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Risiken der Betriebsübergabe

Klappe zu, Affe tot

„Die zur Übergabe anstehenden Unternehmen müssen auch für den Nachfolger ökonomisch attraktiv sein“, stellt Mittelstandsforscher Wallau klar und fügt hinzu, „dass die damit verbundene Forderung eines Mindestgewinns von rund 49500 Euro plus Mindestverzinsung des Eigenkapitals heutzutage deutlich schärfer ist als die frühere Forderung eines Mindestjahresum­satzes von 50000 Euro. Die Umstellung der Berechnungsmethode hat nicht nur den Vorzug, dass eine treffendere Bestimmung ihres Gegenstandes vorgenommen werden kann, sondern auch eine Dynamisierung der Größe, die über die Übernahmewürdigkeit eines Unternehmens entscheidet. Auf diese Weise lässt sich verhindern, dass die Zahl der als übernahmewürdig eingestuften Unternehmen alleine aufgrund von Inflation im Zeitablauf wächst.“

Bislang ging man bei gut acht Prozent der Betriebe, bei denen mit der früheren Vorgehensweise berechnet wurde, von einer Stilllegung aus. Künftig werden vor allem kleinere Unternehmen aufgrund der deutlich strengeren Anforderungen des neuen Verfahrens von vorneherein nicht mehr als übernahmewürdig eingestuft und dann auf der Strecke bleiben. Bundesweit an der Spitze der Branchen, denen ein Inhaberwechsel ins Haus steht, befindet sich der Dienstleistungsbereich, gefolgt vom produzierenden Gewerbe und Handel.

Gerade bei kleineren Betrieben, die die überdeutliche Handschrift ihres Gründers oder Senior-Chefs tragen, gestaltet sich die Suche nach einem passenden Nachfolger schwierig. So scheitern die meisten Übergabe-/Übernahmeverhandlungen an den Kaufpreisvorstellungen des Alteigentümers. Ebenso häufig besteht die Gefahr, dass sich der Nachfolger bei einem überhöhten Kaufpreis und den damit verbundenen Finanzierungskosten wirtschaftlich übernimmt bzw. die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens überschritten wird.

Die Überschätzung bei der Unternehmensbewertung führt zu einer doppelten Gefahr für das Unternehmen: Einmal wird es schwierig sein, einen Nachfolger zu finden, der bereit und in der Lage ist, den hohen Kaufpreis zu zahlen. Finanzierungsschwierigkeiten der Übernahmeinteressierten führen dagegen direkt zur Aufgabe des Plans, ein Unternehmen zu übernehmen. 84 Prozent der Sucher und 89 Prozent der Aufgeber haben mehr als einmal verhandelt. Das Pro­blem der Einigung führt häufig dazu, dass die Suche nach einem geeigneten Unternehmen erneut aufgenommen werden muss.

Die gewichtigen Barrieren bei den Verhandlungen liegen zum einen in der Einigung auf einen Kaufpreis und zum anderen in der Finanzierung der Übernahme. Meist besteht die Gefahr, dass sich der Nachfolger bei einem überhöhten Kaufpreis und den damit verbundenen Finanzierungskosten wirtschaftlich übernimmt bzw. die Ka­pitaldienstfähigkeit des Unternehmens überschritten wird.

Nach einer DIHK-Erhebung lassen die Hauptprobleme nach einer Betriebsübernahme für den Nachfolger zu 34 Prozent auf den zuvor verkannten Investitionsbedarf zurückführen. In 27 Prozent der Fälle wurde der Restrukturierungsbedarf unterschätzt. In jedem vierten Fall nach der Übernahme ergaben sich Probleme durch den Verlust der Stammkunden. In nahezu jedem fünften Fall führten Schwierigkeiten mit Verwaltungs- und Finanzbehörden zu Konfliktsituationen. Weitere Probleme für den Nachfolger ergaben sich aus Konfliktsituationen mit dem Senior-Unternehmer und den Mitarbeitern.

Zwei von drei nachfolgeinteressierten Existenzgründern leiden zurzeit unter erheblichen Finanzierungsproblemen. Das sind deutlich mehr als noch im Vorjahr. Eine Unternehmensnachfolge ist in der Regel eine Transaktion mit hohem Chancen- und Risikopotenzial. Obwohl mit dem Betrieb bereits eine potenzielle Sicherheit vorliegt, ist der Eigentümerwechsel für Banken oder andere Kapitalgeber mit Risiken behaftet. Sie „kaufen“ z. B. das Bewertungsrisiko des Unternehmens mit und müssen auf die unternehmerischen Fähigkeiten des Nachfolgers vertrauen gerade, wenn dieser mit der Übernahme seinen ersten Schritt in die Selbstständigkeit unternimmt. Zwar hat sich die allgemeine Finanzierungssituation stabilisiert; dennoch legen die Kreditinstitute und Finanzierungspartner ein deutlich vorsichtigeres Risikoverhalten an den Tag. Kreditinstitute sind aufgerufen, bei der Unternehmensnachfolge die Perspektiven des Betriebs herauszuheben. Dreh- und Angelpunkt für den Nachfolger ist ein stichhaltiges Konzept, das Kapitalgeber überzeugt.

Betriebsübergang mit erheblichem bürokratischem Aufwand

Beim Betriebsübergang haben Unternehmer einen erheblichen bürokratischen Aufwand zu leisten. Im Rahmen ihrer Informationspflicht gegenüber den Arbeitnehmern muss jeder einzelne Arbeitnehmer ausführlich über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Unternehmensübergabe in Kenntnis gesetzt werden.

Im Zuge des Betriebsübergangs hat der Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht. Er kann der Übernahme seines Arbeitsvertrages durch den neuen Betriebsinhaber widersprechen und eine Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber verlangen. Die Frist zum Widerspruch beträgt einen Monat ab ordnungsgemäßer Information. Erfolgt die Information aber nicht oder ist sie fehlerhaft, so bleibt der Widerspruch über Jahre hinaus möglich.

Gut vorbereitet für den Generationswechsel

Damit der Generationswechsel gelingt, müssen Senior-Unternehmer und Nachfolger gut vorbereitet sein. Nachfolgende Umstände sind als besonders kritisch zu werten und zu prüfen:

  • Abklärung, ob der Gesellschaftsvertrag mit einer erbrechtlichen Regelung rechtlich harmoniert. So kann beispielsweise einem nachhaltigen Bonitätsverlust vorgebeugt werden.
  • Prüfung, ob ein Risiko- sowie ein Qualitätsmanagement existieren.
  • Wegen haftungsrechtlicher Fragen ist darauf zu achten, dies nicht nur formell, sondern auch materiell zu bestätigen.
  • Sollte die Mitarbeiter die Zusage des Unternehmers auf eine betriebliche Altersversorgung (bAV) erworben haben, beispielsweise durch eine arbeitnehmerfinanzierte Betriebsrente (Entgeltumwandlung), so bestehen beinahe zu allen Unternehmen verborgene Haftungsrisiken. Diese Risiken reichen bis hin zur unerkannten Insolvenz. Daher ist es angeraten, Fragen der Arbeitgeberhaftung wie beispielsweise bei einer Entgeltumwandlung der Mitarteiter, zu prüfen. Dies gilt analog für die Geschäftsführerversorgung, weil zahlreiche Lösungen einer Versorgungsgestaltung wegen Überalterung latente Steuernachzahlungsrisiken beinhalten. Die Bonität ist dadurch beeinflusst, ob ein „echter“ Versicherungsmakler mit geprüfter eigener Bonität dem Kunden mit einer ausreichenden Versicherung in den Bereichen Manager- und Vermögensschadenshaftung geschützt hat. Eine Verkapitalisierung von Vermögenswerten kann dies nicht kompensieren.
  • Als Teil des Risikomanagements wird meist der Bereich der EDV-Sicherheit in inhabergeführten Unternehmen stiefmütterlich vernachlässigt und ist nicht versichert. Dieses Risiko kann zu einer Existenzvernichtung sowie zu exorbitanten Steuerschätzungen wegen der PdPDU (Grundsätze der elektronischen Prüfung) führen.

Nicht zuletzt durch das schwierige wirtschaftliche Umfeld hat sich bei vielen konkreten Vorhaben der Nachfolgeprozess verkompliziert. Infolge der demografischen Entwicklung befassen sich immer mehr Senior-Unternehmer aufgrund ihres Alters mit der Nachfolgethematik. Die Übergabe des Unternehmens häufig das eigene Lebenswerk und Grundlage der Altersabsicherung der Unternehmerfamilie gestaltet sich oftmals emotional schwierig. Hier sind individuelle Unterstützung von neutraler Seite und individuelle Beratungsgespräche hinsichtlich der Finanzierung angesagt. -

Ralf E. Geiling

Wirtschaftsjournalist und Fachbuchautor in Neuss

Ralf E. Geiling, Neuss

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