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Aufbau und Inbetriebnahme einer CO2-Laborkälteanlage

Erhöhte Anforderungen an MSR-Technik

    Die CO2-Kälteanlage umfasst Kältemittel-, Rückkühl- und Kältenutzungskreislauf (Bild 1), aufgebaut aus Kältemaschine, Rückkühler im Außenbereich und beheizbarem Kaltwasserspeicher. Die Kältemaschine wird von einem semihermetischen CO2-Hubkolbenverdichter angetrieben, ge- eignet für sub- und transkritischen Betrieb. Das verdichtete CO2-Kältemittel strömt durch Gaskühler und Zwischenwärmeübertrager, wobei es abkühlt, bei subkritischem Betrieb auch verflüssigt. Den Hochdruck nach dem Verdichter bestimmt das Hochdruckregelventil, es drosselt die CO2-Strömung bei Eintritt in den MD-Behälter. Dabei entspannt das Druckgas auf Mitteldruck (MD), der rund 10 bar höher als der Verdampfungsdruck liegt. Die Strömung beruhigt sich im MD-Behälter und die flüssige und gasförmige Phase trennen sich. Das flüssige CO2 aus dem unteren MD-Behälterteil entspannt über ein elektronisches Expansionsventil und strömt zweiphasig zum Verdampfer, wo es Wärme aufnimmt und überhitzt (Sauggas). Aus dem oberen MD-Behälterteil entspannt gasförmiges CO2 (Flashgas) über ein EEV, mischt sich mit dem Sauggas aus dem Verdampfer und strömt über den Zwischenwärmeübertrager zum Verdichter. Dort folgt die Druckerhöhung, damit ist der CO2-Kältemittelkreislauf mit zweistufiger Entspannung und einstufiger Verdichtung geschlossen. Die Kältemaschine verfügt zur Funktion weiterhin über einen Hochleistungs-Ölabscheider mit Rückführung in die Sauggasleitung sowie über einen Flüssigkeitsabscheider hinter dem Verdampfer.

    Zu Forschungszwecken ist die Maschine besonders gebaut, mehrere Bypass-Leitungen flexibilisieren den Betrieb und erlauben eine Variation der hydraulischen Schaltung von Betriebsmitteln. Bei Sperren des MD-Behälters erlaubt ein Bypass den Betrieb mit einstufiger Entspannung und überflutetem Verdampfer. Bei Sperren der Sauggasleitung versorgt ein Bypass den Zwischenwärmeübertrager zur Erhöhung der Effizienz im Kreisprozess. Ein dritter Bypass ermöglicht die Zugabe von flüssigem CO2 in den Kältemittelkreislauf, er verbindet den MD-Behälter über ein Handexpansionsventil mit dem Verdampfereintritt. Außerdem ist die Kältemaschine für wissenschaftliche Untersuchungen umfangreich mit Sensorik ausgestattet und verfügt über eine Messstrecke in der Flüssigkeitsleitung, die neben Temperatur- und Druckmessung vor allem der Massenstrombestimmung dient.

    Neben der konstruktiven Fertigstellung wird die umfangreiche Automation der CO2-Kälteanlage über eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) umgesetzt. Für einen manuellen Testbetrieb (z. B. Inbetriebnahme) können alle Betriebsmittel manuell bedient und die Drosselorgane zur Entspannung autonom geregelt werden. Handschalter am Hauptschaltschrank be-dienen die Pumpen, den Ventilator am Rückkühler, die Heizung im Kaltwasserspeicher und den Verdichter. Die Stellsignale für Absperr- und Mischventile sowie Freigaben für unabhängige Regler auf Feldebene werden in der SPS-Programmumgebung vorgegeben. Besondere Bedeutung bei der Planung und Konstruktion aller Teile des Systems kommt der Eigensicherheit im Betrieb zu, um die Versuchsanlage zu Forschungszwecken flexibel und sicher zu betreiben. Die Bedienung der Anlage im Handbetrieb ermöglicht es dem Nutzer, jederzeit durch Schalten vom experimentellen in den manuellen Anlagenbetrieb oder sicheren Stillstand zu wechseln.

    In Bild 2 (S. 26) dargestellt ist die CO2-Kälteanlage mit Betriebsmitteln, Steuer- und Regelkreisen auf der Feldebene, das heißt im Kältemittel-, Kältenutzungs- und Rückkühlkreislauf. Auf der Automationsebene verarbeitet die SPS die Signale aus dem Feld und regelt den gesamten Prozess. Dem übergeordnet ist die Leitebene, auf der der Betrieb der Forschungsanlage in einer ingenieurstechnischen Entwicklungsumgebung softwaregestützt überwacht und analysiert wird. Ebenfalls über die Leitebene wird der Anlagenprozess, beispielsweise im gekoppeltem Betrieb, mit anderen Energieversorgungssystemen oder netzdienlich im „Smart Grid“ gesteuert. Zur Regelung des Kältemittelkreislaufs in der Kältemaschine werden auf Feldebene zwei Geräte eingesetzt, welche die CO2-Strömung autonom regeln. Der erste Regler bestimmt die Zustände im HD- sowie MD-Bereich der Maschine und stellt Hochdruckregelventil und Flashgas-EEV. Die Temperatur des CO2 nach der Verdichtung hängt ab von der Temperatur am Gaskühler der Anlage, weiter bestimmt das Hochdruckregelventil den hochdruckseitigen Zustand. Um im transkritischen Betrieb die maximale Leistungszahl im thermodynamischen Kreisprozess zu erreichen, wird im Regler der Wert für den optimalen Hochdruck errechnet. Im subkritischen Betrieb wird das Hochdruckregelventil nach dem Wert der Unterkühlung der verflüssigten CO2-Strömung geregelt.

    Das EEV zur Flashgas-Entspannung hält den Druck im MD-Bereich der Kältemaschine auf dem gewünschten Sollwert, dabei werden Schwankungen der hochdruckseitigen Betriebstemperatur ausgeglichen, die bedingt sind durch den Verlauf der Außentemperatur. Um die erforderliche Verdampfungsenthalpie im Prozess bereitzustellen, wird bei steigenden Temperaturen am Gaskühler der Hochdruck erhöht. Dann strömt über das EEV mehr Flashgas aus dem MD- Behälter zur Verdichtung, um die höhere Drucklage herzustellen. Der niederdruckseitige Massenstrom ist davon entkoppelt und hängt nur ab vom Wert der Temperatur im überhitzten Sauggas bei Austritt aus dem Verdampfer. Der zweite unabhängige Regler im Feld regelt das EEV zur Entspannung des flüssigen, zu verdampfenden CO2.

    Die Grundlage der Automation bildet die Umsetzung einer SPS-Programmierung, die alle Steuer- und Regelkreise erfasst, wobei vom Nutzer die Sollwerte zum Anlagenbetrieb in der übergeordneten Leitebene vorgegeben werden. Im Rahmen der weiteren Arbeiten werden die Datenkommunikation im Feld, sichere Steuerung der Betriebsmittel und Definition von Fehlern/Störmeldungen implementiert. Darauf aufbauend erfolgt die Automation der CO2-Kälteanlage für den weiteren Forschungsbetrieb. Erste Versuchsreihen dienen der Charakterisierung der Anlage bei verschiedenen Betriebspunkten. Es werden systematisch Messdaten erfasst, um Kennfelder von Anlage und Betriebsmitteln zu bestimmen.

    Weitere wissenschaftliche Untersuchungen befassen sich mit dem Einfluss der Regelung der CO2-Strömung und des Anlagenbetriebs auf die energetische Effizienz unter sich ändernden Betriebs- und Randbedingungen in der Anlage- und im Anlagensystem. Dafür wird ein Simulationsmodell aufgebaut, das die CO2-Kälteanlage abbildet und mittels experimenteller Messdaten validiert. Es gilt, Regelstrategien für maximale Anlageneffizienz zu ermitteln und experimentell zu testen. Das Projekt „AutTherm“ hat zum Ziel, CO2-Anlagen energieeffizient zu betreiben und die Energieeffizienz im gekoppelten Systembetrieb mit weiteren Wärme- oder Kälteerzeugern und im „Smart Grid“ zu optimieren. Als Methoden kommen neben dem systematischen Reglerentwurf (Rapid Control Prototyping) höherwertige Regelungs- und Optimierungsverfahren (Advanced Process Controls) zum Einsatz, beispielsweise wissensbasierte Methoden wie Fuzzy Control und modellprädiktive Regelungsalgorithmen. Zusätzlich stellt sich beim CO2-Prozess mit transkritischem Verlauf die Frage nach einem Vergleichsprozess als Grundlage zur Bewertung der energetischen Effizienz. Die gleitende Temperatur während der hochdruckseitigen Wärmeabgabe im Prozess beeinträchtigt die Aussagekraft der energetischen Bewertung nach Carnot.

    So dienen die experimentellen Untersuchungen an der CO2-Kälteanlage dazu, den Ansatz für einen transkritischen Vergleichsprozess, beschrieben in van de Ven [2], systematisch zu testen.

    Danksagung

    Die Arbeiten am CO2-Kälteanlagensystem werden im Rahmen des Projekts AutTherm [1] durchgeführt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 13FH047PX5 und Industriepartnern als Drittmittelgebern gefördert wird.

    Nina Schultz M.Sc.,

    wissenschaftliche Mitarbei- terin, Institut für Gebäude- und Energiesysteme, Hochschule Biberach

    Weicheng Chen B.Sc.,

    wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Gebäude- und Energiesysteme, Hochschule Biberach

    Prof. Dr.-Ing. Martin Becker,

    Institut für Gebäude- und Energiesysteme, Hochschule Biberach

    Fußnoten

    Literatur

    [1]AutTherm: Automationsgestützte Systemoptimierung thermischer Energieversorgungssysteme (Erzeugung, Verteilung, Nutzung) für die Gebäude- und Energietechnik. Forschungsprojekt der Hochschule Biberach im Förderprogramm FHprofUnt 2015 durch Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Laufzeit 2016 bis 2019

    [2]Adinda van de Ven, 2014: Entwicklung einer Bewertungsmethode für transkritische CO2-Kältekreisläufe, basierend auf VDMA 24247-2, Masterthesis, Hochschule Biberach, Fakultät für Architektur und Gebäudeklimatik.

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