Von Öl über Gas zur nachhaltigen Wärmepumpentechnik: Der dreiflügelige 5-Geschosser rechts vorn steht exemplarisch dafür, wie sich die Heiztechnik in den vergangenen mehr als 60 Jahren verändert hat.
Für Ein- und Zweifamilienhäuser ist die Luft/Wasser-Wärmepumpe als ressourcenschonender Wärmeerzeuger bereits anerkannt. Dass diese nachhaltige Technik genauso beim Heizungstausch im Wohnungsbau trägt, zeigt das Beispiel eines 5-geschossigen Mehrfamilienhauses in Bad Schwartau aus dem Baujahr 1968 mit zwanzig Wohneinheiten.
Auslöser für die Investition war der notwendige Austausch des alten atmosphärischen 150 kW-Gaskessels. Um langfristig eine möglichst wirtschaftliche Lösung zu finden, wurden unterschiedlichste Anlagenvarianten durchgerechnet. Auch im Hinblick auf die perspektivische Entwicklung der Verbrauchskosten für CO2-bepreistes Gas. Als Ergebnis erhielt das wärmetechnisch nur bedingt ertüchtigte Hochhaus eine 3-er Wärmepumpenkaskade mit je 10 kW Leistung sowie – zur Absicherung der Warmwasserbereitung – einen ergänzenden Spitzenlastkessel.
Die Investition in Höhe von rund 125 000 Euro, inklusive aller Umfeldmaßnahmen, abzüglich Förderung über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) lag zwar deutlich über den Kosten für einen Fernwärmeanschluss. Auf 20 Jahre Nutzungsdauer gerechnet ist die nachhaltige Wärmepumpenlösung jedoch deutlich günstiger. Zudem ist man unabhängig von der Preispolitik zentraler Versorger. Die Wohnungseigentümer können also langfristig verlässlicher kalkulieren, da sie nicht mit unvorhersehbaren Kostensprüngen für Energie rechnen müssen.
Bemerkenswerte „Wärmehistorie“
Die „Wärmehistorie“ des Hochhauses mit seinen drei Flügeln in Bad Schwartau ist fast schon ein Spiegelbild lokaler Energieversorgung aus einem halben Jahrhundert Stadtgeschichte. Denn als das Quartier am Mühlenberg in den 60er Jahren erschlossen wurde, war das Thema „zukunftsträchtiges Bauen“ bereits bemerkenswert innovativ aufgestellt: Die abwechslungsreiche Bebauung aus Reihenhäusern, Riegelobjekten sowie höheren Geschossbauten im Umfeld von Schulen, Sportstätten und Nahversorgungsmöglichkeiten stand für ein sozial durchmischtes Wohnen von Jung und Alt sowie von Menschen unterschiedlichster Einkommensschichten.
Um den lokalen Emissionsausstoß zu reduzieren, wurde für die Siedlung zudem ein Nahwärmekonzept aufgesetzt. Es basierte auf einer großen, ölbefeuerten Heizzentrale in dem 5-Geschosser, von der aus zusätzlich rund 70 weitere Wohneinheiten in der Nachbarschaft versorgt wurden. Zwei Megawatt Leistung lieferten die beiden Ölkessel, und über den Versorgungsleitungen im Garten hin zu den Nachbargebäuden schmolz im Winter der Schnee, erinnern sich die Älteren unter den Bewohnern. Auch deswegen stand in der kalten Jahreszeit manchmal alle drei Wochen der Tankwagen mit einer neuen Öllieferung in der Straße.
Die Investition in die Wärmepumpenkaskade war deutlich teurer als ein Fernwärmeanschluss, ist jedoch auf Dauer wirtschaftlich deutlich günstiger.
Die Hausbesitzer wechselten, das Bewusstsein für sparsamen Umgang mit Energie stieg – und das Nahwärmekonzept wurde vor rund 30 Jahren aufgelöst. Stattdessen erhielt der MFH-5-Geschosser eine neue Gasheizung. Die meisten Hauseigentümer in der Nachbarschaft hatten sich jedoch damals anders entschieden und an Fernwärme anschließen lassen, auch weil das Heizkraftwerk in unmittelbarer Nähe lag.
Die allgemeine Kostenentwicklung habe recht schnell bestätigt, wie richtig die Entscheidung der MFH-Eigentümer war: Während diese zum Beispiel dank eines günstigen Rahmenvertrages nur 7,3 Cent pro Kilowattstunde Gas bezahlen mussten, wurden für die Fernwärme in den Häusern nebenan schon 15 bis 16 Cent aufgerufen. Ähnlich zukunftssicher sollte deswegen auch der jetzt notwendige Heizungstausch sein – die Weichen für die Wärmepumpenkaskade waren gestellt.
Herausfordernde Auslegung
Technisch wurde die nun realisierte Umrüstung der Heizungsanlage von Gas auf eine Wärmepumpenlösung insofern etwas erleichtert, weil das Gebäude vor gut 15 Jahren einen Vollwärmeschutz bekommen hat - aber ohne Dachsanierung und ohne Fenstertausch. Die Heizlast betrug dadurch nur noch 143 W/m²a. In den Wohnungen waren auf der anderen Seite aber zwischenzeitlich schon etliche Heizkörper ausgetauscht worden. Die ursprünglich großzügigen Wärmeübertragerflächen, die eine einfache Absenkung der Vorlauftemperatur erleichtert hätten, waren also nicht mehr gegeben.
Doch auch dieses Problem konnte gelöst werden. Zum einen durch eine bedarfsgerechte Dimensionierung der Neuanlage inklusive hydraulischem Abgleich. Zum anderen durch das Auswechseln von mehr als 100 Ventilen, die für einen dynamischen hydraulischen Abgleich im Betrieb sorgen. Für die komfortable Wärmeversorgung reicht jetzt eine Spreizung von 55 / 48 °C aus, was sich wiederum direkt auf die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpen auswirkt. Nach der ersten Wintersaison liegt die bei 4,0.
Die wesentliche Investition aber konzentrierte sich auf den Heizungskeller und dessen Infrastruktur: Neben den drei in Kaskade geschalteten Luft/Wasser-Wärmepumpen Typ aroTherm plus von Vaillant wurden dort zwei Multifunktionsspeicher allStor plus des gleichen Herstellers mit 800 bzw. 1000 l Inhalt installiert, um die regenerativ erzeugte Wärme zu puffern. Die Trinkwasserbereitung erfolgt bedarfsgerecht über zwei darauf abgestimmte Trinkwasserstationen aguaFlow exclusiv von Vaillant. Womit auch die für Bestandsobjekte dieser Größe typische Herausforderung „Erhalt der Trinkwasserhygiene bei stark wechselnden Bedarfen“ in Kombination mit den vier ebenfalls neuen und um etwa 50 Prozent bedarfsgerechter als früher dimensionierten Zirkulationssträngen abgedeckt war.
Individuelle Wärmebedarfe sowie die Größe des Verteilnetzes müssen vorab detailliert ermittelt werden.
Zusätzlich ist zwar noch ein wandhängendes Gas-Brennwertgerät ecoTec plus mit 63 kW Leistung installiert, um für punktuelle Bedarfsspitzen in Perioden mit außergewöhnlich niedrigen Außentemperaturen gerüstet zu sein. „Gebraucht wurde das bislang aber nicht. Vielleicht auch, weil der Warmwasserbedarf in dem Hochhaus mit lediglich 1 m³ pro Tag außergewöhnlich gering ist.
Trotzdem wollte der beauftragte Fachhandwerker auf dieses Backup nicht verzichten. Denn die Auslegung von Trinkwasserinstallationen, und damit der entsprechende Energiebedarf, ist gerade in einem so großen Objekt ausgesprochen schwierig, weil die Nutzerzahlen über einen längeren Zeitraum gesehen typischerweise stark schwanken. Mit dem Gas-Brennwertgerät steht aber eine Reserve zur Verfügung, die diese Spitzenlasten abfangen kann, ohne die Leistungszahl der Wärmepumpen selbst zu beeinträchtigen.
Steile Lernkurve für alle
Gedauert hat die Umrüstung des 5-Geschossers auf die nachhaltige Wärmetechnik rein technisch gesehen nur vier Wochen. In dieser Zeit wurden, neben der Installation der originären Wärmepumpenanlage und ihrer Peripherie, im „Heizungskeller“ sämtliche Rohrleitungen inklusive Verteilung erneuert, es wurde die Elektrik auf den neuesten Stand gebracht und die Wände gestrichen.
Zugleich war die Verschönerungsmaßnahme aber das „Tüpfelchen auf dem i“ einer Lernkurve, die der Gebäudeverwalter genauso wie der WEG-Beirat und nicht zuletzt der Fachhandwerker bei diesem Projekt durchlaufen haben. Denn vom am Anfang stehenden Wunsch der Eigentümergemeinschaft, künftig regenerativ zu heizen, über die Projektierung und die bedarfsgerechte Auslegung bis zur Inbetriebnahme durch die Spezialisten von Vaillant selbst mussten insbesondere bei der Dimensionierung der Anlage sowie bei der Beantragung der Fördermittel unterschiedlichste Klippen umschifft werden.
Bestandsaufnahme besonders wichtig
Eine wichtige Erkenntnis war die zwingende Notwendigkeit, vor Beginn einer solchen Sanierungsmaßnahme möglichst präzise den Bestand aufzunehmen. Und zwar die Wärmebedarfe und deren Verteilung auf Raumwärme bzw. Warmwasser wie genauso die Größe des vorhandenen Verteilnetzes. Denn beides hat am Ende maßgeblichen Einfluss darauf, mit was für einer Anlagenkonfiguration und mit welcher Leistung der Versorgungskomfort der Hausbewohner sichergestellt werden kann. Plastisch wurde das durch eine Vergleichsrechnung im Vorfeld vor Augen geführt, bei der mit zahlreichen Annahmen gerechnet worden war – die sich angesichts der schlichten Größe des Gebäudes später überhaupt nicht mehr halten ließen.
Dass sich der Umstieg auf eine Heizungsanlage auf Basis erneuerbarer Energien für die Wohnungseigentümer auszahlt, stand schon relativ früh fest. Ebenso wie die deutlich höheren Kosten als beim reinen Heizungstausch. Demgegenüber aber standen die attraktiven Förderkonditionen, die die Entscheidung deutlich erleichtert haben.
Dazu zählten vor allem die 35 Prozent Basisförderung sowie weitere 30 Prozent bei selbst genutztem Wohnraum. Was unterschätzt wurde ist jedoch gleichzeitig der administrative Aufwand, um diese Förderung zu erhalten. Eine große Hilfe war da die Unterstützung durch den Fachhandwerker und die fachliche Begleitung durch Vaillant, wenn es beispielsweise um die Einhaltung von Fristen oder maßgebliche Prozessschritte zur Beantragung der Fördermittel ging.
Fazit
Sowohl die Eigentümer als auch der Fachhandwerker, der für die Effizienz der Wärmepumpenanlage verantwortlich ist, würden ein solches Projekt jederzeit wieder umsetzen. Denn „die Investitionssumme als solche ist relativ schnell vergessen. Was aber bleibt, sind die dauerhaft niedrigen Verbrauchskosten für alle. Unabhängig davon, was am fossilen Energiemarkt passiert.“
Bei der die im Gebäude installierten Wärmetechnik nach der Umstellung auf erneuerbare Energien stehen zwei Multifunktionsspeicher allStor im Mittelpunkt, in denen die Wärme gepuffert wird.
Fachhandwerker Henrik Behnke (li.) und Vaillant-Verkaufsberater Matthias Peters standen während des Heizungstausches im engen Austausch, um eine höchstmögliche Effizienz der Gesamtanlage zu erreichen, auch mithilfe von Fördermitteln.
In den Wohnungen mussten im Prinzip nur die Ventile an den Heizkörpern für einen dynamischen hydraulischen Abgleich getauscht werden, um trotz der abgesenkten Vorlauftemperaturen die normgerechte Wärmebereitstellung zu gewährleisten.
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