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Die Revision der F-Gase-Verordnung

Endgültiges Aus für die HFKWs?

Damit keine Missverständnisse aufkom­-men: Bei dem derzeit vorliegenden Verordnungsentwurf handelt es sich keineswegs um die endgültige Version sondern lediglich um den Entwurf, der von der Europäischen Kommission vorgelegt wurde und jetzt im EU-Parlament und -Rat diskutiert wird. Die endgültige Verordnung ist nicht vor Ende 2013 und möglicherweise sogar noch sehr viel später zu erwarten. Allerdings ist jetzt der Moment, in dem alle Beteiligten und ganz besonders auch Handwerk und Industrie aufgerufen sind, ihre Kommentare abzugeben. Verbandsarbeit ist daher wichtiger denn je, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, denn das Schicksal der Branche steht wieder einmal auf dem Spiel und droht in Anbetracht eines ausgeprägten, politisch motivierten Aktivismus in Brüssel, in Vergessenheit zu geraten.

Denn obwohl die HFKWs als Kältemittel mit deutlich weniger als zwei Prozent zu den Gesamttreibhausgasemissionen Europas beitragen der Löwenanteil entfällt mit über 80 Prozent auf CO2 stürzen sich ganz besonders Umweltorganisationen, wie zum Beispiel EIA oder Greenpeace, deren Einfluss in Brüssel nicht zu unterschätzen ist, auf die HFKWs und fordern den kompletten Ausstieg bis 2020. Der vorliegende Verordnungsentwurf wird dabei von letzteren als seicht abgetan, während Indus­trie und Handwerk diesen als sehr ehrgeizig einschätzen und sich besorgt zu einigen der Maßnahmen äußern.

Warum eine Revision?

Aber noch einmal kurz einen Schritt zurück: Warum wird die F-Gase-Verordnung 842/2006 überhaupt bereits revidiert, obwohl sie in manchen EU-Mitgliedsstaaten erst seit Kurzem tatsächlich umgesetzt wird? Diese Überprüfung ist Teil der bestehenden Verordnung und wird in Artikel 10 vorgeschrieben. Darin heißt es, dass die EU-Kommission auf der Grundlage der Erfahrungen mit der Anwendung der Verordnung einen Bericht zu verfassen und gegebenenfalls geeignete Vorschläge zur Überprüfung der einschlägigen Bestimmungen vorzulegen hat. Dieser Bericht, der unter anderem auf einer vorbereitenden Studie der Frankfurter Öko-Recherche beruht, wurde Ende 2011 von der EU-Kommission vorgelegt und stellt klar, dass die bestehenden Maßnahmen der Verordnung nicht ausreichend sind, um die ehrgeizigen Ziele des europäi­schen Fahrplans für eine kohlenstoffarme Wirtschaft zu erfüllen.

So wird durch die Kombination von F-Gase-Verordnung und Pkw-Richtlinie zwar eine Emissionsreduzierung von über 40 Prozent bis 2050 erwartet, dies sei aber nicht genug: Eine zusätzliche Reduzierung von mindestens 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent bis 2030 sei nötig, um die Anforderungen aus dem Fahrplan zu erfüllen, heißt es in dem Bericht. Zur Erreichung dieses Ziels böten sich verschiedene Maßnahmen an, heißt es weiter. Darunter ein sogenannter Phase-Down der HFKWs sowie Verbote. Genau das greift der vorliegende Verordnungsentwurf nun neben verschiedenen anderen Maßnahmen auch auf.

Phase-Down

Tragende Maßnahme des Entwurfs ist ganz klar der Phase-Down der HFKWs ein Ansatz, der prinzipiell und europaweit von der Branche unterstützt wird. Das geht zum Beispiel aus den Positionspapieren des europäischen Handwerkerverbands AREA ( https://www.area-eur.be/ ) und des Herstellerverbands EPEE ( https://epeeglobal.org/ ) hervor, die beide in Brüssel die Interessen der Branche vertreten. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Wenn denn schon weiterführende Maßnahmen im Hinblick auf die F-Gase erforderlich sein sollen, dann gewährt ein Phase-Down wenigstens die erforderliche Flexibilität. Konkret bedeutet dies, dass die Mengen an HFKWs, ausgedrückt in CO2-Äquivalent (also produktunabhängig), die in Verkehr gebracht werden dürfen, schrittweise reduziert werden müssen. Mit anderen Worten: damit wird kein spezielles Kältemittel verboten, sondern implizit die Verwendung von Kältemitteln mit geringem Treibhauspotenzial (GWP-Wert) gefördert.

Anwender, die aus technischen, energetischen, sicherheitstechnischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht auf HFKWs verzichten können, haben damit die Möglichkeit, diese zunächst weiterzuverwenden. So weit, so gut. Allerdings spielen natürlich auch die Schritte eines solchen Phase-Downs eine wichtige Rolle. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer, denn die EU-Kommission schlägt eine extrem steile Reduzierung vor, die nicht nur die erwähnte, unerlässliche Flexibilität erheblich einschränken würde, sondern teilweise möglicherweise auch gar nicht machbar wäre. Warum? Weil die Alternativen für HFKWs zum Teil toxisch oder brennbar sind und weil die Verwendung dieser Kältemittel durch Normen und nationale Gesetzgebungen in vielen Fällen nur eingeschränkt möglich ist. Konkret: Die EU-Kommission schlägt eine Reduzierung der in Verkehr zu bringenden HFKW-Mengen um 79 Prozent bis 2030 vor, während der europäische Herstellerverband EPEE basierend auf einer Studie des britischen Instituts SKM Enviros von einer maximalen Reduzierung von 65 Prozent spricht. Dieses Argument ist sogar noch wichtiger, wenn man es im Zusammenhang mit der derzeitigen Diskussion im Pkw-Bereich sieht.

Wie aus der KK-Berichterstattung bereits bekannt, stellen verschiedene Pkw-Hersteller, angeführt von Daimler, die in der Vergangenheit bereits beschlossene Verwendung des HFO 1234 yf aus Sicherheitsgründen aktuell in Frage. Die angestrebte Emissionsreduzierung der EU-Kommission beruht aber unter anderem auf der Umsetzung der Pkw-Richtlinie. Will heißen, wenn die Pkw-Industrie jetzt nicht wie ursprünglich geplant auf Kältemittel mit niedrigem GWP-Wert umstellt, dann frisst sie quasi einen Teil der Kältemittelquote auf, der ansonsten für andere Anwendungen zur Verfügung stünde. Die Folge davon wäre eine starke Verknappung der Verfügbarkeit von HFKWs für andere Anwendungen.

Verbote

Neben dem Phase-Down schlägt die EU-Kommission auch verschiedene Verbote vor. Dazu zählen Verbote in Haushaltskühl- und Gefriergeräten für HFKWs mit einem GWP- Wert über 150 (ab dem Jahr 2015), in hermetisch geschlossenen Kühl- und Gefriergeräten in Einzelhandel und Gastronomie (gewerblicher Gebrauch) für HFKWs mit einem GWP-Wert über 2500 ab dem Jahr 2017 und mit einem GWP-Wert über 150 ab dem Jahr 2020 und in hermetisch geschlossenen, mobilen Raumklimaanlagen für HFKWs mit einem GWP-Wert über 150 ab dem Jahr 2020. Im Umkehrschluss würde dies aber auch heißen, dass die Anlagen von dem Verbot ausgenommen sind, wenn sie nicht hermetisch geschlossen sind. Klingt irgendwie unlogisch und nicht im Sinne des Erfinders, denn sind es nicht hermetisch dichte Anlagen, die, wie der Name schon sagt, dicht sind? Und bestünde nicht das Risiko, dass diese Anlagen nicht mehr als hermetisch dicht verkauft würden, um nicht unter die Gesetzgebung zu fallen, was wiederum zu höheren Emissionen führen würde?

Verwendungsbeschränkung

Besonders bedenklich ist jedoch das angestrebte Verbot der Neubefüllung vorhandener Kälteanlagen mit HFKWs mit einem GWP-Wert über 2500 ab dem Jahr 2020, was direkt auf R 404 A / R 507 abzielt und defacto kurzfristig auf ein komplettes Verbot dieser Kältemittel hinausläuft. Denn wer würde heute noch in Anlagen mit R 404 A investieren, wenn er weiß, er kann sie in einigen Jahren nicht mehr warten? Weiter heißt es aber auch, dass Betreiber, deren Anlagen noch längst nicht das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, zum Retrofit oder zum Ersatz dieser Anlagen gezwungen werden, denn eine Reparatur oder ein Nachfüllen wäre ja nicht mehr möglich und in vielen Bereichen können es sich die Betreiber nicht leisten, ein solches Risiko einzugehen.

Noch dazu gilt die Beschränkung in ihrer jetzigen Form nicht nur für Kältemittel-Frischware, sondern auch für recycelte Produkte. Auch hier stellt sich die Frage, ob dies nicht kontraproduktiv wäre. Denn welche Motivation außer der Umwelt selbstverständlich hätte ein Nutzer, das Kältemittel aus einer Anlage abzusaugen und zu recyceln, wenn er es danach sowieso nicht mehr verwenden darf? Noch dazu, wenn für diesen Nutzer sowieso schon nicht geplante hohe Kosten anfallen, weil er seine Anlage nicht mehr nachfüllen und damit in letzter Konsequenz auch nicht mehr weiterbetreiben kann?

Man darf sich also durchaus fragen, inwiefern ein solches Verbot tatsächlich zur Einschränkung der Emissionen beitragen würde, obwohl die ursprüngliche Intention der EU-Kommission, die Verwendung der Kältemittel R 404 A/R 507 aktiv anzugehen, durchaus nachvollziehbar ist. Denn tatsächlich tragen diese beiden Produkte laut verschiedener Studien zu gut 50 Prozent der Treibhausgasemissionen im Kälte-Klimasektor bei, wobei mehrere Alternativen bereitstehen. Aus diesem Grund schlägt beispielsweise AREA vor, die Beschränkung, wenn es denn nötig sei, auf größere Anlagen zu beschränken (im Sinne der Kältemittelfüllmenge nach CO2-Äquivalent), von 2020 auf 2024 zu verschieben und sie nur auf Frischware zu beziehen. Auch EPEE plädiert dafür, den Einsatz von Recyclingware weiter zu erlauben, das Verbot für die Neubefüllung weiter nach hinten (2025) zu verschieben und außerdem Anwendungen < 50 °C auszunehmen.

Verbot der Vorbefüllung

Weniger Einvernehmen zwischen Handwerker- und Herstellerseite besteht zu einer weiteren, derzeit vorgeschlagenen Maßnahme des Verordnungsentwurfs: dem sogenannten Verbot der Vorbefüllung von Einrichtungen. Aus Sicht der EU-Kommission ist der Grund für diese Maßnahme die Vorgabe, dass auch Kältemittelmengen, die in vorbefüllten Geräten enthalten sind und so in die EU importiert werden, in den Phase-Down einbezogen werden müssen. Ansonsten könnte eine Situation entstehen, in der Hersteller ihre Geräte unlimitiert und voraussichtlich zu geringeren (Kältemittel-)Preisen außerhalb der EU befüllen und dann in die EU importieren würden.

Daher soll es Herstellern, die ihre Geräte in der EU verkaufen wollen, aus Gründen der Chancengleichheit innerhalb und außerhalb der EU verboten werden, ihre Geräte im Werk mit Kältemittel vorzubefüllen. Betroffen davon sind fast alle: Hersteller von Splitgeräten über Wärmepumpen bis hin zu Chillern und Transportkälte. Da diese Vorbefüllung jedoch laut Herstellern aus Garantiegründen und zur Überprüfung des Kältekreislaufs unerlässlich ist, würde dies bedeuten, dass die Anlagen zunächst im Werk befüllt werden, dann müsste das Kältemittel im Werk wieder entnommen und dann vor Ort, beim Kunden, durch den Anlagenbauer erneut wieder eingefüllt werden. Während der Handwerkerverband AREA diese Maßnahme unterstützt und sie als emissionsreduzierend beschreibt, geht der Herstellerverband EPEE genau vom Gegenteil aus und spricht, basierend auf der SKM Enviros-Studie, von einem Emissionsanstieg von einer Million Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2020 und einem Kostenanstieg von rund 500 Millionen Euro bis dahin.

Beide Seiten führen zahlreiche Gründe für ihre jeweilige Argumentation an, die den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. AREA argumentiert dabei hauptsächlich im Hinblick auf den Vertrieb vorbefüllter Klimasplitgeräte, die teilweise durch Baumärkte verkauft werden und bei denen in Folge das Risiko besteht, dass sie durch nicht zertifizierte Betriebe installiert werden. Dies werde, so der Verband, durch das Verbot der Vorbefüllung unterbunden. EPEE kündigte derweil an, gemeinsam mit verschiedenen anderen Verbänden an einem Alternativvorschlag zu arbeiten, der sowohl auf die Belange der Kommission als auch des Verbands AREA eingehen würde, ohne jedoch ein Verbot der Vorbefüllung zu benötigen.

Ausbildung und Zertifizierung

Last but not least geht der Verordnungsvorschlag auch auf Ausbildungsprogramme und Zertifizierungsanforderungen ein. Auch hier wird eine Straffung angestrebt, die unter anderem Ausbildungsprogramme als verpflichtend für die Erlangung der Zertifizierung vorschreibt. Dabei sollen diese Programme nicht nur für fluorierte Kältemittel, sondern auch für alternative Technologien gelten. Auch die Zertifizierung soll künftig obligatorisch für fluorierte und für alternative Technologien sein. AREA unterstützt zwar die Vorschriften für die Zertifizierung, spricht sich jedoch klar gegen die Verpflichtung zu Ausbildungsprogrammen aus.

Die für die Zertifizierung erforderlichen Kenntnisse könnten auch durch Erfahrung und andere Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden, so die Argumentation des Verbandes. Entscheidend sei das tatsächliche Wissen, nicht das jeweilige Ausbildungsprogramm. Verpflichtende Ausbildungsprogramme hingegen würden zu unverhältnismäßigen Kosten für die europäischen Anlagenbauerbetriebe führen, so der Verband weiter. Zu der vorgeschlagenen zeitlichen Begrenzung der Zertifizierung auf fünf Jahre äußert sich AREA grundsätzlich positiv, unterstreicht dabei jedoch, dass diese zeitliche Limitierung nur für Zertifikate gelten solle, die nach Inkrafttreten der neuen Verordnung ausgestellt werden.

Es bleibt spannend

Es ist also noch längst nicht aller Tage Abend, was die Revision der Verordnung anbelangt. Die Beratungen im Rat der EU haben bereits begonnen, das Parlament wird seine Aktivitäten im Januar aufnehmen. Dann hängt alles davon ab, wie schnell sich die Beteiligten einigen können. Konkret heißt das, dass sich die Mitgliedsstaaten, die teilweise sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten, auf eine Position einigen müssen. Das gleiche gilt für das EU-Parlament und seine über 700 Abgeordneten. In einem letzten Schritt müssen dann alle Akteure, d. h. EU-Kommission, EU-Mitgliedsstaaten und EU-Parlament eine gemeinsame Lösung finden. Wie schon erwähnt, wird dies kaum vor Ende 2013 der Fall sein. Es bleibt also spannend A. V. -

ZVKKW: Mit einer Stimme sprechen

Der Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen e. V. (ZVKKW) vereint als einziger Verband alle Bereiche der Kälte-Klima-Branche unter einem Dach: Handwerk, Industrie & Handel sowie Wissenschaft & Bildung. Durch dieses breite Spektrum gelingt es nicht nur neutrale Informationen anzubieten wie z. B. beim Supermarkt-Symposium, sondern auch mit einer starken Stimme zu sprechen. Aktuell setzt sich der ZVKKW selbstverständlich sehr engagiert bei der Überarbeitung der F-Gase-Verordnung für eine in der Praxis sinnvoll umsetzbare und im Sinne der Umwelt ausgewogene Regelung ein. Nähere Informationen sowie eine Mitgliederliste finden Sie unter http://www.zvkkw.de -

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