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Deutsche Kälte-Klima-Tagung 2008

Im Zeichen von Energieeffizienz und Ressourcenschonung

Bei der Eröffnungssitzung der diesjährigen Kälte-Klima-Tagung stellte der amtierende Vorsitzende Dr. Frank Rinne zunächst die neue Geschäftsstellenleiterin Carmen Stadtländer und den am Vorabend gewählten Vorstand mit Prof. Dr. Michael Arnemann von der Hochschule Karlsruhe als neuen Vorsitzenden vor (Detailinformationen KK 12/2008, S. 42). Da der Verein 2009 sein 100-jähriges Bestehen feiert, wird das Programm der nächsten Tagung, die in Berlin statt- finden wird, natürlich im Zeichen der Geschichte des DKV stehen. Ebenso großes thematisches Gewicht werde aber auch die Zukunft der Kälte- und Klimatechnik haben. Neben zahlreichen Aktivitäten sind Druckwerke zu diesem Anlass in Planung, die auch der Mitgliederwerbung dienen werden.

Bevor es zum mit Spannung erwarteten Festvortrag ging, standen aber noch Ehrungen für langjährige Mitgliedschaft und besondere Verdienste an. Hervorzuheben ist hier vor allem die Auszeichnung von Karl Breidenbach mit der Ehrenmitgliedschaft. Die offizielle Verleihung der DKV-Münze an das Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Universität Stuttgart (ITW) und die offizielle Verabschiedung von Irene Reichert wurde in den festlichen Rahmen der Abendveranstaltung gelegt.

Globalisierung als Schicksalsfrage Balance oder Zerstörung

Verschiedene Möglichkeiten, wie sich die Globalisierung entwickeln könnte, zeigte Prof. Dr. Dr. Franz Radermacher, Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung in Ulm, in seinem Festvortrag auf. Dazu betrachtete er zunächst die Entwicklung der Menschheit in Zahlen. Als Jäger und Sammler konnte die Erde rund 20 Mio. Menschen ernähren. Das änderte sich vor rund 10000 Jahren mit der Erfindung von Ackerbau und Viehzucht. Seit dieser Zeit ist die Menschheit auf etwa 6,5 Mrd. angewachsen, der Rohstoff- und Energieverbrauch des Individuums hat sich um Faktor 100 vervielfacht. Das entspricht einer Ausdehnung um etwa Faktor 10000.

Stark verbreitet sei eine Denkart, die Radermacher als Technology Fix bezeichnet: Wenn Probleme auftreten, müssen Naturwissenschaftler und Ingenieure diese lösen. Nur zeigt die Geschichte auf, dass jede Entwicklung sofort in Wachstum umgesetzt werde: Sobald wir mehr können, werden wir sofort mehr und haben ein höheres Konsumniveau. Dieses stoße aber zunehmend an Grenzen, was die Ressourcen anbelangt, wozu auch Entsorgungsmöglichkeiten zählen, zum Beispiel wie viel Abgas die Atmosphäre verträgt.

Der technische Fortschritt sei ein wichtiger Beitrag, um die aktuellen Probleme zu bewältigen, aber allein reiche er nicht aus. Ebenso wichtig sei die Frage der Governance, also der Art, wie wir uns organisieren und wie wir insbesondere die Exzesse kollektiver Aktivität verhindern. Daraus resultiere an die Industrieländer eine Forderung, die Radermacher als 1. Zurückhaltung bezeichnet, wobei diese noch nicht einmal ein Verzichtsprogramm sein müsse, weil der technische Fortschritt uns ständig wachsende Möglichkeiten eröffne.

Ärmeren Ländern müsse zugestanden werden, dass sie sich auf ein höheres Niveau entwickeln, was wiederum erhöhten Ressourcenverschleiß zur Folge habe. Dies führe zur Forderung einer 2. Zurückhaltung an die reicheren Länder. Das Beispiel Kyoto-Vertrag zeige für Europa auf, wie das funktioniere: Reichere Länder hätten sich hier zu überproportionalen CO&sub2;-Einsparzielen bereit erklärt, damit ärmere Länder noch zulegen können. Unterm Strich sollen so die 5% Einsparung erreicht werden. Mit der 2. Zurückhaltung müsse ein Wissens- und Technologietransfer einhergehen, damit Schwellenländer möglichst rasch unseren Effizienzstandard erreichen.

Wie sich die Zukunft der Welt entwickelt, hänge davon ab, ob die reichen Länder diese Zurückhaltungen aufbringen könnten. Drei Zukunftsszenarien zeichnete Radermacher auf. Sollten wir die 1. Zurückhaltung bereits nicht schaffen, werde die Erde auf einen Kollaps zusteuern. Die zweite Möglichkeit sei die Brasilianisierung, eine Zurückhaltung durch Gewaltanwendung eines Teils der Menschheit gegen den anderen Teil, also eine Art Zwangskonsumreduzierung. Der dritte Fall wäre die Erweiterung des EU-Modells auf die gesamte Welt, so dass eine Limitierung kollektiver Aktivitäten durch Vertragswerke möglich sei. So könnten zum Beispiel externe Effekte in das ökonomische System integriert werden. Ein Beispiel hierzu sei der globale Transport, bei dem es sich lohnt, Güter niedrigster Wertschöpfung um die halbe Welt zu transportieren, weil die Zerstörung der Umwelt nicht eingepreist sei.

Finanzkrise zeigt die Auswüchse auf

Dass es gegen internationale Einigungsprozesse jedoch erhebliche Widerstände gibt, zeigte Radermacher am Beispiel der Finanzkrise auf. Beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 wollten die Kontinentaleuropäer Regulierungen für Hedge-Fonds durchsetzen, scheiterten aber am Widerstand Großbritanniens und der USA, die damals die weltgrößten Finanzmärkte hatten. Auch Finanzparadiese gehörten zu den Einrichtungen, hinter denen handfeste Interessen stehen. Diese verhindern, dass die Staaten aus den interessantesten globalen Wertschöpfungsprozessen Steuereinnahmen erzielen. Hierzu bringt Radermacher wieder ein Zahlenbeispiel: Die 20 größten Vermögensverwalter halten Assets im Wert von etwa 30 Bill. $. Werde eine Rendite von 5% unterstellt und davon ein Fünftel als Steuern abgeführt, so wären das 300 Mrd. $. Das sei mehr als die derzeitige jährliche Neuverschuldung aller Staaten.

Globalisierung erfordere global Governance, fordert Radermacher am Ende seines Vortrages. Dies sei die Voraussetzung dafür, dass die nächste Steigerung um Faktor 10 eine vernünftige Welt für alle Menschen schaffe.

Zukunftstechnik solare Kühlung

Bevor sich die Veranstaltungsbesucher auf die Vortragssäle der Arbeitsgruppen verteilten, hielt Prof. Dr.-Ing. Hans Müller-Steinhagen, Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Universität Stuttgart (ITW), vor dem gesamten Plenum seinen Übersichtsvortrag Mit der Sonne kühlen ein Wunschtraum wird Wirklichkeit.

Zu unterscheiden seien zunächst geschlossene und offene Systeme. Die geschlossenen Systeme arbeiten mit Absorptions- und Adsorptionskältemaschinen, die den Kälteleistungsbereich von 6kW bis 5MW abdecken. Offene Systeme, bei denen der zu konditionierende Luftstrom mit dem Sorptionsmittel direkt in Berührung kommt, haben kleinere Leistungen bis etwa 350kW.

Weltweit seien bis Ende 2007 knapp 300 Anlagen installiert gewesen, wovon rund 200 in Europa stehen. Spanien und Deutschland haben mit je einem Drittel den größten Anteil daran. Kosten würden je nach Anlagentyp derzeit bei 1300 bis 8000 Euro pro installiertem kW Kälteleistung liegen, womit die Investitionskosten um 50 bis 150% über den Kosten für konventionelle Anlagen liegen. Dabei seien große Anlagen vorteilhafter aufgrund der Kostendegression. Zudem wären hier auch kommerzielle Apparate verfügbar.

Die Einsparung von Primärenergie betrage 30 bis 60% bei geschlossenen und 20 bis 40% bei offenen Systemen, weshalb Müller-Steinhagen davon ausgeht, dass die Bedeutung der solaren Kühlung mit steigendem Umweltbewusstsein und steigenden Energiekosten zunehme. Allerdings seien derzeit noch weitere Pilot- und Demonstrationsanlagen erforderlich, um Installation, Inbetriebnahme und Betrieb zu optimieren.

Es folgten insgesamt 105 Fachvorträge aus den fünf Arbeitsabteilungen des DKV, die den aktuellen Stand von Forschung, Entwicklung und Praxis widerspiegeln. Exemplarisch folgt die Zusammenfassung eines viel beachteten Beitrags von Dr. Rainer Jakobs.

Ganzheitliches Energiekonzept

Jakobs gab in seinem Vortrag Kältetechnik im Lebensmitteleinzelhandel Energieeinsparung als Herausforderung einen sehr umfassenden Überblick über die aktuelle Entwicklung im Supermarktbereich sowie die verschiedenen Aktivitäten und Einschätzungen der Branche und der Politik.

Der Energieverbrauch sei ein entscheidender Kostenfaktor für die Firmen, die wachsendem Preis- und Konkurrenzdruck ausgesetzt sind. Und der Energieverbrauch im Lebensmitteleinzelhandel werde ansteigen, betrachtet man den wachsenden Kältebedarf durch den verstärkten Trend zu chilled food, convenience food, frozen food und z.B. die verlängerten Laden-Öffnungszeiten.

Der Bedarf und die Notwendigkeit Energie zu sparen werden also ebenso wachsen. Dabei stehen für den Betreiber die Potenziale der Energieeinsparung im Bereich Kälteerzeugung, Licht, Klima­tisierung und Heizung besonders im Fokus. Die Möglichkeiten durch eine Kombination von Kälteerzeugung, Wärmerückgewinnung, Klimatisierung und Heizung stellen hier ein bedeutendes Potenzial dar. Jakobs gab dazu einen Überblick und Empfehlungen in Richtung Betreiber, wie z.B. die aktive Zusammenarbeit mit dem Kälte-Klima-Fachbetrieb als Energieberater, aber auch regelmäßige Wartung und Beratung für die Nutzung und das Betreiben der Kälteanlage.

Als wesentlichen Punkt betonte Jakobs immer wieder, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung und somit ein ganzheitliches Energiekonzept sind. Bei der Präsentation der UBA-Studie Vergleichende Bewertung der Klimarelevanz von Kälteanlagen und -geräten für den Supermarkt sei genau dies in der anschließenden Diskussion ganz deutlich angesprochen worden. Man kann nicht nur die Kälte alleine betrachten!

Ferner, so eine weitere Empfehlung aus der Diskussion, müsse man vorsichtig damit sein, Technologievorgaben zu machen und dann einfach bestimmte Richtungen zu blockieren. Man sollte diese innovationshemmenden Technologievorgaben möglichst vermeiden und lieber die Ziele vorgeben, aber der Branche überlassen, wie man diese technisch erreicht.M.S./U.B. -

Ehrungen

25 Jahre Mitgliedschaft

Ing. (grad.) Herbert Blaich, Prof. Dr.-Ing. Rainer Braun,

Burkhard Dunst, Dipl.-Ing. Kai Eckert,

Dipl.-Ing. (FH) Franz Josef Elsland, Karl-Heinz Geppert,

Dipl.-Ing. Siegfried Haaf, Dr.-Ing. Manfred Hage,

Dipl.-Ing. Bernd Jäger, Heinz Jansen, Dr.-Ing. Heinz Jürgensen,

Dipl.-Ing. Anders Bertil Lindborg, Dipl.-Ing. (FH) Dietmar Ludwig,

Gert Malewski, Dipl.-Ing. (FH) Edmund Monnard,

Ing. (grad.) Peter Pokorny, Dr.-Ing. Ulrich Quast, Kurt Raißle,

Dipl.-Ing. Klaus Rehberg, Irene Reichert, Prof. Dr.-Ing. Ulrich Renz,

Hans Sachse, Jürgen Schmid, Ing. (grad.) Heinz Schroeder,

Dipl.-Ing. Josef Soltes, Dr.-Ing. Manfred Stahl,

Dipl.-Ing. Gerd Verbeck, Dipl.-Ing. (FH) Michael Walker

40 Jahre Mitgliedschaft

Dr. Herbert Baldus, Dr.-Ing. Clement FãNB_SYMBOL[DOT]#iger,

Dipl.-Phys. Wolfgang Förg, Ing. Ulrich Güssefeld,

Dr. Hannes Hünemörder

50 Jahre Mitgliedschaft

Prof. Dipl.-Ing. Philipp Häfner

DKV-Münze

ITW, Prof. Dr.-Ing. Hans Müller-Steinhagen

DKV-Ehrenmitgliedschaft

Ing. Karl Breidenbach

M.S./U.B.

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