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Eurovent: Struktur, Aufgaben, Ziele

Leute, Lots und Lobby Engagement im EuP-Prozess

KK: Eurovent ist sehr im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie engagiert. Wie ist dort der Gebäudesektor erfasst? Was hat das konkret für Auswirkungen für die Installateure?

Schräder: Lot 6 (ENTR) Building Ventilation Systems ist nur ein Baustein im EuP-Prozess. Momentan gibt es 33 Lots, also Arbeitspakete, die in getrennten Chargen von zwei Generaldirektionen der EU, TREN und ENTR, inhaltlich betreut werden. Der Gebäudesektor ist gleich mehrfach betroffen: Klimageräte/-anlagen, Ventilatoren, Pumpen, Kühlmöbel, Kälteanlagen etc. Betrachtet wird in den vorbereitenden Studien immer, wie stark ein Produkt die Umwelt belastet. Der größte Fokus liegt dabei auf der Energieeffizienz.

In diesem Zusammenhang wird gerade in Lot 6 diskutiert, ob in den späteren europäischen Verordnungen nur Anforderungen an Komponenten gestellt werden sollten, oder ein Systemansatz unumgänglich ist. Sind also nur die Hersteller von Kältetechnik betroffen, oder müsste man konsequenterweise irgendwann über Qualitätsanforderungen an die Ausführung des anlagenbauenden Handwerks reden.

Hoogkamer: Ein Problem der Hersteller ist nämlich, dass sie zwar hocheffiziente Produkte anbieten, diese aber nicht gut funktionieren, wenn sie nicht richtig zusammengebaut und installiert werden. Andererseits haben z. B. in Zentralklima­anlagen die Filtersysteme großen Einfluss auf die Druckverluste. Es sind also ebenso die Planer gefordert, die Potenziale der einzelnen Komponenten zu nutzen. Und am Ende muss wieder die Qualität in der Ausführung stimmen. Es wird sicher noch eine Zertifizierung für effiziente Anlagen geben.

KK: Dabei spielt doch auch das Nutzer­verhalten eine Rolle?

Hoogkamer: Sicher, deshalb sehen wir auch die Inspektion von Klimaanlagen als ersten Schritt in die richtige Richtung. In Holland gibt es schon seit 15 Jahren Inspektionen in Abhängigkeit von der Füllmenge. Dadurch sind nicht nur die Leckagen deutlich nach unten gegangen, sondern auch die Preise für Wartungsarbeiten.

KK: Können Sie zum besseren Verständnis kurz den Unterschied zwischen Eurovent und Eurovent Certification erklären?

Schräder: Eurovent ist ein Dachverband von nationalen Herstellerverbänden der Klima-, Lüftungs- und Kältetechnik. Aktuell hat Eurovent 17 Mitgliedsverbände in 13 europäischen Ländern. Insgesamt sind rund 1000 Firmen mit 150000 Mitarbeitern und etwa 20 Milliarden Euro Umsatz vertreten. Von deutscher Seite ist der VDMA Mitglied. Eurovent hat für die Bearbeitung von fachspezifischen Technikthemen eine Produktgruppenstruktur mit etwa 20 Gruppen entwickelt. Voraussetzung für die Mitarbeit von Unternehmensvertretern in diesen Produktgruppen ist die Mitgliedschaft in einem nationalen Verband, der die europäische Plattform Eurovent mitfinanziert.

Eurovent Certification wurde 1993 als Tochterunternehmen des Eurovent-Verbands gegründet und legt Standards fest, nach denen Produkte durch unabhängige Prüfinstitutionen zertifiziert werden. Es ist selbstverständlich, dass keinem interessierten Unternehmen der Zugang zur Zertifizierung verwehrt werden darf, Mitgliedschaft in einem nationalen Verband ist also in diesem Fall keine notwendige Voraussetzung. Die Entstehung von Zertifizierungsprogrammen liegt allerdings wiederum im Eurovent-Verband. Sind sich mindestens drei Unternehmen aus drei Ländern einig, dass es für ihr Produkt ein Zertifizierungsprogramm geben sollte, legt die entsprechende Produktgruppe von Eurovent den Rahmen des Programmes fest. Die Details werden dann im Tochterunternehmen Eurovent Certification verfeinert und in sogenannten Compliance-Committees weiter gepflegt.

Durch die Bewerbung der Zertifizierungsprogramme ist Eurovent Certification naturgemäß stärker in der Öffentlichkeit präsent als die Eurovent Association.

KK: Wie laufen die Entscheidungsprozesse innerhalb des Verbands?

Hoogkamer: Entscheidungen zu technischen Fragen werden in den Produktgruppen vorbereitet. Das geht normalerweise sehr schnell, zwei bis drei Wochen, wobei natürlich die verschiedenen Länder manchmal auch unterschiedliche Philosophien verfolgen. Gibt es keine Einigung, wird die Eurovent Comission eingeschaltet.

Bringt man den Systemgedanken ins Spiel, sind mehrere Produktgruppen gefragt, was zwangsläufig die Entscheidungsprozesse verlängert, da es auch Wettbewerbssituationen innerhalb des Verbands entlang der Prozesskette gibt. Das kann im Einzelnen ein hartes aber lohnendes Ringen sein, da die EG-Kommission von Eurovent eine konsolidierte Branchenposition erwartet, anstatt mit einer Fülle von Partikularinteressen konfrontiert zu sein.

Schräder: Letzten Endes führen die europäischen Richtlinien immer mehr dazu, in Richtung System zu denken. Das ist sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene von erheblicher Bedeutung. Der VDMA hat damit begonnen, die von ihm abgebildeten Gewerke der Gebäudetechnik stärker als bisher miteinander zu verzahnen. Es ist wichtig, dass man miteinander redet, um zu optimalen Systemlösungen zu kommen. Hier ist ein Umdenken erforderlich.

KK: Gibt es eine Art Aufgabenteilung zwischen den Verbänden?

Schräder: Wir kennen uns natürlich alle untereinander. Eine konkrete Zusammenarbeit gibt es z. B. mit AREA oder REHVA. Bisher ist aber auch die Notwendigkeit dazu noch nicht so entstanden. Das wird nun sicher mehr werden, so ist z. B. das Thema Dienstleistung nicht ohne AREA sinnvoll zu behandeln.

KK: Und wie sieht es bei der Lobbyarbeit aus?

Hoogkamer: Eurovent war bisher sehr technisch orientiert, musste aber allein wegen des ehrgeizigen europäischen Klimaschutzprogrammes politisch aktiv werden. Wir wollen und können unsere Branche als Problemlöser präsentieren, anstatt weiterhin als Bremser dazustehen. Die dazu notwendige Lobbyarbeit muss Eurovent selbst übernehmen, das können wir nicht in andere Hände geben.

KK: Gibt es hier eine Konkurrenzsituation?

Schräder: In Brüssel ist das Gedränge so­genannter Lobbyisten groß und es ­kommen immer wieder neu gegründete Verbände hinzu. Allerdings gibt es im Gegenzug so gut wie keine Marktberei­nigung unter den Interessenvertretern. Das spaltet die Kräfte immer weiter auf. Leider wird auch dadurch im Gebäude-sektor ein mit einer Stimme sprechen immer schwerer. Eine Zusammenarbeit mit komplementären Verbänden wie z. B. AREA für das Handwerk, ASERCOM ­für Kältemittelverdichter und eu.bac für Gebäudeautomation ist für Eurovent in jedem Fall sinnvoll und richtig.

Hoogkamer: Die Automatisierungstechnik ist ein gutes Beispiel. Dieser eigentlich eigenständig repräsentierte Bereich gehört bei einer ganzheitlichen Betrachtung als verbindendes Element im Grunde überall dazu. Es ist letztlich eine Opti­mierungsaufgabe zwischen Systemgedanken und Zersplitterung.

KK: Herzlichen Dank für das Gespräch. -

Hintergrund

Ökodesign-Richtlinie

Die Ökodesign-Richtlinie oder auch EuP-Richtlinie soll Umweltbelastungen durch energieverbrauchs­relevante Produkte vermindern und den freien Warenverkehr solcher Produkte in der Europäischen Union gewährleisten. Während die alte Fassung aus dem Jahr 2005 (2005/32/EG) in ihrem Geltungsbereich energiebetriebene Produkte (energy using products, EuP) umfasste, wurde mit der Neufassung der Richtlinie (2009/125/EG), die am 20. November 2009 in Kraft getreten ist, der Geltungsbereich auf sogenannte energieverbrauchsrelevante Produkte (energy related products) erweitert.

Zur konkreten Ausgestaltung der Anforderungen an die Produkte bzw. die ausgewählten Produktgruppen gibt es grundsätzlich zwei Wege: Ordnungsrechtlich erlassene Durchführungsmaßnahmen oder Selbst­regulierungsinitiativen der Industrie.

Industrie, KMU, Handwerk, Gewerkschaften, Groß- und Einzelhändler, Importeure, Umweltschutz- und Verbraucherorganisationen können sich im sogenannten Konsultationsforum an den Arbeitspaketen der einzelnen Produktgruppen beteiligen. Aufgabe dieses Gremiums ist die Beratung der Kommissions­entwürfe für Durchführungsmaßnahmen und die Wirkungsabschätzung. Ein Regelungsausschuss, der aus Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedstaaten zusammengesetzt ist, unterstützt die Kommission beim Erlass der Durchführungsmaßnahmen.

Die Kommission stellt alle drei Jahre ein neues Arbeitsprogramm zusammen, in dem die Produktgruppen festgelegt werden, für die der Erlass von Durchführungsmaßnahmen vorrangig ist.

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