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Stuttgarter Stadtarchiv setzt auf Eisspeicher-Technologie von Isocal

Frischhaltekur für Stuttgarts Geschichte

    Nach den strengen europäischen Vorschriften für Museen und Archivmagazine darf von diesen idealen Voraussetzungen nur im äußersten Notfall abgewichen werden bei der Lufttemperatur sind gerade einmal 0,5 °C Differenz erlaubt, bei der Feuchtigkeit nicht mehr als zwei Prozent. Somit lagen die technischen Hürden für eine effiziente und zugleich wirtschaftliche Energieversorgung des neuen Stuttgarter Stadtarchivs ungewöhnlich hoch, als sich die Planer für eine ebenso ungewöhnliche Lösung entschieden: einen SolarEis-Speicher von Isocal. Hierbei handelt es sich um eine neuartige, besonders umweltfreundliche und zugleich ressourcensparende Technologie für das Beheizen und auch das Kühlen von Gebäuden.

    Das Grundprinzip: Anstatt sich nur auf eine natürliche Energiequelle zu verlassen, können je nach Auslegung beim SolarEis-Speicher gleich mehrere Naturgewalten gleichzeitig genutzt werden: Sonne, Luft, Erde, Wasser und Eis. Gefertigt wird diese optimale Wärmepumpe in einer Manufaktur am Bodensee, die aus einem einfachen Handwerksbetrieb hervorgegangen ist: der Isocal Heizkühlsysteme GmbH, Friedrichshafen.

    Kern des Systems ist der Eisspeicher ein betonummantelter Wassertank, der in einer Tiefe von drei bis vier Metern in den Erdboden eingelassen wird. Das Fassungsvermögen reicht dabei von etwa 10 bis 15 m³ für Einfamilienhäuser und bis zu 1000 m³ bei Großprojekten. Die Auslegung beim Stuttgarter Stadtarchiv liegt bei rund 400 m³. Eine besondere Rolle kommt der sogenannten Gas-Absorptions-Wärmepumpe zu: Sie entzieht dem Wasser Wärme, bis es gefriert, und beheizt damit die Räume. Im Sommer verwandelt sich das System in eine nahezu kostenneutrale Klimaanlage.

    Doch woher stammt die enorme Energiemenge, die für das Beheizen und Kühlen auch eines so großen Komplexes wie dem Stuttgarter Stadtarchiv benötigt wird? Erfinder Alexander von Rohr: Das Geheimnis beruht auf einem einfachen physikalischen Prinzip: Wenn Wasser zu Eis gefriert, entsteht die sogenannte Kristallisationswärme. Diese freigesetzte Wärmemenge entspricht derselben Energiemenge, die man gewinnt, wenn man Wasser von null auf 80 °C erhitzt. Das Problem: Bisher konnte dieser Effekt nicht genutzt werden, da die dabei auftretende Sprengwirkung des Eises technisch nicht beherrschbar war.

    Anders nun mit dem SolarEis-System, das durch seine neuartige Technologie die Sprengung des Eises zuverlässig verhindert, indem das Eis dabei nicht wie üblich von außen nach innen gefriert, sondern von innen nach außen. Der Clou: Der Kristallisationsprozess kann nun nicht nur hundertprozentig beherrscht, sondern auch gezielt gesteuert und vor allem fast beliebig hinausgezögert werden. Dabei wird der Gefrierpunkt über Monate hinweg immer wieder eingeleitet, gestoppt und aufs Neue gestartet. Und immer wieder aufs Neue wird eine enorme Menge an Kristallisationswärme freigesetzt. Alexander von Rohr: Dieses physikalische Phänomen kommt der extrem hohen Effizienz der Anlage im Betrieb über den gesamten Jahreszyklus hinweg zugute.

    Bei entsprechender Auslegung deckt das SolarEis-System sowohl den Wärme- als auch den Kältebedarf von Gebäuden aller Größenordnungen hundertprozentig und ganzjährig ab vom Eigenheim bis zum Verwaltungskomplex. Es kann aber auch als zusätzliche An­-lage andere Gewerke sinnvoll unterstützen. In Bad Cannstatt beträgt der Anteil an der Raumklimatisierung immerhin 30 Prozent.

    Der für die Planung und Umsetzung zuständige Sachgebietsleiter für Stadtsanierungsmaßnahmen und Bauherrenvertreter der Stadt Stuttgart, Matthias Bertram, ist sich sicher: Unter den Aspekten Energiekosten, Investitionskosten und Wartungskosten bietet das Eisspeichersystem die günstigste Lösung. Bei den reinen Verbrauchskosten liegt der Eisspeicher demnach mit 55000 Euro jährlich rund 30 Prozent unter den Verbrauchskosten einer konventionellen Lösung, die etwa 78000 Euro pro Jahr betragen hätten. Damit verringert sich auch der CO2-Ausstoß des Gebäudekomplexes jährlich um mehr als 55 Tonnen.

    Ein weiteres Plus: Der Eisspeicher benötigt keine oberirdischen Flächen, sondern verschwindet unsichtbar unter der Erde in diesem Fall unter dem Parkplatz der Archivgebäude. Gesteuert wird das Ganze über die Energiezentrale im Tiefgeschoss des neuen Stadtarchivs. Dabei wurde auch den besonders hohen Anforderungen an den Naturschutz Rechnung getragen: Immerhin gilt es, einen Standort vor Bodenverunreinigungen zu schützen, der (nach Budapest) über das größte Heilquellenreservoir in Europa verfügt. Anders jedoch als etwa bei geothermischen Wärmepumpen, die genehmigungspflichtige Tiefbohrungen erforderlich machen, kann nach Überzeugung der Stadt Stuttgart eine Beeinträchtigung des Grundwassers beim SolarEis-Speichersystem ausgeschlossen werden. Damit ist das System besonders für Natur- und Wasserschutzgebiete prädestiniert, bei denen Geothermiesonden nicht zulässig sind.

    Doch die Entscheidung für den Eisspeicher hatte noch einen weiteren triftigen Grund. Matthias Bertram: Besonders im Frühjahr und im Herbst schwanken die Außentemperaturen beträchtlich, so dass man oft nachts heizen muss, aber tagsüber die Kühlung benötigt wird. Wenn man diese Temperaturschwankungen mit einer konventionellen Anlage bewältigen will, verursacht dies einen enormen Energieverbrauch. Anders beim Eisspeicher: Die Kälte, die beim nächtlichen Heizen als eine Art Abfallprodukt anfällt und im Eisspeicher zwischengelagert wird, kann tagsüber problemlos für die Kühlung abgerufen werden.

    Derweil läuft der Probebetrieb der Bad Cannstatter Anlage bereits seit Anfang Oktober 2010 störungsfrei. Schon bald könnte die neue Heiz- und Kühltechnologie in anderen öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken, Stadthallen, Kongresszentren, Gästehäusern, Kliniken oder auch Sport- und Freizeitzentren zur Anwendung kommen. -

    Kurzporträt agn Niederberghaus & Partner GmbH

    Als Generalplaner für das Projekt Stadtarchiv Stuttgart, das im ­September 2008 begann, fungierte die agn Niederberghaus & Partner, Ibbenbüren. 1952 als Architekturbüro gegründet, hat sich das Unternehmen bis heute zum umfassenden Planer und Berater der Immobilienbranche entwickelt. Über 250 Mitarbeiter an sieben Standorten (Ibbenbüren, Düsseldorf, Bremen, Halle/Saale, Hamburg, Ludwigsburg, Potsdam) planen und ­realisieren besonders in den Bereichen Verwaltung/Dienstleistung, ­Industrie, Gesundheitswesen, Bildung/Erziehung und öffentliche Bauten/Hochschulen. Architekten und Fachingenieure bearbeiten Projekte ganzheitlich und interdisziplinär, um wirtschaftliche Ergebnisse bei Investition und Betriebskosten zu erzielen. Das heißt: agn integriert im eigenen Haus die komplette Bandbreite planerischer und ingenieurtechnischer Leistungen (z. B. Bauphysik, Statik, Tragwerksplanung, Technische Gebäude­ausrüstung, Sicherheitstechnik, Monitoring, Garten- und Landschafts­planung). Dazu gehören insbesondere ein umfassendes Projektmanagement und eine termin- und kostenorientierte Projektsteuerung, orientiert an Lebenszykluskosten und Gesamtaufwandskosten.

    Über Isocal

    Isocal wurde im Jahr 2005 von Alexander von Rohr gegründet. Seine Vision, ein umweltfreundliches Energiekonzept zu einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis zu entwickeln, wurde mit seiner Erfindung des SolarEisSystems Wirklichkeit. Isocal bezeichnet sich als Marktführer für innovative, umweltschonende und hocheffiziente Lösungen von Heiz- und Kühlsystemen auf Basis einer innovativen Speichertechnologie, die Energie über viele Monate im kostengünstigsten Speichermedium, nämlich Wasser, konserviert. Das SolarEis-System wurde bereits 2006 mit dem „Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft“ und im August 2010 mit dem Innovationspreis des „Deutschen Industrie- und Handelskammertages“ ausgezeichnet. Im November 2010 erhielten der SolarEis-Speicher und sein Erfinder Alexander von Rohr schließlich viel Anerkennung von Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister für „beispielhafte Leistungen bei der Entwicklung und Anwendung neuer Produkte, Verfahren und technologischer Dienstleistungen“.

    Uwe Herzog

    Fachjournalist, Foto- und Mediendesigner, Köln

    Uwe Herzog, Köln

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