Bauprojekte und Gebäudetechnik werden immer komplexer. Dies stellt erhöhte Anforderungen an das Technische Gebäudemanagement (TM).
Es gibt immer mehr beteiligte Unternehmen und Mitarbeiter pro Bauprojekt. Insbesondere die stetig komplexere Technik stellt erhöhte Anforderungen an das Technische Monitoring (TM), weswegen es Forderungen nach einer übergeordneten Prüfinstanz mit entsprechenden Kosten gibt. Die Autoren widersprechen und schlagen die Optimierung bestehender Methoden vor.
Mehr Baubeteiligte, mehr Daten, neue Gesetze, neue Krisen – die Herausforderungen und die Vielschichtigkeit in der Baubranche nehmen weltweit laufend zu. Laut einer Aussage im tab Newsletter von 18 / 2024 [1] sind z. B. im Zeitraum 2021 bis 2023 30 Prozent mehr beteiligte Unternehmen pro Bauprojekt festzustellen.
Diese Trends werden in einem aktuellen Smino-Report [2] vorgestellt. Auch die Anzahl der beteiligten Mitarbeiter pro Projekt erhöhte sich von 2019 bis 2023 um 66 Prozent. Für den Report wurden sechs einschlägige Studien analysiert und aggregiert. Demnach gilt die wachsende Komplexität und Vernetztheit in der Baubranche als große Herausforderung, für die Lösungen gefragt sind.
Diese Leistungsbilder und Methoden gibt es
Der Technikanteil an den gesamten Baukosten wird immer größer und die Abhängigkeiten der einzelnen Gewerke immer komplizierter. Die Qualität der fertiggestellten Gebäude und deren gebäudetechnischen Anlagen entspricht aber oft nicht den Erwartungen und Planungszielen von Bauherren, Betreibern und Nutzern. Es sind deshalb neue Leistungsbilder und Methoden für Qualitätsmanagement-Services (QM-S) entstanden, wie z. B.
Nun gibt es ein Forschungsprojekt zur wissenschaftlichen Evaluierung von Leistungen zum Technischen Monitoring, zum Inbetriebnahmemanagement und zu anderen Qualitätsmanagement-Services, durchgeführt vom Steinbeis-Innovationszentrum energieplus, der Hochschule Biberach und der TU Braunschweig (https://www.qualitätsmanagement für gebäude.de/). Mit diesem Projekt sollen u. a. die folgenden Fragen beantwortet werden:
Welche Leistungen werden in der Praxis angeboten?
Mit welchen Methoden und Werkzeuge werden die Leistungen umgesetzt?
Wie, wo und in welcher Form werden QM-S in übliche Planungsprozesse integriert, wie werden sie abgegrenzt?
Welche Qualitätsdefizite werden in Gebäuden identifiziert? Wurden sie abgestellt?
Tragen die Leistungen erfolgreich zur Verbesserung der Gebäudeperformance bei? Sind die Leistungen wirtschaftlich?
Welche Hemmnisse und Motivationen bestehen bei der Umsetzung?
Es sollte die Praxistauglichkeit der Herangehensweise von AMEV und VDI bewertet werden.
Folgen einer weiteren Prüfinstanz
Grundlage der im Forschungsprojekt gefundenen Bewertung sind die vorgeschlagenen Leistungsbilder von AMEV und VDI und deren Anwendung in der Praxis. Es soll demnach eine unabhängige Prüfinstanz geschaffen werden, welche schon in den frühen Planungsphasen dem Bauherrn helfen soll, Planungsfehler und Ausführungsmängel zu erkennen.
Eine solche Prüfinstanz verkompliziert nach Auffassung der Autoren die Planung deutlich und verwischt zudem die Verantwortlichkeiten. Insbesondere stellen sich einige Fragen:
Was ist, wenn der Verantwortliche für Technisches Monitoring Planungs- und Ausführungsmängel nicht erkennt?
Bleibt der Planer in der Hauptverantwortung?
Welche Verantwortung trägt dann der Verantwortliche für das Monitoring?
Wo ist die Leistungsgrenze zur beauftragten Bauüberwachung LP 8? Gibt es hier eine Doppelhonorierung?
Sollen die vom TM erkannten Planungs- und Ausführungsmängel als solche auch bei den beauftragten Planern und Firmen geltend gemacht werden und durch wen?
Welche fachlichen Aufgaben haben dann noch der Projektsteuerer und die Bauverwaltung?
Komplizierter wird der Planungsablauf zudem, wenn man berücksichtigt, dass weitere „Spezialisten“ tätig werden. Dazu zählen die Inbetriebnahmemanager, die Verantwortlichen für die Prüfung der Gesamtsicherungskonzepte (Brandfallmatrix, Vollprobetest, wie z.B. Wiederanlaufen der TGA-Anlagen nach Netzausfall) und die Sachverständigen, die ebenfalls frühzeitig in die Planung eingebunden werden sollen.
Mit der AMEV Empfehlung 158 [3] und der VDI 6041 [4] versucht man, möglichen schlechten Planungs- und Ausführungsleistungen entgegenzuwirken, weil die bisherigen Prüfinstanzen diese Aufgaben wohl nicht zufriedenstellend erfüllt haben. Gründe dafür sind:
Projektsteuerer, die gewünschte und erforderliche Fachkompetenz nicht aufweisen, wie sie aber oft vertraglich gefordert wird;
die Bauverwaltungen personell unterbesetzt sind oder nicht mehr die erforderliche Fachkompetenz besitzen.
Sinnbildlich sitzt ein TGA-Mann (Planer) dabei zahlreichen Prüfern gegenüber.
Mögliche Alternativen
Das kann nach Meinung der Autoren nicht die Lösung sein, denn eine zusätzliche Prüfinstanz macht das Bauen komplizierter und kostet Zeit. Die technischen Fachplaner fühlen sich durch die Vielzahl der Prüfenden nur noch mehr „gegängelt“.
Allerdings sollten insbesondere auch die steigende Preise von Elektro- und Wärmenergie dazu führen, sich Gedanken darüber zu machen, wie und in welcher Weise die Energieverbräuche von TGA-Anlagen optimiert werden können. Insbesondere gilt dies für Gebäude der öffentlichen Hand.
Wäre es insgesamt nicht besser, das TM als Optimierungsleistung im Sinne einer Feinparametrierung nach der VOB-Abnahme im realen Betrieb für einen längeren Zeitraum (z. B. für mindestens zwei Jahre oder sogar bis zum Ende des Gewährleistungszeitraums) zu verstehen?
Sollte nicht zuerst versucht werden, in bestehenden Regelwerken, wie HOAI [2] und VOB die Leistungsbilder besser zu definieren?
Jedenfalls sollten nach Meinung der Autoren die Verantwortungsbereiche der Planer und der Ausführungsfirmen eindeutig festgelegt bleiben. Denn Erfahrungen bei durchgeführten TM-Maßnahmen besagen, dass die im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen festgestellten Mängel überwiegend klassische Ausführungsmängel sind. Die hätten auch durch ein frühes Einsetzen des TM nicht verhindert werden können.
Die Qualität der Gebäude und der technischen Anlagen entspricht oft nicht den Planungszielen.
Besserer Weg
Im Gegensatz zur AMEV Empfehlung 158 [3] und der VDI 6041 [4] schlagen die Autoren einen anderen Weg vor:
vorhandene Regelwerke (VOB, Teil C, HOAI, RbBau, DIN EN 12599 u.a.) ergänzen und verbessern,
Verantwortlichkeiten nicht verwässern,
das TM sollte erst in der LP 9 bzw. in einer neuen LP 10 als zusätzliche Leistung, wie es in der amerikanischen Planungspraxis im sogenannten Commissioning [8] [9] praktiziert wird, einsetzen,
der Zeitraum sollte sich mindestens über den Gewährleistungszeitraum erstrecken.
Planer, Projektsteuerer, Ausführungsbetriebe und Sachverständige sollten weiterhin eine mangelfreie Leistung sicherstellen und Verantwortung im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtung tragen.
Weil sie es unter den genannten Umständen möglicherweise nicht schaffen, sollte nicht parallel noch ein weiterer Kontrolleur geschaffen werden, der sich zusätzlich in die Gesamtthematik einarbeiten und dafür zusätzlich honoriert werden muss. Denn Projektsteuerer, Bauamt und Sachverständige prüfen in der Regel bereits die Leistungserfüllung. Wer wäre bei einer zusätzlichen Kontrollinstanz für die mangelfreie Leistung eigentlich noch verantwortlich?
Deshalb erscheint es sinnvoller, nach Abschluss aller Baumaßnahmen für einen Zeitraum, der sich minimal über die Gewährleistungszeit erstrecken sollte, im Rahmen des TM Mängel aufzudecken und eindeutig den Verantwortlichen zuzuweisen. Schon 2015 [9] wurde auf diese Problematik hingewiesen. Allerdings verharrten seitdem vorhandenen Regelwerke, bildhaft gesprochen, auf dem Stand der „Schwerkraftheizung“.
Was sollte geschehen?
Konkret ergeht der Vorschlag, im Rahmen des Steinbeis-Forschungsvorhabens auch die Praxistauglichkeit der vorgeschlagenen Herangehensweise von AMEV und VDI zu bewerten.
Der von den Verfassern dieses Artikels verfolgte Ansatz würde nicht nur die Verantwortlichkeiten klarer definieren, sondern auch die Effizienz in der Fehlersuche und -behebung steigern. Durch die gezielte Integration des Monitorings nach Abschluss der Bauphase könnten systematische Schwachstellen besser identifiziert und nachhaltig behoben werden. Dies würde zu einer deutlich verbesserten Qualität der Anlagen führen.
Der Fokus sollte darauf liegen, bestehende Strukturen zu optimieren und den Einsatz von Ressourcen so zu steuern, dass sie dem Ziel einer mangelfreien Leistung effizient dienen. Dieser Weg könnte dazu beitragen, die Akzeptanz und Umsetzung von TM als wertvolle Ergänzung zu fördern, insbesondere in Projekten mit hohem energetischem Anspruch wie öffentlichen Einrichtungen.
Langfristig könnte dies auch dazu führen, dass sich neue Standards entwickeln, die nicht nur in Deutschland, sondern auch international Anerkennung finden. Die Integration von TM in eine mögliche LP 10 und die Verlängerung des Monitoring-Zeitraums über die Gewährleistungsphase hinaus könnten beispielhaft für eine nachhaltigere und effizientere Bauplanung und Ausführung sein.
Um dies zu erreichen, sollten Forschung und Diskussionen zu diesem Thema weiter gefördert werden, wobei nicht nur die technische Machbarkeit, sondern auch die ökonomischen und organisatorischen Aspekte umfassend beleuchtet werden sollten.
Literatur:
[1] Technik am Bau (tab) Newsletter von 18 / 2024, Bauverlag
[4] VDI 6041 - Facility Management – Technisches Monitoring von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen, 07-2017, Beuth-Verlag GmbH, Berlin
[5] VDI 6039 Facility-Management Inbetriebnahmemanagement für Gebäude-Methoden und Vorgehensweisen für gebäudetechnische Anlagen 06-2011, Bestätigt: 2019, Beuth Verlag GmbH, Berlin
[6] GEG 2020: Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden; 08/2020, geänd. 10/2023
[7] Trogisch, A, Mai, R.: Energetische Inspektion in der Technischen Gebäudeausrüstung, 2022, 2. Auflage, ITM InnoTech Medien GmbH; Kleinaitringen
[8] Trogisch, A.; Dose, St.; Kappler, A.: Planungs- und Qualitätsmanagement von RLT-Anlagen – Leitfaden für die Planungspraxis. 1. Auflage, VDE-Verlag, 2010.
[9] Trogisch, A.: Bemerkungen zur Projektplanung – Monitoring; 2015; GI – Gesundheitsingenieur, H. 1, S. 372 – 375
Dipl.-Ing. Hans-Peter Thiele,
ehem. Fachverantwortlicher TGA für alle Baumaßnahmen auf der Berliner Museumsinsel beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung.
Bild 2: Aufwand für das Technische Monitoring (TM) nach VDI 2041
Jetzt weiterlesen und profitieren.
+ KK E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv + Fokus KK: Sonderhefte (PDF) + Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten uvm.