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Abschätzverfahren der neuen VDI 2078 (Entwurf)

Berechnung von Kühllast und Raumtemperaturen von Räumen und Gebäuden

Einleitung

Der Entwurf der VDI 2078 Berechnung von Kühllast und Raumtemperaturen von Räumen und Gebäuden [2] enthält ein Überschlagsverfahren zur Abschätzung der maximalen Kühllast. Dieses Abschätzverfahren, basierend auf der energetischen Bewertung von Gebäuden und der Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung [1], ist auf die in VDI 2078 festgelegten Randbedingungen abgestimmt. Wesentliche Erläuterungen sind den Bilanzierungsgrundlagen nach DIN V 18 599 [4] zu entnehmen. Es berücksichtigt

  • die Speicherfähigkeit des Raumes,
  • den zulässigen Schwankungsbereich der Raumsolltemperatur,
  • die reale Betriebszeit,
  • alle Quellen und Senken und
  • die örtlichen Außenklimaparameter (Kühllastzone).

Aus Sicht der Lehre und auch der Planung ist ein solches Verfahren notwendig:

  • Für die frühen Phasen der Planung (Phasen 1 bis 2) liegen notwendige Ein­gabedaten oft nur in einer unzureichenden Menge und Genauigkeit vor [5], [6]. Jedoch müssen zu diesem Zeitpunkt sowohl schon relevante Planungsaussagen (z. B. Platzbedarf, Energiebedarf, Kostenschätzung, Wirtschaftlichkeit) getroffen werden als auch mögliche (vor allem bauliche Parameter und Nutzervorgaben) Einflussgrößen auf die Anlagenplanung betrachtet werden.
  • Im Rahmen der Lehre ist es zwingend notwendig, die wesentlichen Einflussgrößen auf die Kühl- und Heizlast, wie z. B. Außenklima, Forderungen an das Innenklima, bauliche Randbedingungen (Speicherverhalten der Bauwerksmasse, Gestaltung opaker und transparenter Bauteile) sowie Nutzungsbedingungen, darzustellen. Dabei sind die in den Regeln der Technik ausgewiesenen Werte grundsätzlich zu berücksichtigen.

Ein Abschätzungsverfahren in der Lehre bietet weiterhin auch die Möglichkeit, Er­fahrungen über die Größenordnungen der Ergebnisse zu gewinnen, um Ergebnisse von Berechnungsprogrammen auf ihre Plausi­bilität überprüfen zu können.

Der Begriff Abschätzverfahren ist richtig gewählt. Es beinhaltet im Grunde die wesentlichen Einflussgrößen und widerspiegelt bekannte einfache Berechnungsalgorithmen, wobei die verwendeten Indices einerseits gewöhnungsbedürftig und anderseits bei bis zu vier Zeichen kaum überblickbar sind.

Abschätzverfahren nach VDI 2078 (Entwurf) [2]

In Übereinstimmung mit der energetischen Bewertung von Gebäuden und der Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung [1] und VDI 6007 Blatt 1, Berechnung des instationären thermischen Verhaltens von Räumen und Gebäuden Raummodell [3], wird die Kühllast Qc,max als negativer Wert angegeben.

Das Maximum der überschlägigen Kühllast Qc,max berechnet sich nach der zugeschnittenen Größengleichung

Die Gleichung ist das Ergebnis eines umfangreichen Vergleichs einer Berechnung einer stationär ermittelten maximalen Kühllast Qc,stat und den Ergebnissen einer dynamischen Gebäudesimulation unter Anwendung der Bilanzierungsgrundlagen nach DIN V 18 599 [4]. In Qc,max finden

a)solare Wärmeeinträge,

b)die Transmissionsgewinne und -senken,

c)Lüftungswärmequellen (ohne mechanische Lüftung)

d)interne Wärmequellen und -senken und

e)die Einbeziehung von dynamischen Kom­ponenten

Berücksichtigung.

Summen der Wärmequellen und -senken.

Der Klammerausdruck (Qsource;max - Qsink;max) beinhaltet die Summen der Wärmequellen und -senken [a) bis d)].

Die Ermittlung des solaren Wärmeeintrags für opake und transparente Bauteile basiert auf bekannten Zusammenhängen, wobei

  • bei opaken Bauteilen die Abstrahlung zwischen Bauteil und Himmel,
  • bei transparenten Bauteilen ein Gesamtenergiedurchlassgrad gtot (er ergibt sich aus Kennwerttabellen im Anhang (unter Bezug auf VDI 6007 Blatt 2, Berechnung des instationären thermischen Verhaltens von Räumen und Gebäuden Fenstermodell [9] oder nach Herstellerangaben) und
  • die maximale stündliche solare Einstrahlung IS,max am Auslegungstag nach Tabelle 1 (in [2] Tabelle 7).

berücksichtigt werden.

Transmissionswärmequellen bzw. -senken werden in bekannter Weise entsprechend der Heizlastermittlung nach außen und gegen Nebenräume berechnet. Bei der Berechnung der Lüftungs­wärmequellen und -senken ohne mechanische Lüftung werden die Tagesmittel der Außenlufttemperatur der Klimazone am Auslegungstag ϑa;mittel;CDD aus Tabelle 2 (in [2] Tabelle 8) in Ansatz gebracht.

Die tägliche Betriebsdauer tc;op;d der Raumkühlanlage beeinflusst die anzu­setzenden internen Wärmequellen bzw. -senken.

Einbeziehung von dynamischen ­Komponenten

  • Zeitglied mit τ als Zeitkonstante des Gebäudes in Abhängigkeit der wirksamen Wärmespeicherkapazität Cwirk,Hüll nach den Bilanzierungsgrundlagen gemäß DIN V 18 599 [4]

Die Zeitkonstante τ wird ermittelt in Abhängigkeit der Transmissionsverluste und Lüftungsverluste durch Infiltration,der Hüllfläche AHüll und der spezifi­schen Wärmespeicherkapazität der Hüllfläche Cwirk,Hüll. Letztere ist eine Funktion der mittleren Rohdichte der Hüllkonstruktion mm;Hüll [s. a. Tabelle 3 (in [2] Tabelle 6)], wobei eine Zuordnung zu der bisherigen Charakterisierung der Speicherfähigkeit des Raumes [2] vorgenommen wurde. Für die zu berücksichtigende speicherwirksame Schichtdicke (Dicke des Bauteils gelten einige zu beachtende Randbedingungen, so u. a. dass nur Schichten berücksichtigt werden, deren Dicke > 0,01 m und deren Rohdichte > 200 kg/m³ ist.

Es wäre für den Planungsprozess (Vorentwurf) hilfreich, wenn analog zu der Definition von Petzold zur speicherwirk­samen Bauwerksmasse (s. a. [5] bzw. [7]) eine Zuordnung der mittleren Rohdichte zu typischen Bauwerkskonstruktionen vorgenommen würde oder der vereinfachte Ansatz für die Mindestanforderungen an den Wärmeschutz [8] Berücksichtigung finden könnte.

  • Reduktion aufgrund eines zulässigen Schwankungsbereichs der Raumsolltemperatur

Das


Gleichungsglied berücksichtigt neben der Wärmespeicherfähigkeit der Hüllkonstruktion (Raumumschließungskonstruktion) eine Bezugszeit der Kühlanlage tC;wirk;bez in Abhängigkeit von 4 Kühllastzonen (in Abhängigkeit der klimatischen bzw. geographischen Bedingungen tC;wirk;bez ist für Kühlzone 1, 2 und 3 mit 60 h und Zone 4 mit 85 h anzusetzen) und die Schwankungsbreite der maximal zulässigen Raumsolltemperaturabweichung im Sommer (in der Regel 4 K bzw. 6 K).

  • Einfluss der Betriebsdauer am Auslegungstag

Das vierte Gleichungsglied beinhaltet die Wechselwirkung zwischen dem Einfluss der Wärmespeicherfähigkeit und der Betriebsdauer der Kühlanlage. Dabei sollte entsprechend den Bilanzierungsgrundlagen nach DIN V 18 599 [4] die Betriebsdauer der Raumkühlanlage tc;op;d i. Allg. mit drei Stunden länger als die Nutzungszeit der Gebäudezone angesetzt werden.

Genauigkeit des Verfahrens

Anhang C enthält zwei Beispiele für die Kühllastabschätzung für die Standorte Mannheim (MA) und Hamburg (HH) für eine wenig schwingende Raumluft­temperatur Δϑ = 3 K (Variante 1) und eine stark schwingende Raumlufttemperatur Δϑ = 5 K (Variante 2). Der Vergleich der Ergebnisse zeigt klar den Vorteil des EDV-Verfahrens.

Bild 1 zeigt nach [4] die Streubreite beim Vergleich der überschlägig ermittelten Kühllast der Gebäudezone mit den Ergebnissen der Gebäudesimulation.

Die Unterschiede zwischen der statio­nären und der dynamischen Berechnung der Kühllast können sehr groß sein und weisen eindeutig daraufhin, dass eine Kühllastabschätzung nur grobe Orientierungswerte liefern kann. Zum Teil können die Abweichungen bei thermisch schweren Gebäuden marginal sein.

Schlussfolgerungen

  • Das Abschätzverfahren bietet die Möglichkeit, sowohl in der Planung den Einfluss wesentlicher Parameter auf die Kühllast abzuschätzen als auch in der Lehre deren Einfluss auf das Endergebnis zu vermitteln.
  • Die Vielzahl und Reihung von englisch­sprachigen Indices sind gewöhnungsbedürftig (zum Verständnis wären deutschsprachige Abkürzungen günstiger).
  • Obwohl das Abschätzverfahren auch die dynamischen Komponenten berücksichtigt, muss für die Planung grundsätzlich die ausführliche Kühllastberechnung nach VDI 2078 [2] angewendet werden. -

Literatur:

[1] DIN V 18599: Energetische Bewertung von Gebäuden Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarm­wasser und Beleuchtung (Teil 1 bis 10). Berlin: Beuth Verlag, Februar 2007

[2] VDI 2078 (Entwurf): Berechnung von Kühllast und Raumtemperaturen von Räumen und Gebäuden (VDI-Kühllastregeln). Berlin: Beuth Verlag, März 2012

[3] VDI 6007 Blatt 1: Berechnung des instationären thermischen Verhaltens von Räumen und Gebäuden Raummodell. Berlin: Beuth Verlag, März 2012

[4] David, R. u. a: Heizen, Kühlen, Belüften & Beleuchten Bilanzierungsgrundlagen nach DIN V 18 599. Stuttgart:

Fraunhofer IRB Verlag, 2006

[5] Trogisch, A.: Planungshilfen Lüftungstechnik; 4. Auflage. Berlin/Offenbach: VDE Verlag, 2011

[6] Trogisch, A.; Dose, St.; Käppler, A.: Planungs- und Qualitätsmanagement von RLT-Anlagen. Berlin/Offenbach: VDE-Verlag, 2010

[7] Hakenschmied, E.: Untersuchungen baulicher Möglichkeiten zur Stabilisierung des sommerlichen Raum­-klimas im Wohnungsbau, Diss., TU Dresden, 1973

[8] DIN 4108 Blatt 2 (Entwurf): Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. Berlin: Beuth Verlag, Oktober 2011

[9] VDI 6007 Blatt 2: Berechnung des instationären thermischen Verhaltens von Räumen und Gebäuden Fenstermodell. Berlin: Beuth Verlag, März 2012

Prof. Dr.-Ing. Achim Trogisch

HTW Dresden, Fakultät Maschinenbau/Verfahrenstechnik, LG TGA

Achim Trogisch, Dresden

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