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Technische und wirtschaftliche Folgen von falschen Katalogwerten

Wenn Wärmeübertrager nicht ihre Nennleistungen erbringen

Erreicht ein Verdampfer oder ein Verflüssiger nicht die im Katalog angegebene Nennleistung, werden die Betriebsbedingungen der Kühlanlage verändert: Sie erzielt ihre Sollwerte nur durch höhere Verdampfungs- und/oder niedrigere Verflüssigungstemperaturen. Der Verdichter muss längere Zeit laufen und hat einen schlechteren COP.

Um die Effekte zu quantifizieren, wurden zwei Betriebsvorgänge analysiert; einer für eine Tiefkühlzelle und einer für eine Kammer mit Entfeuchtungsbedingungen. In beiden Fällen werden die Betriebskosten berechnet, wobei jeweils ein zertifiziertes und ein nicht zertifiziertes Gerät, dessen Leistungen unterhalb der angegebenen Nennwerte im Katalog liegen, verwendet wird.

Entwicklung eines Rechenmodells

Im Labor R & S der Lu-Ve S.p.A. in Uboldo (Italien) wurde als Ergebnis zahlreicher Experimente ein Rechenmodell für die Betriebszustände eines Kühlzyklus während der Betriebstransienten entwickelt. Zum einen werden die thermodynamischen Parameter wie Leistung, Luftmenge, Dicke des Reifansatzes, nutzbare Kühlenergie, COP und Zeiten für die Abtauung des Verdampfers berechnet. Im Besonderen aber werden die Betriebskosten für die drei wesentlichen Elemente berechnet: Verdichter, Lüftung (Verflüssiger und Luftkühler) und eventuell die Enteisung.

Die im Rechenmodell angenommenen Haupthypothesen sind die folgenden:

  • konstante Temperatur in der Kühlzelle
  • konstante Temperatur in Umgebung der Zelle
  • Leistungsaufnahme der Ventilatoren bei gleichbleibender Geschwindigkeit

Die mittleren Fehler zwischen den Versuchswerten und denen der Simulationswerte lassen sich wie folgt berechnen:

  • Kühlleistung am Ende des Zyklus der Reifbildung ±3,3 %
  • Luftmenge am Ende der Reifansatzphase ±6,1 %
  • Verhältnis zwischen Kühlleistung am Anfang und am Ende der Reifbildung ±1,7 %
  • Reifmenge am Ende ±5,0 %

Bild 1 zeigt hierzu den Verlauf der Kühlleistung und vergleicht diesen mit dem Verhältnis zwischen Kühlleistung und DT1, der Differenz zwischen der Zellentemperatur und der Verdampfungstemperatur, abhängig von der Vereisungszeit.

Das Bild 2 zur Vereisungszeit zeigt den Aufbau der Reifschicht auf den Lamellen und den damit verbundenen Anstieg des Strömungswiderstands des Lamellenpakets, ebenfalls abhängig von der Vereisungszeit.

Das Rechenverfahren, mit dem die Veränderungen der Betriebsbedingungen des Systems analysiert werden, gründet sich auf der Annahme einer Referenzkühlanlage und untersucht die folgenden Punkte:

A Veränderung der Verdampfungs- und Kondensationstemperatur

B Abnahme der tatsächlich vom Verdichter gelieferten Kühlleistung

C Zunahme des Auslastungsfaktors (Anzahl der tatsächlichen Betriebsstunden am Tag pro 24 h)

D Zunahme des Energieverbrauchs für die Lüftung (Verdampfer und Verflüssiger), den Verdichter und durch Leistungsschwächen bedingt infolge eventueller Reifbildung

E Betriebskostenzunahme bezüglich der Ventilatoren, der Verdichter und einer eventuellen Reifbildung

Die Vergleiche in den verschiedenen Be-triebssituationen werden folgendermaßen durchgeführt: Die Netto-Nutzenergie, die aus der hypothetischen Kühlzelle entnommen wird, wird als konstant angenommen. Sie wird errechnet, indem von der Kühl­energie der Energieaufwand für die Ventilatoren und für die Enteisung abgezogen wird.

Analysen mit dem Rechenverfahren

Zu Punkt A, Schlussfolgerungen aus der Veränderung der Verdampfungs- und Kondensationstemperatur: Das Verhältnis zwischen Leistung und DT bei einem Luftwärmetauscher ist im Durchschnitt konstant.

Das führt bei einem Verdampfer im Falle einer Leistungsschwäche während des Betriebs dazu, dass sich die Differenz DT1 erhöht und infolgedessen die Verdampfungstemperatur abnimmt. Die Erhöhung von DT1 verbessert den Wärmeaustausch und teilweise auch die Leistungsschwäche des Geräts.

Bei einem Verflüssiger mit einer Leistungsschwäche während des Betriebs erhöht sich demzufolge die Temperaturdifferenz, indem die Kondensationstemperatur ansteigt.

Zu Punkt B, Abnahme der Kühlleistung: Dem Anstieg von DT1 zufolge registriert der Verdichter einen Abfall des Saugdruckes und der Dichte des angesaugten Kühlmittels. Da die vom Verdichter gelieferte Kühlleistung direkt proportional zur Masse ist, die ihn durchfließt, reduziert der Dichteabfall bei gleichbleibender Leistung die verfügbare Kühlleistung. Die Veränderung der Kühlleistung bei sinkender Verdampfungstemperatur führt zu einem neuen Betriebsgleichgewichtspunkt, mit einer niedrigeren Leistung als der geforderten Nennleistung.

Zu Punkt C, Zunahme der Betriebsstunden des Verdichters: Die gelieferte Kühl­energie eines Verdrängungsverdichters ist direkt proportional zur Kühlleistung und zur Betriebszeit. Wenn die Verdampfungstemperatur sinkt, muss der Verdichter längere Zeit arbeiten, um die gleiche für die Zelle benötigte Kühlenergie zu liefern.

Zu Punkt D, Zunahme des Energieverbrauchs: Diese ist im Wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen:

  • Höheren Energieverbrauch der Ventila-toren (Verdampfer und Verflüssiger) bedingt durch längere Betriebszeiten.
  • Höheren Energieverbrauch des Verdichters aufgrund längerer Betriebszeiten; diese Auswirkung überwiegt gegenüber der vergleichsweise geringen Abnahmen anderer elektrischen Energien, die am neuen Betriebspunkt erforderlich sind.

Zu Punkt E, Zunahme der jährlichen Mehrkosten: Wenn man den gestiegenen Energieverbrauch betrachtet und diesen mit den Katalognenndaten des Verdampfers vergleicht, stellt man eine unterschiedliche Entwicklung bezüglich des Verhältnisses effektive Leistung zur Nennleistung fest.

Je höher die Kühlleistung ist, desto schneller steigen die absoluten und relativen jährlichen Kosten an.

Ergebnisse der Analyse

Zwei Grafiken Bild 3 und 5 zeigen für die beiden Beispiele (Fall 1 Reifbildung und Fall 2 Entfeuchtungsbetrieb) den Anstieg der Betriebskos­ten für Wärmeübertrager abhängig vom Abfall ihrer effektiven Leistung im Vergleich zur Nennleis­tung (Katalogdaten). Bei zu geringer Leistung von Verdampfer und Kondensator gilt das Prinzip der Überlagerung, es summieren sich die beiden Kosten­unterschiede. Die übrigen Grafiken stellen für die untersuchten Fälle die prozentualen Betriebskostenerhöhungen insgesamt dar, wobei hier nur ein Defizit gegenüber dem Katalogwert für den Verdampfer berücksichtigt wurde.

Fall 1 bezieht sich auf den Betrieb eines Kühlzyklus unter der Bedingung von Reifansatz:

  • Zellentemperatur 18 °C
  • Nenntemperatur Verdampfung 25 °C
  • Umgebungstemperatur 25 °C
  • Nenntemperatur Kondensation 40 °C
  • Kühlnennleistung 50 kW
  • drei Enteisungen pro Tag
  • Stromkosten 0,12 €/kWh

Über Bild 3 lassen sich höhere jährliche Betriebskosten bei Leistungsdefiziten gegenüber den Nennwerten im Katalog ablesen. Betrachtet man auf der Abszisse den Wert 0,75, bekommt man auf der Ordinate für den Verflüssiger einen Wert von 3300 €/a, bei einem Verdampfer mit 25 % Leistungsdefizit hätte man eine Betriebskostenerhöhung von 1950 €/a. Hinsichtlich der Betriebs­kos­tenerhöhung bei gleichem prozentualen Leistungsabfall reagiert der Verflüssiger also sensibler als der Verdampfer.

Für Bild 4 wurde lediglich ein Leistungsdefizit für den Verdampfer berücksichtigt. Geht man wieder von einer 25 % zu geringen Leistung aus, was einem Abszissenwert von 0,75 entspricht, so ergibt sich eine Erhöhung der Gesamtbetriebskosten um 6,5 % im Vergleich zum Verdampfer, der seine Nennleistung liefert. Der Gesamtwert von 6,5 % ist dabei die Summe von drei Teilbeiträgen: der Verdichter trägt 3,9 %, die Lüftung 2,5 % und die Enteisung 0,1 % hierzu bei. Den letzten Wert für die Enteisung kann man vernachlässigen, da man von gleicher Nutzkühl­energie, die der Zelle entnommen wird, ausgegangen ist und somit auch vom gleichen Reifansatz auf der Verdampferoberfläche.

Fall 2 bezieht sich auf den Betrieb eines Kühlzyklus unter Entfeuchtungsbedingungen:

  • Zellentemperatur 10 °C
  • Nenntemperatur Verdampfung 0 °C
  • Umgebungstemperatur 30 °C
  • Nenntemperatur Kondensation 42 °C
  • Kühlnennleistung 92 kW
  • Stromkosten: 0,12 €/kWh

Die Ergebnisse sind parallel zum ersten Fall in den beiden Bildern 5 und 6 aufbereitet.

Kosten über die Anlagenlebensdauer

Der Wirkungsgrad der korrekten Konservierung von Lebensmitteln und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes einer Kühlanlage sind das Ergebnis einer sorgfältigen Planung und vor allem einer sorgfältigen Auswahl der einzelnen Elemente, die sich auf die Katalogdaten der einzelnen Komponenten stützt. Eine große Auswirkung auf die Betriebskosten hat die auf der ganzen Welt verbreitete Praxis bei Lieferanten von Wärmeübertragern (Verflüssiger oder Verdampfer), die Leistungsdaten großzügig anzugeben mit Abweichungen von 20 % bis sogar 40 % zum Echtwert. Diese Moral hat sich mit Einführung der Zertifizierung jedoch gebessert.

Durch Leistungstests in unabhängigen Fachlabors, wie z.B. durch den TÜV, können die Hersteller ihre Produkte mit der Verpflichtung zertifizieren, dass die Abweichung zwischen den Katalogdaten und den effektiven Daten nicht mehr als 8 % beträgt. Die Zahlen­beispiele machen klar, was passiert, wenn man sich bei der Auswahl auf zu groß-zügig angegebe Daten stützt: Wenn man einen 20 % niedrigeren Einkaufspreis zerti­fizierter Geräte im Vergleich zu nicht ­zertifizierten Geräten annimmt, so ent­stehen bei den Beispielen Mehrkosten, wie sie detailliert in der Tabelle Kostenvergleich dargestellt sind.

Im Fall 1 wird die angenommene Einkaufsersparnis von 3000 € im Verlauf der Nutzung der Anlage mit 50640 € bezahlt. Damit führt der Betrieb von nicht zertifizierten Produkten zu Mehrkosten, die um den Faktor 4,2 höher sind, als der Einkaufspreis des Produktes selbst.

Im Fall 2 liegt die angenommene Einkaufsersparnis bei 2800 € und wird im Verlauf der Nutzung der Anlage mit 33220 € bezahlt. Hier führt der Betrieb mit nicht zertifizierten Produkten zu Mehrkosten, die um Faktor 2,9 höher sind als der Kaufpreis des Produktes.

Fazit

Der Einsatz von Produkten mit geringerer Leistung als angegeben bringt im Laufe der Lebensdauer nicht nur enorme Mehrkosten mit sich, sondern es ist auch umweltschädlich durch entsprechende Schadstoffemissionen bei der Stromerzeugung. Ein intelligenter, umsichtiger und optimierter Einkauf berücksichtigt nicht nur die Anschaffungskosten der Geräte, sondern auch die während ihrer ganzen Lebensdauer entstehenden Gesamtkosten. Der Einsatz von zertifizierten Geräten gewährleistet dem Planer, dem Installateur und dem Endgebraucher später auch die optimale Konservierung und damit den Werterhalt gekühlter Lebensmittel. -

Ing. Umberto Merlo

Leiter des R & S Labors bei Lu-Ve S.p.A. in Uboldo, Italien

Umberto Merlo, Uboldo (Italien)

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