Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Neue Ausrichtung: Interview mit getair-Geschäftsführer Gerald Harml

Indoor Air Quality Systeme – was ist das?

KK: Seit etwa zehn Jahren gibt es durchschnittlich zweistellige Wachstumsraten im Bereich der dezentralen Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung. Wie lange kann es noch in diesem Tempo weitergehen? Sehen Sie nicht die Gefahr einer gewissen Marktsättigung?

Gerald Harml: Ein Wachstumsrückgang, geschweige denn eine Sättigung von dezentralen Systemen auf dem deutschen Markt, scheint nicht in Sicht. Und bei dem eigentlichen Bedarf zu sanierender Wohngebäude müssten die Absatzzahlen in Zukunft sogar eher noch weiter steigen... Dabei wird momentan sogar erst ein relativ geringer Anteil der sanierungsbedürftigen oder neugebauten Wohngebäude mit einem Wohnraumlüftungssystem mit Wärmerückgewinnung (WRG) ausgestattet. Der Löwenanteil wird nach wie vor ohne ein Lüftungssystem ausgeführt oder bestenfalls mit einem Abluftsystem ohne Wärmerückgewinnung. Obwohl die Sensibilität der Bewohner für gesundes Wohnklima zunehmend steigt.

Einen zusätzlichen Impuls werden die Klimaziele 2030 bzw. 2050 auslösen. Hier liegt Deutschland gerade in der Gebäudesanierung ordentlich hinter den selbst gesteckten Zielen. Das Ziel, den Wärmebedarf bis 2020 um 20 Prozent zu senken, ist schon jetzt nicht mehr einzuhalten. Um bis 2050 den Wärmebedarf um 80 Prozent zu reduzieren, sind noch enorme Anstrengungen vonnöten. Laut Bundesregierung sollen dafür 118 Mrd. Euro bereitgestellt werden.

Wir gehen daher in den nächsten Jahren von einem massiven Förderungs- und Subventionierungsvolumen für private Haushalte aus, die auch Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung betreffen werden. Zusätzlich steigt der Bedarf an bezahlbarem sowie lärm- und schadstofffreiem Wohnraum, speziell in Ballungszentren. Die dezentrale Wohnraumlüftung bietet hier eine wirksame Lösung, da sie punktgenau an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann.

KK: Warum erlebt die dezentrale Wohnraumlüftung Ihrer Meinung nach derzeit einen solchen Boom? Gibt es plötzlich neue Erkenntnisse zur dezentralen Lüftung?

Gerald Harml: Ich beobachte die kontrollierte Wohnraumlüftung und insbesondere die dezentrale Lüftung seit mehr als fünf Jahren. Als früherer Mitarbeiter eines Anbieters für Fensterbeschläge habe ich die Performancesteigerung des Fensters mitgestalten dürfen: Von einem „Loch-zu-Element“ zu einem Hightech-Produkt, das durch enorme Dichtheit besonders energieeffizient ist. Nachdem mittlerweile die gesamte Gebäudehülle optimiert und dadurch zunehmend dichter wird, entstehen neue Herausforderungen für die Lüftung.

Eine eher einfach gestrickte Lösung ist es, die Fenster wieder bewusst undicht zu machen, um zumindest die Lüftung zum Feuchteschutz zu gewährleisten. Eine für mich nicht nachvollziehbare und schon gar nicht nachhaltige Entwicklung, aber preislich günstig und daher leider sehr verbreitet. Auch die zentralen Lüftungssysteme konnten mich aufgrund ihrer Kosten- und Planungsintensität sowie der aufwändigen Wartung nicht überzeugen. Auf der Suche nach einer besseren und bezahlbaren Wohnraumlüftung fand ich die dezentralen Wohnraumlüftungen mit Wärmerückgewinnung (WRG) als besonders geeignet: Verständliche, einfache Planung sowie geringer Montage- und Wartungsaufwand bei hoher Energieeffizienz.

Die hohe Lüftungseffizienz dezentraler Wohnraumlüftung mit WRG wurde durch eine Forschungsarbeit der Technischen Universität Aachen belegt. Die Ergebnisse zeigen auf, dass die dezentralen Lüftungsanlagen genauso effizient in der Luftwechselrate sind, wie die zentralen Anlagen und das bei einer effizienten Luftdurchmischung.

KK: Auf welche neuen Produktentwicklungen dürfen wir bei getAir in den nächsten Jahren gespannt sein?

Gerald Harml: Wir wollen mit neuen Ideen und Lösungen rund um die kontrollierte Wohnraumlüftung vorangehen. Dabei orientieren wir uns ausschließlich am Nutzen und Mehrwert für die Bewohner und denken Innovation ganzheitlich. Unser Ziel ist es, innovative Produkte sowie überdurchschnittliche Services und Dienstleistungen anzubieten, die aktuelle und künftige Marktanforderungen nicht nur erfüllen, sondern einen Standard im Markt definieren. Technische Merkmale wie die werkzeuglose Endmontage, Schallschutzblenden sowie schwingungsentkoppelte Lüftereinheiten hat getAir bereits realisiert.

Aber auch dem Zeitgeist müssen die Systeme entsprechen, deshalb haben wir uns der Herausforderung der Digitalisierung gestellt: Auf der ISH 2019 in Frankfurt haben wir ein Wohnraumlüftungssystem vorgestellt, das per App- und Sprachsteuerung mit Alexa von Amazon und mit dem Google Assistant bedient werden kann. Das ist jedoch nur der erste kleine Schritt in diese Richtung. Unsere Systeme sollen zukünftig auch in jedes gängige Smart Home System integrierbar sein.

Eine weitere Herausforderung ist es, die Lüfter noch leiser zu konstruieren, bei gleichzeitig höherem Volumenstrom und geringerem Energieverbrauch. Dazu werden wir einen neuen Badlüfter bringen, mit einem neuartigen Ventilator mit noch höherer Luftleistung bei geringerem Eigengeräusch. Zusätzlich wird er auch in unser Digitalisierungskonzept integrierbar sein. In weiterer Folge werden wir auch unsere SmartFan-Systeme weiterentwickeln und mit zusätzlichen Funktionen ausstatten.

Daneben gibt es von getAir begleitende Innovationen und Tools im Bereich Planung, Auslegung und Angebotserstellung. In Zeiten von Fachkräftemangel und zunehmendem Termindruck sind intelligente Tools zur Planung unerlässlich.

Dieses 2019 vorgestellte Wohnraumlüftungssystem ist per App- und Sprachsteuerung mit Alexa von Amazon und per Google Assistant bedienbar. Zukünftig sollen alle Systeme des Herstellers in jedes gängige Smart Home System integriert werden können.

Bild: getAir

Dieses 2019 vorgestellte Wohnraumlüftungssystem ist per App- und Sprachsteuerung mit Alexa von Amazon und per Google Assistant bedienbar. Zukünftig sollen alle Systeme des Herstellers in jedes gängige Smart Home System integriert werden können.

KK: Auf der ISH 2019 kündigten Sie eine neue Unternehmensstrategie mit neuen Geschäftsfeldern an. Können Sie diese neue Strategie näher beschreiben?

Gerald Harml: Über die kontrollierte Wohnraumlüftung hinaus werden wir in Zukunft einen Schritt weiter gehen, bei dem es uns verstärkt um das gesamte Thema der Innenraumluftqualität (Indoor Air Quality) geht. Dies umfasst Systeme der Wohnraumlüftung, Luftreinigung und Beduftung sowie deren digitale Vernetzung und Integration in alle gängigen Smart Home Systeme. Daher werden wir in den nächsten Jahren neben den Weiterentwicklungen im Wohnraumlüftungsbereich besonders die Themen „Luftreinigung“, „Sensorik“ und „digitale Anbindung und Steuerung“ fokussieren und vorantreiben.

Gesunde Luftqualität im Innenraum ist nach Meinung von getAir eine ganzheitliche Aufgabe, wobei die Luftreinigung zunehmend wichtig wird.

getAir

Gesunde Luftqualität im Innenraum ist nach Meinung von getAir eine ganzheitliche Aufgabe, wobei die Luftreinigung zunehmend wichtig wird.

KK: Was genau bedeutet „Indoor Air Quality“ für getAir?

Gerald Harml: „Indoor Air Quality“ bedeutet für uns das gesamte Thema Luftqualität im Innenraum. Das bedeutet, die Innenraum- wie Außenluft zu analysieren und mit unseren technischen Mitteln Produkte zu entwickeln, die für eine unbelastete Frischluft sorgen. Vor allem in Ballungszentren mit hohem Verkehrsaufkommen befinden sich viele gesundheitsschädliche Stoffe, wie z.B. Feinstaub, in der Außenluft. Eine zu hohe Feinstaubbelastung kann zu Lungen- und Herzerkrankungen führen. Feinstaub gehört zu den zehn größten Gesundheitsrisiken.

Dem Thema Luftreinigung messen wir deshalb die höchste Bedeutung bei. Mit unserem Luftreinigungssystem können kleinste Ultra-Feinstaubpartikel aus der Raumluft herausgefiltert werden (Filtergrad PM1.0). Damit wollen wir die gesundheitlichen Folgen von schadstoffbelasteter Raumluft reduzieren: Kopfschmerzen, Konzentrationsschwächen, Folgeerkrankungen oder Verschlechterungen des gesundheitlichen Zustandes durch Schimmel, Milben, Allergien und Feinstaub.

KK: An welchen Produkten zur Luftreinigung arbeitet getAir konkret?

Das Luftreinigungssystem OneLife X macht einen teuren Filterwechsel, wie bei herkömmlichen Systemen mit HEPA- und Aktivkohle-Filtern, überflüssig.

getAir

Das Luftreinigungssystem OneLife X macht einen teuren Filterwechsel, wie bei herkömmlichen Systemen mit HEPA- und Aktivkohle-Filtern, überflüssig.

Gerald Harml: Bereits jetzt können unsere Lüftungssysteme mit einem PM2.5-Feinstaubfilter ausgestattet werden, der einen Großteil der schädlichen Kleinstpartikel aus der Zuluft entfernt. Jedoch ist für ultrafeine Partikel ein System mit deutlich feinerem Abscheidungsgrad nötig. Dafür haben wir ein spezielles Luftreinigungssystem OneLife X entwickelt. Dieses System hat einen Filtergrad von PM1.0 mit dem kleinste Schadstoffteilchen aus der Luft herausgefiltert werden können. So gelangen gesundheitsschädliche Schwebstoffe gar nicht erst in den Wohnraum.

Gleichzeitig legt getAir auch beim Luftreiniger OneLife X Wert auf einen leisen Betrieb, einen geringen Energieverbrauch sowie eine einfache Wartung und Reinigung. Das System macht einen aufwändigen Filterwechsel, wie bei herkömmlichen Systemen mit HEPA- und Aktivkohle-Filtern, überflüssig. Denn der Filter des Luftreinigers kann einfach in der Spülmaschine gereinigt werden. So hält der Filter ein Leben lang und es entstehen keine Folgekosten. Damit setzen wir verstärkt auf ökologisch nachhaltige Produkte. Weitere Innovationen befinden sich bereits in der Testphase.

KK: Können Sie uns schon einen etwas konkreteren Einblick in diese Zukunftsvisionen geben?

Gerald Harml: Dazu gehören Steuerungen, die smart bedienbar sind, wie die App-Steuerung oder auch die Sprachsteuerung mit Alexa von Amazon und dem Google Assistant. Im Bereich der Luftreinigung arbeiten wir momentan im Versuchsumfeld mit dem Prototyp einer eigens entwickelten Künstlichen Intelligenz. Damit berechnet der OneLife X mittels Deep Learning selbstständig Luftqualität, Temperatur, Feuchtigkeit sowie individuelle Lüftungsanforderungen und sorgt vorausschauend für eine noch bessere Innenraumluftqualität. Gleichzeitig wird es auch immer die Möglichkeiten geben, alle unsere Systeme manuell zu steuern.

KK: Herr Harml, wir danken Ihnen für das Gespräch! 

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ KK E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus KK: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen