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Green Building SV-Konzernzentrale

Energiesparen mit hohem Wohlfühlfaktor

    Die Vorgaben des Bauherrn an die neue Konzernzentrale des Süddeutschen Verlags (SV) im Münchner Osten erinnern an die Quadratur des Kreises: Zum einen sollten Gebäude und gebäudetechnische Anlagen flexibel auf die schnelllebigen Veränderungen im Verlags- und Redaktionswesen reagieren, zum anderen war auch eine Drittverwertbarkeit des Gebäudes für eine mögliche Vermietung einzelner Stockwerke von den Architekten und Planern zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Teil der Planung bestand in der Entwicklung eines Energiekonzeptes, das über die Vorgaben der zum Zeitpunkt der Planung gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV) hinausging und die besonders hohen Anforderungen des Bauherrn an den Schallschutz erfüllt.

    Herzstück: Geothermische Wärmepumpe

    Herzstück des ganz auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Gebäude- und Energiekonzepts ist eine geothermische Wärmepumpe, die das energetische Speicherpotenzial des Erdreichs über 36 thermisch aktivierte Pfahlfundamente für Heiz- und Kühlzwecke erschließt. Im Idealfall soll die Geothermie-Wärmepumpe das Erdreich unter dem Gebäude als saisonalen Speicher nutzen. Das heißt, im Winter wird über die Wärmepumpe dem Erdreich Wärme entzogen, dabei kühlt es sich ab. Im Sommer kann der so entstandene Kältespeicher zur Grundtemperierung des Gebäudes über betonkern-aktivierte Decken genutzt werden. Dadurch und durch den Betrieb der Wärmepumpe als Kältemaschine wird das Erdreich unter dem Gebäude zum Wärmespeicher für die nächs­te Heizsaison. Der geringe Restwärmebedarf wird über einen Anschluss an das städtische Fernwärmenetz (Kraft-Wärme-Koppelungsanlage) abgedeckt.

    Die Bereitstellung nachhaltig erzeugter Wärme und Kälte mittels geothermischer Wärmepumpe ist jedoch nur ein Teil des Energiekonzeptes. Vorrangig wird im gesamten Ensemble die Wärme aus inneren Lasten, Sonneneinstrahlung und individueller Fensterlüftung dazu genutzt, die Büros in der Übergangszeit zu temperieren. Erste Erfahrungen zeigen, dass die innere Wärmelast ausreicht, das Gebäude bis in den Winter hinein auf komfortablen Temperaturen zu halten. Die Doppelfassade in Kombination mit automatisierten Sonnenschutzeinrichtungen und aufgeschalteten Tageslichtsystemen in Abhängigkeit des Sonnenstandes beziehungsweise der Tageslichtintensität übernimmt dabei die wichtige ­Funktion, die solare Einstrahlung in ­geordnete Bahnen zu lenken.

    Frischluftdusche per Tastendruck

    Alle Mitarbeiter in Einzelbüros können selbst entscheiden, ob sie ihre Raumtemperatur manuell über die in der Doppelfassade integrierte Fensterlüftung regulieren oder sich bei geschlossenen Fenstern dem Raumautomationssystem anvertrauen. Dabei werden mögliche Wärmedefizite bzw. Wärmeüberschüsse über fassadenorientierte Unterflurkonvektoren im Umluftverfahren bzw. durch Frischluftansaugung in der Fassade kompensiert. Die Frischluftansaugung erfolgt per Tastenanforderung durch den jeweiligen Nutzer über das Raumbe­diengerät, wobei die Frischluftdusche auf 30 Minuten begrenzt ist. In diesem Fall wird die Abluft abgesaugt und über ein Hocheffizienz-Kreislaufverbund-Wärmerückgewinnungssystem den Zentralklimaanlagen zugeführt, die Konferenzräume, Lager, Casino und andere Großräume mit aufbereiteter Luft versorgen.

    Im Grunde genommen ist jedes Arbeitszimmer mit einer individuell regelbaren Mini-Lüftungsanlage ausgestattet, die auf Energieeffizienz und Wohlbefinden getrimmt auch extrem hohen Ansprüchen hinsichtlich Raumklima und Arbeitszeit gerecht wird. Im Grundsatz funktioniert die Raumregelung ohne weiteres Zutun der Nutzer, zumal der im akustischen Deckensegel integrierte Präsenzmelder nicht nur die tageslichtabhängige Lichtsteuerung ein- bzw. abschaltet, sondern auch die fassadenorientierte Lüftung in Gang setzt bzw. abschaltet. Auch die Fenster sind über Kontakte in die Raumautomation eingebunden, das heißt, sobald ein Fenster geöffnet wird, schaltet die mechanische Lüftung im jeweiligen Raum ab. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Mitarbeiter weitgehend auf individuelle Eingriffe über das Raumbediengerät verzichten und die thermischen Entscheidungen der übergeordneten Raumautomation überlassen. Auch greifen die Mitarbeiter eher zum Fenstergriff als zur Lüftertaste, wenn sie frische Luft wünschen.

    Im Hintergrund arbeiten insgesamt 1730 LON-Einzelraumregler vom Typ Siemens Desigo ACX, die über ein eigenes, physikalisch getrenntes TCP/IP-Datennetz mit dem übergeordneten BACnet-Gebäudeautomationssystem Desigo kommunizieren. Zur Einbindung der beiden Klimazentralen Nord und Süd sowie der Zentralen Heizung, Kälte, Sanitär/Sprinkler und Abluft Tiefgarage sind insgesamt 22 Desigo-PX-Automationsstationen installiert.

    Die hohen Synergieeffekte zwischen klimagerechtem Bauen, dezentralen, be-darfsgesteuerten Raumfunktionen sowie gewerke­übergreifenden Regelungsstrategien waren für den Generalplaner CBP Consulting Engineers, München, mit ein Grund, das Gebäude für die Zertifizierung nach LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) der Stufe Gold vorzuschlagen. Bei der kürzlich erfolgten Zertifizierung erreichte das Gebäude insgesamt 42 Punkte; zum Erreichen des Gold-Status sind 39 Punkte erforderlich. Das LEED-Zertifikat ist ein Produkt des US-Green Building Councils (USGBC), einer amerikanischen Non-Profit-Organisation. Es bestätigt innerhalb eines Bewertungssystems die Nachhaltigkeit von Gebäuden.

    Intelligente Evakuierungsstrategien

    Während das Gebäudeautomationssystem die gebäudetechnischen Anlagen ständig an den jeweiligen Bedarf der Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen anpasst und auf energetische Effizienz optimiert, arbeiten die Gefahrenmeldesysteme von Siemens im Hintergrund. Zentraler Bedien- und Be­obachtungsplatz ist der GMA-Manager Topsis, über den die Brandmeldeanlage, Einbruchmeldeanlage, Videoanlage sowie die Alarmierung per elektroakustische Anlage (ELA) visualisiert, bedient und überwacht werden. Insgesamt sorgen rund 3000 intelligente Brandmelder sowie 120 Ansaug-Rauchmelder in den Doppelböden und Zwischendecken für eine frühzeitige und sichere Detektion von Rauch und Feuer. Hinzu kommen 350 Druckknopfmelder zur unmittelbaren Alarmierung der Feuerwehr durch die Mitarbeiter sowie etwa 800 Steuerkontakte zur Realisierung des vorgegebenen Brandschutzkonzeptes mit den beteiligten Gewerken.

    Blendfreies Licht für flexible Schreibtische

    Der hohe Anspruch des Kunden an ­Raumflexibilität, Ergonomie, Energieeffi­zienz und Wirtschaftlichkeit führte bei der Beleuchtung der Büros zu einem multifunktionalen Deckensegel, das akustische, gestalterische und funktionale Aspekte miteinander verbindet. Entwickelt wurde ein abgehängtes Deckensegel mit der Funktion eines Akustikelements, in das Leuchten, Präsenzmelder und Sprinkler nahtlos integriert sind. Die projektspezifische Leuchte zeichnet sich durch eine blendfreie Lichtverteilung aus, die durch eine Mikroprismenstruktur-Abdeckung in Eldacon-Technologie entsteht. Dadurch können Schreibtische flexibel im Raum angeordnet werden, ohne dass es zu einer Schattenbildung oder Blendwirkung kommt. Eine entsprechende Dimmfunktion erlaubt es, vorrangig das Tageslicht zu nutzen und damit Energie ­einzusparen.

    Die hohe Energieeffizienz des Beleuchtungskonzeptes insgesamt sind 3 000 solcher Leuchten installiert resultiert in erster Linie aus dem elektronischen Vorschaltgerät (EVG) Quicktronic Dali Dim (QTi Dali) von Osram, das zusätzlich eine flexible Zuordnung der Lichtgruppe zu einem Schaltelement ermöglicht. Die Cut-off-Technologie schaltet im Bereich 100 bis 80 Prozent Lichtstrom die Vorheizung für die Lampenwendel ab, sobald der optimale Lampen-Betriebspunkt erreicht ist. Gegenüber konventionellen elektronischen Vorschaltgeräten lassen sich damit rund acht Prozent an Lichtstrom einsparen.

    Stromschienen statt Kabel

    Spektakuläre Brände wie der auf dem Düsseldorfer Flughafen haben bei der Beurteilung der Brandlast eines Gebäudes zu einem Umdenken auch bei der Elektroinstallation geführt. Im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung von Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Brandlast entschieden sich deshalb der Elektroplaner bzw. der Generalplaner, für den Energietransport und die Energieverteilung bis in die Stockwerke das modular aufgebaute platzsparende Stromschienensystem Sivacon 8 PS von Siemens einzusetzen. Das Stromschienensystem bildet zugleich die Grundlage für das integrierte Gesamtkonzept von Building Technologies.

    Um das Hochhaus auch für andere Nutzungen vorzubereiten, ist parallel zum vertikalen auch ein horizontaler Schienenstrang installiert. Dadurch können bei Einzug weiterer Mieter stockwerksbezogene Stromzähler ohne Spannungsunterbrechung installiert werden, ein wichtiger Aspekt vor allem in Bezug auf Kosteneinsparungen, Raumflexibilisierung und Nachhaltigkeit. -

    Links

    https://new.siemens.com/global/en.html

    Neue SV-Konzernzentrale

    Bauherr: SV-Hochhaus Hultschiner Str. GmbH & Co. Vermietungs KG

    Architekt: GKK+Architekten, Berlin

    Generalplanung, Baumanagement, Technische Ausrüstung, Tragwerksplanung: CBP Consulting Engineers

    Generalübernehmer: FOM/LEG Generalüber nehmen GmbH & Co. KG

    Generalunternehmer: Hochtief Construction AG

    Eigentümer: Prime Office AG

    Mieter: Süddeutscher Verlag

    Mietlaufzeit: 15 Jahre

    Gebäudedaten

    Gebäudehöhe: 99,95 m

    Geschosse: 28

    Bruttoflächen: 78400 m²

    Arbeitsplätze: 1850

    Tiefgarage: 525 Stellplätze

    Untergeschosse: 3

    Kälte-/Klimatechnik in Kürze

    Geothermieanlage

    36 tragende, thermisch aktivierte ­Bohrpfähle mit je 20 m Länge

    Geothermie-Wärmepumpe mit 210 kW ­Wärmeleistung und 315 kW Kälteleis­tung (Restwärme über Fernwärme)

    Saisonale Wärmeverschiebung im Erdreich (Sommer/Winter)

    Betonkernaktivierung

    Grundtemperierung der Räume im Winter bis 21 °C, im Sommer bis 20 °C

    Hybridlüftung

    Fensterlüftung in Kombination mit fassaden­orientierter, dezentraler mechanischer Zuluft­anlage in Kombination mit einer zentralen mechanischen Abluftanlage, inklusive Wärme­rückgewinnung über Kreislaufverbundsystem

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