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Wärmepumpen: Die Grundlagen

Umgedrehte Kälte

Eine gute Nachricht für alle, die im Winter nicht frieren möchten: Kälte gibt es gar nicht. Zumindest nicht als physikalische Größe. Klimaanlagen zum Beispiel erzeugen keine Kälte, sie entziehen Wärme. Über den Kältemittelkreislauf transportieren sie diese dann dahin, wo die Wärme nicht stört. Sie „pumpen“ also Wärme.

Dieser ursprüngliche Nebeneffekt der Kältetechnik ist heute eine der gefragtesten Heizungstechnologien und das SHK-Handwerk der erste Ansprechpartner dafür. Das war aber nicht immer so.

Die moderne Art zu heizen war in der Vergangenheit eher eine Randerscheinung und wegen ihrer technischen Natur Aufgabe der Kälte- und Klimabranche.

Um Wärme pumpen zu können, brauchen wir eine Quelle. Zum Beispiel Außenluft. Wärme strömt von allein jedoch nur von der höheren zur niedrigeren Temperatur. Um aus der Außenluft Wärme ziehen zu können, muss das Kältemittel an dieser Stelle also zwangsläufig kälter sein. Gleichzeitig muss es an anderer Stelle wärmer werden als zum Beispiel das Wasser, welches erwärmt werden soll. Diesen Temperaturunterschied erreicht man, indem das Kältemittel auf einen höheren Druck verdichtet und später wieder entspannt wird. Verdichtet man ein Gas, dann steigt nicht nur der Druck, sondern auch die Temperatur. Hier werden jedoch oft zwei Dinge miteinander verwechselt: Temperatur und Wärme sind verschiedene Dinge. Wärme ist eine Menge, Temperatur ein Zustand.

Wasser verdampft bei 100 °C. Das ist zwar Allgemeinwissen, aber nicht ganz vollständig. Denn Wasser verdampft bei 100 °C unter einem bar Druck. Die Temperatur, bei der ein Stoff verdampft oder verflüssigt, ist abhängig vom Druck, der darauf wirkt. Senkt man den Druck, dann sinkt auch die Siede- oder Verdampfungstemperatur. Bergsteiger zum Beispiel müssen ihr Essen länger kochen, da bei dem niedrigen Luftdruck Wasser schon bei deutlich unter 100 °C siedet. Ein Schnellkochtopf hingegen lässt den Druck im Wasser ansteigen, sodass bei höherer Temperatur und damit schneller gekocht werden kann. Diesen Effekt nutzt der Kältekreislauf. Der Druck im flüssigen Kältemittel wird herabgesetzt, damit es unterhalb der Umgebungstemperatur verdampfen kann. Dabei nimmt es Wärme auf. Das nun gasförmige Kältemittel wird durch den Kompressor wieder auf einen hohen Druck verdichtet. Die Temperatur im Kältemittel steigt und es gibt die vorher aufgenommene Wärme wieder ab. Dabei wird es wieder flüssig und ist bereit für die nächste Runde. Damit dieser sogenannte Carnot-Prozess effizient funktioniert, wechselt das Kältemittel also zweimal pro Runde den Aggregatzustand. Aber warum eigentlich?

Beim Zustandswechsel kommen zwei Dinge zusammen: Zum einen bleibt die Temperatur konstant. Man spricht hier auch von einer latenten Wärmeübertragung. Zum Anderen wird dabei um ein vielfaches mehr Energie übetragen, als bei der einfachen Erwärmung um ein paar Grad. Wasser zum Beispiel benötigt zwanzig mal so viel Energie beim Verdampfen wie für das Erwärmen von 20 °C auf 100 °C. Im Kühlschrank kann man diesen Prozess sogar hören.

Die Wärmepumpe kann also selbst aus der kalten Umgebungsluft noch Wärme ziehen. Dieser Vorgang hat jedoch Grenzen. Ausgerechnet dann, wenn es draußen kälter wird, sinkt ihre Effizienz. Aber warum eigentlich? Kann man diesen Nachteil umgehen? Und was hat das mit einer Skihalle zu tun?

Im Winter sinkt die Effizienz der Wärmepumpe. Der COP schrumpft dann gemeinsam mit dem Geldbeutel. Das ist kein Geheimnis, aber auch nicht neu. Kälteanlagen haben seit jeher mit diesem Problem zu kämpfen. Diese stehen besonders im Sommer unter mehr Belastung und büßen an Effizienz ein. Vor allem in den heißesten Regionen unseres Planeten muss die Kältetechnik einen großen Temperaturunterschied erreichen. Zum Beispiel die Skihalle in Dubai oder die Tiefkühler für das Flugzeug-Catering in Katar

Je kälter es draußen wird, um so niedriger muss das Kältemittel verdampfen. Druck und Temperatur sind während des Verdampfens direkt voneinander abhängig. Um die Verdampfungstemperatur also unter die Umgebungstemperatur zu bekommen, muss der Verdampfungsdruck weiter abgesenkt werden.

Da es sich nicht um einen statischen Druck, sondern einen dynamischen, oder auch „Strömungsdruck“ handelt, sinkt damit auch der Massenstrom des Kältemittels im Verdampfer. Es ist also schlichtweg weniger Kältemittel pro Zeit verfügbar, welches Wärme aufnehmen kann. Und Wärme pro Zeit ist Leistung.

Es gibt jedoch auch Alternativen: Eine mehrstufige Verdichtung zum Beispiel. Hier verdichtet ein Kompressor das Kältemittel auf eine Zwischenstufe, die dann vom nächsten Verdichter angesaugt und weiter verdichtet wird. So muss der große Druckunterschied nicht von einem Kompressor allein getragen werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Kaskade: Das sind zwei Kältekreise mit unterschiedlichen Temperaturbereichen. Der Verflüssiger des einen Kreises gibt Wärme an den Verdampfer des anderen ab. So wird nicht der Druck, sondern die Temperatur in Stufen angehoben.

Bei großen Temperaturunterschieden hat sich der Economizer als wirtschaftlich erwiesen. Dieser sorgt als thermischer oder Flash-Gas-Economizer für eine Unterkühlung des verflüssigten Kältemittels, bevor dieses durch das Expansionsventil entspannt wird. Nachteil hier: Nicht jeder Kompressortyp kann damit betrieben werden. Notwendig ist eine Bauart, die einen Zustrom von Kälte­mittel in den Verdichtungsprozess erlaubt. Wobei die sogenannte Einspritzgeometrie entscheidend dafür ist, ob und wie sich die Effizienz verbessern lässt. Geeignet sind zum Beispiel Schrauben- oder Scrollverdichter. Bei beiden wird der Economizer bereits seit Jahren eingesetzt. Schraubenverdichter spielen jedoch in einer anderen Leistungsklasse und sind deutlich komplexer.

Aber ob mehrstufig oder Kaskade, die Gesetze der Physik lassen sich nicht außer Kraft setzen. Der größere Temperaturunterschied kostet einfach mehr Energie.

Apropos Energie: Haben ist besser als brauchen. Und zu viel Reserve in der Heizleistung kann es also nicht geben, richtig? Wenn es um die passende Wärmepumpe geht, wird diese Faustregel nicht funktionieren. In den Übergangszeiten wird nur ein Teil der maximalen Leistung benötigt. Dafür ist der Kompressor für gewöhnlich auch drehzahlgeregelt. Jedoch gibt es eine Mindestdrehzahl, die nicht unterschritten werden kann. Berechnet man die Wärmepumpe zu groß, besteht die Gefahr, dass sie „taktet“. Dann schaltet der Kompressor ab, wenn zu wenig Leistung abgefordert wird. Er geht dann kurze Zeit später wieder an und aus und an und so weiter. Das macht er nicht lange mit.

Die Wärmepumpe darf also nicht zu groß ausgelegt werden. Aber eben auch nicht zu klein. Um die richtige Leistung ermitteln zu können, reicht eine Überschlagsrechnung also nicht aus. Um den Wärmebedarf zu ermitteln, müssen eine Reihe an Faktoren ermittelt werden. Dazu zählen natürlich unter anderem die Wärmeabstrahlung durch Wände, Dach und Boden. Wobei hier der Wärmedurchgangskoeffizient eine maßgebende Größe darstellt. Sind die Außenflächen isoliert? Und wenn ja, wie genau? Dafür gibt es Formeln, aber auch Tabellenwerte zur Hilfe.

In der Kältetechnik gibt es die Kältebedarfsermittlung. Bei einer Mono-Split Klimaanlage daheim mag eine Überschlagsrechnung funktionieren, nicht aber bei größeren Systemen wie Industriekühlungen oder Kühllagern. Wie dick sind die Wände? Wie sind sie isoliert? Welches Material? Was ist auf der anderen Seite? Außentemperatur oder Fertigungshalle? Wie ist der Boden aufgebaut? Wie viele Lampen strahlen Wärme ein? Wie viele Stunden am Tag? Gibt es andere Geräte wie Arbeitsmaschinen, die Wärme einbringen? Wie viel Leistung, wie oft? Wie viele Menschen gehen in diesen Raum täglich? Wie oft, wie lang? Wie wird abgetaut? Mit wieviel Leistung wie oft? Was muss gekühlt werden? Erzeugt das Kühlgut Wärme, wie zum Beispiel Obst durch den Reife-Prozess? Wie viel?

Es gilt also, das Takten zu vermeiden. Das kann man unterschiedlich erreichen. Zum Beispiel durch einen Heißgas-Bypass. Dieser verbindet Eingang und Ausgang des Kompressors miteinander, sodass dieser im Kurzschluss läuft. Dadurch kann er auf Mindestdrehzahl bleiben, obwohl weniger als die Mindestleistung abgefordert wird. In der Kältetechnik wurde das in der Vergangenheit unter anderem zur Leistungsregelung eingesetzt, bevor sich invertergeregelte Kompressoren durchsetzen konnten. Nachteil hier: Es ist Energieverschwendung. Man bezahlt für die Mindestdrehzahl, ob man sie nutzt oder nicht. Alternativ dazu verwendet man entsprechend große Pufferspeicher. Durch die schiere Menge an Wasser kann der Kompressor so länger an bleiben und auch länger aus.

Bei all dem haben wir die Warmwasserbereitung noch gar nicht berücksichtigt. Das muss zwangsläufig auf höhere Temperaturen gebracht werden, um vor allem Legionellen keine Chance zu geben. Das geschieht in der Regel mit dem Heißgas, also dem gerade verdichteten, gasförmigen Kältemittel direkt nach dem Kompressorausgang. Dieses muss entsprechend wärmer sein als der Warmwasserspeicher. Um das zu erreichen, kann man die Heißgastemperatur anheben, zum Beispiel über eine Anstauregelung oder indem die Wärmeabgabe des Verflüssigers begrenzt wird. Dann muss der Kompressor jedoch einen noch größeren Druckunterschied be­wältigen. Ergo: Es wird teurer.

Somit ist auch die Warmwasserbereitung eine Gratwanderung. Die genaue Berechnung ist also nicht nur wichtig für die Effizienz. Sie ist die Grundlage, damit eine Wärmepumpe überhaupt funktioniert. OB

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