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Praxiswissen rund um den Verdichter Teil 1:

Softstarter Die Lösung für sanften Verdichterstart

Der Startstrom beträgt zumeist ein Vielfaches des Nennstroms. Dieser kann je nach Motorausführung zwischen dem 3-Fachen bis 15-Fachen des Bemessungsbetriebsstroms liegen. Als typischer Wert kann der 5-fache bis 8-fache Motorbemessungsstrom angenommen werden.

Diese hohen Ströme führen nicht nur zu störenden Netzbelastungen und Spannungseinbrüchen, die sich dann auch wieder negativ auf andere Verbraucher auswirken. Zudem haben diese Stromspitzen höhere Betriebskosten zur Folge. Einerseits durch die höheren Bereitstellungskosten durch den Energieversorger, andererseits erfährt der Verdichter zudem eine höhere mechanische Belastung beim Start, verbunden mit höheren Servicekosten und einer Verkürzung seiner Lebensdauer.

Hohes Anzugsdrehmoment

Der hohe Startstrom von Asynchronmotoren wirkt sich auch negativ auf die Anzugsdrehmomente aus. So kann für das Anzugsdrehmoment und Kippdrehmoment üblicherweise zwischen dem 2-Fachen bis 4-Fachen des Bemessungsdrehmoments angenommen werden. Für den Kältemittelkompressor bedeutet dies, dass die im Verhältnis zum Nennbetrieb auftretenden Anlauf- und Beschleunigungskräfte, eine erhöhte mechanische Belastung auf die Maschine hervorrufen mit den damit verbundenen Nachteilen. So wird die gesamte Mechanik der Maschine stärker beansprucht und die Kosten durch Verschleiß und Wartung steigen an.

Lösungen für einen sanften Anlauf

Um das Problem hoher Anlaufströme in den Griff zu bekommen, gibt es verschiedene Lösungswege. Die bekanntesten darunter sind Anlaufentlastung über Bypassmagnetventil, Rückschlagventil und Stern/Dreieck-Schützkombination. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, durch elektronische Komponenten (Softstarter und Frequenzumformer) den Verdichtermotor in einer bestimmten Zeit auf seine Nenndrehzahl hochzufahren. Dadurch entstehen wesentlich niedrigere Stromspitzen als bei einem klassischen Stern/Dreieck-Start mit Anlaufentlastung.

Sanftstarter Die Funktionsweise

Das Bock ESS-System beispielsweise besitzt in zwei der drei Phasen zwei antiparallel geschaltete Thyristoren: jeweils ein Thyristor für die positive und ein Thyristor für die negative Halbschwingung. Der Strom in der dritten, ungesteuerten Phase ist eine Addition der Ströme aus den gesteuerten Phasen.

Mittels Phasenanschnitt wird der Effektivwert der Motorspannung innerhalb einer wählbaren Anlaufzeit von einer einstellbaren Startspannung auf die Motorbemessungsspannung angehoben. Der Motorstrom verhält sich proportional zu der am Motor angelegten Spannung. Der Anlaufstrom wird somit um den Faktor der am Motor anliegenden Spannung reduziert. Das Drehmoment verhält sich quadratisch zu der am Motor angelegten Spannung. Das Anlaufdrehmoment wird somit im quadratischen Verhältnis zu der am Motor anliegenden Spannung reduziert.

Nach dem Hochlaufen des Motors sind die Thyristoren voll durchgesteuert, somit liegt die komplette Netzspannung an den Motorklemmen an. Da im Betrieb keine Regelung der Motorspannung nötig ist, werden die Thyristoren durch intern eingebaute, für AC1-Strom ausgelegte Bypasskontakte überbrückt. Durch diese wird verhindert, dass während des Dauerbetriebs durch die Verlustleistung des Thyristors Abwärme entsteht. Die Aufheizung der Schaltgeräteumgebung wird somit vermindert.

Die Bypasskontakte werden im Betrieb durch ein integriertes elektronisches Lichtbogenlöschsystem geschützt. Dieses verhindert die Schädigung durch Öffnen der Überbrückungskontakte im Fehlerfall wie beispielsweise bei kurzzeitiger Unter­brechung der Steuerspannung, mechanischen Erschütterungen oder lebensdauerbedingten Bauteildefekten an Spulenantrieb oder Hauptkontaktfeder.

Physikalisch bedingt ist bei der 2-phasigen Ansteuerung die Stromhöhe im Anlauf unterschiedlich, da der Strom in der ungesteuerten Phase aus der Addition der Ströme in den zwei gesteuerten Phasen resultiert. Die Asymmetrie kann im Anlauf ca. 3040 % betragen (Verhältnis niedrigster Strom zu höchstem Strom in allen drei Phasen). Dies kann zwar nicht beeinflusst werden, ist in der Regel aber unkritisch. Sie könnte z.B. eine zu knapp ausgelegte Sicherung in der ungesteuerten Phase zum Auslösen bringen.

Funktionen des ESS-Systems

Der Sanftanlauf wird beim ESS durch eine Spannungsrampe erreicht. Die Klemmenspannung des Motors wird innerhalb einer einstellbaren Anlaufzeit von einer parametrierbaren Startspannung bis auf Netzspannung angehoben.

Die Höhe der Startspannung bestimmt das Einschaltdrehmoment des Motors. Eine kleinere Startspannung hat ein kleineres Anzugsdrehmoment und kleineren Anlaufstrom zur Folge. Die Startspannung sollte so hoch gewählt sein, dass unmittelbar mit dem Startbefehl an den Softstarter der Motor sofort sanft anläuft.

Die Länge der eingestellten Rampenzeit bestimmt, in welcher Zeit die Motor­spannung von der eingestellten Start­spannung auf die Netzspannung angehoben wird. Dies beeinflusst das Beschleunigungsmoment des Motors, welches die Last während des Hochlaufens antreibt. Eine längere Rampenzeit hat ein kleineres Beschleunigungsmoment beim Hochlaufen des Motors zur Folge. Hierdurch ergibt sich ein längeres und sanfteres Anlaufen. Die Länge der Rampenzeit sollte so gewählt werden, dass der Motor innerhalb dieser Zeit seine Nenndrehzahl erreicht. Wird die Zeit zu kurz gewählt, wenn also die Rampenzeit vor dem physischen Hochlaufen des Motors endet, tritt in diesem Moment ein sehr hoher Anlaufstrom auf, der den Wert des Direktstartstroms bei dieser Drehzahl erreichen kann. Das Bock ESS-System vereinfacht diesen Vorgang durch deutliche Empfehlungen in der entsprechenden Dokumentation.

Fazit

Softstarter wie das Bock ESS-System sorgen für eine Stromreduzierung in der Anlaufphase. Dadurch gewährleisten sie einen kontinuierlichen und stoßfreien Drehmomentanstieg. Im Vergleich zu den noch effektiveren Frequenzumformern sind die Investitionskosten für einen Softstarter gering. Die Vorteile gegenüber klassischen Anlaufentlastungen sind allerdings überzeugend:

Sanfter Verdichterhochlauf von Null auf Nenndrehzahl, zeitlich gesteuert und überwacht

Bis zu 40 % niedrigerer Anlaufstrom als bei Stern/Dreieck-Start

Keine Stern/Dreieckschützkombination erforderlich

Kein Bypass zwischen Druck- und Saugseite erforderlich

Kein Magentventil und kein Rückschlagventil erforderlich

Keine Verdichterausfälle durch Fehlfunktio­nen einer Anlaufentlastung möglich

Ganz gleich, ob Bock ESS-System oder Systeme anderer Anbieter zukünftig werden elektronische Softstartsysteme kontinuierlich die Nachfolge klassischer Sternschaltungen antreten. Es überwiegen deutlich die Vorteile dieser Systeme. Sternschaltungen reduzieren zwar den Strom auf etwa ein Drittel. Gleichzeitig reduziert sich aber auch das Drehmoment um diesen Faktor. Zudem bedeutet die Umschaltung von der Stern- auf die Dreieckschaltung einen weiteren Strom- und damit Momentsprung, mit den erwähnten störenden Rückwirkungen auf das speisende Stromnetz sowie die Mechanik des Verdichters. -

Herold Kelich

Entwicklung und Versuch, Bock Kältemaschinen GmbH, Frickenhausen

Herold Kelich, Frickenhausen

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