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100 Jahre DKV

Bezirksvereine Sachsen und Halle/Saale begehen Jubiläum

In diesem Jahr wurde der Deutsche Kälte- und Klimatechnische Verein (DKV) 100 Jahre alt. Das Gründungsdatum ist der 15. Januar 1909 und die Gründung fand im Berliner VDI-Haus statt. Aus diesem Anlass wird die Deutsche Kälte- und Klimatagung 2009 vom 18. bis 20. November in Berlin stattfinden und sich neben den Fachbeiträgen diesem Jubiläum widmen.

Zusätzlich hatte der DKV-Vorstand anlässlich der vorjährigen Tagung den Bezirksvereinen empfohlen, im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihen ebenfalls dieses Jubiläums zu gedenken. Die Bezirksvereine Sachsen und Halle/Saale gestalteten gemeinsam die Sommerzusammenkunft am 4. Juli entsprechend aus und machten dabei deutlich, dass in Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht nur das Vereinsjubiläum eine Würdigung verdient, sondern auch die kältetechnische Industriegeschichte und die kältetechnische Lehre und Forschung. Die Veranstaltung mit rund 40 Teilnehmern fand im Gelände der Rennschlitten- und Bobbahn Altenberg statt und war mit einer Besichtigung dieser kältetechnischen Sporteinrichtung verbunden.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer gab es einen Vortrag von Dr. Peter König zur Geschichte der Kälteindustrie in Sachsen und Sachsen-Anhalt, die deutlich älter als der DKV ist. Diese begann mit den ersten Kältemaschinenproduktionen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wozu Lindes NH-Eismaschine von 1883 gehörte. Seit 1886 stellten die Hallesche Maschinen­fabrik Wegelin und Hübner sowie die Hallesche Maschinenfabrik und Eisengießerei AG Kältemaschinen und -anlagen her. Die ersten Turboverdichter für die Klimaanlagen von Carrier produzierte und lieferte die Leipziger Firma Jäger & Co. In Chemnitz gab es bei der Sächsischen Maschinenfabrik seit 1887 und bei C.G. Haubold seit 1892 eine Kälteausrüstungsproduktion und bei DKK Scharfenstein wurde 1929 mit der Kühlschrankproduktion begonnen.

Aus diesen Ursprüngen entwickelte sich nach 1945 zum Teil aus Ruinen oder demontierten Unternehmen eine umfangreiche kälte- und klimatechnische Produktion, die wegen der geforderten Importunabhängigkeit der DDR-Industrie fast das gesamte Sortiment der Branche abdeckte. Die Unternehmen waren zum größten Teil, mit Ausnahme der Kleinkälte, im VEB Kombinat Luft- und Kältetechnik ILKA zusammengeschlossen und bedienten von der kleinen Gewerbekühleinrichtung bis zur großen Industrie- und Kultureinrichtungs-Klimaanlage die gesamte Breite der Anwendungen. Die Firmen hatten leistungsfähige Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und lieferten sowohl direkt als auch indirekt über Endproduzenten einen großen Teil ihrer Produkte in den Export, überwiegend in die Sowjetunion.

Was nach den Privatisierungen nach 1990 geblieben ist und weitergeführt wurde, kann sich sehen lassen. Der Dresdner Kühlanlagenbau ist der größte Kälte-Klima-Fachbetrieb Deutschlands, das ILK findet als Forschungsstelle der Branche nicht seinesgleichen, aus den früheren Großbetrieben Mafa Halle und MAB Schkeuditz sind mittelständische Unternehmen entstanden, die in der Branche einen guten Namen haben. Der Niedergang der Kühlschrankproduktion bei DKK infolge verfehlter Privatisierungsversuche ist eine Geschichte für sich, aber zum Schluss konnte Dr. König das Fazit ziehen: Es bleibt die Erinnerung an das, was einmal bedeutend war, der Stolz auf das, was davon erhalten wurde, und der Optimismus für das, was in Tradition fortgeführt wird.

Zum Bau der Rennschlitten- und Bobbahn

In diesem Sinne konnte anschließend Werner Kolbe, der frühere Vorsitzende des BV Halle/Saale und Ehrenmitglied des DKV, anhand von Fotos über den Bau der Rennschlittenbahn Oberhof berichten, die er kältetechnisch mit seinem Montagekollektiv errichtet hat, ebenso wie die weitgehend der Oberhofer entsprechende Bahn in Altenberg. Der Bau erfolgte ab 1983. Nach Probeläufen und daraus folgenden bahntechnischen Umbauten war 1987 die offizielle und erfolgreiche Inbetriebnahme. Er berichtete von den Anforderungen an die Genauigkeit der vielen jeweils an das Profil der Bahn angepassten Rohre, über die Vorfertigung in einiger Entfernung von der Baustelle und dem körperlichen Einsatz der Monteure beim Transport zum Montageort und von der davon ausgelösten Neuerung eines speziellen traktorbetriebenen Wagensystems für die bis 60 m langen Rohre. Er schilderte die kontinuierlich stattfindenden Vermessungsarbeiten zur Kontrolle des Profils und berichtete von der gewissenhaften Arbeit beim Einschweißen der Einzelrohre in die Sammelrohre.

Um die Dehnungsprobleme bei unterschiedlichen Temperaturen zu beherrschen, ist die Bahn kältetechnisch in einzelne Abschnitte unterteilt, woraus die wichtige Aufgabe entstand, die Kältemittelzufuhr für die einzelnen Abschnitte möglichst gleichmäßig zu sichern. Dazu wurden in die Zweig­leitungen Drosselventile eingebaut, mit denen man nach Temperatur und Gehör den richtigen Durchfluss einstellen konnte. Die einmal bestimmte Einstellung wurde dokumentiert und blieb dann im Wesentlichen erhalten. Das große Problem, die 44 t NH3 in das schwer zugängliche Gelände zu bringen, wurde mit Ammoniaktransportern aus der Landwirtschaft gelöst. Das Kältemaschinenhaus war mit vier Mafa-NH3-Verdichtern mit je 8 Zylindern bestückt, davon sind zwei in den 1990er Jahren durch Grasso-Schraubenverdichter ersetzt worden. Diese bewältigen in der Regel die Grundlast. Bei der anschließenden Besichtigung war dem Aufenthalt im Maschinenhaus als berufsstandsgemäßem Höhepunkt des Tages besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Bobpilot sorgte für eine lebendige Führung

Nach diesem Einblick in das Baugeschehen ging es zur Besichtigung der Bahn. Der Marketing-Geschäftsführer und frühere Bobpilot Matthias Benesch beschrieb den Verlauf der Bahn von der obersten Startrampe bis zum Auslauf mit Länge, Höhenunterschied, Anzahl und Schwierigkeitsgrad der Kurven. Er schilderte die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten durch Bobpiloten, Rennschlitten- und Skeletonsportler, ging aber auch auf die Möglichkeit der Nutzung durch Laiensportler bei Gästeabfahrten ein. Die Bahn wird nur in den Wintermonaten vereist, steht aber ganzjährig zur Besichtigung, für Events und andere Veranstaltungen zur Verfügung. Er benannte auch die vielen erfolgreichen Bewerbungen der Bahn um Weltmeisterschaften und konnte aus seinem eigenen Sportlerleben über die Fahrtaktik der Piloten plaudern. Der nächste Höhepunkt sei die Austragung der Rennrodel-Weltmeisterschaft 2012. Die Bahn ist Eigentum des Landkreises Weißeritzkreis und die Wintersport Altenberg (Osterzgebirge) GmbH wurde als Betreiber und Vermarkter der Sportanlage gegründet. Die Teilnehmer an der DKV-Festveranstaltung waren begeistert von den umfangreichen Einblicken in diese spezielle kältetechnikbasierte Sport­einrichtung.

Historik von Forschung und Lehre

Nach der Mittagspause gab es zwei weitere Vorträge. Der Autor dieses Tagungsberichts ging als erster Redner auf die Geschichte des DKV von den Anfängen im Jahre 1909 in Berlin bis heute ein, bezog auch die kältetechnische Organisation der DDR, den Fachausschuss Kältetechnik der Kammer der Technik ein, in dessen Gliederungen die Kältetechniker der DDR ihre fachspezifische Zusammenarbeit pflegten. Er betrachtete ferner die Entwicklung des Fachgebietes an der TU Dresden in den vergangenen 100 Jahren. Bemerkenswert war die problemlose Vereinigung der beiden deutschen Organisationen 1989/90, die einerseits dem DKV einen bemerkenswerten Mitgliederzuwachs brachte, andererseits aber auch Kompetenz auf gleicher Augenhöhe vereinte.

Er ging auf das Wirken der Großen der Branche von Carl von Linde über Richard Mollier und Rudolf Plank bis zu Prof. Jungnickel ein, schilderte Irrungen und Wirrungen in der 100-jährigen Geschichte und zeichnete das Bild eines überaus erfolgreichen nationalen und internationalen Vereinswirkens.

Den abschließenden Vortrag Kältetechnik Forschung und Entwicklung Traditionen und Visionen hielt der ILK-Geschäftsführer Dr. Herzog. Ausgehend vom absoluten Nullpunkt der Temperaturskala erstreckt sich der Arbeitsbereich der Kältetechniker bis zur Umgebungstemperatur. Die Thermodynamik als das theoretische Werkzeug der Kältetechnik beschreibt die Zustände in der Nähe des absoluten Nullpunktes, z.B. des flüssigen Heliums bis zu den Zuständen der feuchten Luft bei Umgebungstemperatur. Und mit allem, was dazwischen liegt, beschäftigt sich die außerordentlich vielseitige Lehre, Forschung und Entwicklung der Kältetechnik. Das 1964 gegründete und seit 1990 als gemeinnütziges Forschungsinstitut wirkende Institut für Luft- und Kältetechnik widmet sich mit seinen rund 120 Mitarbeitern der gesamten Palette der Anforderungen der genannten Temperaturskala. Ein wesentlicher Teil der Arbeiten ist direkt praxisbezogen, aber ein ähnlich breiter Rahmen ist für die Grundlagenforschung gegeben. Herzog konnte von wesentlichen Leistungen der Vergangenheit zu heutigen Aufgaben und morgigen Zielen nahtlos überleiten und so den Fortschritt des Fachgebietes deutlich machen. Die Klima- und Wärmepumpentechnik der 1970er Jahre führte zu den heutigen Lösungen mit natürlichen Kältemitteln und geringem Energieverbrauch. Die Entwicklung der Maschinen und Anlagen mit Wasser als Kältemittel für große Leistungen von Klimaanlagen ist ebenso zukunftsorientiert wie die weitere Senkung des Energieverbrauchs von Kühl- und Gefriermöbeln. Die Entwicklungen in der Kryotechnik, an kältetechnischen Aufgaben am CERN und in der Weltraumtechnik gehen am ILK ebenso wenig vorbei wie die Kryomedizin, die solare Kältetechnik oder die Entwicklung neuer Werkstoffe und Verfahren.

Mit diesem weit gespannten Bogen über die Kälte- und Kryotechnik mit der Geschichte des Fachgebietes, von den Anfängen des thermodynamischen Denkens bis zur praxisrelevanten Forschung, von den ersten Maschinenbauern für kältetechnische Komponenten bis zu Geräten mit Mikrostrukturen war diese Veranstaltung ein würdiger Rahmen für das 100-jährige Jubiläum des Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Vereins mit dem Bezug auf die mitteldeutsche Region, in der die beiden veranstaltenden Bezirksvereine beheimatet sind. Deren Vorsitzende konnten schließlich zufrieden feststellen, dass die Teilnehmer die Mühen der Vorbereitung honorierten.U.A. -

Dr. Ulrich Adolph, Leipzig

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