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Frisches Obst und Gemüse aus Frankreich und Spanien

Kühlhauslogistik mit NH3 in Kehl

Die Gartner Spedition mit ihrem Logistikzentrum als Lager- und Umschlagplatz in Lambach (Österreich) wurde 1946 ursprünglich für nationale Belange gegründet, ist aber bereits seit Anfang der 1950er Jahre international tätig und täglich in allen wichtigen Ländern Europas im Transportgewerbe unterwegs. Die gesamte Lkw-Flotte, bestehend aus Thermo-, Planen-, Fahrzeug- und Chemietransportern mit einem durchschnittlichen Fuhrparkalter von weniger als zwei Jahren umfasst etwa 1800 Lkw der Marke MAN. Seit dem Jahr 2003 gibt es auch den kombinierten Verkehr Straße-Schiene. Hierdurch lassen sich jährlich mehr als 20000 Lkw-Fahrten auf die Schiene verlagern, inzwischen sind es sechs Shuttle-Züge pro Woche, die mit jeweils 30 bis 34 Gartner-Containern ihre 56-stündige Reise nach Saloniki (Griechenland) antreten. Seit 2006 bedient Gartner auch Rumänien wöchentlich im Bahnverkehr.

Neues Kühllogistikzentrum in Deutschland

In den zurückliegenden zwei Jahren wurde in Kehl in der Nähe von Straßburg kräftig gebaut, um den täglichen Obst- und Gemüsetransport aus Spanien und Frankreich für eine zentrale Verteilerlogistik auf diesen Standort zu konzentrieren. Es entstand ein hochmodernes Kühllogistikzentrum mit einem 80000 m² großen Regal- und Umschlaglager sowie ein neues Bürogebäude, das Anfang 2008 in Funktion treten konnte. Täglich erreichen 25 bis 30 Thermo-Lkw mit Obst und Gemüse aus Spanien und Frankreich nach einer Fahrzeit von zwei bis drei Tagen den Verteilerstandort Kehl. Das Fassungsvermögen je Kühltransporter beträgt 33 Europaletten, das entspricht also einer Zwischenlagerung im Kühllogistikzentrum Kehl von 700 bis 750 Europaletten pro Tag; die Verweildauer beträgt dort elf bis 15 Stunden.

Umweltfreundliche Kühllagerung

Planung ist die Vorwegnahme zukünftigen Geschehens, so trefflich lässt sich der Nutzen technologisch lückenfreier Planung durch ­Einbringen differenzierten Fachwissens komprimiert beschreiben. Bei der Planung eines Kühllogistikzentrums der Größenordnung Spedition Gartner KG Kehl ist es unabdingbar, dass die Objektprojektierung durch einen vom Lieferbezug unabhängigen Planer erfolgt. Im vorliegenden Fall war es die Kälte-Wärme-Engineering GmbH KWN aus Seekirchen in der Nähe von Salzburg. Deren Geschäftsführer, Bernd und Franz Kaltenbrunner, sind vor allem durch ihr überzeugendes Wirken für den Einsatz natürlicher Kältemittel bekannt; überall dort, wo möglich. Auch unter diesem Aspekt gesehen wurde KWN mit der Planung, Angebotsabwicklung und Projektüberwachung einer effizienten Kälteträgeranlage für das Kühllogistikzentrum in der Niederlassung von Gartner in Kehl beauftragt. Die Schulz Kälte- und Klimatechnik GmbH in Heddesheim hatte hierzu das richtige Angebot erstellt und erhielt im Wettbewerb mit einem Großunternehmen den Auftrag für die gesamte Kältetechnik.

Anlagenbeschreibung

Die Kälteerzeugung erfolgt über zwei Flüssigkeitskühlsätze (Fabrikat GEA Grasso) mit dem Kältemittel NH. Die Abwärme der einzelnen Flüssigkeitskühlsätze wird über Verdunstungsverflüssiger (Fabrikat Evapco) abgeführt. Jeder Verflüssiger ist mit einer entsprechenden Wasseraufbereitung ausgestattet. In den Heißgasleitungen jedes Kreislaufs sind Enthitzer zur Erwärmung von Brauchwasser installiert. Als Kälteträger wird ein Wasser/Propylenglykolgemisch (38%) eingesetzt und über eine Netzpumpe zu den einzelnen Kühlstellen gefördert. Zur Einhaltung konstanter Betriebsbedingungen ist in dem Kälteträgerkreis ein Pufferspeicher mit dazugehörigem Ausdehnungsgefäß integriert worden.

Gliederung der Kühllogistik

Für die allgemeine Obst- und Gemüselagerung bei einer Lagertemperatur von +2/+4°C wird ein Flächenlager mit einem Volumen von 37182 m³ betrieben. Daran angegliedert sind fünf Kühlboxen mit Raumvolumen von 2346, 4415, 7828, 5156 und 2767 m³.

All diese Kühlboxen sind bei der Kältebedarfsberechnung für die Einbringung von Obst und Gemüse mit dem jahreszeitlichen Schwerpunkt Spargel und Erdbeeren ausgelegt. Hierbei ist die temperaturgeführte Lagerung unterschiedlich.

Die Kälteleistung Qo für das Flächenlager beträgt 740 kW. Die Leistungen der Kühlboxen liegen entsprechend der Größe und der geforderten Temperaturführung zwischen 27 und 72,8 kW mit Ts ein bei 6°C und Ts aus bei 2°C.

Die Temperaturregelung der einzelnen Kühlstellen erfolgt über motorbetriebene Dreiwegeventile (Fabrikat Belimo), wobei im Kaltwasser-Rücklauf jedes Luftkühlers (Fabrikat Güntner) ein entsprechendes Ventil platziert worden ist. Die Luftkühler im Flächenlager werden mittels Umluft abgetaut. Die Luftkühler in den Kühlboxen sind zusätzlich mit Elektroheizregistern ausgestattet. Sämtliche Luftkühler werden mit zwei Drehzahlen ausgeführt. Als Auslegungsgrundlage der Luftkühler diente die niedrigere Drehzahl.

Der Kältebedarf für das Bürogebäude beträgt 120 kW. Für die Ausführung der gesamten Büroklimatisierung kommt als Kühlmedium Wasser zum Einsatz. In der Kältezentrale wurden zwei Wärmetauscher einschließlich Sicherheitskreis für die Klimatisierung der Büroräume (nicht Lieferumfang der Firma Schulz) zur Verfügung gestellt. Die Temperatur des Kaltwassers beträgt auf der Primärseite 0°/+9°C. Damit kann auf der Sekundärseite des Wärmeaustauschers Kaltwasser mit den Temperaturen 6°/12°C abgerufen werden.

Umfang und Gliederung der Kältetechnik

In den Flüssigkeitskühlsätzen des Fabrikates GEA Grasso, Typ FX GC PP werden offene, einfachwirkende, mehrzylindrige Hub­kolbenverdichter für das Kältemittel NH eingesetzt. Es gibt hierzu zwei Anlagenkreisläufe mit Kälteleistungen von 632,8 kW und 220,80 kW bei Ts ein = 2°C und Ts aus = 6°C. Die elektrische Antriebsleistung beträgt 2 x 110,4 kW bzw. 2 x 36 kW. Zur Aus­rüstung der Verdichter zählen insbesondere die Anlaufentlastung sowie eine Leistungsregulierung durch Zylinderabschaltung. Die Kältemittelfüllmenge beträgt 220 kg und 145 kg Ammoniak. Der an der Außenseite des Gebäudes befindliche Maschinenraum ist gemäß VBG 20 mit einer Maschinenraumentlüftung sowie einer Gaswarnanlage ausgerüstet.

Als Verflüssiger kamen kassettengeschweißte Wärmeübertragerplatten aus Edelstahl AISI 316 (Fabrikat Thermowave) zur Anwendung; aus dem gleichen Material bestehen die Verdampfer. Diese arbeiten nach dem Prinzip der überfluteten Verdampfung mit äußerer Zirkulation. Die Flüssigkeitsabscheider sind liegend über den Verdampfern angeordnet.

Die Verflüssigerwärme wird im Kühllogistikzentrum der Spedition Gartner über Verdunstungsverflüssiger des Fabrikats Evapco abgeführt, die Verflüssigerleistungen belaufen sich auf 820,40 kW und 276,40 kW bei Tc = +33°C und TFeuchtkugel = +21°C. Die Verdunstungsverflüssiger sind mit einer automatischen Wasseraufbereitung ausgestattet.

Die fünf Kühlboxen sind mit Sonderanfertigungen der drehzahl­geregelten Wand-/Deckenluftkühlern der Type S-GGHF des ­Fabrikates Güntner ausgerüstet, die Abtauung erfolgt durch Umluftzirkulation, bei tieferer Temperaturanforderung und bei Bedarf zusätzlich über elektrische Heizregister alle acht Stunden. Insgesamt wurden 20 Stück, mit unterschiedlich großen Kühlblöcken und ­wahlweise mit sechs, acht oder zehn Axialventilatoren versehen, installiert.

Im Flächenlager sind insgesamt zwölf Hochleistungsluftkühler der Typenreihe S-GGN von Güntner auf einer Decken-Montagebühne mit Laufgang in der Mitte der Hallenachse mit wechselseitiger Luftausblasrichtung installiert, der Luftausblas erfolgt jeweils über vier drehzahlgeregelte Axialventilatoren in beide Hallenrichtungen. Die Axialventilatoren sorgen durch hohe Luftmengen und einen guten Wirkungsgrad für eine gleichmäßige Luftverteilung im großen Flächenlager mit 4596 m². Die verwendeten Güntner Streamer regeln zusätzlich eine große Wurfweite der Ventilatoren. Das Wannendesign mit Ablaufgefälle soll verhindern, dass sich Kondenswasser bildet oder Schmutzwasser absetzen kann.

Für die gesamte Anlagensteuerung wird das Frigodata XP-System von Wurm verwendet; es ermöglicht einen umfassenden Fernzugriff auf alle Anlagenparameter. Hierbei gibt das im Schaltschrank eingebaute Bediendisplay dem Betreiber der Anlage die Möglichkeit, auf alle für ihn wichtigen Datenpunkte schnellen Zugriff zu haben. Über den Anmeldebildschirm werden sämtliche Messwerte und Betriebseinstellungen zur Anzeige gebracht.

Resümee

Kälteanlagenbauermeister Klaus Schulz verfügte schon durch seine vorhergehende Montagetätigkeit in einem Großunternehmen der Branche über einen großen Erfahrungsschatz im Umgang mit NH3 als Kältemittel, hat sich aber dennoch nach seiner Selbstständigkeitsfindung rasch in die unteren Regionen der Gewerbe- und Klimakälte hineinarbeiten können. Wenn davon auszugehen ist, dass die sogenannten natürlichen Kältemittel immer mehr in den Fokus von Planern und Anlagenbauern gelangen, so ist dem Gros der handwerksgestützten Kälteanlagenbauer anzuraten, sich bei der ständig notwendigen Fortbildung innerhalb ihres Berufsstands auch mit dem Kältemittel Ammoniak oder auch R723 zu beschäftigen. Nicht nur deshalb bieten innungseigene Kältefachschulen wie zum Beispiel Maintal dem entsprechende Fachkurse an. Von der Anlagenkonzeption im Kühllogistikzentrum der Spedition Gartner KG in Kehl, geplant von KWN Seekirchen (Österreich) und installiert von der Schulz Kälte- und Klimatechnik GmbH in Heddesheim war sehr beeindruckt auch P.W. -

Natürliche Kältemittel

Auf weitere Beispiele für den Einsatz nicht halogenierter Kälte­mittel weist die Initiative Eurammon hin, in der sich Unternehmen, ­Institutionen und Einzelpersonen für den verstärkten Einsatz von natürlichen Kältemitteln engagieren.

Eine große Anlage mit NH3 als Kältemittel betreibe z.B. auch der dänische Schlachthof Danish Crown mit einer Produktionsfläche von 75000 m2, der täglich 10000 Schweine verarbeite. Das Ammoniak wird über ein 15 km langes Leitungsnetz verteilt. Knapp 150 Kühler sorgen für die Verbreitung der Kaltluft.

Als Beispiel für die Verwendung von R723, das ist ein azeotropes Gemisch aus Dimethylether und dem natürlichen Kältemittel ­Ammoniak, wird der österreichische Fleischverarbeiter Mühlviertler Alm Biofleisch GmbH genannt. Vorteile dieses Kältemittels seien niedrigere Endtemperaturen bei der Verdichtung und bessere ­Eigenschaften bei der Ölrückführung. https://www.eurammon.com/

P.W.

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