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Gespräch zur Aktuelle Kältemittel-Situation

Eine komplexe Situation

„Es scheint, dass die Absichten der Regulierungsbehörden weit über die umwelt- oder technischen Probleme hinausgehen und sie eher darauf abzielen, die Abhängigkeit des europäischen Marktes von Importprodukten wie fluorierten Kältemitteln zu verringern. Tatsächlich findet die Produktion zu 80 Prozent außerhalb der EU statt und die übrigen 20 Prozent zwar in den Ländern der Europäischen Union, aber in Lizenz für Unternehmen, deren Hauptsitz außerhalb der EU liegt.“, betont Bisco.

Eine Überlegung, die zu einer Beurteilung der ­Marktperspektive veranlasst.

„Europa ist natürlich immer noch ein ziemlich wichtiger Markt, aber restriktive Bestimmungen wie die F-Gase-Verordnung oder die vorliegende Revision der REACH-Verordnung sind durchaus in der Lage, Europa als sehr überzeugenden Markt für alternative Lösungen zu charakterisieren. Gleichzeitig wächst der Markt für umweltfreundliche Produkte zwar auch in anderen Regionen, wie den USA oder China, aber Märkte mit höheren Wachstumsraten treiben den Übergang zu umweltfreundlicheren Lösungen stärker voran. Dadurch etablieren sich möglicherweise Betriebsbedingungen für Hersteller von Maschinen und Komponenten und Installateure, welche eine leichtere und weniger störende Instandhaltung ermöglicht.“

Manche Umweltschützer würden vielleicht sagen, dass sie es sich leicht machen ...

„Das stimmt nicht – in China werden Ventilkörper bereits seit einiger Zeit aus Edelstahl gefertigt. Das ist bisher die einzige Lösung, um die mit Blei in Kupferlegierungen und insbesondere in Messing verbundenen Probleme zu vermeiden, von denen unser Markt betroffen war und die trotz einer gesetzlichen Beschränkung noch nicht gelöst wurden. Das liegt daran, dass die Herstellung von Messing ohne Blei – und somit ohne die damit verbundenen Umwelt- und Gesundheitsrisiken – eine aus Kostengründen nicht praktikable Lösung ist. Und in den USA werden für die Klimatisierung hauptsächlich HFOs eingesetzt, in der es keine andere Lösung als R290 gibt, was in Europa nicht möglich zu sein scheint.“

Aber kommen wir zurück nach Europa – auf die vorgeschlagenen Beschränkungen im Rahmen der REACH-Verordnung.

„Der Hauptstreitpunkt ist R134a aufgrund seines Zerfall Potenzials zu PFAS, infolge der Einbeziehung von R1234yf. Die Aufmerksamkeit richtet sich jedoch auch auf andere Gase wie R32, R1234ze und HFO-Gemische gerichtet, unter denen wir R455A, R454C und R454B erwähnen können. Das erzeugt ein echtes und konkretes Problem für die Zukunft, da praktisch alles, was eine Alternative zu Propan sein könnte, aus dem Rennen ist. Und wenn R290 bis 20 Kilowatt im Hinblick auf die Handhabbarkeit als „akzeptabel“ gilt, dann ergibt sich oberhalb von 20 Kilowatt ein ernstes Problem mit den entsprechenden Konsequenzen.“

Welche?

„Es läuft darauf hinaus, dass Direktverdampfungssysteme auf ein Minimum reduziert werden. Letztlich werden wir nur noch Hydraulische Systeme haben, um die Verwendung hochentzündlicher Gase in Primärkreisen ohne Risiken in geschlossenen Räumen zu ermöglichen. Die beiden Seiten der Schere, F-Gas und PFAS, lassen scheinbar wenig Raum, auch wenn einige behaupten, Kohlendioxid auch in ­Klimatisierungsanwendungen einsetzen zu können.“

Es ist eine ziemlich gewagte Idee – bisher sind transkritisches CO₂ Anlagen effizient in kombinierter Anwendung für Kühlung und Klimatisierung in Verbindung mit Wärmerückgewinnung.

„Die Daten aus einigen Studien scheinen diese Einsatzmöglichkeit zu unterstützen, aber das sind komplexe und teure Maschinen mit starken wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Lieferkette und im Hinblick auf die Bau- und Installationskosten. Es gibt große Marktakteure wie Panasonic oder spezialisierte Anbieter wie Enex, welche hohe Investitionen tätigen und gute Ergebnisse mit speziellen Klimatisierungsanwendungen erhalten.“

Es bleibt eine weit verbreitete Verunsicherung.

„Egal, wie viel wir erforschen, nichts verringert das Ausmaß der Auswirkungen auf die Lieferkette und die Ratlosigkeit in Anbetracht des regulatorischen Drucks nimmt auch deshalb zu, weil PFAS bisher kein klares Risikoprofil hat: Die wissenschaftliche Literatur zum Thema ist sich nicht einig und die auffindbaren Studien kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Das ermöglicht, dass sich ein Willen, der eher von einer politischen Ausrichtung als von Verantwortung für die Umwelt oder die Gesundheit, durchsetzt, als der von potenziell vom PFAS-Kreislauf betroffenen Bevölkerungen geleitet wird.“

Aber ist der Komponentenmarkt bereit für diesen Wandel?

„Nach einigen Jahren regulatorischer Unsicherheit hat uns die jüngste Aktualisierung der Norm EN 60335-2-24/40/89 ermöglicht, ein klareres Bild von den Produktanforderungen für den Betrieb von Anlagen mit brennbaren Kältemitteln zu erhalten: Die Aktualisierung hat wichtige und grundlegende Paragrafen wie 22.116 und 22.117 in EN 60335-2-40 aufgenommen. Der für die Zertifizierung der Sicherheit elektromechanischer Komponenten erforderliche Zertifizierungsprozess ist jetzt klarer und das ermöglicht es Sanhua, in Zusammenarbeit mit wichtigen deutschen Zertifizierungsstellen die völlige Sicherheit seiner Produkte in Systemen mit A2L- und A3-Kälte­mitteln zu garantieren. Die eingeholten Produktzertifizierungen bestätigen die elektrische Sicherheit und demonstrieren, dass die Bauteile von Sanhua keine potenziellen Zündquellen darstellen. Unter den zahlreichen, von den Zertifizierungsstellen, durchgeführten Tests können wir die Überprüfung der Oberflächentemperatur der Spulen unter maximaler Belastung (Kurzschluss) und das Fehlen von Kontakten, welche Funken erzeugen könnten, erwähnen. Dies ist sicherlich ein entscheidender Punkt, der den Wandel begünstigt, aber es erfordert auch, dass die Anwender der Technologien – die Betreiber vor Ort – diesem Wandel folgen. In jedem Fall ist das all­gemeine PFAS-Problem noch nicht gelöst, denn die mögliche ­Ergänzung der von einem Verbot bedrohten Stoffe um PTFE und Teflon könnte die Angelegenheit noch komplizierter machen. Derzeit ist keine „wirtschaftliche“ Alternative verfügbar, mit der wir dieses Hindernis überwinden können.“

Ist eine Ausnahmeregelung plausibel? Könnte sie helfen?

„Ja, und es wäre nicht die erste Ausnahmeregelung in diesem Bereich: Wir dürfen nicht vergessen, dass das bereits erwähnte Blei in den Kupferlegierungen (insbesondere Messing), die für die Herstellung von Komponenten verwendet werden, bereits seit über 20 Jahren einer Ausnahmeregelung unterliegt, da keine akzeptable Alternative gefunden wurde. Die industriellen Kosten für Ersatz­lösungen sind um 80 Prozent höher und die Auswirkungen aller versuchten Lösungen auf die Handelspreise waren so hoch, dass der Gesetzgeber die weitere Verwendung erlaubt hat. Teflon könnte dieselbe „Behandlung“ erfahren und nach unserem aktuellen Wissensstand wäre das vielleicht wünschenswert.“

Frederico Bisco
Technischer Direktor Sanhua

Bischof & Broel

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