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Wie das Eis ins Ruhrgebiet kam

Meist lag noch Schnee im Zoldotal, wenn sich Giovanni Martini wie jedes Jahr im Mai auf den beschwerlichen Weg von den Dolomiten ins Ruhrgebiet machte. Seinen Eiskarren hatte er in einem Schuppen in Recklinghausen untergestellt. Von 1903 bis 1913 zog der Gelatiere hier jeden Sommer mit der kalten Köstlichkeit durch die Straßen. 100 Jahre später hat das LWL-Industriemuseum den weiß lackierten Holzkarren mit den beiden Silberhauben zurück ins Revier geholt. Er gehört zu den Schmuckstücken der Ausstellung Eiskalte Leidenschaft, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bis 11. Oktober 2009 in seinem Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum zeigt.

Mehr als 150 Exponate machen die Geschichte und Gegenwart der italienischen Eismacher im Ruhrgebiet lebendig. Das Spektrum reicht von Fotografien und Dokumenten bis zu historischen Utensilien zur Eisherstellung wie Kühlgeräte, Sahnemaschinen oder Waffeleisen.

Zur Zeit um 1900 war die Zubereitung von Speiseeis eine aufwendige und mühsame Arbeit. Viele Eismacher verwendeten für die Herstellung der Eisspezialitäten eine Eismaschine mit Kurbelantrieb. Zum Betrieb waren zwei Personen nötig: Während eine den Kurbelantrieb betätigte, strich die zweite Person eine Masse aus Milch, Ei und Zucker gegen die kalten Wände des Bottichs, die innerhalb von gut zwanzig Minuten gefror. Zur Kühlung wurde in­dustriell gefertigtes Stangeneis verwendet. Die Eismacher mussten die großen Eisstangen zerkleinern und in die Kühlbehälter füllen. Das zerstoßene Eis wurde zusätzlich mit Salz vermengt, um die Temperatur weiter zu senken.

Weil die Städte im Revier den Straßenverkauf von Eis immer weiter einschränkten, gründeten Italiener in den 1930er und 1940er Jahren die ersten festen Läden. Aus dieser Zeit stammt auch der Name Eisdiele. Da sich viele Gelatieri in den Anfängen keine teuren Lokale leisten konnten, meldeten sie ihre Geschäfte in ihren Wohnungen an und verkauften das Eis aus den Fenstern im Erdgeschoss. Damit die Kundschaft an die Öffnung heranreichen konnte, befestigten sie Holzbretter Dielen unter den Fenstern. Ein regelrechter Boom der Eisdielen setzte in den 1950er Jahren ein. Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und die erste Reisewelle nach Italien kurbelten die Nachfrage an.

http://www.lwl-industriemuseum.de -

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