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Im Kampf gegen die Virenlast „Schnellschüsse“ vermeiden

Raumluftreiniger richtig auswählen

Es kommt also darauf an, den richtigen Gerätetyp für die jeweilige Anwendung zu finden. Dabei geht es zum einen um große Räume hoher Belegungsdichte (z. B. Schulklassen), zum anderen um Restaurants und Freizeitstätten im öffentlichen Raum. Zu guter Letzt kann der Einsatz dieser Geräte auch im privaten Umfeld sinnvoll sein.

Für alle Geräte gilt: Sie unterstützen die Vermeidung von hohen Virenkonzentrationen im Raum. Das ist jedoch kein Ersatz zum regelmäßigen Lüften und der Zufuhr von „frischer Luft“ und damit mehr Sauerstoff für den Raum.

Funktion von Raumluftreinigern

Aktuell sind mehrere Luftbehandlungsmethoden auf dem Markt verfügbar, die hier kurz vorgestellt werden. Bei allen Ausführungen handelt es sich um mobile Geräte mit einem üblichen Stromanschluss (Schuko-Stecker, 230 VAC).

Die Raumluftreiniger bestehen aus unterschiedlichen Komponenten. Alle Geräte besitzen einen Ventilator zur Luftförderung. Ein Vorfilter (Partikelfilter) zum Schutz der Komponenten vor Staub und groben Verunreinigungen ist sehr zu empfehlen. Die Reinigung selbst erfolgt dann über die eigentliche Reinigungskomponente. Raumluftreiniger reduzieren die potenzielle Virenkonzentration im Raum erheblich Es erfolgt aber keine vollständige Entfernung der Viren im Raum, so dass ein Restinfektionsrisiko bleibt. Die eigentlichen Reinigungskomponenten werden im Folgenden erklärt.

Entkeimung mit ultraviolettem Licht (UV-C)

Ultraviolettes Licht im Wellenlängenbereich von 100 bis 280 nm ist für das menschliche Auge nicht sichtbar, dabei jedoch hochenergetisch. Es ist ein natürlicher Bestandteil der Sonnenstrahlung – dringt jedoch nicht bis zur Erdoberfläche vor – und kann technisch durch entsprechende UV-Leuchten erzeugt werden. Die UV-C-Strahlung schädigt die Zellhülle von Viren, aber auch Hüllen anderer biogener Zellen. Dadurch werden die Viren beschädigt und inaktiviert.

Die Strahlungsdosis zur Abtötung von SARS-COV-2-Viren ist bekannt. Allerdings treten die Viren in der Raumluft in Aerosolen auf. Das heißt, sie sind in kleinsten Tröpfchen eingelagert, wobei die Tropfen einen Teil der Strahlung absorbieren. Die ankommende Strahlendosis ist dadurch kleiner als für ein einzelnes Virus, welches sich isoliert auf einer Oberfläche befindet. Bei UV-C-Geräten darf keine Strahlung nach außen dringen. Daher muss sich die UV-Lampe automatisch abschalten, wenn das Gerät im Betrieb geöffnet wird. UV-Lampen müssen regelmäßig überprüft und bei Defekt ausgetauscht werden.

Entkeimung durch Ozon

Ozon (chemisch O3) ist ein Gas, das auch in geringen Mengen in der Umwelt vorkommt. Durch die Molekülstruktur mit drei Sauerstoffatomen ist es sehr reaktionsfreudig. Es wirkt daher aggressiv auf biogene Materialen wie Keime und Viren. Ozon ist ab einer gewissen Menge krebserregend. Daher empfiehlt es sich überschüssiges Ozon nicht in die Raumluft abzugeben, sondern über Aktivkohlefilter einzufangen.

Entkeimung durch Filtration

Bei der Filtration werden Partikel wie Feinstäube und Aerosole im Filtermedium zurückgehalten. Bei Raumluftreinigern werden zwei Arten von Filtern unterschieden: Partikelfilter und Schwebstofffilter.

Die Partikelfilter filtern Partikel (Feinstaub) in der Größenordnung von 0,3 bis 10 µm und werden nach der internationalen Norm DIN EN ISO 16890 klassifiziert. Ihr Abscheidegrad liegt etwa zwischen 50 und ca. 90 Prozent, wobei die Kombination von zwei hintereinandergeschalteten Filtern die Wirksamkeit deutlich erhöht. Ein Feinstaubfilter sollte in jedem Gerät zum Schutz der Komponenten am Lufteintritt eingebaut werden.

Schwebstofffilter, oft als HEPA-Filter bezeichnet, finden sich beispielsweise als Hygiene- oder Allergiefilter in Staubsaugern. Sie werden nach der Norm DIN EN 1822 klassifiziert und haben Abscheidegrade von über 99 Prozent - auch für Partikel (Aerosole) die kleiner als 0,3 µm sind. Typischerweise werden in den Raumluftreinigern Filter der Klasse H 13 oder H 14 verbaut.

Weitere Entkeimungsmethoden

Durch Hochspannung kann die Luft im Gerät ionisiert werden. Dabei entsteht auch Ozon. Diese energetisch aufgeladenen Luftmoleküle können ebenfalls biogene Materialeien angreifen und zerstören. Für das entstandene Ozon gelten die gleichen Anforderungen wie oben beschrieben.

Eine weitere Entkeimungsmöglichkeit stellt flüssiges Wasserstoffperoxid dar (chemische Formel H2O2). Beim Zerstäuben zerfällt das Molekül und es bildet sich dabei Ozon. Die Wirkungsweise entspricht der obigen Beschreibung. Analog sollte hier auch ein Aktivkohlefilter vorhanden sein.

Darüber hinaus gibt es auch Kombinationen der oben angeführten Methoden. Beispielsweise kann ein HEPA-Filter mit einer UV-C-Bestrahlung kombiniert werden. Durch die Bestrahlung können die im Filter abgeschiedenen Viren und Keime abgetötet werden. Der Filter stellt damit beim Filterwechsel kein Gesundheitsrisiko dar.

Auswahlkriterien

Alle oben vorgestellten Methoden bringen den gewünschten Erfolg. Um nun zu entscheiden, welche Lösung die sinnvollste ist, werden hier die wesentlichen Anforderungskriterien erläutert. Bei allen Varianten wird vorausgesetzt, dass sie die Konzentration von aktiven Viren in der Raumluft deutlich reduzieren.

Raumgestaltung und Personenzahl: Die Größe des Raumes und die Belegungsdichte sind die wichtigsten Einflussgrößen. Ein Klassenzimmer mit 30 Schulkindern stellt andere Anforderungen an die Raumluftreiniger als ein großzügig gestalteter Ausstellungsraum in einem Museum oder ein verwinkeltes Restaurant.

Eine gute Auslegungsgröße stellt der stündliche Luftwechsel (LW) dar, also wieviel Luft bezogen auf das Raumvolumen in einer Stunde durch das Gerät gereinigt wird. Ein (Klassen-)Raum mit einer Grundfläche von 60 m² und einer Deckenhöhe von 3 m hat ein Volumen von V = 60 m² x 3 m = 180 m³. Bei einem sechsfachen Luftwechsel pro Stunde (LW = 6 pro Stunde) ergibt sich ein Volumenstrom von 180 m³ x 6 1/h = 1080 m³/h. Bei einem Büroraum mit einer Grundfläche von 20 m² und einer Deckenhöhe von 3 m sind es entsprechend 360 m³/h. Hierbei spielt die Personenzahl zunächst keine Rolle, da bei den Überlegungen - unabhängig von der Gesamtpersonenzahl - immer nur eine infektiöse Person im Raum angenommen wird.

Bild 1 veranschaulicht den Einfluss auf die Virenkonzentration bei einer infektiösen Person im Raum. Die Luftwechselzahl ist dabei ein Maß für gute oder schlechte Lüftung bzw. der Reinigungsleistung.

Die blaue Kurve für LW = 0 1/h stellt den Fall von geschlossenen Fenstern und Türen dar (keine Lüftung oder Reinigung). Hier steigt die Virenkonzentration gleichmäßig an. Bei einer entsprechenden Lüftung bzw. Reinigung (LW = 2 1/h bis LW = 8 1/h) wird nach einiger Zeit eine konstante Virenkonzentration erreicht. In allen Fällen spielt die Kontaktzeit der gesunden Personen mit der infektiösen Person eine wesentliche Rolle; das Risiko steigt jedoch mit höherer Virenkonzentration in der Raumluft.

Bei der Berechnung wurde eine Virenfreisetzung von 100 Viren/s zugrunde gelegt. Genauer betrachtet werden nicht einzelne Viren freigesetzt, sondern Aerosolpartikel mit einer infektiösen Virenlast. Der Wert entspricht einer Mittelung von Daten aus Untersuchungen von Hartmann und Kriegel, 2020.

Um die konstanten Virenkonzentrationen auch tatsächlich zu erreichen, muss die gereinigte Luft gleichmäßig im Raum verteilt werden. Bei kubischen Räumen wie Büros oder Klassenzimmern stellt sich eine raumumfassende Luftbewegung ein (sog. Raumluftwalze). Bei L-förmigen oder sehr langen bzw. breiten Räumen entstehen mehrere solcher Raumluftwalzen, so dass hier zwei oder mehrere kleinere Raumluftreiniger sinnvoll sind, um die gesamte Raumluft zu erfassen.

Als Faustregel gilt: Ein Gerät kann ca. 6 m Raumlänge gleichmäßig versorgen. Bei hohen Räumen verkürzt sich der Wert entsprechend. Hohe Räume zeichnen sich durch ein Verhältnis von Raumlänge (L) zu Höhe (H) von L/H > 2 aus. Das bedeutet, dass Räume als hoch bezeichnet werden, wenn die Deckenhöhe mindestens die halbe Raumlänge beträgt. Bei einem Wohnraum mit einer Länge von 6 m wäre damit eine Raumhöhe von 3 m normal; einen Altbau mit 3,8 m Deckenhöhe würde man bei gleicher Raumlänge als hohen Raum bezeichnen.

Bei L-förmigen Räumen sollten zwei Geräte aufgestellt werden. Für eine gleichmäßige Durchströmung des Raumes mit dem festgelegten Luftvolumenstrom ist der Einsatz mehrerer kleinerer Geräte anstelle eines größeren Gerätes vorzuziehen.

Unabhängig von der Anzahl der eingesetzten Geräte, sind diese immer mit Abstand zur Wand und nicht unter Tischen aufzustellen, so dass die gereinigte Luft ungehindert austreten kann. 1 m Freiraum in alle Richtungen sind hier angeraten. Die Nähe zu Fenstern ist dabei von untergeordneter Bedeutung, da an modernen Fenstern mit darunterliegendem Heizkörper kein Kaltluftabfall mehr entsteht, bei dem sich Raumluft an der kalten Fensterscheibe abkühlt und nach unten fällt.

Akustik: Die Raumluftreiniger fördern Luft über einen Ventilator und erzeugen Geräusche, die im Raum wahrgenommen werden. Typische Werte für den Schallpegel liegen bei 50 dB und entsprechen damit in etwa der Raumkulisse eines Mehrpersonenbüros. Bei dieser Lautstärke wird ein konzentriertes Arbeiten in der Schule oder im Musikunterricht erschwert. In einem Restaurant oder Fitnessstudio wäre der Wert akzeptabel.

Leise Geräte sollten einen Schallpegel von 30 bis 35 dB aufweisen. Dies kann beispielsweise durch eine geringere Ventilatordrehzahl und / oder den Einbau von Schalldämpfer erreicht werden.

Strombedarf: Der größte und ggf. einzige elektrische Verbraucher im Gerät ist der Ventilator. Die Ventilatoren besitzen einen drehzahlgeregelten EC-Motor und erzielen damit hohe Effizienzwerte. Die Strom­aufnahme liegt je nach Gerätegröße und Reinigungsmethode bei ca. 20 W pro 100 m³/h Volumen­strom. Ein Gerät mit 1000 m³/h hat somit eine elektrische Leistungsaufnahme von 200 W.

Vergleichbar ist diese Leistungsaufnahme mit der Nutzung von vier typischen Leuchtstoffröhren, so dass die Stromkosten überschaubar bleiben – auch im Dauerbetrieb. Die Kosten belaufen sich bei 2000 Betriebsstunden und einem Strompreis von 30 Eurocent/kWh auf ca. 120 Euro pro Jahr.

Wartung und Reinigung der Geräte: Neben den Stromkosten fallen noch Wartungskosten an. Dabei ist vor allem der regelmäßige Austausch der Filtermedien zu berücksichtigen. Der Preis hängt von der verwendeten Filterart und der Filtergröße ab. Pauschal können diese für einen HEPA-Filter mit 100 - 250 Euro pro Jahr angenommen werden. Eine vergleichbare Summe ist für den Austausch der UV-C-Leuchtmittel anzusetzen.

Beim Filterwechsel besteht die Gefahr der Kontamination durch aktive Viren, die im Filtermedium abge­schieden wurden. Bei einer zusätzlichen Bestrahlung mit UV-C-Licht sind die Keime inaktiviert. In jedem Fall ist auf die Verwendung von entsprechender Schutzausrüstung zu achten. Hierzu gehören zwingend Einweg­hand­schuhe, Einwegschutzanzug und eine FFP 2-Maske (besser FFP 3-Maske). Filter sollten nie ausgeklopft und wiederverwendet werden! Der ausgebaute Filter sollte in einem verschlossenen Kunststoffsack transportiert und gemeinsam mit diesem entsorgt werden. Das Gerät sollte beim Filterwechsel gereinigt werden. Details dazu sind den Geräteherstellerunterlagen zu entnehmen.

Die Filter sollten ggf. als chemischer Abfall entsorgt werden, da sie potenziell Krankheitserreger enthalten können. Hier sind die Informationen der Hersteller zur Entsorgung zu beachten. Viele Hersteller erlauben die Entsorgung im Hausmüll.

Bild 2: Entscheidungshilfe für die Auswahl von Raumluftreinigern.

Bild: Bild: Westfälische Hochschule

Bild 2: Entscheidungshilfe für die Auswahl von Raumluftreinigern.
Dr. Christian Fieberg,
Professor für Gebäudetechnik mit den Schwerpunkten Klimatechnik und BIM an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen.

Bild: Westfälische Hochschule / Fieberg

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