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9. JRAIA-Symposium in Kobe

Denkanstöße aus Japan

Am 2. und 3. Dezember letzten Jahres fand zum 9. Mal das Internationale JRAIA-Symposium zum Thema neue Kältemittel und Umwelttechnik in der japanischen Hafenstadt Kobe statt. Fast 500 Teilnehmer besuchten die zweitägige Veranstaltung, die Mehrheit davon aus Japan. Veranstaltet wird die Konferenz, die zum ersten Mal 1994 abgehalten wurde und damals vor allem den R 22-Ausstieg zum Thema hatte, von dem japanischen Verband JRAIA (Japan Refrigeration and Air-Conditioning Industry Association).

Europa als Vorreiter

Die europäische Kälte-, Klima- und Wärmepumpenindustrie wurde in Japan durch den Herstellerverband EPEE (The European Partnership for Energy and the Environement) vertreten. In ihrem Einführungsvortrag zur europäischen Gesetzgebung mit Relevanz für die Kälte-Klimabranche ging Geschäftsführerin Andrea Voigt unter anderem auf die Zukunft der HFKWs ein. Natürlich behält die EU-Kommission bei ihrer derzeitigen Überarbeitung der F-Gase-Verordnung auch die weltweite Entwicklung im Auge und bezieht Forderungen, wie z. B. aus Nordamerika nach einer schrittweisen Reduzierung des Verbrauchs von HFKWs auf der Basis ihres GWP-Werts, in ihre Überlegungen ein. Auf der anderen Seite ist aber noch nichts entschieden. Die EU-Kommission analysiert derzeit die F-Gase-Verordnung im Hinblick auf ihre europaweite Umsetzung und ihre Fähigkeit, Emissionen wirkungsvoll zu reduzieren.

Auch in Japan konzentriert man sich auf Emissionsreduzierung durch Leckagekontrolle. Das zeigt die in den vergangenen zwei Jahren von den Verbänden JRAIA und JARAC (Japan Association of Refrigeration and Air-Conditioning Contractors) mit japanischer Gründlichkeit erarbeitete Richtlinie JRC GL-01 für Leckageinspektion und Service zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus gewerblichen Kälte- und Klimaanlagen. Der Ansatz dieses Regelwerks hat viel mit der europäischen F-Gase-Verordnung gemeinsam ein Zeichen dafür, dass Europa hier eine Vorreiterrolle hat und auf dem richtigen Weg ist bzw. auf einem Weg, der auch in anderen Teilen der Welt Anerkennung findet.

Im Osten nichts Neues?

Natürlich sind die neuen HFO-Kältemittel auch ein großes Thema in Japan und die Kältemittelhersteller, insbesondere Honeywell und DuPont, übertreffen sich gegenseitig mit der Anpreisung neuer Gemische, wie ja auch schon auf der Chillventa deutlich wurde. Insofern: nichts Neues im Osten, außer dass sich der japanische Markt der neuen Kältemittelgeneration gegenüber vielleicht offener zeigt als der europäische.

Der Unterschied zu Europa liegt woanders. Während sich hierzulande die Diskussion um die Nachfolge der HFKWs, abgesehen von den HFOs, stark auf die sogenannten natürlichen Kältemittel konzentriert, taucht in Japan vor allem im Bereich der Klimatechnik häufig das HFKW R 32 auf. Bei den Chemiegiganten hält sich die Begeisterung hierfür in Grenzen, denn für R 32 sind die Patente ausgelaufen. OEMs allerdings scheinen hier eine attraktive Alternative zu natürlichen Kältemitteln, insbesondere Kohlenwasserstoffen, zu sehen, die ebenfalls als Kandidaten für Klimaanlagen mit geringer Füllmenge im Rennen sind. Denn auch wenn der GWP-Wert von R 32 mit > 600 deutlich höher ist als der von Kohlenwasserstoffen, so liegt er doch weit unter dem von R 410A (> 2 000). Gleichzeitig bietet R 32 den Vorteil einer wesentlich geringeren Entzündlichkeit im Vergleich zu Kohlenwasserstoffen ein wichtiges Argument für OEMs.

Recycling oder Zerstörung?

Wirklich neu und spannend war eine Studie der Universität Tokio: Eine Lebenszyklusbetrachtung und ein Vergleich zwischen Recycling und Zerstörung von Kältemitteln und den Auswirkungen auf die Umwelt. Anlass zu der Studie gab die Tatsache, dass in Japan zwar seit 2002 die Menge an zurückgewonnenem Kältemittel aus Altanlagen kontinuierlich zunimmt, dass durchschnittlich aber nur 20 Prozent dieses Kältemittels recycelt wird. Die restlichen 80 Prozent werden zerstört. Die Autoren stellten sich daraufhin die Frage, was denn nun weniger Umweltwirkung habe: Zerstörung oder Recycling.

Untersucht wurde das Kältemittel R 22, da hierzu die meisten Daten zur Verfügung standen. Als entscheidend flossen Faktorenein wie der Verbrauch von Energie, chemischer Wirkstoffe, Wasser, emittierte Substanzen wie Kohlendioxid, Stickstoffoxid, Schwefeloxid etc. sowie Sub­stanzen, die direkt bei der Zerstörung freigesetzt werden wie CO, HCl, HF und Dioxin. Das Ergebnis ist beeindruckend und gibt zu denken: Die Umweltwirkung bei Zerstörung des Kältemittels inklusive der Produktion von neuem Kältemittel ist 24 Mal höher als bei Recycling. Die Bilanz fällt noch deutlicher zugunsten von Recycling aus, wenn die Prozesse hierbei weiter verbessert werden. Dies betrifft insbesondere die durchschnittlich fünf Prozent an Kältemittel, die bei der Aufbereitung inerter Gase im Allgemeinen noch enthalten sind. Könnte diese Menge auf null reduziert werden, wäre die Umweltwirkung von Recy­cling im Vergleich zu Zerstörung sogar 65 Mal niedriger.

Denkanstöße

Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich gleich mehrere Denkansätze: Zum einen drängt sich die Frage auf, ob wir unsere Prio­ritäten im Sinne der Umwelt richtig setzen, wenn wir ausschließlich darauf hinarbeiten, unsere bestehenden Kältemittel und insbesondere HFKWs durch neue Kältemittel zu ersetzen welcher Art auch immer. Die F-Gase-Verordnung enthält die Antwort auf diese Frage. Sie ist ganz offensichtlich auch von dieser Warte aus betrachtet der richtige Ansatz, denn sie zielt nicht auf blinden Ersatz der HFKWs durch Alternativen ab, sondern auf Konservierung durch Anlagendichtheit. Zum anderen sollten HFKW-Alternativen ebenfalls unter dem Aspekt ihres Lebenszyklus betrachtet werden, inklusive Rückgewinnung, Recy­cling und/oder Zerstörung. Im Hinblick auf natürliche Kältemittel beinhaltet das auch ihre Herstellung, denn entgegen so mancher Vorurteile müssen auch diese produziert werden, wofür Energie aufgewendet werden muss. Im Hinblick auf Kältemittelgemische könnte in künftige Überlegungen einfließen, dass es wahrscheinlich einfacher ist, einen Reinstoff zu recyceln als ein Gemisch. -

Wer ist JRAIA?

JRAIA steht für „Japan Refrigeration and AirConditioning Industry Association“, wurde ursprünglich 1949 als Verband der japanischen Maschinenbauer gegründet und 1969 umstrukturiert und in JRAIA umbenannt. Der Verband hat ungefähr 100 Unternehmen als Vollmit­glieder und weitere 45 Mitglieder. Auf inter­nationaler Ebene ist JRAIA Mitglied bei ICARHMA, dem „Inter­national Council of Air-Conditioning, Refrigeration and Heating Manu­facturers’ Associations”, und bei EPEE (European Partnership for Energy and the Environment), dem europäischen Herstellerverband der Kälte-, Klima- und Wärmepumpenindustrie. https://www.jraia.or.jp/

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