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Erfahrungen mit CO2-Booster-Anlagen in europäischen Supermärkten

Riesiges, ungenutztes Potenzial für Energieeinsparungen im LEH

    Die veröffentlichten Daten zeugen von einer großen Streuung der Daten und unterschiedlichsten Schlussfolgerungen. Mancherorts ist von sieben Prozent Mehrverbrauch im Vergleich zu R 404 A und 22 Prozent Mehrverbrauch gegenüber R 134 a/CO2-Kaskade [1] zu lesen, während andernorts von 14 Prozent Energieeinsparungen gegenüber R 404 A [2] die Rede ist und wieder anderswo ist von 15 Prozent Energieeinsparungen im Vergleich zu R 134 a/CO2-Kaskade [3] zu lesen, was bei den großen Einzelhandelsketten zweifellos für große Unsicherheit sorgt.

    Eine Marktpenetration von unter 5 Promille [4], auf Anlagen umgelegt, heißt dies 166 Anlagen seit 2006, ist ein weiterer Beleg für die vorherrschende Skepsis gegenüber CO2 in Deutschland. Die geringe Verbreitung könnte möglicherweise der Grund dafür sein, dass von außen betrachtet keine Validität der Datengrundlage gegeben ist, denn die kleine Bestandsgröße kommt, statistisch gesehen, fast isolierten Beobachtungen gleich.

    In Ländern wie Dänemark, Norwegen, England und der Schweiz ist die Anzahl der Anlagen, die für einen Vergleich des Energieverbrauchs herangezogen werden können, größer. Vor allem die Ergebnisse im Energieverbrauch mit Wärmerückgewinnung aus der Schweiz sind beachtlich. Es werden empirische Daten und theoretische Berechnungsmodelle vorgestellt.

    Berechnungsmodelle

    In Skandinavien kommen direkte HFKW DX-Systeme mit R 404 A inzwischen kaum mehr zum Einsatz. Aufgrund von Abgaben oder Verboten kommt FKW nur sehr ein­geschränkt (R 134 a oder R 404 A) entweder in indirekten Systemen mit sekundär gepumptem Kältemedium (Glykol, Salz­lösungen oder CO2) oder in Kaskaden­anlagen mit CO2 in der Tiefkühlung zum Einsatz. Diese Systeme werden gebaut, um die Kältemittelmenge in den Anlagen zu reduzieren, gleichzeitig benötigen die Anlagen aber aufgrund zusätzlicher Komponenten wie Wärmeübertrager und Pumpen mehr Energie.

    Die Technische Universität von Dänemark (DTU) hat ein gut verwendbares Simulationsprogramm entwickelt, das einen Vergleich des Energieverbrauchs für eine große Bandbreite von Kreisläufen mit verschiedenen Kältemitteln ermöglicht. Das Programm Pack Calculation kann (unter http://www.ipu.dk ) kostenlos heruntergeladen werden. Das Programm berechnet auf Grundlage der Wetterdaten und Daten der Komponenten den stündlichen Energieverbrauch. Bild 1 zeigt die Ergebnisse aus der Pack Calculation. Wie erwartet, zeigt sich, dass die Vorteile der CO2-Anlagen in erster Linie unter nicht allzu warmen Klimabedingungen zum Tragen kommen. Die Berechnungen für Berlin und Paris stimmen auch sehr schön mit dem von Heinbockel 2011 [3] aufgezeigten Potenzial für Energieeinsparungen in Deutschland überein.

    Die Simulation ergibt, dass die indirekten Systeme wesentlich mehr Energie (10 bis 40 Prozent) verbrauchen als die CO2-Anlagen. Zudem zeigt sich, dass die Kaskadenanlagen hauptsächlich in warmen Gegenden in Südeuropa relevant sind, wo sie gegenüber den transkritischen CO2-Anlagen energieneutral sind. Zu erwähnen ist auch, dass Kaskadenanlagen mit vollständiger Verdrängung von FKW in den Läden wesentlich teurer sind als transkritische CO2-Anlagen. Aus diesem Grund ist häufig die sogenannte Hybridlösung an­zutreffen, bei der nur in der Tiefkühlung CO2 verwendet wird. Hybridanlagen mit R 134 a (Pluskühlung) und CO2 (Tiefkühlung) sind vom Preis her wettbewerbsfähig, die nötige FKW-Menge im Supermarkt wird im Großen und Ganzen jedoch nicht reduziert.

    Gemessener Energieverbrauch

    Die Anwendung von Berechnungsmodellen beruht natürlich auf einer Reihe von Annahmen, weshalb die Ergebnisse der Modelle mit größeren Unsicherheiten verbunden sind als Messungen. In Bild 1 stehende Ergebnisse/Trends wurden indessen von mehreren Feldstudien und Messungen von Anlagen bestätigt. Die Schlussfolgerung ist für alle nördlich der Alpen gelegenen Gebiete gleich und eindeutig: Bei Einsatz optimaler Komponenten, optimaler Konfiguration/Wahl der Kompressoren, Frequenzsteuerung sowie optimaler Steuerung schlagen die transkritischen CO2-Kühlanlagen im Energieverbrauch selbst die besten FKW-Systeme.

    In Norwegen hat die Coop-Gruppe Messungen in 29 Supermärkten mit transkritischen CO2-Anlagen durchgeführt. Die Studie gelangt zum Schluss, dass die Energieeinsparung im Vergleich zur verfügbaren FKW-Technologie 15 bis 20 Prozent be-trägt [5].

    In Dänemark hat Superkøl den Stromverbrauch von Anlagen in 105 identischen, kleinen Discounterläden mit einem Kühlbedarf von 20 kW Pluskühlung und 8 kW Tiefkühlung miteinander verglichen. Der Bestand setzt sich aus 60 optimierten FKW-Booster-Anlagen, 30 CO2-Booster-Anlagen 1. Generation, Baujahr 2007/2008 und 15 CO2-Booster-Anlagen 2. Generation, Baujahr 2009/2010 zusammen (Bild 2).

    Die Spannweite zwischen den besten und schlechtesten Läden beträgt 20 bis 25 Prozent, was für identische Supermärkte mit gleicher Verkaufsfläche und gleichem Umsatz sehr viel ist. Dies unterstreicht bloß, dass ein direkter Vergleich von zwei einzelnen Supermärkten nicht aussagekräftig ist und keine brauchbaren Ergebnisse liefert, sondern die einzig brauchbare Methode darin besteht, einen größeren Bestand unter Anwendung statistischer Methoden miteinander zu vergleichen. Für die 2. Generation CO2-Anlagen wird eine Energieeinsparung von fünf Prozent erzielt, was unter den Erwartungen liegt. Die Erklärung ist darin zu suchen, dass die CO2-Anlagen nur über zwei Stück semihermetische Kolbenkühlkompressoren verfügen, während die in die Untersuchung eingegangenen FKW-Einheiten über drei Stück Scrollmaschinen mit besseren Einstellmöglichkeiten für Teillasten verfügen. Anders gesagt, es wurde ein notwendiger Kompromiss zwischen CO2-Anlagenkosten und Energieverbrauch gesucht.

    Energiemessungen aus England ergaben, dass mit CO2 gegenüber HFKW R 404 A Energieeinsparungen zwischen null und fünf Prozent erzielt werden. Die Datengrundlage ist nicht groß, es wird aber Potenzial für weitere Energieeinsparungen gesehen.

    In Deutschland (Bayern) hat die Firma Hauser soeben eine transkritische CO2-Kühlanlage von Advansor installiert. Die auf der Grundlage von TEWI-Berechnungen zu erwartende Reduktion der CO2-Emissionen beträgt 35 bis 40 Prozent je nach der angenommenen Leckrate der äquivalenten HFKW R 404 A-Anlage. Zudem beträgt die gesamte berechnete Energieeinsparung 14 Prozent, das entspricht bis zu 47000 kWh pro Jahr.

    Die Schweiz ist im Bereich natürlicher Kältemittel ein Pionierland, bei Migros stieg die Penetrationsrate im Zeitraum 2006 bis 2010 auf über zehn Prozent. 2010 erklärte die Migros CO2 zum Standardkältemittel und aus Bild 3 geht deutlich hervor, dass diese Entscheidung nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes und der Emissionsreduktion getroffen wurde.

    Alle CO2-Lösungen (grüne Säulen) von verschiedenen Lieferanten liegen eindeutig unter dem Median mit Hauptgewichtung im Bereich der effektivsten Anlagen. Eine nähere Betrachtung der dahinter liegenden Umstände lohnt sich. Die Daten aus der Schweiz unterscheiden sich von den übrigen Analysen darin, dass alle Systeme mit Wärmerückgewinnung ausgeführt sind. Es wird betont, dass die Daten über FKW-Anlagen aus der Schweiz viele verschiedene synthetische Kältemittel abdecken und verschiedeneSystemkonfigurationen von parallelen DX-Anlagen bis zu indirekten Systemen alle unterschiedlichsten Alters beinhalten. Trotz der großen technischen und altersmäßigen Bandbreite sprechen die Ergebnisse eine deutliche Sprache: Die besten CO2-Anlagen liegen unter 50 Prozent des Medianenergieverbrauchs der gesamten Anlagenmasse.

    Erfahrungen mit Wärmerückgewinnung und Energieverbrauch

    Im Gegensatz zu FKW-Kältemitteln (R 134 a/R 404 A) tritt bei Wärmerückgewinnung mit überkritischem CO2 nicht die übliche Kondensation auf. Bei einer optimalen Nutzung des Temperaturglides entlang der isobaren Zustandsänderung im transkritischen Bereich treten sehr interessante Eigenschaften zu Tage. Die Vorteile von CO2 bei der Wärmerückgewinnung beruhen u. a. auf dem hohen Temperaturpotenzial im Heißgas, perfekten Wärmeübertragungseigenschaften sowie guten Einstellungsmöglichkeiten. Die hervorragenden Wärmeübertragungseigenschaften sind auf die hohe Gasdichte, hohe spezifische Wärmekapazität sowie die niedrige Viskosität zurückzuführen, was sich in der Praxis so auswirkt, dass beispielsweise bei Gebäudeheizungen mit Warmwasser auch sehr geringe Temperaturdifferenzen (ca. 2 K) bei der Wärmeübertragung sehr einfach handhabbar sind.

    Für eine effiziente Nutzung des Wärmepotenzials mit CO2 ist es wichtig, dass mit einer verhältnismäßig niedrigen Rücklauftemperatur im Heizungsnetz (z. B. zwischen 25 °C und 30 °C) gearbeitet wird. In Bild 4 ist der COP im Winterbetrieb für die Kältemittel CO2 und FKW R 134 a bei einer Wassererwärmung von 25 °C auf 40 °C und vollständiger und teilweiser Nutzung der Warmwassermenge dargestellt. Mit beiden Kältemitteln können die ersten zehn Prozent der Wärme ganz normal aus dem Heißgas gewonnen werden, ohne dass der Druck angehoben werden muss. FKW R 134 a verfügt über eine geringe Wärmemenge im Gaszustand und bereits bei einem Bedarf von 20 Prozent Nutzung der Wärmekapazität ist eine Erhöhung des Drucks auf ca. 40 °C Kondensation nötig, um die gewünschte Vorlauftemperatur im Wasserkreislauf zu erreichen. CO2 hat in gasförmigem Zustand eine höhere Wärmemenge als FKW R 134 a und zudem ist es möglich, den Druck graduell je nach Bedarf zu erhöhen, wenn kein Warmwasserspeicher vorhanden ist, bis die maximale Wärmekapazität erreicht ist. Es zeigt sich, dass sich der Großteil der zur Verfügung stehenden Wärme mit CO2 viel effizienter gewinnen lässt als mit FKW R 134 a.

    Die Erfahrungen aus der Schweiz [6] zeigen zudem, dass mit CO2 nicht nur effizienter Wärme rückgewonnen werden kann als mit FKW R 134 a, sondern dass auch die rückgewonnene Wärmemenge größer ist.

    Schlussfolgerung

    CO2 ist das Sicherheitskältemittel der Zukunft, von dem auch keine negativen Auswirkungen bei Austritt und Abbau bekannt sind, wie wir sie von sämtlichen bekannten FKW-, PFC- und HFO-Verbindungen kennen. Keine der bisherigen drei Generationen synthetischer Kältemittel hat sich als zukunftssicher erwiesen. Die Entscheidung für CO2 als Kältemittel stellt für deutsche Endverbraucher dagegen eine sichere Wahl dar, die sich vor keinen künftigen verschärften Umweltschutzmaßnahmen fürchten muss.

    Aus eigener Erfahrung mit ca. 700 Anlagen in zwölf Ländern wissen wir zudem, dass sich die Arbeit mit CO2 nicht schwieriger gestaltet als mit herkömmlichen synthetischen Kältemitteln, wobei selbstverständlich ein gewisser Lernprozess nicht zu vernachlässigen ist. Isoliert betrachtet sind CO2-Anlagen noch teurer als FKW-Anlagen, doch dagegen sind die Kosten für die Installationstechnik niedriger, sodass die Installation insgesamt nur unwesentlich teurer kommt als eine FKW-Anlage.

    Unsere seit 2006 in Europa gesammelten Erfahrungswerte mit CO2 als Kältemittel zeigen eindeutig, dass jene Supermärkte, die sich für diese umweltfreundliche Lösung entschieden haben, in der Praxis klare Energieeinsparungen (Strom und Heizung) erzielen. Basierend auf den Erfahrungen aus europäischen Ländern, die sich von Deutschland klimatisch nicht wesentlich unterscheiden, lässt sich eines klar festhalten: Deutsche Supermarktketten, die ihre Energiekosten senken wollen und auf Umweltfreundlichkeit setzen, haben ein enormes, ungenutztes Potenzial vor sich liegen. -

    Literatur

    [1] Blachnik, Christof: Kaskade mit CO2 / R 134 a beste Kompromisslösung, BFS Maintal; in: Die Kälte + Klimatechnik 7/2012

    [2] Wozny, Manuel; Finckh, Oliver, Carrier Deutschland;Cibis, Dominik, BFS Maintal; Energieeffizienz von CO2 in der Supermarktkältetechnik, in: Die Kälte + Klimatechnik 8/2011

    [3] Heinbokel, Bernd: Direkte Emissionen vermeiden, in: Die Kälte + Klimatechnik 10/2011

    [4] Blick auf Europa, in: Die Kälte + Klimatechnik 3/2012

    [5] Lutnæs, Knut: Integration of Natural Refrigerants in Coop Norway, in: Atmosphere Europe 2011, Oct 2011, Brussel

    [6] Berger, Urs: CO2 as standard refrigerant: Obstacles and lessons learnt, in: Atmosphere Europe 2011, Oct 2011, Brussel

    Über die Autoren

    Nach zehn Jahren Forschung und Entwicklungsarbeit am Kältemittel CO2 gründeten Dipl.-Ing. Kim G. Christensen und Dipl.-Ing. Torben M. Hansen 2006 die Firma Advansor, die im Laufe von nur fünf Jahren zum weltweit größten Hersteller von transkritischen CO2Kälteanlagen avancierte. 2011 wurde das Unternehmen vom amerikanischen Unternehmen Hill Phoenix gekauft, das damit seine Position als internationaler Marktführer im Bereich Kältetechnik für Supermärkte mit natürlichen Kältemitteln weiter ausbaut.

    Dipl.-Ing. Torben Hansen,

    Advansor A/S, Aarhus/Dänemark

    Dipl.-Ing. Kim G. Christensen

    Advansor A/S, Aarhus/Dänemark

    Torben Hansen und Kim G. Christensen, Aarhus/Dänemark

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