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Adiabate Luftabkühlung vs. befeuchtete Wärmeübertrager (teil 1)

Grundlagen und Vergleich

Luftgekühlte Verflüssiger und Rückkühler haben ein breites Anwendungsspektrum in der Kälte- und Klimatechnik, aber auch in verschiedenen anderen Prozessen, wie etwa der Maschinenkühlung oder der Energietechnik. Die Vorteile luftgekühlter Wärmeabfuhrsysteme liegen auf der Hand: Sie sind überall einsetzbar, weil sie kein Wasser benötigen, sie sind sehr wartungsarm, und sie haben nicht die bei wassergekühlten Systemen bekannten Probleme, wie etwa Verkalkung und Verkeimung.

Luftgekühlte Wärmeübertrager haben jedoch auch einige Nachteile. Neben den hohen Anschaffungskosten stellt vor allem die Begrenzung der Temperatur in vielen Fällen ein erhebliches Problem dar. Naturgegeben kann die Temperatur der Wärmeabfuhr, d. h. die Verflüssigungstemperaturoder im Falle eines Rückkühlers die Flüssigkeitsaustrittstemperatur nicht niedriger sein als die Umgebungstemperatur. Für Kälte- und Klimaanlagen führt das bei hohen Außentemperaturen zu einem höheren Energieverbrauch des Verdichters und somit zu einem schlechteren COP. Für die Auslegung der Anlage bedeutet dies auch, dass der Verdichter größer dimensioniert werden muss. Trotzdem sind die Betriebskosten luftgekühlter Systeme häufig niedriger als die von wassergekühlten Systemen, weil die Wasserkosten je nach Region und Verfügbarkeit von Wasser stark zu Buche schlagen können. Anders ist die Situation, wenn eine bestimmte Temperatur unter keinen Umständen überschritten werden darf, weil etwa ein Prozess dies erfordert. Dann kommen zumeist nur wassergekühlte Lösungen bzw. Verdunstungskühltürme zum Einsatz.

In den letzten Jahren sind am Markt verschiedene sogenannte Hybridsysteme erschienen. Sie kombinieren die Vorteile luftgekühlter Wärmeübertrager mit denen von Verdunstungskühlern. Solange die Außentemperatur niedrig genug ist, arbeiten diese Systeme trocken, d. h. ohne Zugabe von Wasser und ohne Ausnutzung des Verdunstungseffekts. Wird ein bestimmter Temperaturschwellwert überschritten, kommt Wasser zum Einsatz. Dafür gibt es jedoch sehr vielfältige und unterschiedliche Lösungen, die nicht alle den gleichen Effekt erzielen und somit auch nicht direkt vergleichbar sind.

Theoretische Grundlagen

Adiabate Luftabkühlung

Ungesättigte Luft, d. h. Luft, deren relative Luftfeuchtigkeit kleiner als 100 Prozent ist, kann durch Aufnahme von Wasser auf die sogenannte Feuchtkugeltemperatur abgekühlt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Luft keine Wärme zu- oder abgeführt wird, d. h. dass der Vorgang adiabat (= isenthalp) abläuft. Die für die Verdunstung des Wassers benötigte Energie wird somit vollkommen der Luft entzogen, die sich dadurch abkühlt. Im h, x-Diagramm für feuchte Luft verläuft dieser Prozess annähernd entlang einer Isenthalpen und endet an der Sättigungslinie (Punkt 1 nach Punkt 3 in Bild 1).Bei einem luftbeaufschlagten Trockenkühler (Rückkühler oder Verflüssiger) wird die Luft ohne Änderung der absoluten Feuchte erwärmt (Punkt 1 nach Punkt 2 in Bild 1). Die relative Luftfeuchtigkeit sinkt dabei. Um die Leistung eines Trockenkühlers zu erhöhen, kann man die Luft vor dem Wärmeübertrager zunächst adiabat abkühlen zum Beispiel durch Einsprühen von Wasser in den Luftstrom im Idealfall bis auf Feuchtkugeltemperatur (Punkt 1 nach Punkt 3 in Bild 1). Die abgekühlte Luft erwärmt sich dann im Wärmeübertrager (Punkt 3 nach Punkt 4), während ihre relative Luftfeuchtigkeit wieder sinkt. Die Leistungssteigerung resultiert aus der vergrößerten treibenden Temperaturdifferenz zwischen Lufteintritts­temperatur und Mediumstemperatur (Verflüssigungstemperatur bzw. Glykoltemperatur).

In der Praxis ist eine Abkühlung der Luft bis auf Feuchtkugeltemperatur kaum möglich. Die tatsächlich erreichbaren Abkühlungen liegen je nach System bei etwa 50 Prozent bis 80 Prozent der maximal möglichen Abkühlung (siehe Punkt 3 in Bild 2).

Nicht-adiabate Systeme /

befeuchtete Wärmeübertrager

Wenn das Wasser direkt auf der Oberfläche eines luftbeaufschlagten Wärmeübertragers verdunstet, kann man nicht von einem adiabaten System sprechen, denn es findet gleichzeitig eine Verdunstung und eine Wärmeübertragung statt. Adiabat bedeutet aber per Definition, dass keine Wärme übertragen wird. Bei diesem Vorgang stellt die Feuchtkugeltemperatur der angesaugten Luft keine Begrenzung mehr dar, weil sich die Feuchtkugeltemperatur der Luft durch die gleichzeitige Erwärmung verschiebt. Dies klingt zunächst erstaunlich und unverständlich, lässt sich aber anhand eines Modells mit seriellen Systemen leicht erklären (siehe Bild 3).

Ein erstes adiabates System erreicht im Idealfall den Punkt 4, der durch die Feuchtkugeltemperatur FKT1 der eintretenden Luft vorgegeben ist. Die erwärmte austretende Luft ist jedoch nicht gesättigt und hat die Feuchtkugeltemperatur FKT2. Somit lässt sich im zweiten adiabaten System der Punkt 5 erreichen, der gegenüber dem Ausgangspunkt 1 eine deutlich größere Enthalpiedifferenz aufweist als Punkt 4. Doch auch der Zustand 5 ist nicht gesättigt und könnte erneut ein adiabates System durchlaufen, so- dass nach dem dritten Schritt der Punkt 6 erreicht wird.

Auf der Oberfläche eines befeuchteten Wärmeübertragers spielt sich genau dieser Vorgang ab, jedoch in vielen kleinen Schritten. Die Überwindung der Feuchtkugeltemperatur durch die gleichzeitige Erwärmung der Luft ist der Schlüssel für die enorme Leistungssteigerung, die mit solchen Systemen erreicht werden kann. Es spielt dabei auch keine Rolle, wie das Wasser auf die Oberfläche des Wärmeübertragers gelangt sei es durch Besprühung oder durch ein Wasserverteilsystem. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob es sich um ein Wasser­umlaufsystem handelt oder ob das überschüssige Wasser an der Geräteunterseite abtropft. Solange mindestens so viel Wasser aufgebracht wird, wie die Luft aufnehmen kann, wird der maximale Effekt erzielt.

Systeme im Vergleich Vor- und Nachteile

Leistungsfähigkeit / physikalische Grenzen

Wie bereits gezeigt wurde, ist die maximal erzielbare Leistung eines befeuchteten Wärmeübertragers wesentlich höher als die eines adiabaten Systems. Selbst ein ideal adiabates System, bei dem die Luft vor dem Wärmeübertrager bis auf Feuchtkugeltemperatur abgekühlt wird (Punkt 4 in Bild 3), kommt nicht an die Leistungsfähigkeit des befeuchteten Wärmeübertragers (Punkt 6 in Bild 3) heran. Bei einer für den trockenen Betrieb typischen Auslegungsbedingung von 32 °C Lufteintritt und einer Eintrittstemperaturdifferenz von 13 K (d. h. beispielsweise bei einem Verflüssiger 45 °C Verflüssigungstemperatur) erreicht man mit einem ideal adiabat arbeitenden System annähernd eine Leistungsverdoppelung, mit einem realen System entsprechend weniger. Mit einem befeuchteten Wärmeübertrager kann man dagegen die Leistung verdreifachen.

Anders sieht es dagegen bei der minimalen Mediumstemperatur aus, also z. B. der Glykolaustrittstemperatur eines Rückkühlers. Hier bildet nach wie vor die Feuchtkugeltemperatur der Umgebungsluft die physikalische Grenze, die nie erreicht werden kann. Allerdings kommt man mit einem befeuchteten Wärmeübertrager selbst im Vergleich zu einem ideal adiabaten System wesentlich näher an die Feuchtkugeltemperatur heran. Bleibt die Leistungsabnahme am Rückkühler jedoch konstant, führt die enorme Leistungssteigerung durch die Besprühung zu einer niedrigeren Temperaturdifferenz zwischen Luft und Medium.

Korrosion

Gibt man normales Trinkwasser auf einen Wärmeübertrager, der typischerweise aus Kupferrohren und Aluminiumlamellen besteht, so hat man ein galvanisches Element erzeugt, eine Batterie sozusagen. Trinkwasser hat eine relativ hohe Leitfähigkeit, die üblicherweise bei mehreren Hundert oder sogar mehreren Tausend µS/cm liegt. In Deutschland liegt der Grenzwert für die Leitfähigkeit sogar bei 2 500 µS/cm. Dies führt bei längerer Verweildauer des Wassers dazu, dass das unedlere Metall in Lösung geht, was konkret bedeutet, dass sich die Aluminiumlamelle langsam auflöst.

Um diesem Prozess vorzubeugen, muss das Wasser entsprechend aufbereitet werden. Neben einer Entkalkung muss zumindest eine Regulierung des pH-Wertes vorgesehen werden. Nach Meinung von Wasserexperten sollte er immer im Bereich zwischen 6 und 8 liegen. Ebenso muss in jedem Fall sichergestellt werden, dass der Chloridgehalt so gering wie möglich ist; 200 ppm sind hier als absolute Obergrenze anzusehen. Generell kann man sagen, dass die Wasseraufbereitung umso aufwendiger und auch teurer sein muss, je länger die jährliche Befeuchtungszeit ist.

Um die Korrosionsgefahr zu reduzieren, wird häufig mit Beschichtungen gearbeitet. Einen wirklichen Schutz bietet jedoch nur eine nachträglich auf den Block aufgebrachte, durchgehende Beschichtung, wie zum Beispiel eine kathodische Tauchlackierung (KTL). Die Verwendung vorbeschichteter Lamellen (z. B. mit Epoxydharz oder Polyurethan) ist zwar sehr verbreitet, bietet aber keinen hinreichenden Korrosionsschutz, weil genau an der kritischen Stelle zwischen Rohr und Lamelle bedingt durch den Herstellprozess (Lamellenstanzung) die Beschichtung unterbrochen ist.

Bei einem System, dass komplett adiabat arbeitet, kommt der Wärmeübertrager nicht mit Wasser in Berührung. Somit besteht bei diesen Systemen per se auch keine Korrosionsgefahr.

Ablagerungen

Neben der Korrosion stellen vor allem Ablagerungen auf der Wärmeübertrageroberfläche ein Problem dar. Wenn Wasser verdunstet, bleiben darin gelöste Salze, Mineralien und Härtebildner (Kalk) auf der Lamellen­oberfläche zurück. Nur wenn mit großem Wasserüberschuss gearbeitet wird, besteht die Chance, dass diese Salze aus dem Wärmeübertrager ausgewaschen werden können. Kalkablagerungen auf der Lamellen­oberfläche sind jedoch nicht ohne Weiteres zu entfernen und können zu einem erhöhten luftseitigen Druckverlust des Wärmeübertragerblocks führen. Bei langer jährlicher Besprühdauer wird deshalb in der Regel mit demineralisiertem Wasser gearbeitet, das mittels eines Ionenaustauschers und nachgeschalteter Umkehrosmoseanlage erzeugt wird. In jedem Fall empfiehlt es sich jedoch, das Wasser zumindest zu enthärten. Doch auch mit demineralisiertem Wasser ist die Gefahr von Ablagerungen nicht auszuschließen, denn es sind nicht nur die Mineralien, die sich ablagern.

Auf der Oberfläche des Wärmeübertragers herrschen ideale Temperaturen für das Wachstum von Algen und Pilzen, was jedoch durch entsprechende Zusätze im Wasser weitgehend verhindert werden kann. Kaum zu vermeiden jedoch sind all jene Stoffe, die in der angesaugten Luft bereits vorhanden sind. Gerade im Frühjahr wird eine große Menge an Blüten, Samen und Pollen angesaugt, die sich im trockenen Betrieb auf der Außenseite des Blockes ablagern. Durch das Wasser werden diese Stoffe jedoch teilweise aus der Luft ausgewaschen und können sich auf der Lamellenoberfläche ablagern. Insbesondere an Stellen, wo das Wasser komplett verdunstet, wird dies zwangsläufig der Fall sein. Eine Befeuchtung muss deshalb idealerweise so geregelt werden, dass die Oberfläche des Wärmeübertragers wenigstens zeitweise mit Wasser­überschuss arbeitet. Andernfalls kann nur eine regelmäßige Reinigung für eine saubere Oberfläche sorgen.

Bei adiabaten Systemen existiert das Problem von Ablagerungen auf dem Wärmeübertrager zwar nicht, aber die Mineralien lösen sich nach der Verdunstung trotzdem nicht in Luft auf. Je nach Systemkönnen diese Mineralien deshalb immer noch zu Problemen führen.

Zusammenfassung

Es gibt sehr viele unterschiedliche Systeme hybrider Rückkühler am Markt. Viele davon verwenden zu Unrecht den Begriff adiabat, weil es sich bei ihnen nicht um adiabate Luftabkühlung handelt, sondern um befeuchtete Wärmeübertrager. Insbesondere bei Sprühsystemen, wo das Wasser gegen die Luftrichtung gesprüht wird, ist der Begriff adiabat völlig fehl am Platz. Vielmehr basiert die Wirkung von Sprühsystemen dieser Art auf den vom Luftstrom mitgerissenen Tröpfchen, die dann auf der Oberfläche des Wärmeübertragers verdunsten. Somit handelt es sich bei solchen Systemen um befeuchtete Wärmeübertrager, allerdings mit dem Nachteil, dass ein Großteil des Wassers ungenutzt zu Boden fällt. Sinnvoller ist es, das Wasser direkt auf den Wärmeübertrager zu sprühen, denn die Leistung eines befeuchteten Wärmeübertragers ist erheblich höher als die eines adiabaten Systems. Selbst ein ideal adiabat arbeitendes System, d. h. ein System, das die Luft bis auf Fechtkugeltemperatur abkühlt, kann nicht die Leistung eines befeuchteten Wärmeübertragers erreichen.

Im zweiten Teil der Reihe geht es um die technische Umsetzung beider Systeme in der Praxis. Zudem werden die häufigsten Anwendungsfälle hinsichtlich Technik und Kosten durchleuchtet. Abgerundet wird die Betrachtung durch einen Vergleich verschiedener Regelsysteme für besprühte Rückkühler. -

Michael Freiherr

ist Kälteanlagenbauermeister und arbeitet als Product Manager bei Güntner in Fürstenfeldbrück

Michael Freiherr, Fürstenfeldbrück

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