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Kommunikation mit LON

Automatisierungstechnik ermöglicht intelligentes Energiemanagement

Die einfachsten Systeme für das Energiemanagement sind die sogenannten Maximumwächter, die bei Überschreiten einer vorgegebenen Leistungsgrenze einzelne Verbraucher gemäß einer Prioritätenliste sukzessive abschalten. Allerdings können hier nur regelungsträge Systeme wie Wärmeanwendungen oder Klimaanlagen eingebunden werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Abschaltung der Verbraucher zentral und unabhängig vom Prozessstatus erfolgt.

Grundlage für ein intelligentes Energiemanagement ist die Vernetzung der technischen Einrichtungen mit Automatisierungssystemen wie zum Beispiel LON, das sich als offenes und dezentrales System besonders für gewerkeübergreifende Optimierungen eignet.

Intelligente Lösungen für das Energiemanagement führen zur Kappung von Lastspitzen. Dazu befindet sich am Hauptzähler des Standorts die LON-fähige Grundstation. Sie prognostiziert den Leistungstrend aufgrund der erfassten aktuellen Leistung und gibt ihn an das LON-Netz weiter. Im Unterschied zu herkömmlichen zentralen Systemen entscheidet nicht die Grundstation, ob ein Verbraucher abgeschaltet wird, sondern jede Unterstation am Verbraucher selbst. Damit die Grundstation weiß, ob und wie viel Energie zum Lastabwurf in welcher Prioritätsstufe zur Verfügung steht, gibt es Rückmeldungen von den Untersta­tionen. Dazu berechnet jede Unterstation aufgrund der eingestellten Leistungen und der aktuellen Prozessdaten ihre momentan verfügbare Abschaltleistung und sendet diese an die Grundstation. Die einzelnen Komponenten können diese Leistung aufgrund ihrer Reglerdaten dynamisch ermitteln. Dieses Verfahren erlaubt auch die spätere Erweiterung der Anlagen.

Im Einzelnen läuft es so ab, dass die Grundstation über den Stromzähler die momentane Leistungsaufnahme der Anlage ermittelt. In ihr ist auch die Tarifsituation abgebildet. Die Grundstation stellt allen Komponenten am LON-Bus folgende Informationen zur Verfügung:

  • Status Energieverbrauch: Niedrig-, Mittel- oder Hochphase
  • Abschaltpriorität: 255 Stufen, die der Dringlichkeit der Leistungsabschaltung entsprechen

Wenn der Energieverbrauch in Richtung der eingestellten Grenzwerte steigt, wird die Abschaltpriorität erhöht. Die Komponenten vergleichen die eingestellte Priorität mit der aktuell gültigen Abschaltpriorität und reagieren darauf: Wenn zum Beispiel beim Kühlstellenregler der Istwert unter dem Sollwert liegt, kann die Kühlung vorzeitig beendet werden. Wenn sich Kühlstellen abschalten, kann der Verbundregler Verdichterstufen abschalten. Damit sinkt der Verbrauch an elektrischer Energie. Die Abschaltpriorität wird so lange erhöht, bis die erforderliche Abschaltleistung erreicht ist.

Wenn der Status Energieverbrauch auf niedrig steht, können die Kom­ponenten energieintensive Operationen wie das Abtauen einleiten oder die Sollwerte für Raumtemperatur absenken, um für den ­Ausgleich von Lastspitzen Kälte zu speichern.

Mit diesen Systemen ist es möglich, Lastspitzen zu begrenzen und damit die Betriebskosten zu senken. Der Nachteil dieser Lösung ist, dass bei der Einrichtung Zusatzkosten für die Grundstation und den Einrichtungsaufwand entstehen, die oft gescheut werden.

Einfaches Verfahren für die Kältetechnik

Wenn sich das Energiemanagement nur auf die Kältetechnik beschränken soll und die Anlage mit LON vernetzt ist, gibt es noch eine weitere intelligente Lösung. Sie funktioniert ohne zusätzliche Grundstation und ist sehr einfach in Betrieb zu nehmen.

Das vorhandene Signal zum Lastabwurf wird wie bisher üblich an den Verbundregler angelegt. Bei Aktivierung wird die entsprechende Leistung abgeschaltet, indem zum Beispiel Verdichter gesperrt werden. Dadurch wird der Saugdruck ansteigen, so dass die Gefahr besteht, dass das Kühlgut nicht mehr ausreichend gekühlt wird.

Saugdruck wird zur Führungsgröße

Die Idee ist, die noch zur Verfügung stehende Verdichterleistung entsprechend der Wertigkeit des Kühlguts nach dem Motto Sekt vor Selters aufzuteilen. Der Verbundregler teilt den Kühlstellenreglern mithilfe eines Trendsignals den Anstieg des Saugdrucks und dessen Tendenz mit. Die Kühlstellenregler stellen ihr Regelverhalten intelligent auf dieses Trendsignal ein. Das Trendsignal wird so lange erhöht, bis so viele Lasten abgeschaltet wurden, dass der erforderliche Saugdruck erreicht wird. Wenn die Kühlstelle mit dem empfindlichen Kühlgut die geforderte Temperatur erreicht hat, wird diese Kälteleistung für andere Kühlstellen mit geringerer Priorität frei.

Zur Nutzung dieser Strategie ist lediglich die Einstellung von zwei Parametern am Kühlstellenregler nötig: der Kanal, auf dem der Regler arbeitet, und die Priorität des Kühlguts. Die meisten Kälteanlagen arbeiten mit mehreren Kältekreisläufen, so dass eine Zuordnung des Reglers zum Kanal erfolgen muss. So kann beispielsweise der Kältekreislauf für die Normalkühlung über Kanal 1 laufen, der Kreislauf für die Tiefkühlung über Kanal 2.

Die Priorität der Kühlstelle gibt an, wie empfindlich das Kühlgut ist und wie wichtig dementsprechend die ununterbrochene Kühlung ist. Dabei entspricht 100% dem empfindlichsten Kühlgut und 1% dem unempfindlichsten. Fleisch und Fisch sollten entsprechend die höchste ­Priorität mit 100 haben, während für Getränke eher eine niedrige Priorität wie 20 ausreichend ist.

Mithilfe der Absenkung der Kälteleistung ist ein einfaches und kostengünstiges Energiemanagement in Kälteanlagen möglich, das sich ohne großen Aufwand schnell in Betrieb nehmen lässt. Ein weiterer Vorteil ist, dass das beschriebene Verhalten herstellerunabhängig funktioniert. Es wurde im Arbeitskreis Kälte- und Klimatechnik der Lonmark Deutschland erarbeitet und definiert. Lonmark Deutschland ist eine Vereinigung von Firmen, die LON als Bussystem einsetzen. Die gewerke- und herstellerübergreifende Funktion wird durch die Definition von Profiles gewährleistet. Profiles sind die Schnittstellenbeschreibungen für die einzelnen Komponenten einer Anwendung. Über die Lonmark International werden sie in den Status eines weltweiten Standards gehoben.

Weitere Vorteile der LON-Kommunikation

Wenn die Regler in einer Kälteanlage über LON vernetzt sind, ergeben sich weitere Vorteile, die ohne zusätzliche Kosten genutzt werden können. Auch diese funktionieren herstellerunabhängig.

Zunächst ist der Warenschutz zu nennen, wenn ein Verdichter in der Verbundanlage ausfällt oder wenn durch Verschmutzung der Verflüssiger der eingestellte Saugdruck überschritten wird. Hier besteht die Gefahr, dass empfindliches Kühlgut nicht mehr ausreichend gekühlt wird. Die noch zur Verfügung stehende Leistung wird dann entsprechend der Wertigkeit des Kühlguts aufgeteilt.

Ein weiteres Beispiel ist die Verdichterlaufoptimierung. Verbundregler reagieren nur auf Druckveränderungen, verursacht durch das Ein- oder Ausschalten der Magnetventile. Damit ist ein optimaler und energiesparender Betrieb nicht möglich. Beim Einsatz der Kommunikationstechnik stellt der Verbundregler den Kühlstellenreglern Informationen über sein zu erwartendes Schaltverhalten zur Verfügung. Die Kühlstellenregler reagieren dann entsprechend ihrer Möglichkeiten. Wenn der Saugdruck beispielsweise zu niedrig ist, so dass der Verbundregler demnächst eine Stufe abschalten muss, teilt dieser das den Kühlstellenreglern mit. Wenn einer der Regler kurz vor der Grenze seines Einschaltpunkts angelangt ist, schaltet dieser ein wenig eher zu. Die Kältelast wird erhöht, so dass die Stufe nicht abgeschaltet und womöglich nach kurzer Zeit wieder zugeschaltet werden müsste. Durch die Verdichterlaufoptimierung kann eine Energieeinsparung erreicht werden. Außerdem wird die Zahl der Schaltzyklen verringert, was die Lebensdauer der Verdichter erhöht.

Sollte die gesamte Verbundanlage ausfallen, wird kein Kältemittel mehr verdampft. Normalerweise wissen die Kühlstellenregler nichts von dem Ausfall und lassen die Magnetventile offen, so dass es bei Wiedereinschalten der Verbundanlage zu Flüssigkeitsschlägen kommen kann. Durch die Kommunikation der Regler untereinander kann der Verbundregler den Kühlstellenreglern mitteilen, dass die Verbundanlage ausgefallen ist. Diese schließen dann die Magnetventile. So wird die Gefahr von Flüssigkeitsschlägen vermieden.

Durch Probleme am Verflüssiger wie Verschmutzung oder durch hohe Außentemperaturen kann der Hochdruck steigen. Bisher führte das entweder zum kompletten Ausfall der Kälteanlage oder im günstigeren Fall schaltet der Verbundregler über ein Hochdrucksignal Verdichterstufen ab. Beides führt dazu, dass der Saugdruck steigt, so dass die Gefahr besteht, dass das Kühlgut nicht mehr ausreichend gekühlt wird.

Über den LON-Bus stellt der Verflüssigerregler dem Verbundregler den Istwert des Hochdrucks zur Verfügung. Wird ein eingestellter Grenzwert überschritten, wird vom Verbundregler das Trendsignal erhöht. Der Verbundregler informiert mithilfe dieses Trendsignals die Kühlstellenregler. Je nach Kühlgut entscheiden die Regler selbst, wann sie abschalten. Durch die Abschaltung von Kühlstellen reduziert sich die angeforderte Kälteleistung. Der Verbundregler kann Stufen abschalten, was zur Absenkung des Hochdrucks führt.

Einbindung in die Leittechnik

In der Kältetechnik wird zunehmend LON genutzt, um einzelne Anlagenkomponenten miteinander zu verbinden und Anlagenvisualisierung und -steuerung, Fernwartung, Alarmmanagement und Dokumentation von Prozesswerten vornehmen zu können. Da LON ein offenes System ist, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten Anlagen zu visualisieren.

Kälte- und klimatechnische Anlagen können über LON nahtlos in übergreifende Automationssysteme von Gebäuden und Liegenschaften integriert werden. Daraus ergeben sich viele Synergieeffekte vom Anlagenbetrieb bis hin zur Auswertung, Dokumentation und Weiterverwendung von Daten. Durch die Möglichkeit, die Komponenten direkt einzubinden, werden keine Gateways benötigt.

Mit der neuen Benutzeroberfläche tocata für LON-Anwendungen können ­kältetechnische Komponenten und andere Gewerke unkompliziert vom Anlagenbauer selbst an eine flexible Leitwarte angeschlossen werden. Damit wird der Einsatz des LON-Systems in der Kältetechnik auch bei kleineren Projekten interessant. Tocata verbindet die Vorteile des LONSystems mit der einfachen und kosten­günstigen Inbetriebnahme, Steuerung und Wartung von Anlagen. Als Internet-Software konzipiert, funktioniert tocata mit jedem Web-Browser.

Das Programm erkennt Fabrikat und Gerätetyp und bindet die Komponente automatisch ein. Die Funktion der Kälteanlage bleibt aber vom Programm unabhängig. Weitere Funktionen sind:

  • Archivieren der gesamten Betriebsdaten der Kälteanlage (Temperatur, Druck, Feuchte, Frequenz, kWh, Stromaufnahme)
  • Alarmieren bei Überschreiten von Grenzwerten per Telefax, SMS oder E-Mail
  • Kommunizieren über Intranet, Internet und Datenfernübertragung (ISDN)
  • Ablesen der aktuellen Anlagenwerte von beliebigen Standpunkten aus
  • Fernverstellung von Sollwerten, Abtauzeiten, Einleitung des Abtau-vorgangs u.s.w.

Beispielanlage

Das intelligente Energiemanagement wurde in der Bioland-zertifizierten Metzgerei Scharfenbaum realisiert. Auslöser für den Einsatz eines Energiemanagementsystems war, dass die zur Verfügung stehende ­elektrische Anschlussleistung für eine Erweiterung der Anlage begrenzt war. Die Projektplanung erfolgte durch Schiessl Meschede und den Fachbetrieb Kälte Klima Vorderwülbecke in Bestwig. Die Kühlfläche wurde bei der Erweiterung auf 266 m² mehr als verdoppelt. Im Zuge dieses Umbaus wurde die komplette Regelungstechnik ersetzt.

Im NK-Bereich kommen als Verdichter zwei halbhermetische Hubkolbenverdichter Bitzer 4TCS-8.2 zum Einsatz. Die Verdichter werden von einem Verbundregler Kriwan INT102 F angesteuert, wobei ein Verdichter über einen Hitachi L300 frequenzgeregelt wird. Die Regelung der acht Kühlräume erfolgt mit dem Kühlstellenregler Kriwan INT101 AC. Die fünf Klimaräume werden mit Störk-Tronic ST710-PNUVL.32 geregelt. In drei Räumen erfolgt eine Feuchteregelung mit StörkTronic ST710-PNUVL.32.

Für die TK-Zelle ist der Bitzer Ver­flüssigungssatz LH64/2EC-3.2 mit halb­hermetischem Kolbenverdichter eingebaut. Die Regelung erfolgt mit einem Kühlstellenregler Kriwan INT101 AC. Als Verdampfer kommen Geräte von Küba und Roller zum Einsatz. Weiterhin wurde noch eine Wärmerückgewinnungsanlage installiert.

Alle Regler sind über LON vernetzt. Es werden die beschriebenen Mehrwertfunktionen von LON genutzt. Zur Visualisierung und Dokumentation wird tocata eingesetzt.

Der Betreiber der Anlage ist mit dem ­System sehr zufrieden. Nach der Ver­dopplung der Kühlfläche und dem Umbau der Regelungstechnik fallen pro Monat 200 Euro weniger Energiekosten an.

Fazit

Durch den Einsatz von intelligenter Auto­matisierungstechnik ist eine wesentliche Reduzierung der Betriebskosten möglich. Über die Warenschutzfunktion kann einfach ein intelligentes Energiemanagement realisiert werden. Aufgrund der Vernetzung mit LON erhält man außerdem ohne weitere ­Kosten eine ganze Reihe von zusätzlichen Funktionen zur Erhöhung der Betriebssicherheit. Bei der Realisierung ist man nicht an einen Hersteller gebunden, da die Stra­tegien im Arbeitskreis Kälte-/Klimatechnik der Lonmark Deutschland entstanden sind, und viele Hersteller diese in ihren Reglern umsetzen. Durch die Übernahme in die Profils wird ein weltweiter Standard fest­geschrieben.

Kälte- und klimatechnische Anlagen können über LON nahtlos in übergreifende Automationssysteme von Gebäuden und Liegenschaften integriert werden. Mit tocata wird der Einsatz von LON-Systemen auch bei kleineren Projekten interessant. Bisher realisierte Anlagen waren einfach in Betrieb zu nehmen und arbeiten seitdem problemlos und mit hoher Zu­verlässigkeit.-

Links

https://tocata.de/

Christoph Leja

ist Produktmanager bei der Kriwan Industrie-Elektronik GmbH in Forchtenberg

Christoph Leja, Forchtenberg

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