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Smarte DC-Kälteerzeugungstechnologie im Lebensmitteleinzelhandel

Digitale Supermarktwelt

Bis 2050 werden 68 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben . Der Lebensstil der Verbraucher wird sich zugunsten eines häufigeren sog. „Small-basket-shopping“ verändern. Kleiner werdende Familien und Single-Haushalte kaufen weniger ein, gehen dafür aber häufiger einkaufen. Dies treibt die Nachfrage zum bequemen Einkaufen in nächster Nähe und möglichst zu jedem Zeitpunkt an. Der Aufstieg von „Small-Box“-Formaten (Convenience Stores, Discounter) und E-Commerce wird zu einem wichtigen Teil der zukünftigen Einkaufslandschaft. Die zunehmende Anzahl von kleinen Ladenformaten stellt Einzelhandelsketten vor neue Herausforderungen, um eine hohe Rentabilität (z. B. durch Senkung der Betriebskosten), Erhaltung der Lebensmittelqualität (durch konstante Temperaturen des Kühlgutes) und Nachhaltigkeit (durch umweltschonende Betriebsweise) in jedem einzelnen Geschäft und für die gesamte Ladenkette zu gewährleisten.

Die Folge ist eine Ausweitung und Fokussierung auf kleinere Discount- und Convenience-Geschäfte, auch bekannt als Nachbarschaftsformate, zum Nachteil von sog. „Big Boxes“, ein Begriff der sich auf größere Flächen, wie Super-, Hyper- und Cash & Carry-Märkte bezieht.

Zahlreiche dieser innovativen Ladenkonzepte werden am Computer designt und in der Praxis getestet, um die Kunden der Zukunft zu gewinnen. Kaufentscheidungen werden zunehmend nicht nur auf Produktebene, sondern auch auf der Ebene des Einkaufserlebnisses, welches von hervorragenden Services, hoher Qualität und Nachhaltigkeit geprägt sein wird, getroffen.

Die Ebene Ladengeschäft und damit verbundene Dienstleistungen und wahrgenommene Erfahrungen betreffen direkt und indirekt die Kältetechnik. Ein direktes Ergebnis ist eine höhere Lebensmittelqualität und längere Haltbarkeit in Folge verbesserter Kühlprozesse. Ein indirektes Ergebnis ist eine verbesserte Kosteneffizienz durch niedrigere Energie- und Servicekosten. Aber auch eine möglichst hohe Sicherheit gegen Ausfall von Kälteanlagen ist ein vielleicht noch wichtigeres Kriterium für den Entscheidungsprozess einer Lebensmitteleinzelhandelskette für oder gegen die eine oder andere Kälteerzeugungstechnologie.

Auch das Thema Nachhaltigkeit darf nicht zu kurz kommen, und neben möglichst geringen CO2-Emissionen durch geringen Energieverbrauch und kleine Kältemittelfüllmengen spielt auch die Kühlgutqualität eine immer größere Rolle. So gilt es, die Produkttemperatur der Lebensmittel stabil zu halten, denn dies ist der erste Schritt für eine optimale Lebensmittelqualität und eine längere „Haltbarkeit“ im Sinne von ZeroWaste! Retailer wissen dies zu schätzen, denn Lebensmitteln nicht die optimale Frischhaltung zukommen zu lassen und sie ggf. vorzeitig wegzuwerfen, ist keine gute Werbung.

Die o. g. Anforderungen können durch smarte Technologien zur Kälteerzeugung erfüllt werden. Es sind die gleichen Merkmale, welche zur Energiekostensenkung beitragen, die auch hervorragende Kühlgutqualitäten gewährleisten: ein kontinuierlich geregelter Kältemittelmassenstrom, ermöglicht durch DC-Kompressoren und Schrittmotor-Expansionsventile. Darüber hinaus schafft die damit verbundene digitalisierte, intelligente Mess-, Steuer- Regeltechnik mit Cloud-Anbindung eine hunderprozentige Transparenz zur weiteren Verbesserung des Kälteerzeugungsprozesses.

Einflüsse der Digitalisierung

Digitalisierung spielt eine immer bedeutendere Rolle, auch in der Kältetechnik. Digitalisierung kann die Betriebskosten des Gesamtsystems, insbesondere die Service- und Energiekosten, noch weiter senken, als dies bisher bei analogen oder semi-digitalisierten Systemen möglich war. Digitalisierung öffnet in Bezug auf Systemoptimierung den Weg für neue Szenarien und zukünftige Entwicklungen, insbesondere wenn die generierte Datenmenge für strategische Entscheidungen herangezogen werden kann. Dazu ist die Durchgängigkeit von Daten zu gewährleisten, d. h. Daten müssen vom Sensor über ein lokales Gerät auf Management­ebene bis in die Cloud fließen und dort mit Hilfe von entsprechenden Applikationen ausgewertet werden.

Dabei werden Daten (Zustand 0 oder 1) zu Informationen (z. B. zu kalt oder zu warm), und so können auf Basis von Informationen Entscheidungen getroffen und Handlungen vollzogen werden, welche Ziele und Anforderungen, wie z. B. Betriebsstabilität, Kostensenkung oder bessere Kühlgutqualität zum Ergebnis haben. Hinter der Elektronik-Hardware steht die Software, welche das gesammelte thermodynamische Wissen und die Erfahrungen von Thermodynamik-Spezialisten abbildet und jedem Nutzer des Systems zugänglich macht.

Nutzen für die technischen Abteilungen der Retailer

Darüber hinaus gibt es im Lebensmitteleinzelhandel in einigen europäischen Ländern innerhalb des Sektors Kältetechnik Herausforderungen im Zusammenhang mit der nahezu vollständigen Sättigung der Märkte.

Beispiele sind der Anstieg der Betriebskosten (Strom und Wartung), Europäische Vorschriften wie das Phase-out der Produktion von Treibhausgasen (F-Gase-VO) sowie verschiedene Gesetze und Richtlinien für den Klimaschutz (z. B. Ökodesignrichtlinie).

Dies stellt die technischen Leiter von Supermarktketten vor immer komplexere Herausforderungen. Sie sind gefordert, innovative Lösungen in den Bereichen Kältetechnik, Energiemanagement und Data-Driven-Services zu entwickeln, um die Rentabilität einzelner Filialen und der gesamten Filialkette zu erhalten und zu steigern.

Eine Lösung ist die konsequente Digitalisierung und die stufenweise Einführung der DC-Wechselrichter/Kompressor-Technologie in Kombination mit elektronischen Expansionsventilen zur kontinuierlichen Massenstromregelung mit natürlichen oder Low-GWP-Kältemitteln.

Diese Technologie ist noch kein Ersatz für die konventionelle zentrale Verbundanlagentechnik mit CO2 als Kältemittel, sie ist komplementärer Ansatz zur Verwendung in kleinen und mittleren Formaten. 

Technische Merkmale der DC-Technologie

Die DC-Wechselrichtertechnologie ist mittlerweile ausreichend einsatzbereit und hat in den letzten Jahren mehrere Auszeichnungen in Bezug auf Effizienz und Energieeinsparung wie z. B. den Award als „Top Product of the Year“ und den „AHR Expo Innovationspreis“ eingebracht.

Die DC-Technik garantiert einen hohen Wirkungsgrad bei Teillastbetrieb und damit über die meiste Zeit des Betriebs. Dank eines breiten Modulationsspektrums der Kälteleistung wird ein Einsatz in verschiedenen Leistungs- und Anwendungsbereichen möglich.

DC-Kompressoren können ihre Leistung an den tatsächlichen Bedarf anpassen und so den Kältebedarf zu jedem Betriebspunkt bedienen, und gleichzeitig Einsparungen von bis zu 40 Prozent gegenüber ON/OFF-Lösungen oder Kompressoren mit Stufenregelung erzielen. Da der Permanent-Magnet-Rotor des Kompressors nicht mit Strom versorgt werden muss, können weitere Einsparungen erzielt werden.

Die DC-Technologie bietet einem Kühlsystem die Möglichkeit, die Kühlleistung entsprechend der tatsächlichen Lastanforderung zu modulieren. Permanentmagnetverdichter mit variabler Drehzahl und intelligenten DC-Antrieben ermöglichen einen hohen Wirkungsgrad unter allen Lastbedingungen. Eine Kälteanwendung arbeitet den größten Teil der Zeit bei Teillast. Und genau in diesem Bereich arbeitet die DC-Technik am effizientesten. Das Effizienzsteigerungspotenzial wird über die größte Betriebszeit (Teillastbetrieb) abgerufen. Dagegen haben Systeme, welche noch im ON/OFF-Betrieb betrieben werden, ihren größten Wirkungsgrad nur im Vollastbetrieb, welcher nur selten vorkommt. Der EIN-AUS-Zyklus ist auch deshalb nicht effizient, da der Kältekreislauf Zeit benötigt, um den Nennwirkungsgrad zu erreichen, was bei DC-Betrieb nicht der Fall ist.

Der Kompressor wird elektrisch vom Wechselrichter angetrieben, der wiederum in eine intelligente Elektronik eingebunden ist. Ein Controller, versehen mit einer CPU, die die gesamte thermodynamische Expertise in Form ausgefeilter Algorithmen zur Optimierung des Kältemittelkreislaufs enthält, wird das Gesamtsystem, bestehend aus allen relevanten Bauteilen, gesteuert.

Unterstützt wird das System durch ein elektronisches Expansionsventil mit kontinuierlicher „Stepper“-Modulation, geeignet für jeden Verdampfertyp und Voraussetzung für einen vollständig kontrollierten Kältemittelmassenstrom. Die präzise und kontinuierliche Steuerung des Kältemittelflusses im Verdampfer ermöglicht einen optimalen Füllgrad, eine exakte Steuerung und somit stabile Temperaturregelung und eine schnelle Rückkehr zum Sollwert nach dem Abtauen.

Partnerschaften und Kooperationen

Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang Kooperationen, die die Hersteller und Know-how-Träger von Controllern und Elektronik wie Carel mit führenden Produzenten von DC-Kompressoren wie Toshiba, Siam, Qingan und anderen pflegen. Nicht zuletzt auf der Ebene von Handwerk, Handel, Planung und Ausbildung, und auch auf Kundenebene ist eine Zusammenarbeit wünschenswert, damit der Verbreitung der neuen Technik nichts im Wege steht.

Unterstützung zukunftsfähiger Kältemittel

Unter Bezugnahme auf die europäische Regelung (F-GaseVO) für den Ersatz von Treibhausgasen durch natürliche und Niedrig-GWP-Kältemittel ist eine Ausrichtung auf den Betrieb mit natürlichen Kältemitteln, insbesondere CO2 und Propan, notwendig. Die Wechselrichtertechnologie hat sich in den letzten Jahren schnell konsolidiert, um die Anforderungen an zukunftsorientierte Kältemittel vollständig zu unterstützen. Bisher wurde die DC-Wechselrichtertechnologie in verschiedenen kommerziellen Anwendungen mit Kältemitteln wie CO2 (R744) und Propan (R290) und HFOs (R448/R449) eingesetzt.

Anwendungsgebiete

Die smarten DC-Technologien stellen eine Lösung für Märkte mit kleinen bis mittleren Flächen dar. Sie findet Anwendung in folgenden Anwendungsbereichen:

  • Lösungen für wasser- oder luftgekühlte Kühlmöbel (geeignet für jedes Marktformat);
  • Lösungen für Verflüssigungssätze (ideal für kleine Geschäfte, Tankstellen und Kühlräume);
  • Lösungen für Mini-Verbundanlagen (vor allem für Discounter-Format);
  • Lösungen für Getränkekühlschränke und andere Merchandise-Geräte.
  • Data Driven Services

    Eine Vervollständigung der DC-Wechselrichtertechnologie und ihrer Implementierungen in den oben genannten Bereichen ist die IoT-Plattform, mit welcher neue Dienstleistungen möglich sind. Dabei werden die erfassten Daten in nützliche Informationen zur Nutzung für verschiedene Bereiche wie Energiemanagement, Servicemanagement, Kältemanagement etc. umgewandelt und zur Verbesserung genutzt.

    Die gespeicherten thermodynamischen, energetischen und sonstigen Daten werden in Form von leicht verständlichen Informationen, Grafiken und Dashboards aufbereitet und nutzerorientiert dargestellt. Daten werden auf lange Zeit gespeichert und können durch zukünftige Applikationen bearbeitet werden, um weitere Erkenntnisse zur Verbesserung zu liefern. Dies kann durch eine interne Stelle oder durch einen externen Dienstleister übernommen werden.

    Fazit

    Das Ziel des hier vorgestellten Gesamtsystems bestehend aus DC-Technik und Data-Driven-Services ist es, die zukünftigen Anforderungen zu erfüllen und Gewinn sowie Rentabilität für jede einzelne Filiale und Filialkette zu steigern. Darüber hinaus muss es für das zentrale Management möglich sein, über ein cloudbasiertes Benchmarking darüber informiert zu werden, welche Märkte besonders günstig oder auch weniger gut betrieben werden.

    Die DC-Technik ist bereits getestet und verfügbar. Sie wird dazu beitragen, die Potenziale an Energie- und Serviceeffizienz sowie Nachhaltigkeit im Lebensmitteleinzelhandel auszuschöpfen. Insbesondere Kälte-Fachbetrieben wird ein neues zusätzliches Geschäftsfeld eröffnet, welches sie bezüglich des Mangels an Fachkräften und Mitarbeiterqualität entlasten wird. ■

    [1] BPB – Bundeszentrale für politische Bildung, DSW – Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

    Claus Roland Mayer
    Staatlich geprüfter Techniker für Wirtschaft & Kältetechnik, Kooperationsmanager, Business 
    Development Manager Refrigeration Retail bei Carel Deutschland GmbH
    Carel