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Kreislaufverbund-Systeme Teil 2

Mehrfachfunktionale Hochleistungs-WRG-Systeme

Indirekte Nachwärme

Über einen Plattenwärmeübertrager wird durch Warm- oder Heißwasser Wärme in das System eingespeist. Ein luftseitiger Nacherhitzer im Gerät kann wirtschaftlich sehr vorteilhaft sein. Durch das Einspeisen der Wärme wird der Übertragungsgrad der WRG in geringem Maß negativ beeinflusst. Diese Beeinflussung muss natürlich bei der Auslegung des Systems und bei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen berücksichtigt werden [8].

Indirekte oder direkte Nachkühlung

Über einen Plattenwärmeübertrager wird durch Kaltwasser dem System Energie entzogen. Wird in der Kältemaschine nicht Kaltwasser, sondern Sole gekühlt, kann dieses Medium direkt in das System über ein Dreiwegeventil eingespeist werden. Ein Nachkühler im Gerät oder ein zusätzlicher Plattenwärmeübertrager im Solestrom kann entfallen (siehe Bild 1 in Teil 1). Auch bei der Nachkühlung wird der Übertragungsgrad einer hocheffizienten WRG im geringen Maße negativ beeinflusst.

Entfeuchtungsschaltung

Das WRG-KV-System kann auch zur Entfeuchtung der Luft eingesetzt werden [9]. Dazu wird zwischen dem zweiten und dritten Register (in Luftrichtung) dem System Energie entzogen. Dies kann direkt oder indirekt erfolgen. Dabei wird die Sole im Zwischenkreis vor dem Eintritt in die zweite Stufe so weit abgekühlt, dass die Luft in den zwei folgenden Stufen entfeuchtet wird (siehe Bild 6). Diese unterkühlte Luft wird danach durch das in Luftrichtung gesehen dritte Re­gister geführt. Hierbei findet im dritten Register zwangsläufig eine Wärmeübertragung statt, die die Sole vor der Kälteeinspeisung vorkühlt und die Luft gleichzeitig erwärmt. Diese vorgekühlte Sole verringert damit wiederum die notwendige Kälteleistung deutlich und die Nacherwärmung kann ohne zusätzliche Primärenergieaufwendungen realisiert werden (Entfeuchtungskälterückgewinnung).

Kältemaschinenabwärme

Die Abwärme der Kältemaschine kann energetisch vorteilhaft über das in Luftrichtung gesehen letzte Register des Wärmeübertragers im Fortluftstrom abgegeben werden. Hierzu wird das letzte Register aus dem Wärmerückgewinnungsprozess ausgekoppelt und der Kältemaschinenrückkühlung zur Verfügung gestellt (siehe Bild 6) oder es wird die Kältemaschinenabwärme über einen Plattenwärmeübertrager im Rücklauf eingespeist.

Damit ist auch die Einbindung einer Wärmepumpe in ein mehrfachfunktionales WRG-System möglich, die im Sommer die Restkühlung der Zuluft gewährleistet und im Winter die Nacherwärmung durch die Kältemaschinenabwärme sicherstellt.

Freie Kälte

Wird ganzjährig Kühlung benötigt, kann auch in der Winter- und Übergangszeit das Rücklaufmedium zur Auskopplung von Kälte genutzt werden. Hier besteht die Möglichkeit, ein externes Medium energetisch sinnvoll über den WRG-Kreislauf zu kühlen. Dazu wird entweder ein zusätzlicher ­Plattenwärmeübertrager im Solerücklauf installiert oder über ein Umschaltventil das in Luftrichtung gesehen erste Register des Wärmeübertragers im Außenluft­volumenstrom vom WRG-Kreislauf abgekoppelt und mit dem externen Fluidstrom verbunden (siehe Bild 7).

Brauchwasservorerwärmung

Bei hohen latenten Wärmeinhalten der Abluft (z.B. in der Schwimmbadnutzung) kann mehr Wärme dem Abluftstrom entzogen werden, als auf der Zuluftseite benötigt wird. In diesem Fall kann durch die Verwendung eines Plattenwärmeübertragers auf der Vorlaufseite Wärme dem Medienstrom zur Brauchwasservorerwärmung entzogen werden (siehe Bild 7). Sowohl die Brauchwasservorerwärmung als auch die Auskopplung der freien Kälte verbessern den Übertragungsgrad der Wärmerückgewinnung wesentlich.

Bewertung der Hilfsenergien

Die Druckverluste der WRG bestimmen im Wesentlichen die Hilfsenergien, die zum Betrieb einer WRG zwingend not­wendig sind. Mit der mehrfachen Nutzung des Systems können gerade diese Hilfsenergien minimiert werden, da auf der ­Luftseite Komponenten eingespart werden können und damit deren Differenzdrücke entfallen.

Diese Hilfsenergien werden im Wesentlichen durch die elektrischen Antriebe (Ventilatoren und weitere Verbraucher, z. B. Pumpen) bestimmt. Die erforderlichen elektrischen Leistungen errechnen sich dabei aus:

Pel = / V ΔpWRG 1 / η

mit:

Pel = elektrische Leistung [KW]

V = Volumenstrom [m³/s]

ΔpWRG = Differenzdruck der WRG [Pa]

η = Gesamtwirkungsgrad des Antriebs

(z. B. Ventilatoren) [./.]

Die elektrischen Leistungen, die zum Betrieb der WRG notwendig sind, können auch durch eine Leistungsziffer ε (COP), also das Verhältnis der thermischen Leistung zur elektrischen Leistung, beschrieben werden.

ε = QWRG / Pel

Gute WRG-Systeme erreichen Leistungsziffern von 10 bis 20, weshalb beispielsweise das neue EEWärmeG [10] auch eine mittlere Leistungsziffer von mindestens 10 bei einem Übertragungsgrad von mindestens 70 % vorschreibt, wenn die WRG als Ersatzmaßnahme anerkannt werden soll.

Berücksichtigt man die mehrfachfunktionale Nutzung von Hochleistungs-Kreislaufverbund-Systemen, kann damit leicht eine Leistungsziffer von 15 bis 50 erreicht werden, da neben der eigentlichen Funktion der WRG Energieströme in das System ein- und ausgekoppelt werden können. Hierdurch erhöht sich die Leistungsziffer deutlich.

Konstruktive Kriterien der Wärmeübertrager

Kreislaufverbund-Systeme können nur dann wirtschaftlich als mehrfachfunktionale WRG-Systeme mit zusätzlichen Funktionen eingesetzt werden, wenn durch die Beachtung von konstruktiven Kriterien der Temperaturübertragungsgrad auf bis zu 0,8 bei akzeptablen Druckverlusten von 200 bis ca. 300 Pa gesteigert wird.

Um diese Übertragungsgrade zu erreichen, setzt man Hochleistungswärmeübertrager ein, die einen thermodynamischen Gegenstromanteil von mehr als 99 % aufweisen, da nur bei maximalem Gegenstromanteil der einzelnen Übertragungseinheiten hohe WRG-Übertragungsgrade überhaupt erreichbar sind. Dies setzt die konsequente Einhaltung einer Gegensinnschaltung der Medien (z. B. Sole) und der Luft voraus. Gleichstromanteile sind zu vermeiden, da im Gleichstrom der Übertragungsgrad auf < 50 % begrenzt ist.

Neben der Stromführung sind zur Erreichung der Temperaturübertragungsgrade von 0,9 pro Luftseite Lamellenwärmeübertrager mit einer Bautiefe von ca. 900 bis 1 200 mm notwendig [11].

Ferner spielt bei der Erreichung der Übertragungsgrade die Abstimmung der beiden Medien (Luft und Sole) eine erhebliche Rolle. Nur bei optimaler Zwischenmedienmenge wird auch der projektierte Übertragungsgrad erreicht. Dieses Optimum liegt unter trockenen Bedingungen bei einem Wärmestromkapazitätsverhältnis von 1, also bei mL cpL = mZ cpZ, der Wärmekapazitätsstrom Luft muss gleich dem Wärmekapazitätsstrom des Zwischenkreises (z. B. Sole) sein (siehe Bild 8).

Je höher der angestrebte Übertragungsgrad ist, desto wichtiger ist die Abstimmung der Medienmassenströme aufeinander. Bei Anlagen mit variabler Luftmenge muss der Zwischenkreismassenstrom stetig geregelt und den variablen Luftmengen angepasst werden. Dies geschieht vorteilhaft z. B. über eine drehzahlgeregelte Pumpe in Abhängigkeit von der gemessenen Luft- und Zwischenkreismenge.

Da sich die beiden Wärmekapazitäten von Luft und z. B. Sole etwa um den Faktor 4 und die beiden Dichten rund um den Faktor 1000 unterscheiden, muss der Zwischenkreis mit einem Viertel des Luftmassenstromes bzw. 1/4000 des Volumenstromes betrieben werden. Aufgrund dessen ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen der Medienmenge, die gering sein muss (Optimum), und der Mediengeschwindigkeit im Wärmeübertrager, die relativ hoch liegen muss, um hohe Übertragungskoeffizienten bei turbulenter Strömung zu erreichen. Dieser Zielkonflikt kann nur durch spezielle Gegensinn-Rohrschaltungen gelöst werden, bei denen die Zwischenmediengeschwindigkeit im Wärmeübertrager bei möglichst großem Gegenstromanteil hoch liegen muss und die benötigte Medienmenge optimiert gefahren werden kann [12].

Hierbei ist vor allem darauf zu achten, dass die Entlüftung der Schaltung automatisch erfolgt, um Ansammlungen von Ausgasungen im System zu vermeiden. Des Weiteren sollten die Schaltungsvarianten selbstständig entleerbar sein, um einen zu hohen Entleerungsaufwand im Reparatur- oder Wartungsfall zu vermeiden.

Unter Beachtung der beschriebenen Voraussetzungen können dann auch tatsächlich Systemübertragungsgrade von 0,7 bis 0,8 erreicht werden. Dies haben umfangreiche Messungen auf dem Prüfstand des RWTÜV in Essen und dem nach DIN/EN 45001 akkreditierten Prüfstand des Technikums Luzern in Horw (Schweiz) sowie eine Vielzahl von ausgeführten Anlagen ergeben.

Mehrstufige adiabatische Verdunstungssysteme

Die adiabatische indirekte Verdunstungskühlung hat sich in den letzten Jahren im Sommerbetrieb bewährt. Über ein Wärmerückgewinnungssystem wird die Verdunstungskälte, die durch einen adiabatischen Befeuchter erzeugt wird, auf die Zuluftseite übertragen. Durch die Aufteilung des Gesamtsystems in mehrere Stufen entsteht ein komplexes Hybridsystem.

Der Vorteil der Mehrstufigkeit liegt in der höheren Kälteleistung gegenüber einem einstufigen System, die daraus resultiert, dass die Lufttemperatur in den folgenden Stufen nochmals abgesenkt wird und somit die mittlere Temperatur tiefer liegt als bei einem einstufigen System. Die Kälte­leistung kann mit diesem Verfahren um etwa 25 % gesteigert werden, ohne dass sich dabei die Druckverluste des Systems erhöhen, da die ohnehin benötigten Lamellen nicht nur der Wärmeübertragung dienen, sondern auch als Verdunstungsoberfläche herangezogen werden (Hybridsystem, siehe Bild 9).

Durch Hybridsysteme werden die Elek­troenergiekosten reduziert, da die Druckverluste der Befeuchter (mehrstufig) entfallen und die mechanische Kälteerzeugung erheblich später zum Einsatz kommen kann.

Im Sommerbetrieb wird bei 32 °C Außenlufttemperatur eine Zulufttemperatur von ca. 22 °C erreicht. Dies haben umfangreiche Messungen auf dem Prüfstand des RWTÜV ergeben. Erst bei einer weiteren Zulufttemperaturabsenkung wird dann die mechanische Kälteerzeugung notwendig [14].

Fazit

Mit diesen Ausführungen wird deutlich, dass auch mit speziellen KV-Systemen hohe Austauschgrade von bis zu 80 % realisierbar sind, wenn die konstruktiven Kriterien beachtet und die Medienströme exakt aufeinander eingestellt werden.

Mit hohen Übertragungsgraden kann ein KV-System durch die einfache Einflussnahme auf den Zwischenkreisstrom auch zur Übertragung von Zusatzenergien (mehrfachfunktionale Nutzung) verwendet werden, was die Wirtschaftlichkeit des Systems deutlich erhöht. Je größer der Übertragungsgrad der WRG ist, desto geringer sind die zusätzlichen Leistungen, die ein- oder ausgekoppelt werden müssen (z. B. Nachwärme), und desto geringer ist der Einfluss auf den Übertragungsgrad. Hierzu sind aufwendige Berechnungen erforderlich, um die Beeinflussung der Ein- und Auskopplung der Energieströme berücksichtigen zu können.

Durch die Nutzung der Wärmeübertrager als Befeuchterkörper (Hybridsystem) können die Kälteleistungen erhöht und gleichzeitig die Druckverluste verringert werden.

Durch die mehrfachfunktionale Nutzung der WRG und die hybride, mehrstufige Nutzung der indirekten Verdunstungskühlung können sehr hohe COP-Werte von 50 und mehr erreicht werden.

Mit Erscheinen der neuen VDI 3803 Blatt 5 wird auch normativ die Basis für mehrfachfunktionale WRG-Systeme geboten. -

Literatur

[8] Kaup, Praxishandbuch Thermodynamik, S. 474 ff., PP Publico Publications, 2008

[9] Kaup, Minimierung der latenten Kü hlleistung durch integrierte Rückgewinnung, KI 12/2003

[10] EEWärmeG: Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz: 2008-6

[11] Kaup, Hochleistungs-Wärmerückgewinnung auf Basis des KV-Systems, ISH Jahrbuch, 1997

[12] Kaup, Vergleich von Hochleistungswärmerück­gewin­nungssystemen auf Basis des KV-Systems, HLH 02/2004

[13] Roth, Goeke, Messungen an einem KV-System, Prüf­bericht Bayer AG, 12/2008

[14] Kaup, Integrierter Kontaktbefeuchter im Wärmeübertrager, TAB, 02/1997

Dr.-Ing. Christoph Kaup

geschäftsführender Gesellschafter derHowatherm Klimatechnik GmbH, Brücken

Christoph Kaup, Brücken

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