechs Kriterien, die ein entsprechendes Ersatzkältemittel erfüllen muss, getestet:

    1. Thermodynamik

    Die verwendeten Betriebsstoffe wie das Kältemittel sind extremem thermischem Stress ausgesetzt. Die höchste Belastung erfahren Kältemittel beim sogenannten Temperatursprung, einer sofortigen Absenkung der Temperatur im Prüfraum von +180 °C auf den Endwert der Anlage. Um den größtmöglichen Effekt zu erzielen, wird das Kältemittel hierzu in den heißen Verdampfer eingespritzt; die Wahl des Fluides ist dementsprechend wichtig. Bei geforderten Temperaturabweichungen im Raum von ±1 K über einen sehr weiten Temperaturbereich bis –40 °C/70 °C müssen auch Verdampfer mit Längen von mehr als 4 m gleichmäßig beaufschlagt werden. Demzufolge ist ein möglichst geringer Temperaturgleit von Vorteil. Nach eingehenden Prüfungen konnte Opteon XP44 (R452A) ein gutes bis nahezu deckungsgleiches Betriebsverhalten bestätigt werden mit wenig Anpassungsaufwand. Einzig die speicherprogrammierbare Steuerung der Anlagen muss für Opteon XP44 (R452A) angepasst werden.

    2. Umtemperiergeschwindigkeit

    Die Umtemperiergeschwindigkeit einer Umweltsimulationsanlage bezieht sich auf den einstellbaren Temperaturbereich des Geräts. Um die Leistungsangaben einzelner Hersteller untereinander vergleichbarer zu machen und einzelne Regelcharakteristika beim Einregeln der jeweiligen Endwerte auszublenden, wird gemäß IEC Norm 10 Prozent der oberen bzw. unteren Temperaturbereiche nicht betrachtet. Die Umtemperiergeschwindigkeiten sind hierbei vergleichbar (siehe Bild 2). Der Ausgangswert für R404A liegt bei 6,3 K/min. Nach Um- stellung auf Opteon  XP44 (R452A) und ohne weitere Optimierungsmaßnahmen liegt der Wert in ersten Versuchen bei 5,8 K/min. Auffallend ist die Verschiebung des Temperaturverlaufs beim Betrieb mit Opteon  XP44  (R452A), wodurch tendenziell eine höhere Leistung in höheren Temperaturbereichen zu erwarten ist. Das Betriebsverhalten der Anlagen verschiebt sich demnach etwas, die grundlegenden Leistungsdaten werden nahezu deckungsgleich erreicht. Die gemessenen Drücke und Temperaturen zeigen keine Auffälligkeiten.

    3. Maximale Wärmelast

    Die maximale Wärmelast der Geräte bezieht sich wegen der Vielfalt der einzelnen Prüfnormen nicht auf einzelne Temperaturwerte, sondern wird zumeist grafisch angegeben. Hierbei wird die maximal einbringbare Wärmelast (z. B. Abwärme durch während der Prüfung betriebene Elektromotoren) über den einstellbaren Temperaturbereich des Ge-räts angegeben. Der angegebene Wert stellt hierbei das Maximum dar, bei dem die Anlagen noch in der Lage sind, die Temperatur im Prüfraum mit der angegebenen Regelgenauigkeit (meist < ±0,3 K ÷ ±0,5 K) konstant zu halten. Dieser Wert wird direkt vom eingesetzten Kältemittel beeinflusst. Bild 3 zeigt die Gegenüberstellung der ermittelten maximalen Wärmelast eines Geräts vor und nach der Umstellung auf Opteon XP44 (R452A). Bei der konnte ebenso eine sehr gute Übereinstimmung der bisherigen Leistungsdaten erzielt werden. Hierzu gehört auch eine gute Reproduzierbarkeit selbst bei Abkühlversuchen aus höheren Temperaturbereichen. Auch hier ist mit einer leichten Leistungssteigerung von Opteon XP44 (R452A) gegenüber R404A zu rechnen. Wegen der leicht erhöhten Verdichtungsendtemperatur bei sehr hohen Prüfraumtemperaturen begrenzen Sicherheitsorgane die maximale Kühlleistung, um die spezifischen Grenzen der Bauteile einzuhalten.

    4. Brennbarkeit

    Bei Umweltsimulationsanlagen steht vor allem die Brennbarkeit der eingesetzten Stoffe im Vordergrund. Bei einem Raum, der wie bei derartigen Anlagen üblich, nahezu von der Umgebung abgeschlossen ist, reichen schon geringe Mengen eines brennbaren Stoffs aus, um ein explosionsfähiges Gemisch im Innern zu bilden. Um kostspielige und technisch komplexe Lösungen zu vermeiden, ist daher ein nicht brennbares Kältemittel vorzuziehen.

    5. Mischbarkeit mit Ölen

    Durch die sehr kompakte Bauweise der kältetechnischen Installationen ist das Ölmanagement von entscheidender Bedeutung. Die optimierten Rohrquerschnitte stellen bei den aktuell verwendeten Kältemitteln einen sicheren Rückfluss sicher, auch beim dauerhaften Betrieb bei Temperaturen unter 40 °C. Eine Verschiebung der Mischungslücken hätte demnach gravierende Folgen für die Dimensionierung und Optimierung der Kältetechnik. Da in allen Versuchen keine Probleme beim Ölmanagement aufgetreten sind, konnten die kältetechnischen Verrohrungen in allen Fällen unverändert übernommen werden. Regelmäßige Analysen der verwendeten Öle bestätigten die Stabilität der eingesetzten Betriebsstoffe im Temperaturbereich.

    6. Verfügbarkeit der verwendeten Kältemittel

    Für einen weltweit führenden Hersteller von Umweltsimulationsanlagen mit global aufgestelltem Servicenetz ist die Verfügbarkeit der verwendeten Kältemittel von entscheidender Bedeutung. Prüfungen an Prototypen unterliegen in vielen Fällen sehr engen Zeitplänen, ein längerer Geräteausfall kann sehr hohe Kosten zur Folge haben. Aus diesem Grund ist eine kurze Reaktionszeit äußerst wichtig. Ersatzteile und Betriebsstoffe müssen schnell und weltweit verfügbar sein.

    Zwischenergebnis

    Bei den beiden untersuchten Möglichkeiten ergeben sich einige Vorteile der neuen Kältemittel. Bei den beiden untersuchten Möglichkeiten einer Drop-In-Umstellung von R404A-Anlagen zeigen sich unterschiedliche Vorteile der beiden Kältemittel in den Bereichen Heißgastemperatur, Temperaturgleit und globale Verfügbarkeit. Aufgrund der Entscheidung von Thermoking, ihr gesamtes R404A-Portfolio in der Transportkühlung auf Opteon XP44 umzustellen, ist die globale Verfügbarkeit von R452A analog zu dem in Europa sehr verbreiteten Opteon XP40 (R449A) gewährleistet. Somit ist bei beiden Ersatzstoffen eine uneingeschränkte Versorgung gesichert.

    Felderfahrung

    Im Frühjahr 2015 wurden die ersten fünf Geräte bei Kunden mit Opteon XP44 ausgerüstet. Zwei Anlagen wurden neu gebaut, drei Bestandsanlagen wurden von R404A auf Opteon XP44 umgerüstet. Dabei waren keine Umbaumaßnahmen nötig, die Kältemittelumstellung lief in allen Fällen problemlos. Die Anlagen konnten ebenfalls ohne Probleme in Betrieb genommen werden und arbeiten bis heute fehlerfrei, sodass der Kunde keinerlei Unterschiede im Verhalten seiner Anlage beobachten kann.

    Seitdem wurden mehr als 32 000 Prüfstunden mit dem neuen Kältemittel an verschiedensten Geräten, Verdichtern und Anwendungen gefahren. Dabei wurden unter anderem vollhermetische Kompressoren (Hubkolbenverdichter), halbhermetische Kompressoren (Hubkolbenverdichter, 2- bis 6-Zylinder), Schraubenverdichter, Scrollverdichter, zweistufige Verdichter, einstufige Anlagen (40 °C Endwert) und Kaskadenanlagen (70 °C Endwert, Vorstufe mit R404A betrieben) getestet. Überall waren die Ergebnisse mit Opteon XP44 sehr positiv. Weitere Tests mit Opteon XP40 werden zeigen, mit welchen technischen Modifikationen sich der GWP-Wert und damit der ökologische Fußabdruck der Anlage weiter senken lässt.

    Fazit

    Mit Opteon XP44 (R452A) aus dem Hause Chemours hat Weiss Umwelttechnik eine optimale Alternative für ihre R404A-Anlagen gefunden. Opteon  XP44 erfüllt dabei ohne größere Schwierigkeiten das anspruchsvolle Leistungsprofil in den Anlagen und offenbarte in Labor- und Feldtests keinerlei Schwächen. Damit unterstreicht Opteon  XP44 seinen Ruf als exzellentes Kältemittel für Spezialanwendungen, bei denen besonders niedrige Heißgastemperaturen nötig sind. Längerfristig wird es interessant sein, die Einsetzbarkeit von Opteon XP40  (R449A) mit geringen technischen Modifikationen auch in größerem Maßstab in Anlagen von Weiss Umwelttechnik zu realisieren, um die entsprechenden CO2-Äquivalente im Rahmen der F-Gase-Verordnung (EU) 517/2014 weiter zu senken. Bisherige Testläufe zeigen sich durchweg positiv.

    Christian Haack,

    Leiter Entwicklung Umweltsimulationsanlagen, Weiss Umwelttechnik GmbH, Reiskirchen-Lindenstruth

    Dr. Nicolas Dietl,

    Technisches Marketing – Opteon Kältemittel, Chemours Deutschland GmbH, Neu-Isenburg

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