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Kältemittelverdichter auf dem Prüfstand

Sprunghafte Effizienzverbesserungen weiterhin nicht zu erwarten

Im Dialog mit Branchenvertretern zeigen sich drei Fragestellungen.

1.Welches Verdichtungsprinzip (Hubkolben oder Scroll) hat in welchem Anwendungsbereich niedrige, mittlere und hohe Verdampfungstemperatur (H, M und L) die besten Leistungszahlen, isentropen Güte- und Liefergrade?

2.Wie haben sich die Leistungszahlen über die Jahre entwickelt? Gibt es einen Trend zu höherer Effizienz?

3.Welche Zuverlässigkeit kann man hinter den Herstellerangaben erwarten?

Deren Beantwortung soll vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auf der Suche nach geeigneten Maschinen als Orientierung dienen und mithilfe der folgenden Übersicht unterstützt werden.

Das ILK Dresden ist langjährig als Prüfstelle für Kältemittelverdichter und akkreditiertes Prüflabor Wärmepumpe DAP-PL-4223.00 aktiv. Mehrere Prüfstände mit sehr geringer Messunsicherheit ermöglichen genormte Leistungsmessungen nach den Verdichterprüfnormen DIN EN 13771-1 und DIN EN 12900. Für eine Analyse der Kältemittelverdichter steht eine umfangreiche Datensammlung zur Verfügung. Diese basiert auf Messergebnissen von über 65 Hubkolbenverdichtertypen von zwölf Herstellern und über 25 Scrollverdichtertypen von sechs Herstellern.

Die Untersuchungen erfolgten an kleinen und mittleren Hubkolben (HKV)- und Scroll-Verdichtern im Hubvolumenstrombereich von ca. 1 240 m3/h. Im Hubkolbenverdichterbereich ist eine Häufung bei ca. 20 70 m3/h zu registrieren. Die im gleichen Zeitraum vermessenen Scrollverdichter sind mit ca. 10 20 m3/h deutlich kleiner. Die kleinsten Hubvolumenströme von1 2 m3/h weisen einige Rollkolbenverdichter auf, die jedoch nicht in die folgende Auswertung integriert sind.

Im Testzeitraum ist keine Änderung der untersuchten Verdichterleistungsgrößen festzustellen. Die Einsatzbedingungen und Anforderungen an die Kälteleistungen haben sich demnach nicht wesentlich verändert.

Welches Verdichtungsprinzip (Hubkolben oder Scroll) hat in den Anwendungsbereichen H, M und L die besten Leistungszahlen, isentropen Güte- und Liefergrade?

Die Beschreibung der Leistungsparameter stützt sich auf eine Auswahl von 64 Hubkolbenverdichtertypen von elf Herstellern und neun Scrollverdichtertypen von fünf Herstellern aus der Gesamtmenge. Zur besseren Übersicht wurden die Messdaten auf die drei Bereiche H, M und L mit Verdampfungs- und Verflüssigungstemperaturen von (+5/+50 °C), (10/+45 °C) und (35/+40 °C) reduziert. Gemeinsame Grundlage ist eine Sauggastemperatur von 20 °C am Verdichtereintritt. Die Festlegungen nach DIN EN 13771-1 werden zugrunde gelegt. Eine Interpretation der Parameterverläufe soll nicht erfolgen, die untersuchten Verdichterkon­struktionen und Charakteristiken sind dafür zu umfangreich. Ausführliche und bauartspezifische Analysen von Vorgängen und Verlusten im Verdichtungsprozess und unterschiedliche Parameterdefinitionen werden in der Fachliteratur dargestellt (z. B. Lambers, Süss, Köhler: Der Verdichtungsprozess von Verdrängungsverdichtern Teil 1 bis 3, KI Kälte Luft Klimatechnik, 2007).

Leistungszahl

Für den Projektanten der Anlage spielt die Kenntnis der Leistungszahl des Verdichters (Coefficient of performance COP) eine we­sentliche Rolle. Die Darstellung erfolgt für grundlegende Prüfbedingungen und korrigiert damit die unvermeidlichen Abweich­ungen vom einzustellenden Betriebspunkt. Für beide genannten Verdichtertypen mit einem Hubvolumenstrom von 10 50 m3/h liegen die ermittelten COP im ähnlichen Bereich. Bei den kleinen Maschinen und gerade bei Hubkolbenverdichtern streuen die Leistungswerte untereinander jedoch in den Bereichen H und M erheblich.

Die Tendenz zu höheren COP bei größeren Verdichtern wird für die Hubkolben- und Scrollverdichter gleichermaßen sichtbar. Diese Eigenschaft ist relevant zur möglichen Anhebung der Effizienz in Anlagen mit kleiner Kälteleistung. Die Verwendung eines Kältemittels mit geringerer volumetrischer Kälteleistung kann zum Einsatz eines etwas größeren Verdichters mit besserem COP führen.

Mit ansteigendem Druckverhältnis ist das Abfallen der Leistungszahl zu erwarten. Die möglichen Maßnahmen auf der Anlagenseite zur Reduzierung des notwendigen Temperaturhubes (Optimierung der Abtauintervalle, Reinigungspläne der Wärmeübertrager etc.) sind mit der Verdichterauswahl abzustimmen.

Isentroper Gütegrad und Liefergrad

Beide Parameter überlagern sich in der Maschine (erforderliche Antriebsleistung und verfügbare Kälteleistung) und gehen in den Verlauf des COP ein. Als weitergehende Informationen sollen die Entwicklungen von isentropem Gütegrad und Liefergrad als verdichterspezifische Parameter separat vorgestellt werden. Der experimentell bestimmte isentrope Gütegrad in der vorliegenden Definition umfasst neben dem isentropen inneren auch den mechanischen Gütegrad und den elektrischen Wirkungsgrad der Maschinen. Die isentropen Güte­grade ηi zwischen 0,6 und 0,7 sind für beide genannten Verdichtertypen vergleichbar und üblich, mit besseren Werten bei größeren Maschinen. Dieser Parameter unterliegt ähnlichen Streuungen wie der COP.

Tendenziell wurden mit steigendem Druckverhältnis (Bereich M und L, π > 5) beim Scrollverdichter stärker abfallende isentrope Gütegrade als am Hubkolbenverdichter analysiert. Die bei M und L reduzierten Werte des Gütegrades spiegeln die inneren Verluste aufgrund der höheren Druckverhältnisse wider.

Der gemessene Liefergrad ηV oder λ beinhaltet neben dem Dichtheitsgrad auch den Volumen-, den Druck- und den Temperaturfaktor. Für den Scrollverdichter ist der Liefergrad typischerweise höher als für den Hubkolbenverdichter, da beim Scrollverdichter kein Schadraumeinfluss wirksam ist. Bei kleineren Verdichtern können die Ursachen geringerer Liefergrade in den relativ zum Hubvolumenstrom ansteigenden inneren Leckageverlusten liegen. Bei größeren Hubkolbenverdichtern mit Hubvolumenströmen bis 240 m3/h nähern sich in den Bereichen M und H die Liefergrade λ ca. 0,8 an. Die wieder bei L und M reduzierten Werte des Liefergrades weisen auf die inneren Leckagen aufgrund der höheren Druckverhältnisse hin.

Die unterschiedlichen Drucklagen einiger Kältemittel bei den Anwendungsbereichen H, M und L sollen das verdeutlichen.

Wie haben sich die Leistungszahlen über die Jahre entwickelt? Gibt es einen Trend zu höherer Effizienz?

Die ermittelten Leistungszahlen COP gelten für das gesamte untersuchte Spektrum der Verdichterbauarten, Verdichtergrößen und Kältemittel. Die zeitliche Entwicklung einzelner Verdichter ist nicht Zielstellung dieses Überblicks und müsste differenzierter betrachtet werden. Ein sprunghafter Anstieg der Werte ist nicht zu erkennen. Im Untersuchungszeitraum von 2001 bis 2009 zeichnet sich eine kontinuierliche positive Effizienzentwicklung für H, M und L von durchschnittlich 2,7 Prozent (H: 1,4 %, M: 3,5 %, L: 3,2 %) ab.

Bei den Verdichterbaugrößen sind tendenziell Unterschiede zu erkennen: Für den kleinen Hubvolumenstrom 2 20 m3/h sind die positiven Tendenzen bei höheren Verdampfungstemperaturniveaus M und H zu finden. Die Effizienzsteigerungen sind an Maschinen mittlerer Baugröße mit 20 50 m3/h für die Anwendungen L und M am deutlichsten ausgeprägt. Im Temperaturbereich H ist diese Entwicklung aus den Messwerten nicht ableitbar. Bei Maschinen mit 50 240 m3/h sind die positiven Tendenzen bei H und M deutlich erkennbar. Ein relevanter Anstieg der COP im Bereich L konnte noch nicht gemessen werden. Folgendes Schema verdeutlicht die zeitliche Entwicklung des COP anhand der Messwerte.

Welche Zuverlässigkeit kann man hinter den Herstellerangaben erwarten?

Die Einschätzung der Belastbarkeit der Herstellerangaben durch Vergleich mit eigenen Messungen wird anhand von 30 Hubkolbenverdichtern mit 334 Messpunkten und sieben Scrollverdichter mit 75 Messpunkten realisiert. Die Hersteller der Kältemittelverdichter erstellen für ihre Produkte Katalogdaten. Die Hersteller-Organisation ASERCOM zertifiziert einzelne Verdichter und überwacht die hinterlegten Katalogdaten für diese Produkte. Dafür werden Prüfungen bei unabhängigen Prüflabors im Rahmen eines Marktüberwachungsprogrammes der ASERCOM in Auftrag gegeben. Die normativ zulässigen Abweichungen sind für Verdichteranwendungen in den Bereichen H, M und L in folgender Tabelle angegeben.

Bei HKV werden die Abweichungen zu den Katalogwerten bei allen Temperaturbereichen mit zunehmender Kälteleistung geringer (10 kW: 4,9 %, 60 kW: 2,1 %). Bei Scrollverdichtern ist die Tendenz vergleichbar (5 kW: 4,2 %, 40 kW: +4,7 %). Die Abweichungen des COP sind insbesondere bei niedrigen Verdampfungstemperaturen L für beide Verdichtertypen HKV und Scroll vergleichbar. Bei den höheren Temperaturlagen H und M sind die HKV zu vorteilhaft bewertet. Die Angaben zum Scrollverdichter liefern eine nur sehr geringe Abweichung.Der zulässige normative Bereich der Datenangabe wird sowohl nach oben als auch nach unten ausgeschöpft. Die ermittelten COP-Werte liegen im Mittel bis fünf Prozent unter den Werten, die man aus den Katalogangaben errechnen kann.

Fazit

Die aktuellen Messergebnisse zeigen, dass die Verdichterentwicklung kontinuierlich fortgesetzt wird. Sprunghafte Effizienzverbesserungen sind auch weiterhin nicht zu erwarten. Für den Projektanten ist es vorteilhaft, die angegebenen COP mit einer Sicherheitszulage von ca. fünf Prozent zu bewerten. Die Streubreite in den Leistungszahlen bedeutet, dass mit der Auswahl des jeweils besten Kältemittelverdichters der Energieverbrauch bis zu 30 Prozent gesenkt werden kann. -

Überarbeitete Fassung eines Vortrags zur DKV-Tagung 2010 in Magdeburg

Dr.-Ing. Matthias Böhm

ILK Dresden, Hauptbereich Kälte- und Wärmepumpentechnik, Leiter Arbeitsgruppe Kompressionskältetechnik,Dresden

Matthias Böhm, Dresden

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