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Das Geschäft mit der Arbeitnehmerüberlassung

Lukrativ, aber mit Tücken

    Leiharbeit ist neben der befristeten Beschäftigung von Arbeitnehmern eines der wichtigsten unternehmerischen Instrumente, um personalpolitisch flexibel auf Auftragsschwankungen reagieren zu können. Rund die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse in der Leiharbeit enden innerhalb von drei Monaten.

    Inzwischen hat sich die Arbeitnehmer-überlassung für manch einen Personaldienstleister zu einem lukrativen Geschäft entwickelt. Etwa drei Prozent aller Betriebe in Deutschland nutzen das Instrument der Zeitarbeit zur Deckung des projektbedingten Personalbedarfs oder bei saisonalen Personalengpässen. Rund 750000 aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten finden eine Anstellung als Zeitarbeiter. Damit liegt der Anteil der Leiharbeitnehmer an allen Beschäftigungsverhältnissen bei rund zwei Prozent.

    Das Angebot an Zeitarbeitskräften reicht von der ungelernten Aushilfskraft bis hin zum hochqualifizierten Spezialisten für besondere Projekte. Zu den Einsatzbetrieben zählen Unternehmen aller Branchen und Unternehmensgrößen. Immer häufiger machen kleine und mittlere Unternehmen (KMU), aber auch Unternehmen in der Gründungsphase von der Möglichkeit der legalen Arbeitnehmerüberlassung Gebrauch.

    Leihpersonal ist stets beim Verleiher fest angestellt. Die Arbeitskräfte sind in die Abläufe des Einsatzbetriebs eingegliedert und unterstehen den Weisungen des Einsatzbetriebes hinsichtlich der Auftragsführung. Die Personalverantwortung als Arbeitgeber trägt das Zeitarbeitsunternehmen. Es zahlt dem Verleihmitarbeiter das Entgelt und führt neben der Lohnsteuer auch den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge ab. Die ­Vorteile für den Einsatz von Zeit­arbeitskräften für das Kundenunternehmen liegen auf der Hand. Die Beweggründe zum Einsatz von Leiharbeitskräften sind vielfältig.

    Für den Entleiher hat der Einsatz von Leiharbeitskräften den Vorteil, dass er die Arbeitskraft eines Arbeitnehmers für eine von ihm vorgegebene Qualifizierung sowie Art und Dauer der Beschäftigung nutzen kann, ohne mit dem Mitarbeiter selbst arbeitsrechtliche oder vertragliche Verpflichtungen einzugehen. Bei Krankheit, Verspätung oder Arbeitsabbruch durch den Leiharbeitnehmer stellt der Verleiher dem Kundenunternehmen in der Regel Ersatz.

    Die Tücke der Subsidiärhaftung

    Die Risiken der Arbeitnehmerüberlassung für das Kundenunternehmen sind kaum bekannt. In konjunkturbedingt schwierigen Zeiten gelangen auch Personaldienstleistungsunternehmen in wirtschaftliche Schieflagen. Damit schlittert ein Unternehmen, das Zeitarbeitsmitarbeiter einsetzt, unter Umständen in die Subsidiärhaftung.

    Geht nämlich der Verleiher in die Insolvenz, dann haftet der Entleiher bei einem wirksamen Vertrag (Subsidiärhaftung) den Sozialversicherungsträgern gegenüber für nicht entrichtete Beiträge wie ein selbstschuldnerischer Bürge.

    Der Leiharbeitnehmer schließt mit dem Verleiher einen zumeist unbefristeten Arbeitsvertrag. Er hat dem Entleiher seine Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen und dieser hat eine Fürsorgepflicht, aber auch ein Direktionsrecht und Weisungsbefugnis, woran sich der Arbeitnehmer zu halten hat. Das Zeitarbeitsunternehmen ist der Arbeitgeber und hat somit die Pflichten beispielsweise der Gehaltszahlungen, Gewährung von Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc. Die Bezahlung des Leiharbeitnehmers kann nach tarifvertraglichen Regelungen erfolgen oder nach dem equal trade/equal pay-Prinzip. Die Leiharbeitnehmer bekommen die gleiche Behandlung und natürlich auch Bezahlung wie die Stammbelegschaft des entleihenden Unternehmens. Allerdings wird die Möglichkeit der Regelungen durch die Tarifverträge bevorzugt.

    Entlohnung nach Faktor 2

    Das vom Entleiher an den Verleiher gezahlte Geld dient der Entlohnung des Zeitarbeitnehmers und der Geschäftskostendeckung des Zeitarbeitsunternehmens. Dabei wird im Normalfall mit dem Faktor 2 gerechnet. Wenn der Zeitarbeitnehmer beispielsweise 10 Euro je Stunde verdient, zahlt der Entleiher dem Verleiher 20 Euro die restlichen 10 Euro dienen zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge des Zeitarbeitnehmers (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rente-, Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung), der anteiligen Entlohnung der Personaldisponenten, sowie zur Deckung der Mieten und sonstigen Kosten des Verleihers.

    Die Subsidiärhaftung des Entleihers kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Wurden Sozialabgaben für Leihmitarbeiter nicht oder nur unvollständig abgeführt, verjähren die Ansprüche der Sozialversicherungsträger grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind.

    Wie kann sich der Entleiher vor Schaden schützen?

    Schutz und mehr Sicherheit vor Ansprüchen bietet für Entleiher beispielsweise die Zusammenarbeit mit Zeitarbeitsunternehmen, die einen zwischen den DGB-Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden Bundesverband Zeitarbeit (BZA), Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) oder Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) geschlossenen Tarifvertrag anwenden. Wer als Entleiher nicht sicher ist, welcher Tarifvertrag angewendet wird, sollte sich rechtzeitig sachkundig machen. Auskunft erteilen die Agentur für Arbeit, die Zeitarbeitgeberverbände und Zeitarbeitsfirmen. Ein Verzeichnis finden Ratsuchende im Internet unter: http://www.ig-zeitarbeit.de/ueber-uns/mitgliedsfirmen.

    Außerdem spricht der Besitz einer unbefristeten Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung eines Zeitarbeitsunternehmens für dessen hohe Zuverlässigkeit. Die Erlaubnis bedeutet, dass das Zeitarbeitsunternehmen seit mindestens drei Jahren auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist.

    Auf Unbedenklichkeitsbescheinigungen achten

    Eine weitere Sicherheit für den Entleiher sind die vom Verleiher vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Krankenkasse, Berufsgenossenschaft und Finanzamt. Diese Bescheinigungen bestätigen die ordnungsgemäße Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer. Solchen Bescheinigungen kann der Entleiher entnehmen, ob für die bei der Krankenkasse gemeldeten Zeitarbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß entrichtet wurden.

    Der Zeitarbeitnehmer kann im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarungen zu den Arbeitsbedingungen mit dem Zeitarbeitsunternehmen von diesem gemäß § 10 Abs. 4 AÜG die Gewährung der im Einsatzbetrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Einsatzbetriebs geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen, erklärt Paul Noll, Referent für Lohn- und Tarifpolitik bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. In Betracht kommt deswegen die Vereinbarung von arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln zwischen Zeitarbeitsunternehmen und Zeitarbeit­nehmer.

    Wer bei der Beschäftigung von Zeitarbeitskräften vor unerwarteten Forderungen der Sozialversicherungsträger sicher sein will, der sollte durch regelmäßige Anfragen bei der zuständigen Krankenkasse klären, ob zwischenzeitlich Sozialversicherungsbeiträge für die beschäftigten Zeitarbeitnehmer geschuldet werden. Aus Kosten-Nutzen-Sicht dürfte in der Regel eine Haftpflichtversicherung oder Bürgschaft zur Absicherung des Kundenunternehmens entbehrlich sein. -

    INFO

    Leiharbeitnehmer nach Tätigkeit

    • Hilfsarbeiter 29 %
    • Dienstleistungsberufe 18 %
    • Organisations-, Verwaltungs-, Büroberufe 11 %
    • Schlosser, Mechaniker und zugeordnete Berufe 10 %
    • Elektriker 6 %
    • Allgemeine Dienstleistungsberufe 5 %
    • Technische Berufe 5 %
    • Sonstige Berufe 3 %
    • Gesundheitsdienstberufe 3 %
    • Montierer und Metallberufe 3 %
    • Metallerzeuger, -bearbeiter 2 %
    • Warenkaufleute 1 %
    • Bauberufe 1 %
    • Chemiearbeiter, Kunststoffverarbeiter < 1 %
    • Bau-, Raumausstatter, Polsterer < 1 %
    • Gesamt 100 %

    Quelle: Bundesagentur für Arbeit ­Bezugsjahr 2009 © GMS InfoService, Neuss 2010

    Ralf E. Geiling

    Wirtschaftsjournalist und Fachbuchautor in Neuss

    Ralf E. Geiling, Neuss

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