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Aufbau einer Propan-Kälteanlage an der Berufsschule Lindau

Brennbare Kältemittel:Learning by Doing

Die Revision der F-Gase-Verordnung, deren Änderung seit dem 1. Januar 2015 die gesamte Kältebranche betrifft, stellt auch in der Ausbildung von Mechatronikern für Kältetechnik eine besondere Herausforderung dar. Die Diskussion zur Reduzierung von Kältemitteln mit hohem GWP-Wert ist seit Jahren schon im Gange, jedoch zeigen Umfragen bei Auszubildenden, dass der Einsatz von klimafreundlichen Kältemitteln, die mit kritischen Eigenschaften wie Brennbarkeit und Toxizität verbunden sind, in ihren Handwerksbetrieben noch nicht überall Anwendung findet.

Die Berufsschule als Dualer Partner der Betriebe ist daher besonders gefordert, den sicheren Umgang mit brennbaren Kältemitteln in der schulischen Ausbildung zu vermitteln. Sicherlich lassen sich die Eigenschaften der brennbaren Kältemittel im theoretischen Unterricht vermitteln, dies ist Grundvoraussetzung für die Handhabung. Jedoch ist der Einsatz von brennbaren Kältemitteln (z. B. an einer R 290-Kälteanlage) mit ganz anderen Risiken verbunden als mit einem Sicherheitskältemittel wie R 134 a.

An der Berufsschule Lindau besteht das Ziel, auch in der Praxis Auszubildende der Mechatronik für Kältetechnik näher an brennbare Kältemittel heranzuführen. Als relativ einfach erweisen sich im Unterricht die Vermittlung von Wartungsarbeiten und Messungen an Kühl- und Gefrierschränken, die meist mit R 600 a (Isobutan) in geringen Mengen unter 150 g befüllt sind und deren Entweichen noch keine allzu große Gefahr darstellt. Diese Kälteanlagen zählen jedoch weniger zum Aufgabengebiet der Handwerksfirmen.

Tatkräftige Unterstützung durch Hersteller

In der Kälteabteilung an der Berufsschule Lindau bestand der Wunsch, eine Kälteanlage für den fachpraktischen Unterricht mit dem brennbaren Kältemittel Propan (R 290) gemeinsam mit Schülern aufzubauen. Besondere Unterstützung bekamen wir von der HKT Huber-Kälte-Technik aus Halfing, die uns kostenlos einen Verdichter für R 290 zur Verfügung stellte. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen freut sich die Berufsschule Lindau über diese Unterstützung, um solche Anlagen realisieren zu können, und durfte somit für dieses Projekt einen neuen HS12  Verdichter für Propan entgegennehmen. HKT stand zudem während der Projektphase als kompetenter Ansprechpartner bei technischen Fragen jederzeit zur Verfügung.

Es darf nicht vergessen werden, dass auch für die Fachlehrer der praktische Umgang mit brennbaren Kältemitteln nicht selbstverständlich ist und entsprechende Erfahrungen erst gesammelt werden müssen. Deshalb wurde der Praxislehrer Martin Baur zum Thema Kälteanlagen mit brennbaren Kältemitteln (Kohlenwasserstoffen)“ bei der TWK in Karlsruhe fortgebildet.

Mit dem Verdichter allein war es noch nicht getan, es waren weitere Komponentenerforderlich. Die Firma Güntner, Fürstenfeldbruck, und besonders hier Roland Handschuh, konnte einen Verdampfer und Verflüssiger als Sachspende für unsere Kälteanlage zur Verfügung stellen. Der Großhändler im Bereich der Kälte- und Klimatechnik Robert Schiessl, Oberhaching, konnte uns die normalerweise sehr teuren Komponenten mit Explosionsschutz, wie Druckschalter, Magnetventil und Trockner, kostengünstig verkaufen. Weiterhin unterstützte uns die Firma ESK Schultze, Velten, die uns Sammler und Flüssigkeitsabscheider zur Verfügung stellte.

Technische Voraussetzungen

Natürlich war die Auslegung der Anlage eine besondere Herausforderung. Dürfen wir eine Propan-Kälteanlage in unserem Werkstattbereich überhaupt betreiben? Welche sicherheitstechnischen Voraussetzungen müssen hier erfüllt sein? Hierzu war es notwendig, die maximal zulässige Füllmenge in Bezug auf unsere Raumgröße zu berechnen. In der DIN EN 378-1 Anhang C3 gibt es hierzu Berechnungshinweise bzw. Tabellen zum Mindest-Raumvolumen beim Einbau der Anlage.

Unsere R 290-Kälteanlage ist ortsbeweglich ausgeführt, mit kältemittelführenden Teilen im Personen-Aufenthaltsbereich. Die Propan-Kälteanlage muss explosionssicher ausgeführt werden. Ein Explosionsschutzdokument nach Betriebssicherheitsverordnung ist für eine Kälteanlage erst ab 2,5 kg Kältemittel-Füllgewicht vorgeschrieben. Die Füllmenge der Projektanlage liegt unter diesem Grenzwert.

Bereits beim Aufbau haben die Auszubildenden erfahren, welche Besonderheiten bei der Montage zu beachten sind. Ein thermostatisches Expansionsventil für R 290 war bis dato noch nicht auf dem Markt, gleichwertig konnte, wie in der Praxis häufig angewendet, auch ein TEV für R 22 eingebaut werden.

Um Schwachstellen für den Kältemittelaustritt zu minimieren, sollte auf Bördelverbindungen weitgehend verzichtet werden, diese sind jedoch in einer R 290-Kälteanlage nicht verboten. Die Anwendung von Pressverbindungen ist zugelassen und aufgrund der fehlenden Explosionsgefahr von Vorteil. Uwe Stedler von Vulkan Lokring, Herne, stellte uns Presswerkzeuge und Pressverbindungen kostenfrei zur Verfügung. Die Schüler konnten bei der Installation der Anlage Praxiserfahrung mit dem Presswerkzeug sammeln. Gerade bei nachfolgenden Instandhaltungsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Austausch eines Filtertrockners, ist die Anwendung von Pressverbindungen sicherer als das Arbeiten mit offener Flamme beim Löten. Muss dennoch gelötet werden, ist das mehrfache Spülen mit Stickstoff erforderlich (flushing“), um eine Verpuffung von ausdampfendem Propan aus dem Öl zu verhindern. Wichtig dabei ist, dass sich durch ausreichende Be- und Entlüftung kein explosionsfähiges Propan-Luft-Gemisch bilden kann.

Für das Absaugen von brennbaren Kältemitteln der Gefahrenklasse A3, wie Propan, sind explosionsgeschützte Absauggeräte erforderlich, welche am Markt kaum angeboten werden. Explosionsschutz muss nicht nur bei Druckschaltern gegeben sein, sondern auch andere elektrische Anlagenteile müssen explosionsgeschützt ausgeführt sein, sodass Propangas an offenen Schaltkontakten nicht zur Funkenbildung und damit zur Explosion führen kann. Vor dem Befüllen mit Kältemittel muss ein Potenzialausgleich geschaffen werden, um statische Aufladungen zu verhindern, dies kann durch Anschließen des Schutzleiters der Kälteanlage erreicht werden.

Propan ist ein Reinstoffkältemittel und kann sowohl flüssig als auch gasförmig ge-füllt werden. Die Dichtheitsprüfung muss mit einem elektronischen Lecksuchgerät durchgeführt werden, welches für Propan- bzw. Methangas geeignet ist. Dies sind nur einige wichtige Punkte, die beim Umgang mit dem brennbaren Kältemittel beachtet werden müssen und die die Berufsschüler beimAufbau der Kälteanlage erlernen konnten.

Dank der finanziellen Unterstützung vieler Firmen und dem Engagement der Lehrkräfte konnte in der Berufsschule Lindau eine Propan-Kälteanlage aufgebaut werden, die künftig allen Auszubildenden des Kälteanlagenbauerhandwerks für Unterrichtszwecke zur Verfügung steht und diese auf den Umgang mit einem klimafreundlichen, aber brennbaren Kältemittel vorbereitet.

Günter Köhler, OStR,

Staatliches Berufliches Schulzentrum Lindau (B), Abteilung Mechatroniker für Kältetechnik

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