Am Flughafen Frankfurt/Main wurde eine umfassende brandschutztechnische Optimierung durchgeführt.
Durch die Änderung des brandschutztechnischen Schutzziels weg vom Gebäudesachschutz und hin zum Personenschutz musste am Frankfurter Flughafen im Terminal 1, Flugsteig A, eine brandschutztechnische Optimierung durchgeführt werden.
Die brandschutztechnische Optimierungsfläche umfasste 8500 m² Hauptnutzfläche am Flugsteig A, Ebene 2, Gate A 10 bis A 20, eine Gastronomiefläche beim Gate A 14 und in der Ebene 3, Gate A 50 bis A 60 in der Ebene 3 sowie die Retailflächen in den Ebenen 2 und 3. Da sich die Baumaßnahme im kontrollierten Sicherheitsbereich des Frankfurter Flughafens befand, war für alle Beteiligte ein entsprechend hoher logistischer Aufwand zu berücksichtigen. Das brandschutztechnische Optimierungskonzept für die Gate- und Verkehrsbereiche, die Gastronomie- und Retailflächen sah verschiedene Optimierungsmaßnahmen vor.
Es wurden 1400 Sprinklerköpfe umgebaut und angepasst.
Lamellendecken und Rauchschürzen
Im Rahmen der Maßnahme KG 300 wurden offene Lamellendecken in den Gate- und Verkehrsflächen und zusätzliche Rauchschürzen in den Gastronomie- und Retailflächen installiert. Bei der bisher rauchundurchlässigen Decke wurden die Füllpaneele um 3 cm höher befestigt als die Y-Strangpaneele. Durch den nun freien aerodynamischen Querschnitt konnte eine Rauchabsaugung der Gate- und Verkehrsflächen ermöglicht werden.
Um im Falle eines Brandereignisses eine Rauchausbreitung von den Retail- und Gastronomieflächen in die Gate- und Verkehrsflächen zu verhindern, erhielten alle Retailläden und die Gastronomiefläche an der Übergangsgrenze zwischen Verkaufsladen und der Verkehrsfläche zusätzliche Rauchschürzen, um eine Rauchausbreitung zu verhindern.
Entrauchungsanlage: Höhere Volumenströme
Die Gatebereiche verfügten bereits über Dach-Brandgasventilatoren mit einem Entrauchungsvolumenstrom von V = 10 000 m3/h bei einer externen Pressung von 400 Pa. Diese Auslegung war für das Schutzziel Rauchabsaugung im Deckenhohlraumbereich konzipiert.
Duch das geänderte Schutzziel, nämlich der Herstellung einer raucharmen Schicht im Aufenthaltsbereich der Personen, mussten im Rahmen der Maßnahme KG 430 (Entrauchungsanlage) die Volumenströme deutlich erhöht werden. Dazu wurden Dach-Brandgasventilatoren mit einem Entrauchungsvolumenstrom von V = 40 000 m3/h bei einer externen Pressung von 800 Pa installiert. Pro Gatebereich ergibt sich daraus ein 25-facher Luftwechsel pro Stunde für die Herstellung einer raucharmen Schicht im Falle eines Brandereignisses.
Gleichzeitig öffnen im Fassadenbereich bei Gate A 20 in der Ebene 2 und bei A 60 in der Ebene 3 motorbetriebene Fassaden-Nachströmfenster, die die Frischluft impulsarm mit einer maximalen Strömungsgeschwindigkeit von 1 m/s nachströmen lassen. Denn nur mittels einer impulsarmen Luftnachströmung ist die Herstellung einer raucharmen Schicht überhaupt erst gegeben, um Flüchtenden eine Sicht- und Fluchtorientierung zu ermöglichen. Andernfalls käme es zu einer Durchmischung von Frischluft und Brandgasen, was dies verhindern bzw. erschweren würde.
Die Retailflächen hatten bis dato keine installierten Entrauchungsanlagen. Mit der brandschutztechnischen Optimierungsmaßnahme wurden die Verkaufsflächen mit jeweils zwei fassadenintegrierten Entrauchungsventilatoren mit einem Entrauchungsvolumenstrom von je V = 6500 m3/h bestückt. Je teilbarer Verkaufsfläche ergibt sich daraus ein 20-facher Luftwechsel pro Stunde für die Herstellung einer raucharmen Schicht im Falle eines Brandereignisses.
Brandmeldeanlage mit zweiter Melderebene
Die bisher in den Gate- und den Retailflächen installierten Rauchansaugsysteme (RAS-Systeme) zur Überwachung der Zwischendeckenbereiche wurden belassen und im Rahmen der Maßnahme KG 450 (Brandmeldeanlage) mit einer zusätzlichen Melderebene ergänzt. Konkret handelte es sich um einen Mehrkriterien-Brandmelder unterhalb der Zwischendecke als zweite Melderebene.
Es wurden Rauchversuche mit mehreren definierten Schritten durchgeführt.
Sprinkleranlage umgerüstet
Die vorhandene Sprinkleranlage mit rund 1400 Sprinklerköpfen musste bei der Maßnahme KG 470 (Sprinkleranlage) wegen des nun neuen Deckenspiegels umgebaut und angepasst werden. Im gesamten Deckenabhangbereich sind hängende Sprinklerköpfe mit einer Auslösetemperatur von 68 °C montiert, im Zwischendeckenbereich zusätzlich stehende Sprinklerköpfe.
Im Gastronomiebereich wurden - wegen der Gefahr einer Fehlauslösung - Sprinklerköpfe mit einer Auslösetemperatur von 93 °C installiert. Alle Sprinklerköpfe, für die eine Sprühbehinderung durch die hohe Installationsdichte vorlag, wurden zusätzlich mit Sprühtellern oberhalb des Sprinklerkopfes ausgestattet, bestehend aus einer 50 x 50 cm großen Blechplatte.
Brandfallsteuermatrix und MSR
Vor der Realisierung des Entrauchungskonzepts, das aus einem Rauchversuch als Musterprojekt vor Ort resultierte (Mustergate A 14), musste für das Projekt KG 480 (Brandfall-Steuermatrix & MSR-Technik) eine solche Matrix erstellt und die MSR-Technik zur Ansteuerung der Entrauchungsanlagen des Flugsteigs A angepasst werden.
Im ISP-Schaltschrank der Technikzentrale werden die Entrauchungsklappen und Entrauchungsventilatoren entsprechend der Steuermatrix angesteuert. Für die Weitergabe auftretender Brandmeldungen sind in der Lüftungszentrale zusätzliche Netzsteuerkoppler montiert. Über diese Koppler werden außerdem bestehende Aufzugsanlagen, sowie vorhandene Halteeinrichtungen der Boardingtüren im Brandfall angesteuert.
Für den Personenschutz mussten die Volumenströme der Entrauchungsanalge deutlich erhöht werden.
Die Brandschutztore schließen und die Fassaden-Nachströmfenster öffnen im Falle eines Brandereignisses. Zusätzlich wurde am Hauptangriffsweg der Feuerwehr in der Kellerfahrstraße beim Gate A 8 ein neues Entrauchungs- und Bedientableau mit Sprachdurchsage montiert.
Rauchversuche dokumentieren Wirksamkeit
Das Wirksamkeitsszenario der brandschutztechnischen Optimierung beinhaltete die folgenden Schritte:
Auslösung der Rauchmelder;
Anfahren der Entrauchungsventilatoren;
Öffnen der Fassaden-Nachströmfenster;
Schließen der Brandschutztore;
Auslösung der jeweiligen Sprinklergruppe;
Nothalt der Aufzüge zur Evakuierung;
Öffnen der Boardingtüren zur Notentfluchtung;
Aktivierung der Blitzleuchte am Feuerwehr-Angriffsweg.
Dieses Szenario wurde im Beisein der Flughafenfeuerwehr der Fraport AG für alle Umbaubereiche mittels nächtlicher Rauchversuche nachgewiesen.
Fazit
Das Projekt zur brandschutztechnischen Optimierung am Frankfurter Flughafen zeigt, welche umfassenden gewerkeübergreifenden Maßnahmen für die Erfüllung des neuen Schutzziels notwendig waren. Schließlich wurde damit eine erfolgreiche Projektumsetzung möglich.
Literatur
DIN 18232 – 2: „Rauch- und Wärmefreihaltung“
DIN EN 12101: „Anforderungen an Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG)“
M-LüAR: „Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie“
MLAR: „Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie“
VdS CEA 4001: „Sprinkleranlagen, Planung, Einbau und Wartung ortsfester Anlagen“
Im Realbrandversuch wurde die Wirksamkeit der brandschutztechnischen Optimierung nachgewiesen.
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