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BIV-Mitgliederversammlung am 12. März in Bayreuth

Es bewegt sich etwas in der Branche

Im Rahmen der vom Vereinsrecht vorgesehenen Regularien wurde bei der diesjährigen Mitgliederversammlung des Bundesinnungsverbandes (BIV) bereits beim Bericht des Vorstandes ein heißes Thema angesprochen: Die Chemikalien-Klimaschutzverordnung (ChemKlimaschutzV). Wie brisant dieses Thema ist, zeigt die inzwischen offene Auseinandersetzung zwischen BIV und dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) nachzuverfolgen auf der Homepage der KK unter https://www.diekaelte.de/.

Bei der ChemKlimaschutzV gibt es zwei Probleme: Zum einen setzen die Behörden den Vollzug der Verordnung nicht durch. Es gibt nach aktuellem Kenntnisstand nur ganz wenige Gewerbeaufsichtsämter, die in irgendeiner Weise beim Betreiber kontrollieren, ob Dichtheitsprüfungen vorgenommen werden. Wenn jedoch die Betreiber nicht zu diesen Prüfungen veranlasst werden, kann beim Review der F-Gase-Verordnung 2011 natürlich auch kein positives Ergebnis herauskommen. Erstens fehlen die entsprechenden Nachweise und zweitens kann die Anlagendichtheit nicht verbessert werden.

Fairerweise muss man sagen, dass die großen Betreiber um diese Verpflichtung wissen, bei den vielen kleinen muss jedoch von allen Seiten auch vom BIV noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Sachkunde

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Chemikalien-Klimaschutzverordnung ist die schon fast als Wildwuchs zu bezeichnende Praxis von diversen SHK-Innungen, Schnellzertifizierungen in Zweitageskursen anzubieten. Ein Bund-Länder-Arbeitskreis beschäftige sich zwar mit diesem Problem, weiter sei jedoch nichts bekannt. Vorerst bleibt den einzelnen Innungen vor Ort nur die Möglichkeit, bei Bekanntwerden solcher Zertifizierungsangebote an die Länderministerien und Kammern heranzutreten.

Rückendeckung gab es inzwischen durch eine am 13.3.2009 vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) veröffentlichte Studie, die das Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik (HPI) an der Leibniz Universität Hannover zur Anwendung der Sachkunderegelungen nach der ChemKlimaschutzV erstellt hat (s. Meldungsarchiv auf der KK-Homepage). In dieser Studie wird vom HPI klargestellt, dass nur der Kälteanlagenbauer/Mechatroniker für Kältetechnik aufgrund seiner Ausbildung die Sachkunde nach Chemikalien-Klimaschutzverordnung (§5) nachgewiesen hat. Bei allen anderen Ausbildungsberufen ist eine Prüfung erforderlich. Dabei sieht das HPI für die Kategorie I einen Lehrgang von mindestens 240 Stunden vor.

Dieses Ergebnis wurde zwischenzeitlich auch mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie dem Umweltbundesamt (UBA) abgestimmt. Mit dieser Studie steht somit ab sofort eine fundierte Arbeitshilfe für die Handwerkskammern und betroffenen Fachverbände zur Verfügung.

Der ZVSHK hat dazu mittlerweile natürlich eine völlig andere Interpretation: Geschulte Fachbetriebe des SHK-Handwerks könnten auch ohne zusätzlichen Lehrgang Arbeiten an kältemittelführenden Anlagen durchführen. Der ZVSHK sehe sich in dieser Auffassung durch die Studie des Heinz-Piest-Instituts (HPI) zur Anwendung der Sachkunderegelungen nach der Chemikalien-Klimaschutzverordnung bestätigt. Die meisten Handlungsfelder seien in der Ausbildung des Anlagenmechanikers SHK bereits abgedeckt.

Bereits einen Tag nach Bekanntwerden dieser kreativen Auslegung der HPI-Studie wandte sich der BIV in einem Schreiben vehement gegen diese Interpretation, die das eigentliche Schutzziel der Verordnung nämlich den Umweltschutz zu verkennen scheint. Der BIV forderte den Hauptgeschäftsführer des ZVSHK von Bock und Polach unmissverständlich dazu auf, sich gewissenhaft mit der Studie zu beschäftigen und sie nicht möglichst gewinnbringend für das eigene Gewerk auszulegen.

Diese sich letztlich während der BIV-Mitgliederversammlung bereits abzeichnende erneute Auseinandersetzung mit dem ZVSHK war bis zum Redaktionsschluss natürlich noch nicht geklärt. Wir werden sie jedoch auf der KK-Homepage aktuell begleiten.

Schön wäre es, wenn alle SHK-Mitglieder eine so vernünftige Meinung, wie die von Hans Schwender vertreten würden. Schwender ist nicht nur Obermeister der SHK-Innung Kulmbach, sondern auch stellvertretender Obermeister der Innung für Kälte- und Klimatechnik Oberfranken. In einem kurzen Statement hielt er während der Versammlung fest: Die Qualität muss stimmen. Anderenfalls kommt die Quittung vom Kunden! Man solle zwar SHK-Fachleute mit einer vernünftigen Ausbildung im Bereich Kälte- und Klimatechnik nicht ausgrenzen, aber es sei in jedem Fall der falsche Weg, mit Halbwissen etwas anzugehen.

Allemal sicher ist jedoch, dass der BIV und die Innungen Zertifizierungen für ihre Mitglieder ausgeben dürfen. Auf den Zertifikaten für die Kategorie I ist zur besseren Auszeichnung und Wiedererkennung des ausgebildeten Kälteanlagenbauers das BIV-Siegel, während die anderen Kategorien nur einen Stempel der jeweiligen Schulungsstätte erhalten. Bis Ende Februar gab es bereits 3414 Zertifizierungen (allein 1500 in Hessen) weitere sind beantragt.

Ein offenes Problem ist allerdings noch die Zertifizierung der Betriebe nach §6. Eigentlich sollte es hier eine bundeseinheitliche Lösung geben, da die Betriebe oft in mehreren Bundesländern arbeiten. Aber auch hier gibt es bedingt durch die Länderhoheiten noch keine einheitliche Linie.

Förderrichtlinie Gewerbekälte

Die Förderrichtlinie Gewerbekälte mit der einseitigen Bevorzugung natürlicher Kältemittel gegenüber synthetischen wird auch beim BIV kritisch gesehen. Dazu gab es auch ein entsprechendes Schreiben des BIV an das BMU. Die Fluorchemie habe sogar Beschwerde bei der Europäischen Kommission wegen Wettbewerbsverzerrung eingelegt.

Ferner könne man dieses Programm momentan keinem Kunden empfehlen, da noch kein einziges Projekt genehmigt sei. Es stand die Vermutung im Raum, das mit der Antragsbearbeitung beauftragte Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn sei als Bewilligungsbehörde fachlich möglicherweise überfordert.

Im Grunde sei jedoch für das Handwerk nicht unbedingt die Kältemittelfrage entscheidend, sondern die Planungssicherheit. Bundesinnungsmeister Frank Heuberger brachte es auf den Punkt: Letztlich ist uns egal was wir reinschütten, aber man kann nicht von heute auf morgen alles im Betrieb umstellen.

Bundeseinheitliche Prüfung

Einen weiteren wichtigen Punkt sprach Holger Spörck bei seinem Bericht als Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses (BBA) an: Die bundeseinheitliche Gesellenprüfung. Teil 1 habe man mit vier Auszubildenden durchgeführt und bereits erste Erfahrungen gesammelt. Inzwischen startete dieser Teil in Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf und wird dann auch in den meisten Bundesländern übernommen.

Es fehlen lediglich Baden-Württemberg und Niedersachsen. Dieter Schmidt und Dieter Schaich, die beide ebenfalls an der neuen Prüfungsordnung mitgearbeitet haben und aus eben diesen Bundesländern kommen, seien darüber auch etwas schockiert gewesen. Baden-Württemberg sei das einzige Land, in dem sich die Berufsschullehrer weigern, ihre seit 20 Jahren erarbeiteten Unterrichtskonzepte zu überarbeiten. Freilich müsse man nicht die bundeseinheitliche Prüfung nehmen, aber die Prüfung nach der neuen Prüfungsordnung durchführen wie das zustandekommt, ist letztlich egal.

Spörck wies darauf hin, dass die jeweiligen Prüfungsausschüsse zwar autonom entscheiden können, was sie machen, es sitze aber nur ein Lehrer im Ausschuss, der letztlich überstimmt werden kann. Zudem habe die Innung das Recht, in der Berufsschule mitzuwirken. Leidtragende seien im Grunde die Schüler, da sie die neuen theoretischen Inhalte in der Prüfung erfüllen müssen, während ihre Lehrer alte Zöpfe unterrichten.

Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen

Unter dem Tagesordnungspunkt Zukünftige strategische Ausrichtung des BIV gab schließlich der Vorstand Details zur Gründung eines neuen Zentralverbandes bekannt. Mit dem Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen (ZVKKW) soll die gesamte Wertschöpfungskette der Branche vereint werden und so ein schlagkräftiger Verband mit größerem politischen Gewicht entstehen.

Der ZVKKW soll auf breiter Basis alle Bereiche der Branche abdecken: Das Handwerk, Handel und Industrie in den Bereichen Kälte- und Klimatechnik, den Bereich der Wärmepumpen, die Betreiber und die Bildungseinrichtungen. In der Gründungsinitiative sind mit Frank Heuberger (BIV), Werner Rolles (Daikin Airconditioning Germany GmbH), Thomas Ernst (Bitzer Kühlmaschinenbau GmbH), Thomas Millbrodt (Reiss Kälte-Klima GmbH & Co.KG) und Manfred Seikel (Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik) bereits fünf der sechs Vorstandsbereiche vertreten (s. Organigramm).

Das Organigramm ist als erster Entwurf freilich noch nicht endgültig und viele Details müssten noch geklärt werden, so Heuberger, aber die Zielsetzung ist klar: Nur in Kooperation aller Kräfte in der Branche und im Team ist eine starke Lobbyarbeit möglich. Die Grabenkämpfe innerhalb der Branche müssen aufhören, damit die Branche nach außen mit einer Stimme sprechen kann.

Befürchtungen einzelner Mitglieder, der BIV könne in einem solchen Zentralverband untergehen, wurden damit entkräftet, dass Handel und Industrie noch nie versucht haben, das Handwerk zur Bedeutungslosigkeit zu degradieren, so Thomas Ernst. Man brauche sich gegenseitig und nur auf gleicher Augenhöhe könne man einen Schritt nach vorne machen, waren andere Stimmen zu hören.

Frank Heuberger brachte es auf den Punkt: Es ist der gemeinsame Wunsch der Branche und jetzt haben wir die Chance federführend mitzuwirken. Andernfalls schließt sich die Industrie zusammen und wir haben nichts mehr zu melden die Parallelen zur Entstehung der Chillventa sind nicht zu übersehen.

So wurde schließlich einstimmig der Beschluss gefasst, weiterzumachen und gemeinsam mit den genannten Branchenvertretern in der Gründungsinitiative ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Ein endgültiger Beschluss, sich als BIV dem Zentralverband anzuschließen, ist dies freilich noch nicht, aber die Zeichen stehen günstig. Der BIV kann in jedem Fall nach diesem Beschluss die Konzeption des neuen Verbandes maßgeblich mitgestalten.

Wie in einer Pressekonferenz der Gründungsinitiative eine Woche nach der Mitgliederversammlung zu erfahren war, soll trotz der erheblichen Arbeit (z.B. Aus­arbeitung einer Satzung), die in den nächsten Wochen und Monaten noch zu leisten ist, bereits im Spätherbst eine Vorstellung in der Politik, bei den Ministerien und Medien (Publikumspresse) erfolgen. Mit den offiziellen Aktivitäten möchte man ab Januar 2010 beginnen.

Mitgliederversammlung 2010

Abschließend noch der Hinweis: Die nächste Mitgliederversammlung wird in Ostwestfalen-Lippe stattfinden. Man wird jedoch nach einem neuen, überschneidungsfreieren Termin suchen.M.S. -

Kommentar

Mit einer Stimme sprechen

Wie oft haben wir uns darüber beklagt, dass die Politik über unsere Köpfe hinweg entscheidet und Regelungen schafft, mit denen eigentlich keiner so richtig glücklich ist oder die gar völlig praxisfern sind die Kältemittelfrage ist dabei nur ein Synonym für viele andere Probleme. Irgendwie fühlt man sich da nicht richtig ernst genommen. Das ist letztlich auch verständlich, denn die verschiedenen Interessenvertretungen unserer Branche haben gegenüber den Verbänden anderer Branchen meist nicht gerade beeindruckende Mitgliederzahlen.

Diese Aufsplitterung hat aber auch noch einen anderen Nachteil, den die Ministe­rien geschickt zu nutzen wissen: Wir lassen uns allzu oft gegeneinander ausspielen!

Wenn wir also die Kräfte in unserem Markt bündeln, kann das letztlich nur allen zu-gutekommen nicht nur politisch, sondern auch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Wer hat sich nicht schon darüber gewundert, dass (wie wir zwar wissen) uns die Kälte- und Klimatechnik von der Wiege bis zur Bahre in allen Lebensbereichen begleitet, aber Otto Normalverbraucher oft keine Ahnung hat, wer das eigentlich baut? Wenn wir aber das Image und die Wahrnehmung durch eine starke Interessenvertretung erhöhen können, ließen sich damit auch viele andere Probleme lösen ich erwähne nur das Stichwort „qualifizierter Nachwuchs“ oder die Tatsache, dass DX-Systeme in der Öffentlichkeit hinsichtlich ihres Energieein­sparpotenzials kaum wahrgenommen werden.

Der ZVKKW ist im Grunde auch keine Neugründung, sondern eine Weiterentwicklung. Die Firmen, die bisher in der Fachgruppe Handel und Industrie (FHI) organisiert waren, werden in einen rechtlich eindeutigen Rahmen eingebunden. Ferner führt der Verband, dessen Name bereits patentrechtlich geschützt ist, „Klima“ im Namen, ohne dass dies irgendjemand verhindern kann.

Ich bin froh, dass wir im BIV einen jungen Vorstand mit Visionen haben, der erkannt und vor allem zugegeben hat, dass eine rein handwerksrechtliche Interessenvertretung zu schwach ist. Wir müssen uns bewegen. Besitzstandsdenken und Stillstand hat noch niemanden wirklich weitergebracht. Zweifler gibt es immer und das ist auch gut, damit man nicht vor lauter Begeisterung von einer Idee wichtige Punkte vergisst. Aber wir sollten das künftig „intern“ diskutieren und nach außen mit einer Stimme sprechen.M.S. -

M.S.

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