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Die Raumlufttechnische Anlage als Klimakiller?

Bestandsaufnahme und Aussicht

Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass der Klimawandel nun auch bei uns angekommen ist und dass wir nur mit energischem Gegensteuern retten können, was noch zu retten ist. Wir dürfen hierbei jedoch nicht in Panik verfallen und ziellos populäre Maßnahmen vorantreiben, sondern diese Herausforderung systematisch angehen. Betrachten wir uns jedoch die aktuelle Debatte über CO2-Emissionen, so steht vor allem der Verkehr im Mittelpunkt – obwohl dieser nur ca. 30 Prozent aller CO2-Emissionen Europas ausmacht. Somit fallen also die verbleibenden 70 Prozent auf Industrie, Energieerzeugung, Haushalte sowie die Agrar- und Forstwirtschaft (Europäisches Parlament, 2019). Betrachtet man hier den Deutschen Energiemix aus dem Jahr 2019, so zeigt sich, dass der Anteil nicht erneuerbarer Energieträger noch bei 54 Prozent liegt (Strom-Report, 2020). Ein wesentliches Ziel muss unter den aktuellen (und auch zukünftigen) Rahmenbedingungen sein, Energie so effizient wie möglich einzusetzen. Fazit: Wir werden den Klimawandel nicht stoppen, wenn wir bis zum Jahr 2030 alle elektrisch fahren, wir werden hierbei lediglich den bekannten Tropfen auf den – sprichwörtlich – heißen Stein geben (und das sagt der Autor als
überzeugter Fahrer eines Elektrofahrzeugs).

Somit liegt es an uns als TGA-Fachplaner, TGA-Installateuren, Betreiber der TGA sowie Reinigungs- und Instandhaltungsunternehmen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um unseren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen. Waren früher Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) eher die Ausnahme und oft nur in kritischen Bereichen zu finden (z. B. Krankenhäusern oder Forschungseinrichtungen), gehören diese heute bei Neubauten bereits zum Standard. RLT-Anlagen sind zu einem wesentlichen Faktor für unser Wohlbefinden und unseren Lebenswandel geworden. Wer möchte heute noch im Sommer im Büro schwitzen? Wer möchte heute noch in einem muffigen Büro arbeiten? Wer möchte auf die Vorteile des Internets oder Streamingdienste wie Netflix etc. verzichten? Sind wir ehrlich zueinander: Niemand möchte das und wie am Beispiel von Rechenzentren etc. zu sehen ist, können wir auch nicht mehr auf konditionierte Luft verzichten. Eine Studie des Fachverbands Gebäude-Klima e.V. zeigt, dass eine RLT-Anlage ca. 18 Prozent (FGK, 2020) des Energiebedarfs eines Büro- und Verwaltungsgebäudes ausmacht. In der produzierenden Industrie oder in besonders sensiblen Bereichen, ist dieser Anteil noch höher.

Entwicklung der CO2-Emissionen

Bild: EU-Umweltagentur

Entwicklung der CO2-Emissionen
Heizregister links schmutzig, rechts gereinigt

Bild: Gesa

Heizregister links schmutzig, rechts gereinigt
Dichtstoff wird zerstäubt und strömt in den Luftkanal.

Bild: Gesa

Dichtstoff wird zerstäubt und strömt in den Luftkanal.
Energieeinsparung

Bild: MEZ-Technik

Energieeinsparung

Welche Möglichkeiten bleiben uns, um unsere RLT-Anlagen effizienter zu gestalten?

1. Ventilatorentausch

Der Ventilator ist immer noch das Kernstück einer jeden RLT-Anlage. Die Hauptaufgabe des Ventilators besteht darin, einen bestimmten Luft-Volumenstrom durch die RLT-Anlage zu fördern und dabei eine Druck­erhöhung zu erzeugen, die den Strömungswiderstand der Anlage überwindet. Hierbei beträgt der Energieanteil des Ventilators ca. 30 bis 50 Prozent des Gesamtenergieaufwands der RLT-Anlage. Moderne Ventilatoren verfügen über einen optimalen Einbauwirkungsgrad von 50 bis 70 Prozent, während bei Altanlagen meist nur 25 bis 35 Prozent erreicht werden (FGK, 2020). Betrachtet man diese Effizienzsteigerung über einen Zeitraum von 10 Jahren, so ergibt sich ein Energieeinsparungspotenzial von mehr als 25 Prozent, allein durch den Wechsel des Ventilators! Unter Berücksichtigung, dass die Energiekosten auf lange Sicht den Großteil der Betriebskosten einer RLT-Anlage darstellen, ist dieses Einsparungspotenzial doch beachtlich. Aktuell wurden für den Austausch von Ventilatoren in RLT-Anlagen sowohl von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als auch dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Förderprogramme aufgelegt. (FGK, 2020)

2. Abdichtung von Luftleitsystemen

„Out of sight, out of mind“ ist leider oft die Devise bei bereits installierten Luftkanälen und Luftleitsystemen. Dabei sind gerade dichte Luftkanäle ein wichtiger Baustein im effizienten und klimafreundlichen Betrieb einer RLT-Anlage! Auf die Kosten für die Beförderung aufbereiteter Luft in modernen RLT–Anlagen sollte daher ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Im Regelfall übersteigen die Energiekosten die Anschaffungskosten einer Raumlufttechnischen Anlage innerhalb der Laufzeit um ein Vielfaches. Die in der europäischen Richtlinie Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) festgelegten Energieeinsparungsziele werden über die Energieeinsparverordnung (EnEV) und weiter über Normen und Richtlinien in Deutschland umgesetzt. Neben energetischen Gesichtspunkten besteht also auch ein rechtliches Interesse, die Dichtigkeit von Luftleitsystemen einzuhalten. Bei unbekannter Luftdichtheitsklasse des Luftleitsystems (d. h. es wurde keine Dichtigkeitsprüfung bei Inbetriebnahme durchgeführt) ist mit bis zu 15 Prozent Leckage zu rechnen, bei Luftdichtheitsklasse ATC 5 (ehemals Klasse A, niedrigste Klasse) sind es immerhin noch 6 Prozent, bei der zweithöchsten Luftdichtheitsklasse ATC 3 (ehemals Klasse C, welche durch die VDI 6022 für Büro- und Verwaltungsgebäude empfohlen wird) (VDI, 2018, S.8) sind es sogar nur noch 0,67 Prozent (MEZ-Technik, 2020).

Ein einfaches Rechenbeispiel:

Eine RLT-Bestandsanlage (inkl. Luftkanäle) der Geräteklasse 2 mit Lufterwärmung aus dem Jahr 1989 soll einen Nennvolumenstrom von 10 000 m3/h fördern. Die Dichtheitsklasse wurde nicht bestimmt. Somit ist mit einer Leckluftrate von 15 Prozent zu rechnen. Dies bedeutet, dass die Anlage pro Stunde ca. 1 500 m3/h Stunde „umsonst“ produziert, da diese Luftmenge innerhalb des Lüftungssystems verloren geht und nicht an ihren Zielort gelangt. Legen wir hier eine Leistungsaufnahme von 9 000 kW/m3/h und den durchschnittlichen Strompreis für industrielle Verbraucher von 0,17 €/kWh zugrunde (Statista, 2019a), „verpuffen“ 0,80 €/h ungenutzt. Bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 2350 h/a (RLT–Anlagen in Nicht-Wohngebäuden) ergibt dies ein Kostendelta von 1.856,50 €/a. Würde die besagte Anlage die geforderte Klasse ATC 3 erreichen, betrüge die Leckluftrate nur noch 0,67 Prozent. Dies bedeutet, es würden lediglich 67 m3/h verloren gehen. Hier würden lediglich 0,04 €/kWh ungenutzt aus dem Kanalsystem entweichen. Das Kostendelta (und damit die Einsparungen) zu einer ungeprüften Leitung würde sich also noch weiter vergrößern. Bei diesen Berechnungen wurden noch keine Kosten für die Luftkonditionierung berücksichtigt.

Ebenfalls zeigt sich, dass eine Volumenstromänderung von 10 Prozent eine 33 Prozent höhere Leistungsaufnahme des Ventilators bedeutet. Ein weiterer, wichtiger Parameter zur Betrachtung der Energieeffizienz einer RLT–Anlage ist die spezifische Ventilatorleistung (SFP-Wert). Dieser ändert sich mit der zweiten Potenz der Volumenstromänderung.

Oft besteht in bereits errichteten Anlagen das Problem der Zugänglichkeit zu den Luftleitsystemen, sodass eine nachträgliche manuelle Abdichtung nicht mehr möglich ist. Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, bieten verschiedene Unternehmen (z. B. die Gesa Hygiene-Gruppe oder die MEZ-Technik GmbH) das sog. AEROSEAL-Verfahren an, welches eine effektive und effiziente Möglichkeit der nachträglichen Abdichtung von Luftkanälen darstellt.

Nebenbei schont ein dichter Luftkanal nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Interne Berechnungen ergaben, dass der Energieverbrauch einer RLT-Anlage mit der Luftdichtheitsklasse ATC 5 pro Jahr ca. 150 Tonnen CO2 verursacht, eine Anlage der Klasse ATC 4 weniger als 50 Tonnen (Gesa Hygiene-Gruppe, 2019). Gerade für Unternehmen, die mit CO2-Zertifikaten handeln, ein nicht zu vernachlässigender Aspekt.

Absetzung des Dichtstoffs

Bild: Gesa

Absetzung des Dichtstoffs
Reinigung eines Luftkanals

Bild: Gesa

Reinigung eines Luftkanals
Reinigung eines Luftkanals

Bild: Gesa

Reinigung eines Luftkanals

3. Regelmäßige Reinigung und Instandhaltung

Ein weiterer wichtiger Punkt zur energetischen Effizienz besteht in der korrekten und sorgfältigen Wartung und Reinigung der RLT-Anlage. Um Luft zu konditionieren, sind innerhalb einer RLT-Anlage verschiedene Filterstufen, Wärme- und Kühlregister verbaut. Diese stellen für den Luftstrom einen Widerstand dar, welcher durch den Ventilator überwunden werden muss. Es sollte selbstredend sein, dass stark verschmutzte Register, volle Filter oder verschmutzte Ventilatoren zu einem erhöhten Energieverbrauch führen. Durch eine sorgfältige Reinigung sowie regelmäßige Filterdienste können diese Widerstände verringert werden. Als besonders effektiv bei der Reinigung von Wärme- und Kühlregistern hat sich hier in den letzten Jahren die Verwendung des CO2-neutralen Trockeneis-Strahlverfahrens herausgestellt. Hier gilt wie immer im Leben: you get, what you pay for! Hinterfragen Sie dabei kritisch besonders günstige Angebote und kontrollieren Sie den Reinigungserfolg (ggf. unter Hinzuziehung eines weiteren Fachunternehmens).

4. „Smarte“ RLT-Anlagen

Bisher war die Errichtung smarter RLT-Anlagen noch mit einem sehr großen Aufwand verbunden. Teilweise mussten Sensoren in Räumen, Lagerhallen oder anderen Bereichen über lange CAN-Systeme mit der RLT-Anlage verbunden werden. In den letzten Jahren haben sich jedoch verschiedene Wide Area Network (WAN) Standards etabliert. LoRaWAN zum Beispiel kann hierbei bei minimalem Energieverbrauch und geringen Investitionskosten (Jung, 2017, S.43ff.) Daten von Sensoren an RLT-Anlagen schicken und diese bedarfsorientiert steuern. Zwar steckt dieses Thema noch in den Kinderschuhen, doch es tut sich viel in diesem Bereich und es wird spannend zu beobachten sein, wie sich dieser entwickelt.

Fazit

Es zeigt sich also, dass auch in unserem Bereich im Kampf gegen den Klimawandelnicht die Hände gebunden sind. Über verschiedene größere und kleinere Maßnahmen können wir aktiv unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zwar stehen diesem Beitrag erst einmal Investitionsbeträge gegenüber, doch machen diese nur knapp zehn Prozent des Gesamtkostenvolumens einer RLT-Anlage über 10 Jahre aus. Mehr als 90 Prozent dagegen entfallen auf Energiekosten (FGK, 2020). Hierbei dürfen wir jedoch nicht in
Amortisationszeiträumen von 3 bis 5 Jahren denken, sondern in Generationen. 67 Prozent
der Deutschen sehen den Umwelt- und Klimaschutz als unsere wichtigste Herausforderung für die Zukunft an (Statista, 2019b). Beinahe jedes Unternehmen hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben (Deutschlandfunk, 2019). Jetzt ist es an der Zeit, den Worten auch Taten folgen zu lassen. In diesem Sinne, packen wir es an!

CO2 Ausstoß durch Leckageverluste

Bild: GESA

CO2 Ausstoß durch Leckageverluste
Jörg Schönfelder
Inhaber und Geschäftsführer der Gesa Hygiene-Gruppe

Bild: Gesa

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