Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Norddeutsche Kälte-Fachtage an der NKF

Theorie für die Praxis

Bevor Harald Conrad von der Westfalen AG im ersten Vortrag die Entwicklungsperspektiven im Kältemittelbereich im Hinblick auf einen niedrigen GWP darstellte, ging er kurz auf die allgemeine Versorgungslage mit Kältemitteln ein. Nach seinen Angaben gebe es momentan einen regelrechten Kältemittel-Engpass. Die Hersteller hätten die Produktion komplett heruntergefahren und die Händler müssten zurzeit meistbietend am Markt einkaufen.

Insbesondere bei R 134a wäre es ganz eng, aber auch R 407C sei betroffen. Das liege aber nicht etwa an der R 22-Umstellung, sondern daran, dass weltweit wichtige Rohstoffe zur Kältemittelherstellung fehlten, wie z.B. TCE (Trichlorethylen) oder Flourspan.

Die Lage bei aufbereitetem R 22 sehe momentan besser aus als für R404A, so Conrad weiter. Obwohl zurzeit gegenüber der ankommenden R 22-Menge etwa die doppelte Menge weggehe, sei man bis September/Oktober noch gut versorgt die Westfalen AG habe 2009 die Lager aufgefüllt und ein entsprechendes Rücknahmesystem organisiert. Wie sich die Situation bei anderen darstellt, vermochte er nicht zu sagen.

Conrad ging dann auf die verschiedenen Treiber für Kältemittelentwicklungen, nämlich die diversen Regulierungsmaßnahmen, ein. Dabei wies er auch darauf hin, dass EU-weit gesehen 1,6 % der gesamten CO2-Emissionen auf fluorierte Gase entfallen und davon wiederum 70 % auf Kälteanwendungen was von der Politik immer gern entsprechend dargestellt werde. Im Grunde sprechen wir aber von etwa 1 % der CO2-Emissionen, d. h. es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen, so Conrad.

Andererseits gebe es hierzulande aber auch kein funktionierendes Monitoring. Ferner sei ab jetzt eigentlich eine Zertifizierung notwendig, aber aufgrund der kurzen Fris­ten finden praktisch keine Kontrollen statt. In Holland hingegen habe man es mit einem entsprechenden Kontrollsystem geschafft, innerhalb von zehn Jahren die Emissionen von 100 % auf unter 9 % zu drücken. Die im Grunde vorbildliche STEK-Verordnung wurde nun durch die EU ausgehebelt.

Hinsichtlich der Perspektiven hielt Conrad zusammenfassend fest, dass es für die mobile Anwendung mit HFO 1234yf zwar eine global akzepzierte Lösung gebe, die Anforderungen für die stationäre Kältetechnik aber völlig andere sind als im mobilen Bereich. Generell sei jedoch eine fortschreitende Spezialisierung der Kältemittel zu erkennen.

Im zweiten Vortrag demonstrierte Schulleiter Stephan Hofmann ausführlich das Vorgehen bei der Ermittlung des Stundenverrechnungssatzes über eine Vollkostenrechnung. Dieser Satz ist natürlich am Markt nicht durchsetzbar, aber man kann mit dieser Rechnung feststellen, wie viel man über Wareneinkäufe ausgleichen muss und wie hoch der Materialzuschlag sein sollte.

Frank Bahke, Danfoss GmbH, zeigte im nächsten Vortrag verschiedene Möglichkeiten zur energetischen Optimierung von Kälteanlagen. Er ging zunächst im log p,h-Diagramm auf die prinzipiellen Möglichkeiten und Grenzen zur Verbesserung der Leistungszahl sowie die verschiedenen Arten und Arbeitsweisen von Expansionsventilen ein. In einer Matrix unterbreitete er schließlich einen Vorschlag zur ökonomisch und technisch sinnvollen Expansionsventilwahl. Abschließend ging Bahke anhand eines Beispiels der Frage nach, was man im Verbund eines Supermarktes mit intelligenter Regelung erreichen kann.

Danach gab Kay Kuchling von der NKF eine Übersicht zur energetischen Inspektion von Klimaanlagen. Die Befähigung dazu setzt jedoch einen Fünf-Tage-Kurs voraus, so dass sich Kuchling auf die wesentlichen Inhalte, Begriffe und Verfahren der Energie-Einsparverordnung (EnEV) beschränken musste. Insgesamt lässt sich festhalten, dass zwar eine ganze Menge geregelt ist, dies aber letztlich niemand kontrolliert.

Roger Daniel von der Intec Versorgungstechnik GmbH & Co. KG bestritt gleich zwei Vorträge. Zunächst referierte er anhand von Fallstudien mit Anwendungsbeispielen aus dem täglichen Geschäftsleben über Unwägbarkeiten in der VOB. In einem zweiten Vortrag stellte er die Inhalte und die Beschaffenheit von Planungs-, Ausführungs- und Revisionsunterlagen nach der VDI 6026 vor. Obwohl beides eigentlich sehr spröde Themen sind, schaffte es Daniel mit seinem lebhaften Vortrag die Teilnehmer auch zu vorgerückter Stunde noch mitzureißen. Dabei bezog er die Zuhörer stets in seinen Vortrag mit ein und ging auf konkrete Probleme aus der Praxis ein, was zu angeregten Diskussionen führte. Leider würde die Wiedergabe aller Einzelheiten den Rahmen dieser Berichterstattung bei Weitem sprengen.

Zusammenfassend sind jedoch einzelnen Hinweise besonders hervorzuheben:

  • Man sollte in jedem Fall eine Ausführungsplanung anfordern. Bekommt man diese nicht, empfiehlt sich eine Behinderungsanzeige.
  • Die Ausführungsplanung sollte sofort auf Plausibilität geprüft werden. Gibt es dort Ungereimtheiten, sollte man sofort Bedenken anmelden.
  • Verlangt der Auftraggeber Leistungen, die der Auftragnehmer nicht schuldet, d.h. die bisher nicht Vertragsbestandteil sind, sollte man ebenfalls anzeigen, dass dies Geld kostet und sich unter Umständen die vereinbarten Fristen verlängern.
  • Der Auftraggeber hat auch eine Mitwirkungspflicht, d.h. er muss dem Auftragnehmer ermöglichen, seine Leistung zu erbringen. So hat z.B. der Kälteanlagenbauer Anspruch auf ein abgedichtetes Gebäude mit Heizlüfter (unter einer bestimmten Temperatur würden z.B. Elektrokabel bei der Verlegung brechen).
  • Der Auftragnehmer muss auch die Möglichkeit haben, seine Leistung bzw. Teilleistung bis zur Abnahme zu schützen. Konkret muss das Gebäude oder der Raum abschließbar sein, damit z.B. der Maler die bereits angebrachte Isolation der Kältemittelleitungen nicht beschädigt.
  • Man sollte dem Auftraggeber in jedem Fall auch mitteilen, dass er Betreiberpflichten hat, wenn er keine Wartung vereinbart.

Daniel zeigte sehr eindrücklich, dass der Auftragnehmer nicht gänzlich dem Auftraggeber ausgeliefert ist. Man sollte sich eben in der VOB auskennen!

Yorick M. Lowin berichtete über Inhalt, Umsetzung und Folgen der neuen EG-Verordnung 1005/2009. Sie wurde am 31.10.2009 im EG-Amtsblatt veröffentlicht und ist seit 1.1.2010 in Kraft. Nationale Ergänzung ist die Chemikalien-Ozonschichtverordnung nicht die Klimaschutzverordnung! Insgesamt müsse man ganz strickt die beiden Stoffgruppen FCKW/H-FKW (Ozonproblematik) und F-Gase (Treibhausproblematik) unterscheiden, so Lowin. Die Verordnung 1005/2009 löst die 2036/2000 ab und ist somit insbesondere für R 22 relevant.

Neben Kennzeichnungs- und Prüfpflichten ging Lowin als Wirtschaftsjurist besonders auf die Begriffsdefinitionen ein. Seiner Meinung nach sei das Einfüllen von recyceltem R 22 auch bei einem anderen Kunden kein Inverkehrbringen, da der Kunde nicht die Verfügungsgewalt hat, wenn sich das Kältemittel in der Anlage befindet. Stellt man jedoch dem Kunden eine Kältemittelflasche hin, wäre dies wieder ein Inverkehrbringen.

Zum Schluss der Veranstaltung hielt Jens Gaigalat, Daikin, einen sehr engagierten Vortrag über DX-Syteme Die Chance Klimaschutz beim Wärmen und Kühlen. Nicht der Mangel sei das vordringliche Problem, sondern die Tatsache, dass die Erde an CO2 erstickt. Er zeigte anhand von Vergleichen und Beispielrechnungen ausführlich, welches Potenzial zur CO2-Reduktion Wärmepumpen bieten. Die CO2-Emission muss das Maß aller Dinge werden, so Gaigalat abschließend.

Damit gingen nach eineinhalb intensiven und informativen Tagen die Norddeutschen Kälte-Fachtage 2010 zu Ende. Die Themenauswahl und die Darstellungen haben mit Sicherheit dazu beigetragen, dass alle Teilnehmer viele nützliche Informationen für die tägliche Praxis mitnehmen konnten. M. S. -

Vortragsprogramm

Entwicklungsperspektiven im Kältemittel­bereich im Hinblick auf einen niedrigen GWP

  • Referent: Harald Conrad, Westfalen AG

Stundenverrechnungssatz nach Vollkostenrechnung

  • Referent: Stephan Hofmann, Norddeutsche Kälte-Fachschule

Energetische Optimierung von Kälteanlagen

  • Referent: Frank Bahke, Danfoss GmbH

Inspektion an Kälte- und Lüftungsanlagen im Hinblick auf Energieeinsparung

  • Referent: Dipl.-Ing. Kay Kuchling, Norddeutsche Kälte-Fachschule

Unwägbarkeiten in der VOB

  • Referent: Dipl.-Ing. Roger Daniel, Intec Versorgungstechnik GmbH & Co. KG

VDI 6026

  • Referent: Dipl.-Ing. Roger Daniel, Intec Versorgungstechnik GmbH & Co. KG

Die neue EG-VO 1005/2009

  • Referent: Dipl.-Wi. Jur. (FH) Yorick M. Lowin

DX-Systeme Die Chance Klimaschutz beim Wärmen und Kühlen

  • Referent: Jens Gaigalat, Daikin
M. S.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ KK E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus KK: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen