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UNTERNEHMENSNACHFOLGE HEUTE – Teil 4

Der Kaufpreis: Was ist mein Unternehmen wert?

Dazu werden die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre sowie die BWA des laufenden Jahres und eine Planung für die nächsten drei Jahre vom Berater des Unternehmers mit einem geeigneten Analyseinstrument erfasst und ausgewertet. Jeder gute Betriebsberater verfügt über solch ein Analysewerkzeug.

Das Ergebnis dieser Analyse ist eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Gliederung der Aktiv- und Passivseite sowie der GuV-Rechnung über einen Zeitraum von sechs Jahren (drei Jahre in die Vergangenheit und drei Jahre Planung in die Zukunft), eine Kennzahlenanalyse sowie verschiedene Arten von Berechnungen des Unternehmenswertes. Dieses Zahlenwerk wird nach der Erstellung zwischen Berater und Unternehmer ausführlich diskutiert. Häufig macht es Sinn, auch den Steuerberater des Unternehmers dabei hinzuzuziehen.

Es hat sich bei Unternehmensverkäufen bewährt, dass Berater und Unternehmer sehr früh im Verkaufsprozess anhand von betriebswirtschaftlich fundierten Zahlen einen möglichen Kaufpreis bzw. die Bandbreite des Kaufpreises diskutieren, um spätere Enttäuschungen aufgrund ungerechtfertigter Erwartungen zu vermeiden.

Jeder Unternehmer hat Vorstellungen vom Wert seines Unternehmens, die sich aber nicht immer an der wirtschaftlichen Realität und der marktüblichen Bewertungspraxis orientieren. Außerdem haben sich in den letzten Jahren die Bewertungsmethoden sehr verändert.

Von der früher vorherrschenden Sub­stanzwertbetrachtung („Bau-Steine-Erde“), bei der Sach- und Immobilienwerte im Vordergrund standen, hat sich die Methodik hin zur Cash-Flow-getriebenen Bewertung, also der Frage nach künftigen Ertragspotentialen, verändert.

Bei der Kaufpreisfindung spielen außerdem zunehmend neben ertragsorientierten auch andere Faktoren eine wesentliche Rolle: Ausbildung, Qualifikation, Berufserfahrung und Altersstruktur der Mitarbeiter; wie lange steht der Verkäufer noch als Berater für den Käufer zur Verfügung; ist eine zweite Führungsebene vorhanden; regionales oder überregionales Geschäftsmodell; Unternehmenskultur; Anzahl und Laufzeit der Wartungsverträge von Kunden; u. a. m.

Die am Markt gängige Bewertungspraxis muss ausführlich diskutiert werden; der Berater hat dabei eine besondere Verantwortung gegenüber seinem Mandanten, da er ihn in diese Denkweise einführen und auf die anstehenden Verkaufsgespräche vorbereiten muss.

Beim Kauf und Verkauf von Unternehmen haben sich in den letzten Jahren zwei Verfahren der Unternehmensbewertung fest etabliert, die auf den Kennzahlen des Unternehmens basierend die Bandbreite des Kaufpreises begründen:

das DCF – Discounted-Cash-Flow-Verfahren und

das Multiplikator-Verfahren (mehr dazu im Kasten), wobei sich in der Beraterpraxis im mittelständischen Handwerk das Multiplikator-Verfahren fest etabliert hat.

DCF – Discounted-Cash-Flow-Verfahren

Beim DCF – Discounted-Cash-Flow-Verfahren wird der Wert des Unternehmens aus den künftigen Zahlungsüberschüssen abgeleitet. Dahinter steht einzig und allein die Frage, was der Erwerber mit dem Unternehmen in Zukunft verdienen kann, um ein gewünschtes Ergebnis, ein angemessenes Gehalt und eine ordentliche Verzinsung zu erhalten. Das geschieht dadurch, dass die künftigen Zahlungsüberschüsse mittels eines Risikozinssatzes auf den Barwert zum jeweiligen Bewertungsstichtag abgezinst werden.

Multiplikator-Verfahren

Das Multiplikator-Verfahren wird in der Literatur auch Marktpreis-Verfahren genannt, weil es sich an dem Vergleich
mit anderen Verkäufen in demselben
Marktsegment orientiert. Dabei wird als Maßstab eine betriebswirtschaftliche Kennzahl herangezogen: zum Beispiel Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT: Earnings before Interest and Taxes), die mittels eines Multiplikators den Unternehmenswert ergibt. Dieser Multiplikator ist der springende Punkt bei diesem Verfahren. Je weniger Vergleichsverkäufe man zur Verfügung hat und je mehr das Geschäft bzw. das Geschäftsmodell auf eine oder wenige Personen bezogen sind, desto niedriger ist der Multiplikator.

Beispiel zur Berechnung des Kaufpreises

Wir haben als Beispiel einen gut geführten Betrieb mit positiver Entwicklung und stabilen Zahlen genommen: Jahresumsatz von 2 Millionen Euro und EBIT von 300 000 Euro (EBIT: Gewinn vor Zinsen und Steuern) sind Durchschnittszahlen.

Ein Käufer würde unserer Einschätzung nach mit einem Multiplikator von 4 bis 5 anbieten, das ergibt bezogen auf den EBIT eine Bandbreite für ein Kaufangebot zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro; bei den genannten Zahlen ist es durchaus realistisch, dass die Verkäuferseite eine Erwartung an den Kaufpreis hat, die bei einem Multiplikator von 5 bis 6 zwischen 1,5 und 1,8 Millionen Euro liegt. Welcher Kaufpreis dann am Ende erzielt wird, hängt ganz wesentlich von den jeweiligen Verhandlungspositionen und den Ergebnissen der intensiven Unternehmensprüfung (Sorgfältige Prüfung = Due Diligence, siehe Teil 6 der Artikelserie) ab.

Wenn das Thema Kaufpreisspanne zwischen dem Unternehmer und seinem Berater ausführlich diskutiert und einvernehmlich geklärt worden ist, gilt es, eine weitere für den Unternehmensverkauf grundlegende Frage zu besprechen: Sollen Geschäftsanteile am Unternehmen (Share Deal) oder Vermögensgegenstände (Asset Deal) des Unternehmens verkauft werden? Eine genaue Beschreibung der beiden Varianten und das jeweilige Für und Wider bei der Entscheidung zwischen ihnen finden Sie im Kasten.

Für beide Seiten, Verkäufer und Käufer, gibt es dabei ganz unterschiedliche steuerliche und finanzielle Wirkungen. Das hängt tatsächlich von den Gegebenheiten im Einzelfall ab, der Rechtsform des zu verkaufenden Unternehmens und auch vom Alter des Übergebers, um zwei wichtige Aspekte zu nennen.

Share Deal

Beim Share Deal kauft der Erwerber die Anteile der Gesellschaft und erwirbt damit alles, was im Eigentum der Gesellschaft steht. Der Verkaufserlös fließt dem Gesellschafter zu. Häufig bietet der Share Deal dem Verkäufer steuerliche Vorteile, weil ein Veräußerungsgewinn steuerlich günstiger behandelt wird als beim Asset Deal.

Asset Deal

Beim Asset Deal dagegen werden nur einzelne Wirtschaftsgüter der Gesellschaft verkauft, das heißt, jedes Wirtschaftsgut muss genau bestimmt und bewertet werden. Deshalb ist die Vertragsgestaltung aufwendiger als beim Share Deal. Der Verkaufserlös fließt der Gesellschaft zu.

Darüber hinaus gibt es beim Verkauf eines Unternehmens grundlegende steuerliche und rechtliche Feinheiten zu beachten, die enorme Auswirkungen haben können. Deshalb ist es nahezu in jedem Projekt unerlässlich, den Steuerberater und den Rechtsanwalt des Unternehmens in den Verkaufsprozess mit einzubeziehen.

Ein Beispiel für solch einen Aspekt, der in den letzten Jahren vermehrt auftritt, betrifft die Liquiditätssituation der Betriebe und hängt mit den schlechten Erfahrungen zusammen, die viele mittelständische Unternehmer in der Finanzkrise 2008/2009 mit den Banken gemacht haben. Viele Unternehmer lassen seitdem Teile des Gehalts/der Tantieme im Unternehmen. Das hat die Liquiditätsposition und die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen sehr gestärkt.

Untersuchungen von wissenschaftlichen Institutionen belegen, dass das in der Bilanz vorhandene Eigenkapital im Mittelstand seit 2009 erheblich gestiegen ist. Wir erleben in der Praxis auf der Passivseite häufig Eigenkapitalquoten von 50 Prozent und mehr sowie auf der Aktivseite der Bilanz erhebliche Liquiditätspolster.

Die traditionell ertragsstarke Kälte-Klima-Branche steht aus diesem Grund besonders oft vor einem Luxusproblem. Bei der Betriebsübergabe muss entschieden werden, wieviel an liquiden Mitteln vor dem Verkauf des Unternehmens entnommen oder ausgeschüttet werden soll, ohne die Betriebsmittelver­sorgung zu gefährden. Denn der Verkauf von Bargeld ergibt betriebswirtschaftlich keinen Sinn.

Wir haben uns im vierten Teil der Artikelserie mit den Themen Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation, Bewertung, Kaufpreis bzw. Bandbreite des Kaufpreises, Share Deal vs. Asset Deal, steuerliche Auswirkungen und Umgang mit Liquiditätspolstern befasst. 

In Teil 5 der Artikelserie werden wir erläutern: Wer tritt am Markt als Käufer von Kälte-Klima-Unternehmen in Erscheinung, und wie finden wir durch unsere Recherche und unsere Kampagne geeignete Nachfolger bzw. Käufer. ■

Dirk G. Müller

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