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Fachkräftemangel in deutschen Kälte- und Klimabetrieben

Chefsache Rekrutierung

Die herstellerunabhängige Dresdner Kühlanlagenbau GmbH (DKA), Dresden, sowie der inhabergeführte Betrieb Genheimer KKT GmbH & Co. KG aus Hettstadt bei Würzburg waren mit jeweils zwei Personen über zwei Tage in Valencia, um sich einerseits die Ausbildung anzusehen, andererseits um die bereits in der Vorbereitung für Deutschland befindlichen Kandidaten persönlich kennenzulernen.

Am Montag, den 19. November 2015 reisen Markus und Susanne Genheimer, Genheimer KKT, sowie Steffen Opitz, Geschäftsleitung Personal und Organisation, und Mirko Ranft, Leiter des Montageteams bei der DKA, nach Valencia. Dort trafen sie sich mit Stephan Behringer, Geschäftsführer von POD Int. Personalberatung GmbH, Würzburg. Bisher haben schon mehr als zehn Unternehmer diese Möglichkeit der Personalfindung wahrgenommen. Hier kann nicht nur die Firma den Bewerber optimal auswählen, sondern dieser lernt bereits vorab seinen künftigen Arbeitgeber kennen“, sagt Behringer und ergänzt: Der normale Ablauf setzt eine Reise nach Spanien nicht voraus.“ Die große Mehrzahl der Betriebe sucht den oder die Kandidaten aufgrund der Profile aus und falls es einmal doch nicht klappen sollte, sorgt POD innerhalb der ersten sechs Monate für einen kostenfreien Ersatzkandidaten.

Straff organisierte Reise

Bereits für 17 Uhr ist ein Termin beim Ausbilder für Kälte- und Klimatechnik in der staatlichen Berufsschule El Cabanyal“ organisiert, mit der POD bereits von Anfang an zusammenarbeitet. Mittlerweile haben wir bereits fast 20 Absolventen nach Deutschland vermittelt“, so Behringer. Die meisten davon noch unter 25 Jahre. Sie bringen eine solide Ausbildung und zwei Praktika mit, haben aber auf dem heimischen Arbeitsmarkt aktuell so gut wie keine Chance“.

Die deutschen Firmen hingegen sind aufgrund des guten Rufes der deutschen dualen Ausbildung eher skeptisch und wollen nun im Detail erfahren, wie in Spanien im Bereich der Kälte- & Klimatechnik ausgebildet wird und was sie von den Jungmonteuren als Kandidaten erwarten können.

Die Reisenden werden im Cabanyal“ von dem Ausbilder José Maria empfangen (in Spanien benutzt man nur die Vornamen). Die Gruppe sieht sich an diesem Tag die Klassenräume für Kälte-, Klima- und Automatisierungstechnik sowie deren Werkstätte und Heizungstechnik an. In Spanien ist die Ausbildung nach Grados“ aufgeteilt. Zunächst kann ein Absolvent der Gesamtschule (Abschluss ESO“) nach zehn Jahren mit dem Grado Medio“ beginnen. Hier bietet das Cabanyal unter anderem den zweijährigen Ausbildungsgang Frio y Climatización“ oder Producción de Calor“ an.

Das jeweils erste Jahr ist beiden Grados“ gemeinsam, danach gehen die Auszubildenden entweder in die Kälte- und Klima- oder aber in die Heizungstechnik. Ebenfalls ist der Anschluss einer einjährigen Ausbildung im jeweils bisher nicht ausgewählten Bereich möglich. Wer einen Grado Medio“ erfolgreich absolviert hat, sucht sich entweder Arbeit in einer Firma oder schließt den Grado Superior“ an. Dieser unterteilt sich sich in zwei Bereiche Mantenimiento“ (Wartung) und Desayrollo de Proyetos(Technisches Büro), je nachdem ob der Aspirant mehr praktisch als Installateur und Wartungsfachmann arbeiten möchte, oder sich lieber Richtung Büro und Techniker entwickeln möchte. Alle Grados“ haben gemeinsam: In den letzten vier Monaten wird jeder Ausbildungsgang durch ein Pflichtpraktikum in einer Firma des jeweiligen Sektors abgerundet. Genau hier sehen deutsche Unternehmer, wie auch Genheimer und das Duo Opitz und Ranft von der DKA, die Herausforderung. Die Ausbildung in Spanien, wie in den meisten europäischen Ländern, ist zu theorielastig. Die jungen Leute haben zu wenig Praxiserfahrung“, lautet der allgemeine Tenor. In der Tat starten auch in Spanien die ersten Ausbildungsgänge nach dem dualen System. Die für die Bildung zuständigen Behörden wollen erste Erfahrungen machen, bevor sie sich für eine mögliche Erweiterung entscheiden. Auch die passenden Firmen zu finden, für welche dieses Konzept bisher auch nicht bekannt war und welche aufgrund des aktuellen Überangebots an erfahrenen Fachkräften die Attraktivität der Nachwuchsgewinnung somit zumindest im Moment kein besonderes Gewicht hat, wird dabei zur Herausforderung.

Bei der technischen Ausstattung der Berufsschule Cabanyal“ finden die deutschen Unternehmer einige Unterschiede zu Deutschland. Die Ausrüstung und somit die Möglichkeiten sind in einer deutschen Kälteschule einfach professioneller, die jungen Leute werden in allen Bereichen auf dem neuesten Stand der Technik ausgebildet und es gibt genügend Material für alle. In Spanien gibt es zwar für die meisten Anlagen Musterstücke, diese sind aber oft veraltet oder nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik. Zudem ist aktuelles Kältemittel Mangelware, vor allem aufgrund des schmalen Budgets der Berufsschule, klagt Ausbilder José Maria. Wahrscheinlich sind die spanischen Kälteleute dann gelernter im Improvisieren“, vermutet Markus Genheimer. Für 20 Uhr steht noch ein weiterer wichtiger Punkt auf dem Programm: Das gemeinsame Abendessen mit den Deutschlehrerinnen sowie den ebenfalls vor Ort lebenden deutschen Fachhandwerkern. Im Gespräch wird eine erste Einschätzung zu den einzelnen Kandidaten für den nächsten Tag diskutiert. Alle Lehrerinnen sind Muttersprachler, sprechen ebenfalls fließend Spanisch und kennen die Kultur und Umgangsweisen der Spanier bestens.Die deutschen Fachhandwerker haben in Deutschland die fundierte Ausbildung genossen und sind nach vielen Jahren Berufserfahrung meist aus persönlichen Gründen nach Spanien gegangen. Sie kennen sich bestens aus, was die Unterschiede im jeweiligen Gewerk anbetrifft, im SHK-Bereich sind es vor allem Materialien und Werkzeuge. Pressen ist in Spanien noch fast unbekannt. Im Elektrobereich sind es neben Themen wie Potenzialausgleich auch die unterschiedlichenVorschriften und Normen. Im Kälte- und Klimabereich hingegen gibt es im Vergleich zu den vorigen Bereichen weniger grundlegende Unterschiede, daher fassen die Spanier in diesem Bereich umso schneller Fuß.

Erster Kontakt und Vorstellung

Für den zweiten Tag sind schließlich die Vorstellungsgespräche geplant. DKA möchte insgesamt sechs Kandidaten kennenlernen, die Firma Genheimer hat aus den vorhandenen Profilen vier Kandidaten vorausgewählt. Um Punkt 7.45 Uhr geht es los, denn für 8 Uhr wurde zunächst eine Präsentation der Unternehmen mit anschließender Fragerunde anberaumt. Auf diese Weise verlieren die Kandidaten etwas die Nervosität und können zum ersten Mal in Kontakt mit deutschen Firmen treten“, so Gabriele Schennach. Sie leitet seit mittlerweile fast zehn Jahren die Sprachschule Loga Idiomas“ in Valencia. Und tatsächlich kommen nach der Vorstellung der beiden Unternehmen, die bereits auf Deutsch stattfindet (wenn auch zögerlich), die ersten Fragen. Was auffällt ist, dass es meist die Gleichen sind, die Fragen stellen. Der Großteil der Kursteilnehmer traut sich scheinbar noch nicht, zum ersten Mal mit echten“ Deutschen zu sprechen, denn Behringer oder die Lehrerinnen kennen sie ja bereits gut und können immer zur Not auf ihr Spanisch zurückgreifen.

Nach einer knappen Stunde beginnen nun die Vorstellungsgespräche. Den beiden deutschen Unternehmen liegen aussagekräftige Profile der jeweiligen Kandidaten vor. Zusätzlich stehen Behringer und Schennach als Dolmetscher zur Verfügung. Die Vorstellung der Spanier und einige Standardfragen laufen auf Deutsch ab. Sobald es tiefer, vor allem Richtung Technik geht, wird meist übersetzt. Was auffällt ist, dass obwohl die Spanier im Deutschen fast auf dem gleichen Stand sind, es erhebliche Unterschiede gibt. So plaudert der erste Kandidat von Genheimer unentwegt und hat sich auch schon bereits über Hettstadt und Umgebung informiert. Der erste Kandidat der Dresdner hingegen bekommt vor Nervosität kaum ein deutsches Wort über die Lippen. Für die Spanier geht es in diesem Moment scheinbar einfach um viel“, sagt Steffen Opitz. Bei den weiteren Kandidaten läuft es dann auch besser. Dennoch benötigen die Kandidatenauch in Deutschland in der Regel noch etwa sechs Monate Zeit, bis die Verständigung auf Deutsch fließend klappt. Sie sollen im ersten Jahr auch zunächst nur als zweiter Mann eingeplant werden, ab dem zweiten Jahr sollen sie dann auch allein arbeiten können. Bei den jungen Monteuren könnte dies auch noch etwas länger dauern. Bei erfahrenen Kräften haben viele Kunden auch schon berichtet, dass diese bereits im ersten Jahr sehr eigenständig arbeiten konnten, fasst Behringer die Erfahrungen zusammen.

Das Fazit der beiden Betriebe nach einem ganzen Vormittag mit Vorstellungsgesprächen: Beide Firmen waren von dem Mut und Engagement sowie der Wertschätzung der Bewerber hinsichtlich des Arbeitsplatzes in Deutschland begeistert. Während Genheimer sich nach den Vorstellungsgesprächen spontan auf einen Bewerber festlegte und wenig später auch einen zweiten verpflichtete, müssen Opitz und Ranft erst einmal die Einsatzmöglichkeiten mit den einzelnen Montageteams in Deutschland besprechen. In der Folgewoche fiel dann die Entscheidung auf zwei Jungmonteure zur Verstärkung des Werksteams eines großen Automobilherstellers.

Beide Firmen haben jetzt eine bessere Einschätzung der allgemeinen fachlichen Kompetenzen der Spanier und natürlich den jeweiligen persönlichen Eindruck gewonnen. Da alle ausgewählten Kandidaten zudem sehr jung sind, wird natürlich in Deutschland gerade im ersten Jahr mit einem weiteren Schulungsbedarf gerechnet und auf Training on the Job“ (begleitet durch einen erfahrenen deutschen Kälteanlagenbauer) zurückgegriffen.

www.pod-personalberatung.de

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