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Ausnahmegenehmigungen beantragen

Freifahrscheine für Umweltzonen

54 deutsche Städte haben ihre Innerortsbereiche zu sogenannten Umweltzonen erklärt. Weitere Sperrgebiete sind geplant. Hintergrund für die bundesweite Plaketten- und Schilderregelung ist der Wunsch nach einer Reduzierung der Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Emissionen in Innenstadtbereichen. Feinstaub im Stadtverkehr entsteht auch beim Verbrennen von Kraftstoff durch Dieselmotoren und durch den Abrieb von Fahrzeugreifen und Straßenbelägen.

Ausnahmen ohne Ende

Per se vom Fahrverbot ausgenommen sind Bau- und Arbeitsmaschinen, land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, Einsatz- und Rettungsfahrzeuge von Polizei, Zoll, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Bundeswehr und zivile Kraftfahrzeuge im Auftrag der Bundeswehr, Fahrzeuge der Straßenbauverwaltung und Arztwagen. Auch für Sonderkraftfahrzeuge (beispielsweise Messwagen oder Schwertransporte) sind Ausnahmen möglich. Fahrzeuge ausländischer diplomatischer Missionen und internationaler Organisationen einschließlich deren Mitglieder (Autokennzeichen beginnt mit 0) haben ebenso freie Einfahrt wie Fahrzeuge ausländischer berufskonsularischer Vertretungen und deren Mitglieder (Ziffern der Autokennzeichen lauten 900 bis 999 und 9000 bis 9999). Hinzu kommen Fahrzeuge, mit denen Behinderte befördert werden. Schwerbehinderte, die in ihrem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen G haben, sowie Personen, die über einen orangefarbenen Parkausweis für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen verfügen, haben ebenfalls freie Einfahrt.

Oldtimer mit H- oder 07-Kennzeichen und generell alle Fahrzeuge, die vor dem 1. Januar 1971 zugelassen wurden, sowie zwei- und dreirädrige Kraftfahrzeuge. Weitere Ausnahmen gelten für Kraftfahrzeuge mit Kennzeichen für Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten gem. § 16 Abs. 3 Fahrzeug-Zulassungsverordnung FZV (rote Beschriftung, beginnend mit der Erkennungsnummer 06). Auch Schausteller und das Zirkusgewerbe, die zu Veranstaltungen in die jeweilige Stadt kommen, erhalten die amtlich besiegelte freie Einfahrt.

Grundvoraussetzungen

Grundvoraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung ist in allen Fällen, dass das Fahrzeug vor dem 1. Januar 2008 auf den Fahrzeughalter zugelassen wurde, es nicht mit einem Filtersystem nachgerüstet werden kann, für den beantragten Fahrtzweck kein anderes Fahrzeug zur Verfügung steht und eine Ersatzbeschaffung wirtschaftlich nicht zumutbar ist.

Wenn die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind, kann für bestimmte Fahrtzwecke in die Umweltzone hinein oder aus ihr heraus eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Wer mit dem entsprechenden Fahrzeug Umweltzonen gleich mehrerer Kommunen befahren muss, muss für jede dieser Städte eine Ausnahmegenehmigung bei der dortig zuständigen Behörde beantragen. Die jeweiligen Fahrtzwecke sind im Antragsformular aufzuführen.

Fuhrparkregelung

Mit der Fuhrparkregelung soll Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, ihren Fuhrpark schrittweise durch Nachrüstung oder Ersatzbeschaffung an die Kriterien der Umweltzone anzupassen. Unternehmen mit zwei oder mehr Nutzfahrzeugen werden auf Antrag befristete Ausnahmegenehmigungen erteilt, wenn eine bestimmte Anzahl der Nutzfahrzeuge des Unternehmensfuhrparks die Kriterien zur Einfahrt in die Umweltzone erfüllt. Ausnahmen im Rahmen der Fuhrparkregelung können nur für Nutzfahrzeuge erteilt werden, die vor dem 1. Januar 2008 auf das Unternehmen oder dessen Rechtsvorgänger zugelassen worden sind und denen eine Umweltplakette zugeteilt wurde.

Ausnahmen befristet

Ausnahmegenehmigungen sind für ein Jahr befristet und können auf Antrag wiedererteilt werden. Für die Wiedererteilung sind die dann für die Umweltzone geltenden Kriterien anzuwenden.

Der Antrag einer Ausnahmegenehmigung kann beim zuständigen Straßenverkehrsamt schriftlich eingereicht werden. Ein Antrag für eine Ausnahmegenehmigung ist auch bei Ablehnung gebührenpflichtig. Die Höhe dieser Gebühr diese beträgt zwischen 10 und 100 Euro pro Antrag bemisst sich nach Dauer, Umfang und Bedeutung der beantragten Genehmigung.

Innerhalb der Umweltzonen erfolgt der Nachweis durch deutlich sichtbares Auslegen der Ausnahmegenehmigung hinter der Windschutzscheibe des Kraftfahrzeugs. Bei behinderten Menschen genügt das Auslegen des Schwerbehindertenausweises, zur Berechtigung des Handwerker- bzw. Gewerbeparkens das Auslegen der Bewilligung von Parkerleichterungen oder des Parkausweises für Handwerks- und Gewerbebetriebe.

Deutlich mehr Bürokratie

Damit haben Umweltzonen zu deutlich mehr Bürokratie geführt, denn die Ämter müssen nicht nur die Ausnahmegenehmigungen erteilen, die Ordnungskräfte sind angewiesen, diese Genehmigungen zu kontrollieren und generelle Verstöße zu ahnden. Laut Kraftfahrbundesamt wurden im Jahre 2009 insgesamt 55000 Zuwiderhandlungen durch Fahrzeuge ohne gültige Plakette registriert. Nach den neuesten Ergebnissen von Langzeituntersuchungen ist die Wirksamkeit solcher Fahrverbote jedoch in Frage gestellt.

Zweifel an der Wirksamkeit von Umweltzonen

Die Ergebnisse umfangreicher Untersuchungen stellen die Wirksamkeit von Umweltzonen in Frage. Zwar befürwortet das Umweltbundesamt in seiner aktuell vorgelegten Studie weiterhin die Einrichtung von Umweltzonen, dennoch tragen diese laut den vorgelegten Mess­ergebnissen nicht wirklich zu einer Senkung der Feinstaubbelastung in den Städten bei. Man sieht den Effekt auch durch zu viele Ausnahmen gefährdet. Große Sorge bereitet der zunehmende Einsatz von Holzfeuerungsanlagen. Auch die Landwirtschaft trägt zu einem beachtlichen Anteil an Feinstäuben bei, erklärt UBA-Präsident Jochen Flasbarth, insbesondere durch die Ammoniakemissionen. Dass die Feinstaubwerte gleichwohl auch im vergangenen Jahr wieder angestiegen sind, liegt nach Einschätzung der Umweltexperten überwiegend an den Witterungsbedingungen, die eben auch einen Einfluss auf das Geschehen haben.

Prof. Dr. David Groneberg, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main erklärt, dass Umwelt­zonen keinen Einfluss auf Abrieb, Klein­feuerungsanlagen, Industrie und ähnliche Emissionsquellen haben. Er verweist darauf, dass wenn überhaupt eine Feinstaubreduzierung mit nur drei Prozent, wenig Effekt für die Daseinsberechtigung von Umwelt­zonen bedeute.

Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, Lehrstuhlinhaber für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen, nennt Feinstaubplaketten an Autoscheiben und Umweltzonenschilder am Straßenrand einen Schildbürgerstreich deutscher Kommunen. Dudenhöffer schätzt den Verlust am Volksvermögen, der dadurch in Deutschland entsteht, auf knapp 12 Milliarden Euro. -

Ralf E. Geiling

Wirtschaftsjournalist in Neuss und Mitglied der Landespressekonferenz NRW

Ralf E. Geiling, Neuss

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