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Wege zur effizienzoptimierten Klimatisierung von Rechenzentren

Kühlen – aber richtig

In Zeiten steigender Strompreise und verschärfter Umweltschutzvorschriften ist der Energieverbrauch für viele IT-Leiter und Rechenzentrumsbetreiber ein Dauerthema, mit dem sich auch spezialisierte Klimafachleute zunehmend konfrontiert sehen. Sichtbar wird das vor allem im ständigen Ringen um immer niedrigere PUE-Werte (Power Usage Effectiveness) im Bereich von Neuinstallationen und Nachrüstungen. Die international gültige Kennzahl PUE stellt den Quotienten aus dem Gesamtenergieverbrauch eines RZs und der Energieaufnahme der IT-Komponenten dar und gibt damit verlässliche Auskunft über die Energieeffizienz eines Rechenzentrums. Sie ist umso höher, je näher besagter Quotient an der Zahl 1 liegt. Moderne Rechenzentren erreichen heute bereits PUE-Werte von 1,2 und niedriger. Dabei spielt das Klimasystem eine ausschlaggebende Rolle. Denn ist die Klimatechnik nicht optimal konfiguriert oder veraltet, können auf Kühlung und Umluftsystem bis zu 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs entfallen. Will man also wettbewerbsfähige PUE-Werte von 1,2 und darunter erreichen, muss als dringendste Maßnahme vor allem der Energieaufwand für die Klimatisierung begrenzt werden. Doch wie lässt sich das erreichen und was zeichnet eine energiesparende RZ-Klimatisierung eigentlich aus?

Grundsätzlich gilt: Je geringer der Energieaufwand ist, der für den Abtransport der im RZ entstehenden Warmluft anfällt, desto energieeffizienter ist das Klima-system. Aus diesem Grundsatz folgt zunächst, dass die schwankende Auslastung, die für viele Rechenzentren charakteristisch ist, auch von der Klimatechnik abgebildet werden muss, ohne dass sich die Wirkungsgradwerte der Kühlung aufgrund ungünstigerer Leistungskurven in verschiedenen Lastbereichen maßgeblich verschlechtern. Soll das Klimasystem nicht mehr Energie verbrauchen als unbedingt nötig, muss sich seine Kühlleistung exakt an die jeweils aktuelle Serverleistung anpassen lassen. Konsequent umgesetzt wird dieses Prinzip heute schon vor allem im Bereich der Luftumwälzung, wo mittlerweile ausschließlich teillastfähige EC-Ventilatoren in Gebrauch sind. Die EC-Technik ermöglicht es, die Luftumwälzung an die Wärmeentwicklung anzupassen und stets nur so viel Luft in Bewegung zu setzen, wie zur Ableitung der anfallenden Wärmemenge unbedingt bewegt werden muss.

Teillastfähige Ventilatoren durch intelligente Luftführung unterstützen

Um die Teillastfähigkeit der Ventilatoren optimal auszunutzen, sind allerdings ergänzende Maßnahmen erforderlich, deren Bedeutung leicht unterschätzt wird. Der Energieaufwand für die Luftumwälzung lässt sich nämlich nur dann wirkungsvoll minimieren, wenn sie durch eine intelligente Luftführung ergänzt wird. Sie soll vor allem verhindern, dass sich Rückströmungen bilden und Teile der Luft mehrmals die Server durchströmen und Wärme aufnehmen. Dem lässt sich insbesondere durch Kalt- bzw. Warmgang-Einhausungen begegnen. Zum anderen soll die Luftführung die Entstehung von Wärmenestern unterbinden. Diese Aufgabe ist heute weit anspruchsvoller als noch vor zwanzig Jahren: Lag die Leistungsdichte eines IT-Racks in den 1990er- Jahren noch unter 1 kW, so erreichen heutige Racks bis zu 10 kW, zum Teil sogar bis zu 20 kW.

Gerade bei IT-Umgebungen mit extremhoher Leistungsdichte, kann es schwierig werden, die nötige Kaltluftmenge vor die Racks zu führen, die zum Abtransport der entsprechenden Wärmelasten erforderlich ist. Rechenzentren, die High-Density- oder Blade-Server betreiben, sind deshalb dazu übergegangen, die klassische ULK-Technik sinnvoll zu ergänzen. Bei mittleren Wärmelasten werden beispielsweise Doppelbodenluftauslässe mit differenzdruckabhängig geregelten Jalousieklappen installiert, um kontinuierlich jenes Maß an Überdruck sicherzustellen, das zu einem energieeffizienten Ansaugen der Kaltluft benötigt wird. Ein weitere, schon erfolgreich erprobte Möglichkeit besteht darin, die herkömmliche Umluftklimatisierung punktuell durch Reihenkühlgeräte zu ergänzen. Diese werden zwischen den Serverschränken einer Rackreihe platziert und führen die Kaltluft mithilfe von Luftleitblechen direkt vor die Racks. Abhängig von den Temperaturen an Vorder- und Rückseite des Racks wird dabei mithilfe spezieller Regelalgorithmen Luftmenge und Kälteleistung reguliert und so eine energieeffiziente Abführung der jeweiligen Wärmelast sichergestellt.

Wichtigste Maßnahme: Einsatzzeiten der mechanischen Kühlung minimieren

Wenn es darum geht, die Effizienz von RZ-Klimatisierungen zu optimieren, stellen teillastfähige Ventilatoren und intelligente Luftführungen letztlich nur einen Teil der Lösung dar. Denn der Hauptanteil des Energieverbrauchs entfällt nicht auf Lüfter und Filteranlagen, sondern auf die Kompressoren. Ihr Verbrauchsanteil liegt bei etwa 80 Prozent, wohingegen die Ventilatoren im RZ-Innenbereich nur auf etwa 15 Prozent kommen. Die wichtigste aller effizienzsteigernden Maßnahmen besteht deshalb darin, die Einsatzzeiten der mechanischen Kühlung zu minimieren. Diese ist zwar grundsätzlich unverzichtbar, da der Kompressorbetrieb aus Gründen der Betriebssicherheit jederzeit zur Verfügung stehen muss. Im Regelfall gibt es aber durchaus große Spielräume, den Einsatz dieser verbrauchsintensiven Technik einzuschränken. Das Zauberwort heißt hier freie Kühlung: Je häufiger die Außenluft zur Kühlung eines Rechenzentrums genutzt werden kann, desto weniger Energie muss logischerweise in die Kälteerzeugung investiert werden. Der Einsatz solcher Freikühlsysteme wird heute dadurch begünstigt, dass das Gesamttemperaturniveau in Rechenzentren deutlich höher liegt als in der Vergangenheit: Lag die Rücklufttemperatur vor zwanzig Jahren noch zwischen 22 °C und 24 °C, so sind heute Rücklufttemperaturen zwischen 25 °C bis 40 °C realistische Normwerte, wie sie sich etwa aus den ASHRAE-Empfehlungen für Serverlufteintrittstemperaturen ergeben. Da die Freikühloption bei modernen Präzisionsklimasystemen bereits zur Kühlung genutzt werden kann, sobald die Außentemperatur etwa 5 °C unter der Rücklufttemperatur liegt, bietet heute selbst Mitteleuropa mit Jahresdurchschnittstemperaturen zwischen 6 °C (Österreich) und 9 °C (Deutschland) beste Voraussetzungen für den Einsatz von Freikühlmodulen. Die Frage ist dann nur noch, auf welche Variante RZ-Betreiber setzen sollten, um das Maximum an Energieeffizienz zu erreichen.

In der Theorie ist die Antwort einfach: Den geringsten Energieaufwand und damit die höchste Effizienz aller Freikühlsysteme verspricht die direkte freie Kühlung. Bei dieser Variante wird kalte Außenluft direkt in die Serverfläche geführt, Energie muss dann nur noch in den Betrieb von Filtern und Lüftern investiert werden. Die damit verbundene Kostenersparnis lässt die direkte Freikühlung zunächst höchst attraktiv erscheinen. In der Praxis aber ist diese Variante nur in Regionen mit hoher Luftqualität sinnvoll. Denn Staubteilchen oder Rußpartikel – etwa von industriellen Anlagen oder nahegelegenen Autobahnen – sowie zu trockeneoder zu feuchte Luft können das empfindliche IT-Equipment irreversibel beschädigen. In Regionen mit schlechter Luftqualität müssten deshalb teure Luftfilteranlagen eingesetzt werden, um die direkte Freikühlung nutzbar zu machen. Dieser Zusatzaufwand für Luftaufbereitung und Wartung aber kann je nach RZ-Standort derart hoch ausfallen, dass er die energetischen Vorteile der direkten freien Kühlung zunichtemacht.

Indirekte Freikühlung als sinnvollste Lösung

Als Alternativen zur direkten Freikühlung bieten sich Präzisionsklimasysteme mit ein- oder zweistufiger indirekter Freikühlung an. Bei beiden Ansätzen wird in das Rechenzentrum selbst keine Außenluft eingeleitet, deren Kühlwirkung aber gleichwohl nutzbar gemacht. Bei der einstufigen Freikühlung geschieht dies über einen Luft/Luft-Wärmeübertrager an der RZ-Außenwand, der als rotierendes Wärmerad oder auch als würfelähnliches Gehäuse ausgeführt ist. Die im RZ befindliche Luft wird durch den Innenbereich, die Außenluft hingegen durch den Außenbereich des Wärmeübertragers geführt. Dadurch findet ein Wärmeübertrag statt, ohne dass die Luftströme miteinander in Berührung kommen. Die Effizienz dieser Lösung ist ebenfalls hoch, es schlagen jedoch zwei Nachteile zu Buche: Zum einen gestaltet sich der Lufttransport sehr energieaufwendig, da große Luftmengen zielgenau zum Wärmeübertrager geführt werden müssen. Zum anderen sind die eingesetzten Luft/Luft-Wärmeübertrager weit größer als die Wärmeübertrager herkömmlicher Klimageräte und benötigen dementsprechend deutlich mehr Platz. Die einstufige indirekte freie Kühlung kommt deshalb nur für Rechenzentren in Frage, die über ein sehr großzügiges Raumangebot verfügen.

Betreiber herkömmlicher Rechenzentren setzen heute meist auf die zweistufige indirekte freie Kühlung. Sie arbeitet mit zwei Wärmeübertragern, von denen sich einer im Innengerät, der andere im Außenbereich des RZs befindet. Der erste Wärmeübertrager überträgt die Abluftwärme auf ein Fluid, das über Rohrleitungen in den Außenbereich des RZs gepumpt wird. Dort wird die Wärme dann über den zweiten Wärmeübertrager an die Außenluft abgegeben und das heruntergekühlte Fluid zurück ins RZ geleitet, wo der Kreislauf von Neuem beginnt. Ist die Außentemperatur nicht niedrig genug, um das Fluid zu kühlen, wird ein Mischbetrieb aus Freikühlung und ergänzender Kompressorkühlung realisiert oder – bei besonders hohen Außentemperaturen – ganz auf Kompressorbetrieb umgestellt. Fortschrittliche Anlagen wie etwa die Präzisionsklimasysteme von Stulz realisieren einen gleitenden Mischbetrieb, bei dem die Kompressoren proportional zur jeweiligen Freikühlleistung stufenlos höher- oder tiefergeregelt werden. Durch diese Technik kann die Mischbetriebsoption optimal genutzt werden und die Außenluft selbst bei Temperaturen von 30 °C zur Klimatisierung der Serverräume beitragen.

Die zweistufige indirekte Freikühlung existiert heute in zwei Grundvarianten: Kleinere Rechenzentren bis 500 kW Serverleistung nutzen meist Direktexpansions-Geräte (DX) mit geschlossenem Kältemittelkreislauf, Freikühlwärmeübertrager und externem Rückkühler. Zwischen Klimagerät und Rückkühler zirkuliert hier ein Wasser-Glykol-Gemisch. Kann die Außenluft das Gemisch nicht hinreichend herunterkühlen, wird die Kälte entweder teilweise oder vollständig durch dezentrale Verdichter in den Klimageräten erzeugt. Ab einer Serverleistung von mehr als 500 kW wird das RZ dann entweder in Ausbaustufen zu je 500 kW unterteilt und Stufe für Stufe mit DX-Klimatisierungen versehen. Oder es kommen RZ-übergreifende Chilled-Water-Systeme (CW) – sogenannte Kaltwassersätze – mit Kaltwasserklimageräten im RZ und Freikühlregister außerhalb des Gebäudes zum Einsatz. Bei dieser Lösung wird die Wärme an ein Wasser-Glykol-Gemisch abgegeben, das auf dem Gebäudedach durch Außenluft gekühlt wird. Ist die Außentemperatur nicht niedrig genug, wird ein Kältemittelkreislauf mit zentralem Verdichter zugeschaltet, der für die erforderliche Kaltwasser-Temperatur sorgt. Auch hier ermöglichen die Klimasysteme von Stulz einen gleitenden Mischbetrieb von Kompressor- und Freikühlung, sodass die Vorteile der freien Kühlung so lange wie möglich genutzt werden können.

Unterstützung durch Adiabatik

Der Effekt der indirekten freien Kühlung lässt sich jedoch nicht nur durch gleitenden Mischbetrieb erhöhen. Eine weitere Möglichkeit, die Freikühloption so umfassend wie möglich zu nutzen, ist der ergänzende Einsatz von Verdunstungskühlung (Adiabatik). Bei dieser Technik wird die Außenluft zusätzlich befeuchtet, bevor sie auf den Wärmeübertrager trifft. Durch dieses Verfahren, das je nach Klimasystem mithilfe von Sprühanlagen oder Ultraschallbefeuchtern realisiert wird, wird die Lufttemperatur um bis zu 10 °C abgesenkt. Dadurch kann die Klimatisierung entweder länger im Freikühlbetrieb verbleiben oder der Freikühlanteil im Mischbetrieb erhöht werden; beides trägt zur Senkung des Energieaufwands für den Kompressorbetrieb bei. Die größte Wirkung besitzt die Adiabatik naturgemäß in ariden Klimaten mit sehr trockener Luft. Doch auch in Mitteleuropa ist ihr Effekt bereits so groß, dass es von Vorteil sein kann, sie einzusetzen.

Fazit

RZ-Betreiber, die auf freie Kühlung mit gleitendem Mischbetrieb und ergänzender Adiabatik setzen und die zudem auf eine optimierte Luftführung im Rechenzentrum achten, haben heute sehr gute Aussichten, die Energieeffizienz ihres RZs signifikant zu verbessern. Wer wirklich alle Möglichkeiten ausschöpfen will, hat darüber hinaus noch die Option, redundante Klimageräte, die aus Gründen der Ausfallsicherheit im RZ vorgehalten werden müssen, aktiv zu nutzen, um so die Klimatisierungslast breiter zu verteilen. Die Energieaufnahme der einzelnen Geräte lässt sich dadurch reduzieren, ohne dass die Sicherheit gefährdet wird: Fällt ein Gerät aus, sind die redundanten Kapazitäten weiterhin vorhanden, und es muss lediglich die Auslastung der verbleibenden Geräte erhöht werden. Wer auch noch diesen Schritt geht, kann von sich behaupten, wirklich alles getan zu haben, was nach dem aktuellen Stand der Technik möglich ist.

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