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Das Kältemittel Ammoniak überzeugt in neuen Einsatzbereichen

Wärmepumpenkarriere

Sie nutzen die umweltfreundliche und energieeffiziente Technologie, um den eigenen Wärmebedarf zu decken oder sogar ganze Stadtteile nachhaltig zu heizen. Die Gründe dafür sind gleichermaßen ökonomischer und ökologischer Natur: Neben einem Erderwärmungs- und Ozonabbaupotenzial von jeweils Null verfügt NH3 über hervorragende thermodynamische Eigenschaften. Das Ergebnis: Ammoniak ist ein sehr effizientes Kältemittel, mit dem sich bei Wärmepumpen ein extrem hoher Wirkungsgrad erzielen lässt. Drei eurammon-Mitgliedsunternehmen zeigen anhand aktueller Projekte, was bei großen Wärmepumpen bereits möglich ist.

Norwegen: Fernwärme aus dem Fjord

In den Fjorden Norwegens ruht ein immenses Energiepotenzial, das die Stadt Drammenerkannte, als es 2008 ein ehrgeiziges Projektausschrieb: Gesucht wurde ein nachhaltiges Fernwärmesystem, das die Wärme des Fjordwassers mit Wärmepumpen nutzbar macht, um fast einen ganzen Stadtteil der 65 000 Ein-wohnerstadt mit günstiger und umweltfreundlicher Wärme zu versorgen. Den Zu-schlag erhielt das eurammon-Mitglied Star Refrigeration, das so überzeugt von großen Ammoniak-Wärmepumpen ist, dass hierfür mit Star Renewable Energy eine eigene Tochtergesellschaft gegründet wurde. Ein ausschlaggebendes Kriterium für den Zuschlag war die Umweltfreundlichkeit der vorgeschlagenen Lösung mit Ammoniak. Drammen ist die weltweit größte Wärmepumpe bei 90 °C mit einem natürlichen Kältemittel. Es zu schaffen, derart effizient Wärme aus einem Fluss auf ein nutzbares Temperaturniveau an-zuheben, ist bemerkenswert“, erklärt Dave Pearson, Geschäftsführer von Star Renewable Energy. Dies ist nur mit Ammoniak möglich.“

Ein Musterbeispiel mit Nachahmungspotenzial

Die Wassertemperatur des Fjordes beträgt im Winter durchschnittlich 8 °C, im Sommer liegt sie durch schmelzendes Gletscherwasser sogar bei nur 6 °C. Wegen seiner konstanten Temperatur wird das Wasser, etwa einen Kilometer vom Ufer entfernt, in 35 m Tiefe entnommen und filtriert in die Wärmepumpenanlage befördert. Hier wird die thermische Energie des Wassers auf einen geschlossenen Kreislauf übertragen und von drei, für 65 bar konzipierten und in Serie geschalteten, zweistufigen Wärmepumpen sukzessive auf 90 °C erhitzt. Dabei kommt jede Wärmepumpe mit einer Füllmenge von nur 1 000 kg NH3 aus. Durch das intelligente Systemdesignerreichen die Ammoniak-Wärmepumpen einen COP von 3,15. Das fast kochende Wasser gelangt anschließend über ein 22 km langes Leitungssystem nach Drammen und versorgt die angeschlossenen Gebäude über einen Wärmeübertrager mit Warmwasser und Heizung. Und zwar zu einem unschlagbar günstigen Preis: Eine Megawattstunde kostet so gerade einmal elf Euro. Mit einer Kapazität von 43 MW deckt die Anlage rund 70 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Stadtviertels. Im Jahr 2013 lieferte Drammen Fernwärme“ insgesamt 90 GWh – mit 67 GWh erzeugten die Wärmepumpen knapp drei Viertel davon nachhaltig und kosteneffizient. Ein beeindruckendes Musterbeispiel, dem zukünftig viele ähnlich am Wasser gelegene Städte, wie Stockholm oder Orte an der Donau, folgen könnten. Die Durchflussrate der Donau würde es etwa erlauben, rund 2 GW Wärme zu extrahieren.

Deutschland – Silberbergwerk als energetische Goldgrube

Das Kreiskrankenhaus in Freiberg bei Dresden liegt idyllisch im Erzgebirge über einem alten Silberbergwerk – und profitiert von dieser Lage seit dem Frühjahr 2014 in ganz besonderer Weise. Denn in 200 m Tiefe, im Stollen unter dem Krankenhaus, fließt Grubenwasser mit einer ganzjährig gleichbleibenden Temperatur von etwa 14 °C. Mit dem Ziel, diese Quellwärme zu nutzen, konzipierte Johnson Controls eine zweistufige Ammoniak-Wärmepumpe, die das Krankenhaus beheizt. Für uns war es wichtig, bei der Wahl des Wärmepumpensystems alle lokalen Besonderheiten, wie etwa den Zugang zu Grubenwasser, zu berücksichtigen“, erklärt Dr.-Ing. Jürgen Brückner von Johnson Controls. Die Entscheidung fiel auf eine Kombination aus Wärmepumpe und Blockheizkraftwerk, die in Spitzenzeiten eine Gesamtheizleistung von 1,16 MW erzeugt.

Gut gebohrt – 200 Meter durch den Freiberger Gneis

Das 14 °C warme Grubenwasser strömt in 200 m Tiefe mit einem Volumenstrom von 300 l/s aus dem Stollen in den Fluss Triebisch. Zuerst wird ein Teil des Wassers in einen extra errichteten Maschinenraum auf der dritten Schachtsohle gepumpt. Dort wird die im Wasser gespeicherte Wärme von rund 615 kW über einen Plattenwärmeübertrager auf den NH3-Kreislauf übertragen. Eine Herausforderung: Um die Rohre aus dem Stollen in die übertage liegende Heizzentrale zu führen, musste ein 200 m tiefes Loch mit 50 cm Durchmesser durch das Gestein gebohrt werden. Aus der zugeführten Verdichterleistung von 215 kW resultiert eine Heizleistung von 815 kW. Ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk erzeugt die elektrische Energie für den Betrieb der Wärmepumpe, die eine Heizleistung von 815 kW erbringt. Auch beim BHKW steht die Energieeffizienz im Fokus: Um den Gesamtwirkungsgrad zu steigern, wird die Abwärme des BHKWs in das Gesamtsystem eingespeist – sie erhöht die finale Temperatur des Heizkreislaufs auf bis zu 76 °C. So erzeugt das Gesamtsystem aus einem Energieäquivalent von einem Normkubikmeter Gas eine Heizwärme von ca. zwei Normkubikmeter Gas, welches einen COP-Wert der Wärmepumpe von bis zu 4,05 bedeutet. Damit liegen die Wärmerzeugungskosten bei nun nurnoch 57 Euro/MWh. Mit der nachhaltig und kosteneffizient erzeugten Wärmeenergie kann das Krankenhaus rund 80 Prozent seines Wärmebedarfs selbst decken, Heizkosten von etwa 350 000 Euro / Jahr einsparen und so die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern.

Schweden: Vorleben, was man anderen predigt

Alfa Laval ist einer der weltweit größten Hersteller von Wärmeübertragern. An seinem Standort im Stadtteil Gunnesbo im südschwedischen Lund ist das eurammon-Mitglied seit 2013 auch Vorbild in eigener Sache: Prozesswärme, die bei der Produktion der Komponenten entsteht, wird nun für ein neues Wärmepumpensystem mit Ammoniak genutzt. So gelingt es Alfa Laval, fast den gesamten Wärmebedarf von Fabrik und Unternehmenszentrale für Heizung und Brauchwasser zu decken – und zwar einfach nur mithilfe bereits vorhandener Wärme. Das ist nicht nur besonders nachhaltig und erspart der Umwelt pro Jahr rund 140 t CO2. Es ist auch eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Investition: Denn bislang bezog das Unternehmen rund 3 700 MWh Fernwärme – ein enormer Kostenfaktor, der sich mit der neuen Wärmepumpe um voraussichtlich 80 Prozent reduzieren lässt. Damit amortisiert sich die Investition bereits nach drei Jahren.

Doppelter Wirkungsgrad. Einfach umgesetzt.

Bemerkenswert ist der Einsatz, mit dem Jesper Olsen, Market Manager Industrial Refrigeration, das Projekt intern voran-trieb. Für ihn besaß das ursprüngliche Wärmepumpen-Konzept ein enormes Verbesserungspotenzial. Ich war mir sicher, dass ein Wärmepumpen-System mit einem doppelt so hohen Wirkungsgrad möglich ist, das zudem ein natürliches und zukunftssicheres Kältemittel nutzt“, erklärt Olsen sein Engagement. Im Zentrum der neu konzipierten Anlage steht ein gefluteter Verdampfer, den Olsen mit einem U-Turn-Separator kombinierte. Er nimmt die thermische Energie des Ölkühlungssystems auf, das beim Pressvorgang der Plattenproduktion im Werk auf rund 28 °C erhitzt wird. Nach der Verdichtung gibt das Hochdrucksystem die Wärme im Verflüssiger an einen geschlossenen Heizwasserkreislauf ab, in dem die Wassertemperatur so auf 65 °C steigt. Die Anlage nutzt einen Hochdruckkreislauf und benötigt so lediglich 40 kg Ammoniak. Insgesamt besitzt die Wärmepumpe eine Kapazität von 827 kW. Besonders praktisch: Alfa Laval nutzt das gelungene Projekt als in-house“-Referenz und Show-Room für Kunden und Mitarbeiter.

Drei Projekte. Ein Kältemittel. Viele Möglichkeiten.

Trotz aller Verschiedenheit zeigen die Projekte eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten – alle Lösungen setzen bei der Konzeption einer umweltfreundlichen, energie- und kosteneffizienten Wärmepumpenlösung auf Ammoniak. Darüber hinaus sind die Projekte nicht nur ausgezeichnete Fallbeispiele – sie besitzen Vorbildcharakter und zeigen neue Chancen in einem wachsenden Marktsegment auf: Ammoniak-basierte Wärmepumpen im extrem großen Leistungsbereich – nicht nur im industriellen Einsatz.

https://www.eurammon.com/

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