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Wärmepumpenlösungen für Siedlungen und Quartiere

Klassische oder kalte Nahwärme?

    Schon heute springen viele Energieversor- gungsunternehmen auf den Zug der Nah-wärme auf, da diese so die Möglichkeit haben, ganze Quartiere umweltfreundlich und mit vergleichsweise geringem Aufwand mit Wärme zu versorgen. Denn für Nahwärme mit Wärmepumpen kann auf fossile Wärmeträger verzichtet werden, was CO2-Emissionen reduziert und für mehr Unabhängigkeit sorgt. Die Antriebsenergie Strom ist ohnehin in jedem Haus vorhanden und wird durch den Ausbau der erneuerbaren Energien ständig grüner. Daher fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA; www.bafa.de), als zentralen Baustein der Klimaschutzziele der Bundesregierung, den Einbau von Wärmepumpen als Teil von Wärmenetzen mit mehreren tausend Euro.

    Wärmepumpenlösungen für Quartiere

    Grundsätzlich stehen sich bei der Errichtung oder Modernisierung von Quartieren und Siedlungen zwei unterschiedliche Wärmepumpenlösungen gegenüber, die klassische Nahwärme und sogenannte kalte Nahwärme. Bei der klassischen Nahwärme wird die gewonnene Wärme über eine Großwärmepumpe zentral auf das benötigte Temperaturniveau gehoben und dann mittels Übergabestationen in die Heizsysteme der Häuser eingespeist. Die Temperaturen im Nahwärmenetz sind daher entsprechend hoch. Darüber hinaus steht bei dieser Lösung in den Wohneinheiten selbst keine Wärmepumpe.

    Die kalte Nahwärme bildet die Alternative zur klassischen Nahwärme. Dabei wird die Wärme auf niedrigem Temperaturniveau in das Netz gespeist und erst im Gebäude von einer Wärmepumpe auf die benötigte Temperatur gebracht. Die Wärmepumpe, welche gleichzeitig auch zum Kühlen ein- gesetzt werden kann, ersetzt bei diesem Konzept die Übergabestation. Da die Systemtemperaturen des Netzes so niedrig gehalten werden können, lassen sich dadurch Wärmeverluste vermeiden und eine hohe Systemeffizienz sicherstellen. In einigen Stadtbezirken werden auf diese Weise auch Neubaugebiete mit Bestandsquartieren verknüpft.

    Für die Ausgestaltung von Quartieren und Siedlungen mit Wärmepumpen gibt es eine Vielzahl potenzieller Wärmequellen. Die Wärme kann entweder über Kollektoren aus Erde oder Abwasser gewonnen werden, über das Grundwasser oder die Abwärme von z. B. Industrieanlagen. Neben diesen sind aus der Praxis ebenfalls Solarthermie sowie Bioenergie- oder KWK-Anlagen als Wärmequellen geeignet und können insgesamt kombiniert und gegenseitig ergänzt werden.

    Theoretisch und praktisch gut

    Auch im Fall der Neuen Gartenstadt Falkenberg in Berlin-Bohnsdorf wurden von der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG unterschiedliche Techniken miteinander kombiniert. Dabei wurde darauf geachtet, ein ganzheitliches Konzept auszuarbeiten, welches nicht nur den eigentlichen Mietpreis, sondern auch die späteren Betriebskosten berücksichtigt.

    Der erste Bauabschnitt des Neubaus der Wohnsiedlung wurde zwischen Herbst 2011 und Frühjahr 2013 errichtet. Mit sieben Wohngebäuden mit insgesamt 59 Wohneinheiten und einer Kindertagesstätte wurde ein innovatives Haustechnikkonzept verwirklicht. Dezentrale Wärmepumpen sorgen für die Beheizung und die passive Kühlung der Einheiten und ein zentrales Blockheizkraftwerk für die Warmwasserbereitung, welches von einem Spitzenlast-Gas-Brennwertgerät unterstützt wird.

    Da das Blockheizkraftwerk ausschließlich für den Grund-Warmwasserbedarf zuständig ist, kann es mit 15 kW Leistung sehr klein ausgelegt werden. Das sorgt für eine hohe Anzahl an jährlichen Betriebsstunden und somit auch für eine hohe Wirtschaftlichkeit. Der erzeugte Strom wird im Haus als Allgemeinstrom genutzt und Überschüsse ins Netz eingespeist.

    Jedes der sieben Wohngebäude sowie die Kindertagesstätte werden von einer Sole/Wasser-Wärmepumpe von Stiebel Eltron mit Heizwärme versorgt. Dafür wurden auf dem gesamten Areal 29 Bohrungen, je 99 m tief, realisiert. Durch Ziegeldecken und eingelegte Heizungsrohre wird die Wärme direkt in die Wohnräume abgegeben, welche über die Wärmepumpenanlage jedoch auch passiv gekühlt werden können.

    Die Größe der Wärmepumpe richtet sich nach den jeweiligen Anforderungen des Gebäudes, daher werden Erdwärmepumpen vom Typ WPF 10, 13, 27 und 40 von Stiebel Eltron genutzt. Nach Aussage von Christoph Mojen, Geschäftsführer des verantwortlichen Planungsbüros Ecoplan, können dank der für die Wärmenutzung günstigen Bodenbeschaffenheit, der geringen Heizungsvorlauftemperatur und der hohen Effizienz der Wärmepumpen Jahresarbeitszahlen von deutlich über 4 erreicht werden.

    In den, wie im vorliegenden Fall, gut gedämmten Gebäuden ist der anteilige Wärmeverlust für die hygienisch notwendige Lüftung erheblich, sodass zusätzlich eine kontrollierte Wohnraumlüftung zum Einsatz kommt. Dezentrale Geräte sorgen in den Einheiten für die Be- und Entlüftung, mit einem Wärmerückgewinnungsgrad von über 90 Prozent. Das durch das BHKW und im Bedarfsfall zusätzlich vom Spitzenlastkessel bereitgestellte Warmwasser wird in Speichern, die wie die Wärmepumpen dezentral in den Gebäuden untergebracht sind, vorgehalten.

    Der zweite Bauabschnitt

    Bereits Anfang 2013 wurde mit dem Bau des zweiten Bauabschnitts der Neuen Gartenstadt Falkenberg begonnen. Errichtet wurden acht weitere Häuser mit 68 Geschosswohnungen sowie 27 Reihenhäuser, insgesamt also 95 Wohneinheiten. Auch hier setzten Genossenschaft und Planer auf eine Kombination aus Wärmepumpen für Heizung, Blockheizkraftwerk und Spitzenlast-Brennwertgerät für die Warmwasserbereitung.

    Im Gegensatz zum ersten Bauabschnitt verfügt aber nicht jedes Haus über eine eigene Wärmepumpe, sondern es wurden mehrere Einheiten zusammengefasst. Installiert wurden erneut Erdreich-Wärmepumpen von Stiebel Eltron mit Wärmeleistungen zwischen 13 und 38 kW. Zum energetischen Konzept gehören ferner Blockheizkraftwerke, die einerseits die Grundlast-Warmwasserbereitung übernehmen, andererseits Strom liefern, der wiederum für die Wärmepumpen genutzt wird. Für die Spitzenlastabdeckung bei der Warmwasserbereitung sind zusätzlich Gas- Brennwertgeräte vorhanden.

    Netzwerkfähige Wärmepumpen

    Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG hat sich im Zuge des zweiten Bauabschnitts für die Ausstattung der Wärmepumpen mit einem Internet-Service-Gateway (ISG) entschieden, das Stiebel Eltron seit 2012 für seine Wärmepumpen bereitstellt. Das ISG fungiert als Schnittstelle zwischen der Heizung und dem hauseigenen Internetrouter, sodass die Daten der Anlage komfortabel über jedes digitale Gerät – Smartphone, Tablet, Laptop oder PC – aufgerufen und Einstellungen vorgenommen werden können. In der Regel kommen ISGs vorrangig in Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz, allerdings ergibt sich durch die verhältnismäßig kleinteilige und weitläufige Bebauung der Anlage, mit recht vielen unterschiedlichen Baukörpern, eine vergleichbare Struktur.

    Über die Wärmepumpenanlagen werden die Wohnungen nicht nur mit Wärme versorgt, sondern auch gekühlt. Mittels des ISG werden alle Daten geloggt, um eine Optimierung der Anlagen in Abstimmung zwischen Genossenschaft, Fachhandwerker und Stiebel Eltron zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt es jedoch noch ein Argument für die Überwachung, das der Bau- und Wohnungsgenossenschaft wichtig war. Durch die gute Dämmung der Häuser kann es sein, dass Mieter einen Ausfall der Heizungsanlage nicht direkt bemerken. Von der Analyse der Störung bis zur folgenden Fehlerbehebung durch Hausverwaltung und Techniker können daher im schlimmsten Fall mehrere Tage vergehen. Über das ISG werden Fehler in der Anlage sofort gemeldet und somit zeitnah behoben. Auch der Fachhandwerker kann bereits online prüfen, welche Art der Störung vorliegt und ist damit in der Lage, viel schneller und zielgerichteter zu agieren. Im Idealfall ist die Störung behoben, bevor der Mieter vom Ausfall überhaupt etwas bemerkt hat.

    Lange Planung

    Die Grundidee für einen Siedlungsneubau geht bereits über 100 Jahre zurück. Im Jahr 1912 sollten, ebenfalls von der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG initiiert, über 1000 Wohnungen im Berliner Ortsteil Bohnsdorf errichtet werden und den Namen Gartenstadt“ tragen – davon abgeleitet auch der heutige Name. Das Vorhaben wurde damals, aufgrund der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten instabilen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, niemals beendet.

    Heute ist auf dem ursprünglich vorgesehenen Gelände schließlich doch eine neue Siedlung entstanden. Das daraus hervorgegangene Wohnungsangebot ist vielfältig: Die Bandbreite reicht von der Einzimmer- bis zur Sechszimmer-Maisonette-Wohnung, von Reihenhäusern mit fünf Zimmern auf drei Etagen bis zur rollstuhlgerechten bzw. barrierefreien Wohnung. Somit sind günstige Wohnbedingungen für Singles, Paare, Familien und Senioren entstanden. Ferner gibt es für die jüngere Generation eine Kita und einen Jugendtreff.

    Fazit

    Wie das Beispiel der Neuen Gartenstadt Falkenberg zeigt, haben Planer und Architekten bei der Errichtung oder Modernisierung von Quartieren und Siedlungen die Chance, durch den gezielten Einsatz von Wärmepumpen in Kombinationen mit anderen Techniken, wie einem Blockheizkraftwerk oder Gas-Brennwertgerät, den Klimaschutz massiv voranzutreiben. Außerdem ergeben sich durch den daraus resultierenden effizienteren Ressourceneinsatz geringere Kosten im laufenden Betrieb. Wärmenetze stehen somit in einer Linie mit den Anstrengungen, die langfristigen von der Bundesregierung angestrebten Ziele der Energiewende zu erreichen. Vom BWP gibt es eine Broschüre mit zahlreichen Referenzobjekten für Siedlungs- und Quartierslösungen.

    www.waermepumpe.de

    Neue Gartenstadt Falkenberg

    Träger: Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG

    Ort: Berlin-Bohnsdorf (Bezirk Treptow-Köpenick)

    204 Mietwohnungen inklusive 41 Reihenhäuser

    Beheizung und passive Kühlung durch Erdreich-Wärmepumpenanlagen von Stiebel Eltron mit Internet-Service-Gateway (ISG)

    Warmwasserbereitung durch zentrales Blockheizkraftwerk, unterstützt von einem Spitzenlast-Gas-Brennwertgerät

    Dr. Martin Sabel,

    Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe e. V., Berlin

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