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Unterkritische CO2-Kaskade im Globus Handelshof Saarbrücken-Güdingen

Hohe Energieeffizienz durch kleine Temperaturdifferenzen

    Werner Moersch, Elektro- und Kälteanlagenbaumeister aus Saarburg, nahe der Grenze zu Luxemburg, ist für den rasanten Wechsel von synthetischen zu natürlichen Kältemitteln gut gewappnet. Bereits 1998 installierte der Fachbetrieb in Luxemburg die ersten Kälteanlagen zur Lebensmittelkühlung mit Kohlendioxid (CO2) als Kältemittel. Luxemburg hatte schon immer sehr ambitionierte Ziele beim Ausstieg aus den Fluorchlorkohlenwasserstoffen, erinnert sich Werner Moersch. Schon Ende der 1980er Jahre wurden dort Anlagen für die Lebensmittelkühlung auf Basis der natürlichen Kältemittel Ammoniak, also NH, oder Kohlendioxid gebaut. Selbst bei kleineren Anlagen mit rund 5 kW Kälteleistung kam Ammoniak ins Spiel. Rund 20 Anlagen mit NH oder CO2 als Kältemittel hat Moersch in Luxemburg installiert und dabei umfassende Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt. Das größte Problem zu Beginn der Ära der natürlichen Kältemittel war weniger die Auslegung und Dimensionierung der Anlage, sondern die Beschaffung der passenden Komponenten, insbesondere von Kälteverdichtern. Nur ausgewählte Kälteanlagenbauer seien damals von den Herstellern beliefert worden, oft unter Ausschluss von Garantieansprüchen. Heute sei es kein Problem, diese Komponenten über die klassischen Vertriebswege einzukaufen.

    Know-how-Vorsprung bei natürlichen Kältemitteln

    Während manche seiner Kollegen den natürlichen Kältemitteln immer noch skeptisch gegenüberstehen, baut Werner Moersch seinen Know-how-Vorsprung weiter aus. Unsere Erfahrung verschafft uns bei dem jetzt beschleunigten R 22-Ausstieg einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Dagegen stehen viele Kälteanlagenbauer beim Umgang mit natürlichen Kältemitteln immer noch ganz am Anfang, sagt Moersch.

    Die frühe Beschäftigung mit Kältemittel-Alternativen zahlt sich jetzt aus. Beim Bieterverfahren um den kompletten Neuaufbau der Kälteversorgung im Globus Handelshof Saarbrücken-Güdingen kam dem innovativen Kälteanlagenbauer dieses Know-how zugute. Die Energiefachleute der Globus-Gruppe in St. Wendel verzichteten dort auf eine klassische Ausschreibung zugunsten eines Ideenwettbewerbs, bei dem das Konzept von Werner Moersch und seinem Team den Zuschlag bekam. Globus ist bekannt für seine große Bereitschaft zu innovativen Lösungen, vor allem in Bezug auf Energieeffizienz, Energieeinsparung und Energiemonitoring, betont Werner Moersch. Neben dem innovativen Charakter einer Lösung gehe es Globus jedoch immer auch um die Wirtschaftlichkeit und Sicherheit eines Anlagenkonzeptes. In jedem Fall muss man sich als Anbieter grüner Anlagentechnik an der Wirtschaftlichkeit konventioneller Lösungen messen lassen, so Moersch.

    CO2 / R 404 A-Kaskade mit kleinen Temperatur- und Druckdifferenzen

    Für Werner Moersch sind die jetzt verstärkt nachgefragten CO2/R 404 A-Kaskadenlösungen als Verbundanlage nichts Neues. Er legt Wert darauf, die Anlagen selbst auszulegen und auch selbst zu bauen. Wichtig seien kleine Druckstufen und geringe Temperaturdifferenzen, um möglichst hohe COP-Werte zu erreichen. Dies er­reiche man am besten durch großzügig dimensionierte Wärmeübertrager, elektronische Expansionsventile und entsprechend angepasste Regelstrategien.

    Ein Vorteil beim Projekt Globus Handelshof war der komplette Austausch der rund 25 Jahre alten Kälteanlagen für die Lebensmittelkühlung inklusive der Kühlmöbel. Dadurch konnte Werner Moersch seine Erfahrungen aus ähnlichen Anlagen einbringen. Die größte Herausforderung war deshalb aus seiner Sicht nicht die Technik, sondern der Umbau bei laufendem Betrieb. In einem solchen Fall gibt es einen hohen Abstimmungsbedarf. Da wir die neue Kältezentrale an einer anderen Stelle aufbauen konnten, verlief der Umbau relativ stressfrei. Doch Moersch sieht in der Modernisierung von Bestandsanlagen nicht unbedingt einen Nachteil: Wir stellten fest, dass die Kundschaft vom Globus Handelshof unsere Arbeiten sehr interessiert verfolgte. Das trägt natürlich auch zum positiven Image des Lebensmittelmarktes bei. Und die Kunden im Lebensmittelmarkt freuen sich, dass da etwas Neues entsteht. Wenn man so einen Umbau richtig plant, sind die Einschränkungen für den Auftraggeber und dessen Kunden minimal.

    Bessere Leistungszahl durch Kaskadierung

    Die unterkritische CO2-Anlage im Globus Handelshof ist so aufgebaut, dass die aus vier Kälteverdichtern bestehende CO2-Verbundanlage für den Tiefkühlbereich (TK) ihre Wärme über zwei Kaskaden-Wärmeübertrager an den Saugstrom des R 404 A-Normalkälteverbunds (NK) abgibt, das heißt, der Kaskadenwärmeübertrager fungiert praktisch wie eine Kühlstelle für die NK-Stufe. Parallel dazu wird Heißgas-Abwärme aus dem TK-Bereich ebenfalls über einen Kaskadenwärmeübertrager an die R 404 A-Verbundanlage für die Klimatisierung der sogenannten Metzgerei ausgekoppelt. Der Vorteil: Das gegenüber dem NK-Bereich höhere Temperaturniveau der Klimaanlage führt zu einer Verbesserung des COP. Zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ist im Verbundkältesatz der Klimaanlage ein Reservekälteverdichter sowie eine Notleitung zur NK-Anlage installiert, die im Falle eines Ausfalls der NK-Verbundanlage die NK-Kühlstellen auf der Basis eines Erhaltungsbetriebes versorgt. Umgekehrt kann die NK-Verbundanlage bei Ausfall der Klima-Verbundkälteanlage die Metzgerei über die Notleitung mit Klimakälte versorgen. Aus der Aufteilung in verschiedene Kälte­zonen sowie durch die gegenseitige Redundanz von Klima-Kälte- und Normalkältesystem ergeben sich sowohl Einsparungen in der Investition als auch bei den Betriebskosten, da insgesamt weniger Kältemittelverdichter notwendig sind.

    Heißgas-Abwärme aus NK für Zweikreis-Wärmepumpe

    Eine wichtige Funktion zur Einsparung von Heizenergie übernimmt die neue Zweikreis-Wärmepumpe. Sie speist künftig rund 240 kW Heizenergie in das Wärmenetz des Globusmarktes ein; insgesamt liegt der Heizwärmebedarf des Gebäudes mit einer Verkaufsfläche von 12590 m (Bruttofläche von 24000 m) bei etwa 800 bis 900 kW. Anstatt die Heißgas-Wärme wie bei der alten Kälteanlage über einen Verflüssiger an die Umwelt abzufahren, wird bei der neuen Anlage das Heißgas aus dem NK-Verbundkältesatz als Wärmequelle für die Wärmepumpe genutzt. Dabei gibt das komprimierte Kältemittel (55 °C) aus der NK-Stufe seine Wärme in einem zweistufigen Abkühlprozess mithilfe von zwei in Reihe geschalteten Bündelrohr-Wärmeübertragern an einen Wasser-Zwischenkreis ab, der dadurch von 24 °C auf 34 °C erwärmt wird. Dieser Zwischenkreis fungiert als Wärmequelle für die aus zwei Kälteverdichtern bestehende Wärmepumpe. Deren Heißgas mit einer Temperatur von rund 87 °C wird über separat geregelte Plattenwärmeübertrager an den Heizkreis (63/48 °C) bzw. das Speicherladesystem der Trinkwassererwärmung (65/15 °C) abgegeben. Zur Deckung des Spitzenbedarfs werden rund 10 m Warmwasser bevorratet; der tägliche Bedarf liegt bei rund 13 m.

    Durch die Einbindung eines Zweikreis-Verdampfers sowie je eines Unterkühlers für den Wasserkreis und den Kältekreis sind sehr kleine Temperaturhübe und damit auch geringe Druckdifferenzen möglich, so dass ein COP von rund 3,8 für die Wärmepumpe erreicht wird. Durch diese Kaskadierung kann die gesamte Abwärme aus der CO2 / R 404 A-Kaskaden-Verbund­anlage für die Gebäudeheizung bzw. für die Trinkwassererwärmung genutzt werden. Ist keine Wärmeanforderung vorhanden, zum Beispiel an Wochenenden oder im Sommer, übernimmt der auf dem Dach aufgestellte Verflüssiger (Leistung 1 000 kW, Fabrikat Alfa Laval Typ AlfaBue ACVL908C) die Verflüssigung der NK-Stufe.

    Um den Stromverbrauch für die Rückkühlung niedrig zu halten, arbeitet der Verflüssiger bis zu einer Abwärmeleistung von etwa 100 bis 150 kW je nach Außentemperatur und Windanströmung als stiller Kühler. Steigt die Abwärmelast, schalten sich bedarfs- bzw. außentemperaturabhängig die EC-Ventilatoren paarweise zu. Oberste Prämisse ist auch hier, die Drehzahl der Ventilatoren möglichst niedrig zu halten, um Stromverbrauch und Schallemission zu minimieren.

    Pro Verbundsatz ein Verdichter mit FU

    Die Verbundanlagen TK, NK und Wärmepumpe sind so aufgebaut, dass je Verbundsatz immer nur ein Verdichter mit Frequenzumformer (FU) installiert ist, das heißt, die Hauptkälteleistung wird über stufengeschaltete Standardverdichter bereitgestellt. Dazu ist der FU-geregelte Verdichter so in die Folgeschaltung der Kältekompressoren integriert, dass dieser den jeweiligen Lastfall stufenlos ausregelt. Werner Moersch: Wir legen die Leistung der Verdichter so aus, dass es eine gewisse Überlappung gibt. Das vereinfacht die lastab­hängige Leistungsregelung der Verbundanlage. Wichtig ist die gleichmäßige Auslastung der Verdichter über einen automatisierten Laufzeitenwechsel, damit alle Verdichter auf die gleichen Betriebsstunden kommen.

    Eingebaute Sicherheit

    Dass bei Anlagen mit CO2 als Kältemittel besondere Sicherheits­vorkehrungen getroffen werden müssen, ist für Werner Moersch eine Selbstverständlichkeit. Im Notfall wird bei Druckanstieg im CO2-Leitungsnetz, bei Stromausfall oder bei längeren Wartungsarbeiten der 250 Liter fassende CO2-Sammelbehälter durch eine an die Notstromversorgung angeschlossene separate Klein-Kälteanlage auf unter 0 °C gekühlt. Wir vermeiden dadurch ein Abblasen des Kältemittels über die Sicherheitsventile bei längerem Stromausfall. Ansonsten sieht der Kälteanlagenbaumeister das Druckpro­blem bei unterkritischen CO2-Kälteanlagen gelassen. Wir verwenden für CO2 / R 404 A-Kaskaden auf der TK-Seite wie auch auf der NK-Seite SF-Kupferrohr. Bei richtiger Auslegung steigt der Druck auf der Saugseite nie über 25 bar. Alle Sicherheitsventile sind auf 25 bar ausgelegt, deshalb brauchen wir keine speziellen Armaturen. Außerdem sei die Anlage mit moderner Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik ausgestattet, die eine Fernüberwachung erlaube. Noch bevor unser Kunde bemerkt, dass an seiner Anlage etwas nicht stimmt, hat oftmals unser Service das Malheur schon behoben.

    Ein wesentlicher Vorteil von CO2 / R 404 A-Verbundanlagen seien die kleinen Rohrdurchmesser, was die Leitungsführung zu den TK-Modulen wesentlich vereinfache. Durch die kleineren Rohrdurchmesser in den Verdampfern der Kühlmöbel sei die Wärmeübertragung und damit die Anlageneffizienz außerdem bedeutend besser als bei R 22-Anlagen. -

    LebensmittelkühlungCO2 /R 404 A-KaskadenlösungCOP-Verbesserung

    Wolfgang Schmid

    Pressebüro für Technische Gebäudeausrüstung, München

    Wärmeübertrager: Das Beste vom Besten

    Viele Kälteanlagenbauer mussten bei ihren ersten CO2 /R 404 A-Kaskaden-Kälteanlagen Lehrgeld zahlen. Einer der Gründe ist das oftmals fehlende Verständnis für die extrem unterschiedlichen Temperaturen und Drücke in den Wärmeübertragern. Werner Moersch dazu: „Zwischen Kältemitteleintritt und Kältemittelaustritt gibt es sehr hohe Temperaturdifferenzen, manchmal von mehr als 100 °C. Da werden die Plattenwärmeübertrager mechanisch bis an ihre Grenzen strapaziert. Bei der CO2 /R 404 A-Kaskade kommen zusätzlich zur großen Temperaturdifferenz noch stark schwankende Drücke auf der CO2- und R 404 A-Seite hinzu.“ Moersch bevorzugt deshalb die fusionsgeschweißten Plattenwärmeübertrager von Alfa Laval. Diese seien aus seiner Sicht für diese Art der Anwendung am besten geeignet. Heute schätzt Moersch die Situation so ein: „Alle Hersteller haben dazu gelernt, aber Alfa Laval kann es immer noch besser!“

    Auch bei den Kältemittelverflüssigern setzt Moersch auf Produkte von Alfa Laval. „Mit den richtigen Komponenten und der richtigen Auslegung kann der Betreiber einer Kälteanlage sehr viel an Betriebskosten ein­sparen.“ Ein Kältemittelverflüssiger der Standardklasse benötige bei ­konventioneller Auslegung für eine Anlage, wie die im Globus Handelshof, eine elektrische Anschlussleistung für die Ventilatoren von 40 bis 50 kW, bei Teillast immerhin noch etwa 20 kW. Im vorliegenden Fall ist ein luft­gekühlter Verflüssiger von Alfa Laval vom Typ ACVL908C eingebaut, der aufgrund der energiesparenden Wärmeübertrager-Auslegung sowie EC-Ventilatoren von Ziehl-Abegg und einer Bedarfsregelung mit maximal 14 kW elektrischer Anschlussleistung auskommt, bei Teillast sogar mit nur noch 4 bis 5 kW. Durch den rund 75 Prozent geringeren Stromverbrauch für den innovativen Verflüssiger amortisiere sich der Mehrpreis schon innerhalb von drei Jahren. Unterstützt werde der energiesparende Betrieb auch durch die V-förmig angeordneten Wärmeübertrager. „Durch die großzügige Dimensionierung nutzen wir die natürliche Luftströmung für die Rückkühlung“, so Moersch. Außerdem lasse sich ein V-förmiger Rückkühler einfacher reinigen als ein Tischkühler.

    Ein wichtiger Zusatzgewinn der energiesparenden Auslegung sei die geringere Schallemission der Ventilatoren mit dem Effekt, dass sich deutlich weniger Nachbarn über nächtliche Geräusche beklagen. Das einzige Manko: Energiesparende Verflüssiger sind größer. Und bei großen Aggregaten wird automatisch von einer höheren Lärmbelästigung ausgegangen dabei ist das Gegenteil der Fall, so Werner Moersch.

    Wolfgang Schmid, München

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