Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Energieeffizienzverbesserung in der Fleischverarbeitung

Energieeinsparung von mehr als 50% im Bereich der Kältetechnik*

Im vorliegenden Bericht werden Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz einer in einem fleischverarbeitenden Betrieb eingesetzten Großkälteanlage beschrieben.

  • In den Ursprüngen ist die im Normal- und Tiefkühlbereich betriebene, aus 24 Einzelmaschinen bestehende Kälteanlage mehr als 30 Jahre alt, in der Zwischenzeit mehrfach umgebaut und ergänzt.
  • Der Energieverbrauch im Ausgangszustand lag über 1 Mio.kWh/a, die maximale elektrische Leistungsaufnah­me aller zur Kälteanlage gehörenden Aggregate bei 185kW.
  • Das komplette Kühlsystem der Produktionsanlage wurde neu konzipiert, wobei die wesentlichen Änderungen im Einsatz von Kältemaschinenverbunden, einer Gesamtregelung mit PC-Steuerung, -Überwachung und Datenfernübertragung und dem sowieso erforderlichen Ersatz des Kältemittels R22 bestand.
  • Dadurch konnte der (auf der Basis von etwas mehr als ½ Jahr hoch- gerechnete) Energieverbrauch mehr als halbiert und die elektrische Leistungsaufnahme auf ca. 45% reduziert werden.

Kältetechnik in der Fleischverarbeitung

Unternehmen und kältetechnische Ausstattung

Der Betreiber der Kälteanlage verarbeitet mit 80 Mitarbeitern pro Jahr ca. 3600t Schweine- und Rindfleisch. Dieses wird vakuumverpackt oder als Frischware an Kunden sowie an eigene Läden ausgeliefert.

In 24 Kühlräumen mit einer Fläche von 1500 m² finden Zerteilung, Reinigung, Weiterverarbeitung, Verpackung und Lagerung der Produkte statt.

Technische Bestandsaufnahme

Kühlräume und Kältetechnik

Bild 1 zeigt einen Grundriss des Produktionsgebäudes mit den vier Maschinen- und 24 Kühlräumen. Die kältetechnischen Installationen sind über Jahrzehnte gewachsen. Bei steigendem Bedarf wurden jeweils weitere Kälteanlagen installiert.

Wie nachträglich ermittelt, ist bei einigen Auslegungsrechnungen für jeden Kühlraum mit einer Sicherheit bei den Kältemaschinen gerechnet worden. In der Summe resultiert daraus eine eventuell zu hohe Gesamtkälteleistung, die nicht wirklich gebraucht wurde. Allerdings konnte es passieren, dass in besonderen Betriebssitua­tionen ein Großteil der Anlagen gleichzeitig eingeschaltet wurde, was eine erhebliche Leistungsspitze im elektrischen Netz verursachte.

In einer ersten Bestandsaufnahme wurden die in Tabelle 1 wiedergegebenen kältetechnischen Hauptdaten ermittelt. Die Temperaturregelung der Kühlräume erfolgt über einfache Zweipunkt-Regelung.

Kältemittel und -verluste

Das ausschließlich eingesetzte Kältemittel war R22, das nur noch bis 2010 verwendet werden darf. Entwicklungsstand ebenso wie das Alter der Maschinen bedingen eine nicht unwesentliche, kontinuierliche Kältemittel-Leckage. Für die letzten Jahre wurde auf der Basis der regelmäßig erfolgten Kältemittel-Lieferungen eine ungefähre, durchschnittliche Leckage von 5% der Kältemittelfüllung pro Jahr ermittelt.

Energie- und Leistungsbedarf

Weder der elektrische Energiebedarf noch die Leistungsaufnahme der Kältetechnik wurden vom Betreiber separat erfasst. Lediglich für den Gesamtbetrieb standen für das Jahr 2006 die in Bild 2 dargestellten Daten zur Verfügung.

Daher wurden Energie- und Leistungsbedarf der Kälteanlagen auf der Basis von elektrischer Leistungsaufnahme und Betriebszeiten sowie anhand der Nennkälteleistungen der Einzelaggregate rechnerisch ermittelt:

Kälteleistung aller Aggregate: 240kW

Klemmleistung aller Aggregate: 185kW

Elektroenergieverbrauch Kälte 2005: 1 018 900kWh

Das bedeutet, dass 65% der im Gesamtbetrieb verbrauchten Energie für die Bereitstellung von Kälte aufgewendet wurde und dass die Kälteaggregate mit einem Anteil von ca. 40% an dem hohen Leistungspreis von über 40000 Euro beteiligt sein können.

Resultate der Bestandsaufnahme

Die kältetechnische Ausstattung der Fleischverarbeitungsanlage entspricht einem alten Stand der Technik mit mehreren Nachteilen:

  • Energiebedarf und elektr. Leistungsaufnahme scheinen sehr hoch zu sein.
  • Für jeden Kühlraum gibt es eine eigene Kältemaschine, die über einen Zweipunkt-Regler ein- und ausgeschaltet wird, z.T. vielfach pro Tag. Das verursacht Verschleiß sowie hohe Folgekosten für Wartung und Reparatur.
  • Das ausschließlich eingesetzte Kältemittel ist R22 , welches auf-­ grund gesetzlicher Vorschriften bis 2010 ersetzt werden muss. Der dafür erforderliche materielle/finanzielle Aufwand ist erheblich.
  • Außerdem ist eine Kältemittel-Leckage festzustellen.

Optimierung des Systems

Die Bestandsaufnahme hat mehrere Ansatzpunkte für Optimierungsmaßnahmen geliefert. Im Folgenden wird zunächst die kältetechnische Neukonzeption des Systems sowie dessen Realisierung beschrieben und anschließend die sich ergebenden energetischen Konsequenzen abgeleitet.

Kältetechnische Neukonzeption

Anlagenverbunde

Die grundlegende Idee besteht darin, die vielen einzelnen Kältemaschinen durch mehre Verbunde zu ersetzen, die durch Frequenzumrichter in einem weiten Leistungsbereich arbeiten können. So ist sowohl eine kurzzeitig hohe Kälteleistung bei hohem Bedarf als auch eine niedrigere, stationäre Leistung im Normalbetrieb möglich. Außerdem kann durch Drehzahlreduzierung der in der kalten Jahreszeit oft übliche Ein-/Ausschalt-Betrieb mit hohen Anfahrverlusten und großem Verschleiß vermieden werden.

Das Ergebnis der Auslegungsrechnung ist in Tabelle 2 dargestellt. Die Nennkälteleistung wurde nur geringfügig von ursprünglich 240kW auf 230kW, die elektrische Leistungsaufnahme allerdings von 185kW auf knapp 103kW reduziert.

In den Sammlern der Verbundanlagen wird das Kältemittelvolumen durch eine Minimalstandanzeige überwacht. Zusätzlich sind Frühwarndiagnosegeräte installiert, die bei Kältemittelverlust ein Warnsignal erzeugen, in dessen Folge frühzeitig Wartungsmaßnahmen eingeleitet werden können.

Bild 3 zeigt den Entwurf des Verbundanlagenkältesystems. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die Kältemittelleitungen nicht dargestellt. Die Maschinenräume mit den Verdichtern sind rot dargestellt, farblich identische Kühlräume werden von denselben Verdichterverbunden beaufschlagt.

Masterregelung

Das System Danfoss ADAP-COOL mit Überwachung via PC und Datenfernübertragung besteht aus folgenden Komponenten, die durch einen Datenbus vernetzt sind:

  • Elektronische Expansionsventile mit Druckaufnehmern,
  • Kühlstellen- und Verbundregler,
  • Verflüssigungsregelung,
  • PC- und Modem-Gateway,
  • PC-Modem mit Telefonverbindung und
  • PC-Station mit Drucker.

Das PC-DFÜ-System bietet folgende Funktionalität:

1. Die Kühlraum-Temperatur und Kälteanlagen-Messdaten werden erfasst und angezeigt.

2. Die Kälteanlagen lassen sich vor Ort am PC direkt oder über die Servicekältefirma fernsteuern, so dass der Kühlbetrieb optimiert werden kann.

3. Temperatur- und Anlagen-Alarme werden erfasst, angezeigt und weitergeleitet, so dass hier eine genaue Fehlerdiagnose möglich ist.

4. Die gesetzlich vorgeschriebene HACCP-Temperaturaufzeichnung wird vorgenommen. Ein Ausdruck in Kurven oder Messtabellen ist vor Ort möglich.

5. Durch Fernservice per Telefonleitung lassen sich bei der Servicefirma der Zustand der Kälteanlagen, Alarmfehlermeldungen und Diagnosen überwachen und abrufen. Hier sind Einsparungen durch unnötige Monteurbesuche möglich und vorab einzuschätzen.

Elektronische Expansionsventile

Die vorhandenen thermostatischen Einspritzventile wurden durch elektronische Einspritzventile ersetzt. Das führt zu einer Verringerung der Überhitzung, die eingesetzte Gesamtenergie wird reduziert und die Verdichterendtemperatur wird drastisch herabgesetzt. Das Öffnungsverhalten von elektronischen Ventilen hat den Vorteil, dass bei veränderten Bedingungen die Überhitzung denjenigen Wert behält, der programmiert wurde. Der Verdampfer ist somit optimal gefüllt, um eine 99%ige Verdampfung zu erreichen.

Die vorschriftsgemäße Anordnung der Messfühler beim Einsatz von elektronischen Ventilen ist strikt zu befolgen, um zu gewährleisten, dass auch bei Verdampfern älterer Bauart in erster Linie die Verdampfungstemperaturen am Anfang und die Überhitzungstemperatur am Ausgang des Verdampfers exakt verglichen werden können.

Kühlstellenregler EKC 414 A1

Der Regler beinhaltet eine komplette Steuerung für Kühlräume mit integrierten kältetechnischen Funktionen, so dass sich der Anschluss von Thermostaten und Timern erübrigt. Er dient zur Steuerung von:

  • Verdichtern (wird in diesem Fall allerdings über den Verbundregler gesteuert),
  • Lüftern, Abtauung, Alarm, Licht und gegebenenfalls Verdampfern.

Der Regler wird so eingestellt, dass immer die niedrigste Überhitzungstemperatur erreicht wird, so dass der Verdampfer optimal gefüllt und genutzt wird. Daher sollte die Einstellung der minimalen bzw. maximalen Überhitzungssollwerte auch einen gewissen Spielraum für den Regler lassen.

Mit einer einfachen Funktion lässt sich die Abtauung mehrfach pro Tag starten. Der Regler kann aber auch Signale von einer Abtauuhr oder einer anderen Einheit mittels Datenkommunikation verarbeiten, um die Abtauung zu bestimmten Zeitpunkten vorzunehmen. Eine laufende Abtauung lässt sich temperaturabhängig oder zeitabhängig stoppen. Eine Kombination von temperaturabhängigem und aus Sicherheitsgründen zeitabhängigem Stopp ist ebenfalls möglich.

Verbundregler EKC 531 D1

Der Regler dient zur Leistungsregelung der Verdichter und Verflüssiger. Zur Verfügung stehen acht Ausgänge und über ein externes Relais­modul können auch mehr angeschlossen werden. Die Vorteile sind:

  • Möglichkeit einer Neutralzonenregelung;
  • viele Kombinationsmöglichkeiten für Verdichterkonstellationen;
  • sequenzieller oder zyklischer Betrieb und
  • Möglichkeit für Saugdruckoptimierung durch Datenfernübertragung.

Geregelt wird nach Signalen eines Druckmessumformers der Verdichterregelung und eines Druckmessumformers der Verflüssigerregelung, sowie eines Temperaturfühlers für die Lufttemperatur vor dem Verflüssiger. Die Bedienung erfolgt entweder über Datenkommunikation oder Anschluss an ein Display.

Verflüssigerregelung

Anstelle der alten wurden neue Verflüssiger mit FU-gesteuerter Drehzahlregelung an denselben Standorten wie die alten installiert. Bei sinkenden Umgebungstemperaturen wird die Drehzahl der Lüfter je nach Bedarf reduziert (bis hin zum Abschalten). Der Vorteil ist, dass die Lüfter kontinuierlich laufen und einen stabilen Verflüssigungsdruck und eine niedrige Verflüssigungstemperatur für die jeweilige Betriebsanforderung liefern. Der Energieverbrauch wird dadurch insgesamt reduziert.

Unterkühler

Der als Ringkanal-Wärmeübertrager ausgeführte Unterkühler ist ein Rohrbündel-Wärmeübertrager, der in den Kältekreislauf saugseitig und flüssigseitig in die Hauptleitungen der Verbundanlage im Kältemaschinenraum eingebaut wird.

Das flüssige Kältemittel wird bei sehr hohen Volumenstromverhältnissen im Gegenstrom zum Sauggas geleitet, so dass eine Unterkühlung durch Überhitzung des Sauggases erfolgt. Dadurch entsteht ein Leistungsgewinn der Kälteanlage ohne zusätzliche Energiezufuhr von außen. Durch die Strömungsführung wird ein sehr geringer Druckverlust erreicht. Ein weiterer Effekt entsteht dadurch, dass die Sauggastemperatur angehoben wird und somit auf der Heißgas-Druckseite ein höheres Temperaturniveau für eine Wärmerückgewinnungs-Anlage zur Verfügung steht.

Prozessführung via Masterregelung

Der in Bild 4 im log p,h-Diagramm dargestellte Prozess zeigt eine reduzierte Druckdifferenz sowie dadurch andere Verflüssigungs- und Verdampfungstemperaturniveaus im Vergleich zum Ausgangsprozess.

Dadurch wird die Kälteleistungszahl theo­retisch um 34% gesteigert. Dies ist durch eine Anpassung der Verflüssigungs- und Verdampfungstemperaturen an das tatsächlich benötigte Niveau möglich; umgesetzt wird sie über die Masterregelfunktion.

Theoretisches Energieeinsparpotenzial

Das Ergebnis der Auslegungsrechnungen im Hinblick auf das theoretische Energieeinsparpotenzial zeigt Bild 5, das auf der Basis der Angaben der Komponentenhersteller berechnet wurde sowie auf eigenen Erfahrungswerten beruht.

Das errechnete Einsparpotenzial von 47% beinhaltet eine deutliche Unsicherheit und scheint auf den ersten Blick sehr hoch zu sein. Dem Kunden wurde aus Sicherheitsgründen ein Potenzial von lediglich 3540% angegeben.

Realisierung

Das Projekt wurde bereits im Herbst 2006 mit Konzeptstudien und einer ersten Bestandsaufnahme begonnen.

Im März 2007 wurde der Auftrag erteilt und im April begannen die Umbaumaßnahmen im laufenden Betrieb, die bereits im Juli abgeschlossen waren. Abnahme und offizielle Inbetriebnahme des Gesamtsystems erfolgten im Oktober 2007.

Ergebnisse

Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts ist die Anlage noch kein vollständiges Jahr im Betrieb. Auf der Basis der bisherigen Laufzeiten wurde jedoch eine vorsichtige Hochrechnung des Jahresverbrauchs vorgenommen, und zwar nach durchschnittlich ca. 5400 Betriebsstunden der Aggregate.

Das Ergebnis ist in Bild 6 grafisch dargestellt. Bezogen auf das Vergleichsjahr 2005 mit einem Energieverbrauch von über 1 Mio.kWh, liegt der (hochgerechnete) Jahresverbrauch in der Größenordnung von nur 460 000kWh.

Da das positiv überraschende (Zwischen-)Ergebnis noch nicht über ein vollständiges Betriebsjahr abgesichert ist, soll hier zumindest festgestellt werden, dass die eingesetzte Technik eine Energieeinsparung von 50% und eventuell mehr ermöglicht und dass die elektrische Leistungsaufnahme um ca. 45% verringert werden kann. -

Links

http://www.kekk.org

* Mit dem Theo-Mack-Förderpreis 2007 ausgezeichnet.

Wolfgang Leo

Kälteanlagenbauermeister, Energiemanager IHK Berlin, stv. Vorsitzender von kekk (Kompetenzzentrum Energieeffizienz Kälte- und Klimatechnik e.V.)

Wolfgang Leo, Berlin

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ KK E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus KK: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen