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Dr. Hugo Blaum zu den kältetechnischen Aktivitäten der GEA Group

Wie cool ist die GEA heute?

KK: Wie groß sind die Anteile der kältetechnischen Aktivitäten bei der GEA Group?

Hugo Blaum: Der Kältebereich unser Segment GEA Refrigeration Technologies hat im vorletzten Jahr etwa zwölf Prozent des Konzernumsatzes erwirtschaftet. In Geld ausgedrückt waren das circa 564 Millionen Euro bei einem Konzernumsatz von etwa 4,4 Milliarden Euro.

KK: Ist hier auch die Klimakälte einbezogen?

Hugo Blaum: Der Bereich Klima und Lüftung ist hier nicht enthalten, denn in der GEA Group gibt es ja noch das Segment GEA Heat Exchangers, unter anderem mit der GEA Air Treatment GmbH. Die Lüftung und Klimatisierung, beispielsweise von Bürogebäuden und Hotels, Industrie- und Gewerbehallen, ist dort angesiedelt. Unsere GEA Refrigeration Technologies ist hingegen in der Prozesskälte zu Hause. Es gibt allerdings Überschneidungen. So kommen manche Kompressoren und Wärmepumpen der GEA Refrigeration Technologies für die Komfortklimatisierung zum Einsatz und GEA Air Treatment erstellt gelegentlich auch Lösungen für das industrielle Kühlen. Das sind aber eher Ausnahmen.

KK: Sind die Aktivitäten der Segmente strikt getrennt; arbeitet jedes Segment für sich?

Hugo Blaum: Die Segmente sind nach Technologien geordnet. Unser Segment GEA Refrigeration Technologies zum Beispiel hat als Kerntechnologie die Kälteerzeugung, beim Segment GEA Heat Exchangers ist der Energieübergang ob in einem Kühlturm oder im Lüftungsgerät das gemeinsame Element. Aber das heißt nicht, dass wir nicht zusammenarbeiten würden. Es gibt viele Projekte, in denen eine segmentübergreifende Kooperation stattfindet. Ein Beispiel hierfür ist die Kühlung in Supermärkten: Hier arbeiten unsere Bock-Kompressoren oft mit Küba-Lüftern von GEA Heat Exchangers zusammen. Oder in einem Tiefkühllager verteilen Goedhart-Luftkühler von den Kollegen des anderen Segmentes die Kälte, die unsere Maschinen bereitstellen.

KK: Warum sind nicht beispielsweise GEA Bock und GEA Küba in einem Segment, wenn ohnehin häufig gemeinsame Projekte anstehen? Dies scheint aus vertriebstechnischer Sicht sinnvoll.

Hugo Blaum: Die Zusammenarbeit im Projekt funktioniert auch über Segmentgrenzen hinweg gut. Durch die jetzige Zuordnung wird jedoch das marktgerechte Innova­tionsmanagement einfacher: Unsere Kältetechnik-Spezialisten konzentrieren sich vor allem auf die effiziente Kälteerzeugung, die Kollegen bei GEA Heat Exchangers betrachten den optimalen Wärmeübergang. Aber auch das schließt den Know-how-Austausch im Konzern nicht aus. Das jüngste Beispiel hierfür sind unsere neuen Spiral-Froster, die wir anlässlich der Anuga FoodTec im März der Öffentlichkeit vorstellen. Dank der Erfahrungen aus dem Segment GEA Convenience-Food Technologies, dem jüngsten der sechs GEA-Standbeine, haben wir unsere Froster optimieren können, sodass sie eine noch bessere Integration in den Produktionsprozess ermöglichen. Das Innovationsmanagement, für das ich verantwortlich bin, soll solche Synergien fördern. Es ist daher Konzernsache, also nicht segmentweise getrennt.

KK: Sie sprachen eben von der GEA Convenience-Food Technologies, einer der jüngsten Akquisitionen der GEA. Wie hat sich das Firmenportfolio bezüglich der Kältetechnik in den letzten Jahren entwickelt?

Hugo Blaum: Angefangen hat alles 1991 mit der Übernahme der Grasso Group, unseren Spezialisten für mittlere und große Verdichter. Es folgten schon Anfang der 1990er-Jahre weitere Akquisitionen, die unsere Kompetenz beim Kühlen stärkten. Eine wesentliche Erweiterung erfuhr das Produktportfolio durch den Kauf der Firma FES Systems, die in der Prozesskühlung aktiv ist und ein gutes Standing in der Food-Branche hat. Dazu passen auch die Akquisitionen Aerofreeze, Eurotek Engineering und Intec, allesamt Experten für das Kühlen und Gefrieren von Lebensmitteln. Und seit der Integration von Bock Kompressoren ist GEA auch im Bereich der mobilen Kälte vertreten.

KK: Wie soll sich die Kältetechnik im Konzern weiterentwickeln?

Hugo Blaum: Wir möchten für unsere Auftraggeber Lösungsanbieter sein, und zwar nicht nur für eine spezielle Nische, sondern quasi für alle Anwendungen. Diesem Ziel sind wir in etlichen Bereichen bereits nahe gekommen, etwa in der Lebensmittelbranche. Dort bieten wir von der Kühlung frischer Ware ob Fischfang oder Gemüseernte bis hin zum Frosten des fertigen Produktes eine beinahe lückenlose Lösungspalette an. Kurzum: Das Segment GEA Refrigeration Technologies soll und wird expandieren, denn es passt hervorragend zu der Konzernstrategie. Diese setzt auf die Märkte Lebensmittel und Energie. Beide werden wachsen, denn es leben immer mehr Menschen auf der Erde und der Wohlstand nimmt zu. Mit dem Bevölkerungswachstum, der zunehmenden Urbanisierung, der Stärkung der mittleren Einkommensklasse in vielen Regionen und weiteren Basistrends wächst auch der Markt für die GEA Group.

KK: Wo sind die Märkte für Ihre kältetech­nischen Aktivitäten?

Hugo Blaum: Die Einsatzgebiete reichen von der Eismaschine plus Silo für das Bereitstellen von Eis für Fischkutter oder die Betonkühlung über Verdichter und auf Rahmen montierte Kälteaggregate bei uns Skids genannt bis hin zu Kühl- und Gefrierlösungen für die Lebensmittelproduktion und -lagerung. Nicht zu vergessen: unsere Armaturenexperten GEA AWP, die unter anderem Lieferant für Kälteanlagenbauer sind. Als Branchen, in denen wir tätig sind, wären vor allem die Lebensmittel- und Energiebranche, die chemische und petrochemische Industrie sowie marine Anwendungen und der Hoch- und Tunnelbau zu nennen. Aber auch die Pharmabranche oder die Freizeitindustrie gehören zu unseren Auftraggebern.

KK: Und wie verteilt sich das Geschäft nach Regionen betrachtet?

Hugo Blaum: Unser größter Absatzmarkt ist derzeit Westeuropa mit etwa 40 Prozent Anteil am Auftragseingang, Stand September vorigen Jahres. In Nordamerika betrug der Anteil etwa 13 Prozent, in Asien-Pazifik 20 Prozent und in Osteuropa & GUS 12 Prozent. Doch die Gewichtung verschiebt sich. Zum Beispiel greift jetzt unser Engagement in Afrika und auch der Umsatz in Asien wächst. Es ist daher damit zu rechnen, dass Europa prozentual betrachtet bald nicht mehr den gleichen Stellenwert haben wird. Absolut gesehen streben wir auch in Europa Umsatzwachstum an, etwa durch die intensivere Vermarktung unserer Spiral-, Tunnel- oder Kartonfroster, die in Nordamerika hergestellt werden.

KK: Umgekehrt könnte schwäbische Technik dank der GEA Group die Welt erobern. Gemeint ist GEA Bock, die seit 2011 zur GEA Group gehört. Wie wurde das Unternehmen integriert und worauf haben Sie besonders Wert gelegt?

Hugo Blaum: Sicherlich kann GEA Bock von unserem globalen Vertrieb profitieren. Allerdings ist es nicht so, als wenn die hochwertigen Kompressoren aus Frickenhausen heute nur hierzulande bekannt wären. Dennoch stellte sich die Frage, wie sich GEA Bock optimal integrieren lässt. Zuerst galt es, allen Kunden wie Mitarbeitern die Übernahme bekannt zu machen. Dann ging es schon bald mit der Harmonisierung der Prozesse weiter. Forschung und Entwicklung zum Beispiel wurden Teil unseres Technology Centers. Bock-Innovationen profitieren hier von dem Wissen des ganzen Segments; Unternehmen können sich bei Entwicklungsvorhaben zusammentun, an Erfahrungen anderer durch unseren Informationspool teilhaben und vieles mehr. Zur Integration gehört aber auch die Prozess­anpassung, insbesondere bei den IT-gestützten Vorgängen.

Das alles klingt sehr sachlich und kaufmännisch. In Wirklichkeit steckt aber etwas anderes dahinter: Die Menschen, die dazugehören, müssen wir überzeugen, ihnen zeigen, dass sie nicht von der GEA Group verschluckt werden, sondern wichtig für unsere Gemeinschaft sind. Viele Meetings und eine klare Informationsstrategie sind deswegen wichtiger als jede IT-Migration. Und was das menschliche Zusammenwirken angeht, sind wir in den ersten Monaten schon erstaunlich weit gekommen.

KK: Herr Dr. Blaum, wir danken Ihnen für diese Ausführungen. -

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