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Erzgebirgische Tradition

80 Jahre Kleinkälte aus Scharfenstein

Die dkk-Geschichte endete bedauerlicherweise 1992 durch Liquidation des Treuhand-Betriebs dkk Scharfenstein nach fehlgeschlagenen Privatisierungsversuchen und wurde unter dem Namen Foron in Niederschmiedeberg noch bis 2002 weitergeführt.

Am Standort Scharfenstein erfolgte durch Management-Buy-out 1992 die Gründung der Firma Rochhausen Kältesysteme GmbH, die in vergleichsweise bescheidener Betriebsgröße die kältetechnische Tradition fortführt. Seit 2004 ist nun auch die compact Kältetechnik Dresden GmbH mit einer Produktionsstätte auf dem ehemaligen dkk-Gelände vertreten.

Dieter Rochhausen wollte an die dkk-Geschichte erinnern, um auch den vielen ehemaligen Mitarbeitern dieses Unternehmens einen emotionalen Bezug zu ihrer beruflichen Vergangenheit zu geben. Er sammelte eine interessierte Gruppe von ca. 30 Ehemaligen um sich und begann die Geschichte aufzuarbeiten. Mit Unterstützung der Gemeinde, des Industriemuseums Chemnitz und vieler Spender von vergegenständlichter Geschichte in Form von Produkten und Dokumenten aus der dkk-Zeit begann die Aufarbeitung eines Stückes technischer Zeitgeschichte.

Das am 2. November gezeigte Ergebnis war dabei so nicht vorhersehbar gewesen. Es sollte an diesem Tage keine Museums­eröffnung sein, sondern es sollte ein erster Einblick in die Gestaltung der Ausstellung gewährt werden, die in einer Villa auf dem ehemaligen dkk-Gelände als Ausstellungs- und Informationszentrum untergebracht ist. Dies war voll und ganz gelungen und die Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen. Das Jubiläum des ersten Kühlschrankes aus Scharfenstein jährt sich tatsächlich erst im Februar 2009, als man damit auf die Leipziger Frühjahrsmesse ging, aber natürlich musste der Firmengründer J. S. Rasmussen schon 1927 daran arbeiten. Er begann mit einer Lizenz für die Konstruktion und Herstellung von Rollkolbenverdichtern und Kühlschränken des amerikanischen Fabrikates Norge.

Die an diesem Tage organisierte Veranstaltung war in besonders intensiver Zusammenarbeit mit der Sächsischen Innung der Kälte- und Klimatechnik vorbereitet worden, und die Innung führte am folgenden Tage im Rahmen dieses Jubiläums auch ihre Jahresversammlung durch. Der VDKF-Landesverband Sachsen, dessen Vorsitzender Dieter Rochhausen selbst ist, war ebenso beteiligt wie der DKV-Bezirksverein Sachsen.

Etwa 100 Gäste waren der Einladung gefolgt, darunter viele ehemalige dkkMitarbeiter, aber auch die Innungsmeister aus Sachsen, DKV-Mitglieder sowie Bürgermeister Jens Haustein, Landrat Albrecht Kohlsdorf, neuer VDKF-Präsident Werner Häcker und BIV-Geschäftsführer Klaus Arns.

Vor einem ersten Rundgang durch die Ausstellung würdigten der Bürgermeister und Dieter Rochhausen die im Vorfeld geleistete Arbeit und dankten allen Beteiligten für ihr Engagement. Es wurde dabei auch deutlich gemacht, dass dieser Tag nur der Anfang sein kann und dass es nun an den Scharfensteinern liegt, ob die Arbeitsergebnisse Bestand haben werden und weiter ausgebaut werden können. Aber auch überregional sollte das Geschaffene angenommen werden, wobei die Einordnung in die Straße der Kälte des HKK (Historische Kälte- und Klimatechnik e.V.) erfolgen wird. Der für das Vorhaben zu begründende Verein dokumentiert sich schon unter https://historische-kleinkaelte.de/

Dann wurde die Ausstellung zur Besichtigung freigegeben. Die Fülle der gezeigten historischen Erzeugnisse überraschte die Besucher wirklich. Ein nahezu lückenloses Produktprogramm von den Anfängen bis zur Liquidation konnte zusammengetragen werden. Thematisch gestaltete Räume, wie z.B. die Sammlung der verschiedenen Verdichtergenerationen und Verflüssigersätze, der Gewerbekühlmöbel oder der Nachkriegsküche mit den damaligen Haushaltskühlschränken beeindruckten die Besucher.

Es wurde deutlich gezeigt, wie die Kleinkälteerzeugnisse der Deutschen Kühl- und Kraftmaschinengesellschaft m.b.H. Scharfenstein dkk (Firmenbezeichnung seit 1931) auf den Markt kamen und sich nach der Messepräsentation 1929 als ein Verkaufsschlager in Deutschland und im Ausland erwiesen. Für die Haushalts- und Gewerbekühlmöbel sowie Sonderanlagen wurden ausschließlich selbst gefertigte und weiter entwickelte Rollkolbenverdichter eingesetzt. Neben den Haushaltskühlschränken wurden vornehmlich Gewerbekälteerzeugnisse für Bäckereien und Fleischereien, für Gaststätten sowie für die Landwirtschaft und die Industrie hergestellt.

Während des Zweiten Weltkriegs war dkk Scharfenstein wichtiger Lieferant für Kältetechnik in der Waffenproduktion. In der Betriebszeitung dkk-Post kann man mit fortschreitender Kriegsdauer zwar in immer größeren Abständen, aber immer umfangreicher nachlesen, wie mit zunehmenden Schwierigkeiten und mit Hilfspersonal von Kriegsgefangenen bis zu Kriegsinvaliden produziert werden musste. Kältetechnische Qualifizierung war ein hauptsächliches Thema in der Betriebszeitung.

Nach 1945 wurde der Betrieb als Reparationsleistung komplett demontiert und der Neuanfang begann wie in vielen anderen Betrieben auch mit Erzeugnissen für den Bevölkerungsbedarf, Kochtöpfen und Spielzeug und vielen ähnlichen Produkten. Aber bald bemühten sich die verbliebenen bzw. zurückgekehrten Mitarbeiter wieder um die kältetechnischen Produkte, so dass deren Fertigung nach und nach neu entstand.

Schon 1946 erwies es sich als Glücksfall, dass dkk den Auftrag erhielt, 500 offene Hubkolben-Kältemittelverdichter für die Fa. Kälte-Richter in Berlin zu fertigen, wurden doch dadurch die Weichen für die Neuausrichtung des Betriebs gestellt. Bald war die gesamte Palette der Haushalts- und Gewerbekühlung wieder im Programm. Im Bereich der Kleinkältetechnik gab es nahezu nichts, was die Marke DKW-Kühlung bzw. DKW-Tiefkühlung nicht anzubieten hatte. Und das Gebiet der DDR musste damit versorgt werden.

Bald war klar, dass das bei dem ständig zunehmenden Bedarf in der Vielfalt der Produkte nicht zu bewältigen war. Immer mehr Erzeugnisse wurden in andere Betriebe verlagert und dort zum Hauptprogramm gemacht, bis schließlich dkk ein hochproduktiver Hersteller großer Stückzahlen von Weißer Ware wurde. Auf diesem Wege war aber dkk mit seinen erfahrenen Technikern und Ingenieuren für die neu in die Kältetechnikfertigung eingetretenen Firmen der Erfahrungsquell, aus dem alle schöpften. Wenn jetzt auch dkk direkt nicht mehr lebt, in einigen der auf ehemalige dkk-Produkte zurückgehenden Unternehmen setzt sich die Tradition in der nächsten und übernächsten Generation fort.

Zur dkk-Geschichte gehört auch die Einführung von Isobutan als Kältemittel in die Haushaltkühlschränke schon 1990 als Pionierleistung, der sich nach anfänglichen heftigen Anfeindungen alle Hersteller der Weißen Ware anschlossen. Auch dieser Entwicklungsschritt ist in der Ausstellung dokumentiert.

Die Entwicklung führte zur Konzentration von Erzeugnis- und Verfahrensentwicklung, Werkzeug- und Sondermaschinebau, Verwaltung und Verdichterproduktion im Altwerk im Zschopaubogen in Scharfenstein, wo sich heute auch die compact Kältetechnik GmbH Dresden befindet.

Im Zweigwerk Niederschmiedeberg wurden ab 1955 die Haushaltskältegeräte hergestellt. Dort wurde 1983 der Neubau des Gefrierschrankwerkes in Betrieb genommen. Ein Verdichterwerk wurde bis 1987 in Grießbach neu gebaut. Im Werk 3 in Scharfenstein, das seit 1966 als Lehrwerk für die Ausbildung genutzt wurde, befindet sich heute die Rochhausen Kältesysteme GmbH.

Im Anschluss an die Ausstellungsbesichtigung konnten die beiden Firmen Rochhausen und compact besucht werden. Dabei wurde auch die Gelegenheit genutzt, Dieter Rochhausen und seiner Frau zum 15-jährigen Firmenjubiläum zu gratulieren. Die Gäste konnten in beiden Firmen eine gut organisierte Fertigung vorfinden, die der dkkTradition würdig ist. Während bei compact das Programm der Verbundanlagen im gewerblichen und industriellen Leistungsbereich zu sehen war, fertigt Rochhausen Kältesätze und Komponenten für den Gewerbe-, Gaststätten- und Handelsbereich bis 6 kW für Normalkühlung und bis 2 kW im Tiefkühlbereich.

Am Nachmittag gab es dann auf der Burg Scharfenstein eine Fortsetzung der Zusammenkunft mit einer Vortragsveranstaltung. Die Gäste hatten Gelegenheit, ihre Grußworte vorzutragen, bevor Prof. Günter Heinrich zum Festvortrag an das Pult trat. Er war bei dkk als Produktions- und später als Technischer Leiter tätig, bevor er als Direktor zum ILK Dresden wechselte. Heinrich ging auf die schweren Jahre der Einführung des Kältemittels R12 ein, die ihn zu Beginn seiner Tätigkeit als erstem Dipl.-Ing. bei dkk herausforderten und schilderte die wichtigsten Stationen seiner Arbeit. Sie waren gekennzeichnet von der Durchsetzung der erforderlichen Qualitätsmaßstäbe und der Entwicklung neuer Erzeugnisse auf hohem technischen Niveau. Professor Heinrich betrachtete die dkk-Geschichte als eine Erfolgsgeschichte, die es verdient, sich nach 80 Jahren ihrer zu erinnern. Schließlich übergab er der neuen Ausstellungsstätte den fünfmillionsten Hermetikverdichter aus der Scharfensteiner Produktion, den er 1972 von dkk in Würdigung seines Anteils an der Entwicklung geschenkt bekommen hatte.

Heinrich blieb aber nicht bei der Vergangenheit stehen. In einem eindrucksvoll vorgetragenen zweiten Teil widmete er sich den Visionen der Kältetechnik in der Zukunft. Leidenschaftlich plädierte er für eine sanfte Kältetechnik, die nach seiner Auffassung gekennzeichnet ist durch geringe Temperaturdifferenzen, durch Orientierung auf vorwiegend dezentrale und selbst regulierende Technik, durch die weitgehende Nutzung der lokalen Umwelt in der Energiewirtschaft, z.B. durch Solar-Energieerzeugung, durch den Energietransport mittels Flüssigkeiten und durch die Benutzung natürlicher und neutraler Stoffe als Arbeitsstoffe. Er betrachtete den Menschen als Beispiel für ein hoch organisiertes Anlagensystem, das die sanfte Energetik beispielhaft vorgibt.

Abschließend widmete sich Prof. Heinrich der Zukunft der Wärmepumpe, die sich hervorragend in das Konzept der sanften Energetik einordnet und mit deren Hilfe den Umweltproblemen infolge des Treibhauseffektes wirksam begegnet werden kann. Er entwickelte ein Gedankenmodell, das es ermöglicht, durch Kopplung von BHKW und Wärmepumpe Elektroenergie freizusetzen, die beim getrennten Betrieb beider Systeme nicht zur Verfügung stehen würde.

Anschließend ging Dieter Rochhausen in seinem Beitrag auf die wesentlichen Ereignisse der dkk-Geschichte ein, die stark von den technologischen Anforderungen der Massenproduktion geprägt war. Al­brecht Meyer schilderte die Entwicklung des Energieverbrauchs der dkk-Kühlschränke von ca. 1 kWh in den 50er Jahren bis zu ca. 0,2 kWh in den 90er Jahren.

Zum Abschluss gab es noch einen Rückblick auf die erfolgreiche Geschichte der beispielgebenden kältetechnischen Berufsausbildung in Scharfenstein von den Anfängen bis zur Gegenwart vom früheren Lehrobermeister Wolfgang Pautz.

Am nächsten Tag schloss sich die Jahresversammlung der Sächsischen Innung der Kälte- und Klimatechnik an. Im Fachvortrag für die Innungsmeister referierte Frank Bahke, Danfoss, über Energieeinsparung an Kälte- und Klimaanlagen bei optimaler Verwendung der verfügbaren Steuer- und Regeltechnik. Es folgte ein Vortrag über die Grundzüge zur Erstellung einer Gefährdungsanalyse für die Benutzung der Firmenfahrzeuge unter dem Gesichtspunkt der Lenk- und Pausenzeiten. Nach weiteren innungsinternen Informationen zur Ausbildung und zum Schulgeschehen war durch die Wortbeiträge des BIV-Geschäftsführers und des VDKF-Präsidenten auch angenehm wahrzunehmen, dass die Verstimmungen zwischen beiden Organisationen der Vergangenheit angehören sollen. Das war auf Sachsen bezogen von Anfang an ohnehin deutlich, da beide Organisationen an beiden Tagen von Anfang an wieder gemeinsam auftraten.

Der Arbeitsplan für 2008 wurde verabschiedet und am Nachmittag gab es einen Ausflug mit der Preßnitztalbahn, einer 1986 stillgelegten Schmalspurbahn, die bis dahin auch dem Kühlschranktransport diente. Das Ritteressen auf der Burg Scharfenstein am Abend war dann der würdige Abschluss der zweitägigen Veranstaltung. Daran erinnert sich auch gern U.A.-

Links

https://historische-kleinkaelte.de/

http://www.vhkk.org/page/home/index.php

U.A.

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