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Suche nach Alternativen aus der Sicht eines Herstellers

Quo vadis R404A?

    Die Ausgangssituation

    Tabelle 1 vergleicht die Haupteigenschaften der getesteten Kältemittel. Mit dem Anspruch, eine bestmögliche Low-GWP-Alternative für die sehr anspruchsvolle Kältetechnik von Umweltsimulationsanlagen zu qualifizieren, galt es – neben der thermodynamischen und systemtechnischen Analyse – herauszufinden, welche Chancen der Einsatz von R449A bezogen auf die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen bieten kann. Dank der Erkenntnisse aus diesem Projekt kann Weiss Technik als erster Anlagenhersteller sein Produktportfolio auf R449A umstellen. Begonnen wurde die Umstellung mit der Präsentation der neuen Gerätebaureihe ClimeEvent auf der Messe electronica in München im November 2016.

    Die Evaluierung

    Auf Grundlage der Erkenntnisse im Umgang mit R407F, R452A und anderen möglichen Alternativkältemitteln wurde die Bewertung an die Anforderungen der Kältetechnik für Umweltsimulationsanlagen angepasst. Wie schon beim vorangegangenen Projekt wurde auch R449A anhand von für die Umweltsimulation essenziellen Anforderungen getestet, die ein entsprechendes Ersatzkältemittel erfüllen muss.

    Basierend auf den thermodynamischen Eckdaten wurde zunächst eine theoretische Analyse des Ersatzstoffs vorgenommen. Die hieraus abgeleiteten Erkenntnisse zeigten teils deutliche Unterschiede im Vergleich zu R452A (Tabelle 2). Berücksichtigt werden mussten die sich ändernde volumetrische Kälteleistung, die geänderten Druck- und Temperaturverläufe sowie die sich in der Theorie erhöhten Verdichtungsendtemperaturen. Aufgrund der sehr hohen thermischen Belastungen während des Betriebs – die Kältemittel verbleiben auch bei Prüfraumtemperaturen von bis zu +180 °C im Verdampfer – ergab sich eine weitere Herausforderung an die neue Gemisch-Zusammensetzung.

    Wichtig war bei allen Betrachtungen die Berücksichtigung verschiedenster Konstellationen der eingesetzten Kältetechnik; auch diverse Eigenschaften der verwendeten Verdichter wurden näher betrachtet. Die sich aus dem direkten Vergleich der beiden Stoffe ergebenden Nachteile im Vergleich zum Einsatz von R452A wurden mithilfe zahlreicher Maßnahmen kompensiert. Die Validierung anhand von realen Prüfaufbauten erfolgte im Anschluss in mehreren Schritten.

    Im ersten Schritt wurden Prüfstände und Prototypen mit R452A referenziert und anhand der theoretischen Erkenntnisse umgerüstet. Danach begannen ausführliche Prüfszenarien, die nahezu den gesamten Einsatzbereich der Umweltsimulation ab-deckten. Die untersuchten Kältekreise mit Vollhermetik-, Halbhermetik- (direkt ansaugend und Sauggas gekühlte), zweistufigen Scroll- und Schraubenverdichtern zeigten über eine Gesamtprüfzeit von mehr als 30 000 Stunden in Bezug auf die Verdichter-Einsatzgrenzen oder sonstige betriebsrelevante Parameter keine Auffälligkeiten. Letztere umfassen zum Beispiel Temperaturbelastungen bei der direkten Kühlung von bis zu +180 °C heißen Prüfräumen, Langzeit-Tieftemperaturprüffahrten und Versuche bei der Nutzung in sehr tiefen Druckbereichen über lange Zeiträume hinweg.

    Nach Abschluss der Versuchsreihen war es möglich, mit Systemmodifikationen einen Einsatz von R449A selbst unter deutlich erschwerten Bedingungen in einem Temperaturbereich von 45 °C bis +180 °C dauerhaft sicher zu realisieren. Die theoretisch erhöhten Verdichtungsendtemperaturen konnten kompensiert werden, eine dauerhafte Unterschreitung der vorgeschriebenen Grenzwerte war möglich. Laufende Öl- und Verdichteranalysen bestätigten die chemische und thermische Stabilität des verwendeten Kältemittels: Es kam weder zu Zersetzungserscheinungen noch zu einer Veresterung der eingesetzten POE-Öle. Mechanische Analysen zeigten keine Veränderungen der Verdichterbauteile. Die bei der Simulation von Umgebungsbedingungen vorherrschenden, sehr hohen Anforderungen an die räumliche Temperaturverteilung im Prüfraum wurden nach wie vor erfüllt.

    Nach der erfolgreichen internen Validierung wurde im zweiten Schritt eine Analyse der Systeme in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kunden durchgeführt. Dabei stand die Praxistauglichkeit der verwendeten Lösungen im Fokus. Mehrere modifizierte Anlagen wurden über einen Zeitraum von rund sechs Monaten von Anwendern im Realbetrieb getestet. Die Geräte wurden laufend überwacht und die Ergebnisse mit den theoretischen Annahmen verglichen. Es kam während der gesamten Prüfzeit zu keinen Ausfällen oder Überschreitungen der vorgegebenen Betriebsparameter.

    Aktueller Stand

    Die durchweg positiven Ergebnisse der internen und externen Validierungsphase führten zu der Entscheidung, dass in den Umweltsimulationsanlagen von Weiss Umwelttechnik bisher verwendete Kältemittel R404A schrittweise durch R449A zu ersetzen. Systemtechnische Modifikationen erlauben einen Einsatz des Kältemittels im Rahmen der Spezifikationen aller verwendeten Bauteile – und dies in einem sehr weiten Anlageneinsatzbereich. Aktuell findet eine Umstellung aller Standard- und Sonderanlagen statt, die auch Baureihen aus anderen europäischen Werken berücksichtigt. Durch die Sicherstellung der weltweiten Verfügbarkeit seitens Chemours kann auch bei Exportgeräten ein sicherer Betrieb sowie Wartung und Service gewährleistet werden.

    Die Auswirkungen auf Anlagen

    Die Auswirkungen des Wechsels von R404A auf R452A auf bestehende Systeme lassen sich am besten anhand der Vorgängergeneration der ClimeEvent Baureihe verdeutlichen. Durch die Verwendung von R452A kann das CO2-Äquivalent der Kältemittelfüllmenge bestehender Seriengeräte über die gesamte Baureihe im Durchschnitt um rund sechs Tonnen gesenkt werden. Bei vier Modellen ist eine Senkung unter die Fünf-Tonnen-Grenze möglich: Solche Kältekreise unterliegen gemäß der EU-Verordnung 517/2014 keiner Leckageprüfpflicht mehr.

    Die Modifikationen der Kältekreise der aktuellen ClimeEvent Baureihe und der somit mögliche Einsatz von R449A resultierte in einer weiteren, deutlichen CO2-Einsparung bezogen auf die Füllmengen der Systeme. So liegt die Einsparung der aktuell verwendeten CO2-Äquivalente der gesamten Baureihe bei über acht Tonnen. Durch den besonders niedrigen GWP von R449A war es möglich, zwölf Modelle mit einem CO2-Äquivalent von weniger als fünf Tonnen im ehemaligen R404A Kreis zu betreiben – ein deutlicher Mehrwert für die Umwelt und die Betreiber der Systeme.

    Fazit

    Bereits seit Bekanntwerden des ersten Entwurfs der neuen F-Gase-Verordnung 517/2014 beschäftigt sich Weiss Umwelttechnik mit deren Auswirkungen auf die verwendete Kältetechnik. Während der nunmehr fünfjährigen Entwicklungstätigkeit und der Bewertung diverser Ersatzstoffe stand ein Aspekt immer im Fokus der Bestrebungen: die geänderten Richtlinien als Chance zu begreifen und die CO2-Äquivalente bei gleichen Leistungscharakteristiken der Anlagen zu senken. Dies sollte nicht nur bei Neuanlagen, sondern auch bei bestehenden Geräten realisiert werden, um Kunden eine übergreifende Lösung anbieten zu können. Dieses Ziel konnte durch die intensive Zusammenarbeit mit Chemours erreicht werden.

    Mit Opteon XP44 (R452A und Opteon XP40 (R449A) aus dem Hause Chemours hat Weiss Umwelttechnik optimale Alternativen für ihre mit R404A betriebenen Bestands- und Neuanlagen gefunden. Der Ansatz einer ganzheitlichen Lösung kann sehr gut umgesetzt werden; die teils deutlich geringeren GWP-Werte bieten signifikante Mehrwerte für Umwelt und Anlagenbetreiber.

    Es ist weiterhin möglich, auch das anspruchsvolle Leistungsprofil von Neugeräten mit Opteon XP40 (R449A) zu erfüllen. Die verwendeten Komponenten werden zu jedem Zeitpunkt sicher innerhalb der Grenzwerte betrieben; Langzeitversuche und eine intensive Validierung bestätigten dieses Verhalten. Die Umstellung auf alternative Kältemittel betrachtet Weiss Umwelttechnik somit als einen vollen Erfolg.

    Christian Haack,

    Leiter Entwicklung Umweltsimulationsanlagen, Weiss Umwelttechnik GmbH, Reiskirchen

    Joachim Gerstel,

    Technologie Manager Opteon Kältemittel, Chemours Deutschland GmbH, Neu-Isenburg

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