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Dezentrale Lüftungstechnik

Kurze Wege bei der Luftverteilung sparen Baukosten und Energie

Warum muss Frischluft zur Klimatisierung von Büro- und Verwaltungsräumen weit entfernt von ihrem Bestimmungsort angesaugt und über aufwendige Kanalsysteme in die Räume verteilt werden? Der Nutzer selbst sitzt meistens nur wenige Meter von der frischen Außenluft entfernt. Zudem ziehen es viele Raumnutzer vor, selbst Einfluss auf das Arbeitsplatz-Klima zu nehmen gegebenenfalls sogar durch natürliche Lüftung.

Gestützt von einem festen Kern mit Nebenräumen sind Büroflächen üblicherweise im Fassadenbereich angeordnet. Konzepte mit variabler Raumaufteilung im Fassadenraster von 1,25 bis 1,66 m lassen anpassungsfähige Raumkonfigurationen zu. Diesen architektonischen Anforderungen muss sich das lufttechnische Konzept stellen.

Weiterhin bieten die Belegungszeiten von Büros erhebliche Möglichkeiten zur Energieeinsparung. Wird eine Zentralanlage zwölf Stunden pro Tag betrieben, so wird sie in einem Einpersonenbüro im Schnitt etwa 40% der Zeit genutzt bei einem 16-Stunden-Betrieb sind es nur 20%.

Anforderungen an Bürogebäude

Die auftretenden Lasten in einem Bürogebäude sind üblicherweise wie folgt:

  • Kühllast: 40 bis 80 W/m²
  • Heizlast: 30 bis 50 W/m²
  • Lüftungsbedarf: 40 bis 60 m³/h Person

Die Heizlast hat also eine untergeordnete Bedeutung. Durch freie Kühlung, gegebenenfalls mit geringfügiger Nachheizung oder Nachkühlung kann die Raumtemperatur über weite Zeitspannen kostengünstig gehalten werden.

Dezentrale Klimakonzepte eignen sich sehr gut für Gebäude mit vielen kleinen und mittleren Räumen. Für Großräume wie Versammlungssäle oder beispielsweise Sportstätten sind größere zentrale oder auch dezentrale Konzepte von Vorteil. Spezielle Vorteile der dezentralen Technik sind:

  • individueller Betrieb durch den Nutzer
  • weniger Technikfläche erforderlich
  • niedrigere Geschosshöhen durch Einsparungen bei Luftkanälen möglich
  • geringe Bau- und Betriebskosten durch kürzere Lufttransportwege
  • weniger Brandschutzklappen
  • einfache Planung und Installation sowie verkürzte Bauzeiten
  • Inbetriebnahme abschnittsweise möglich
  • flexible Raumaufteilung
  • Ausfall eines Gerätes beeinträchtigt nicht den Gesamtbetrieb

Dem stehen natürlich auch Nachteile gegenüber, die bei zentralen Klimageräten nicht auftreten oder sich leicht umgehen lassen:

  • Befeuchtung nur mit sehr großem Aufwand möglich
  • Entfeuchtung nur mit Kondensatabfuhr an jedem Gerät
  • begrenzte Kühlleistung
  • zur Wartung müssen die Räume betreten werden
  • zentrale Abluft erforderlich
  • kombinierte Zu- und Abluftgeräte nur mit nahe beieinander liegenden Luftöffnungen in der Fassade möglich

Bei den dezentralen Lüftungsgeräten haben sich verschiedene Bauarten durchgesetzt, die in Fassaden, Brüstungen, Doppelböden oder abgehängten Decken integriert werden können. Die Anordnung der Geräte im Doppel- oder Hohlraumboden habe sich dabei besonders bewährt, weil die Decke dadurch frei wird für ein zusätzliches statisches Kühl- und Heizsystem, zum Beispiel eine Betonkernaktivierung.

Dem Fassadenanschluss komme eine besondere Bedeutung zu. Der Anschluss dürfe keinesfalls starr sein. In Abstimmung mit dem Fassaden-Hersteller seien geeignete Anschluss-Konzepte wie flach dichtende Übergänge möglich.

Dezentrale Systeme eignen sich sowohl für Einfachfassaden als auch für Doppelfassaden. Wird eine Doppelfassade eingesetzt, so sollte die Außenluft nicht aus der Doppelfassade, sondern von außen her angesaugt werden. Hersteller bieten entsprechende Lösungskonzepte, beispielsweise nach außen abfallende Luftführungen mit Wetterschutz.

Kombinierte Zu- und Abluft-Geräte

In den meisten bislang realisierten Objekten seien reine Zuluft-Geräte zum Einsatz gekommen. In einigen Bauten wurden jedoch auch kombinierte Zu- und Abluftgeräte mit Wärmerückgewinnung eingesetzt.

Ergebnisse eines umfangreichen Betriebskostenvergleichs hätten Hinweise darauf gegeben, dass die dezentrale Wärmerückgewinnung wirtschaftliche Grenzen habe. Während der Belegungszeiten reiche die innere Last oft schon aus, um bis zu einer Außentemperatur von 0 bis +5 °C den Wärmebedarf zu decken. Zudem sei zu beachten, dass der Widerstand des Wärmetauschers stets mit überwunden werden muss.

VDMA-Einheitsblatt 24390

Das VDMA-Einheitsblatt 24390 Dezentrale Lüftungsgeräte, Güte- und Prüfrichtlinie stellt sehr detaillierte Anforderungen an dezentrale Lüftungsgeräte, so zum Beispiel:

  • Filter mindestens Güteklasse F5
  • Außenluftklappen müssen bei Stromausfall selbsttätig schließen
  • Innenauskleidung abriebfest
  • Druck- und Volumenstrom-Konstantregelung für Fassadendrücke von +200 Pa bis 200 Pa
  • alle wesentlichen Bestandteile Brandklasse A
  • Außenluftgeräte mit integrierter Wärmerückgewinnung sind mit Bypass zu versehen

Produktbeispiel

Ein Lösungskonzept für die Doppelboden-Anordnung bieten die Geräte Kavent BA von Kampmann aus Lingen. Rasterbezogen sollen sich 50 bis 120 m³/h, in Ausnahmefällen bis zu 180 m³/h Luft je Raster einbringen lassen. Die Außenluft werde durch einen Filter der Güteklasse F7 gefiltert.

Der EC-Ventilator mit Drehzahlregelung durch Kennlinien-Programmierung sorge für einen gleich bleibenden Volumenstrom. Steigt der Winddruck an der Fassade, so wird die Ventilatordrehzahl reduziert. Gleichzeitig werde die Außenluftklappe stetig weiter geschlossen. Steigt der Fassadendruck über einen definierten Grenzwert, so schließe die Klappe für eine kurze Zeit selbstständig. Bei Windsog an der Fassade erhöht der EC-Ventilator bis zu einer Unterdruck-Grenze von etwa 250 Pa die Drehzahl.

Die verfügbare Kühl- bzw. Heizleistung stehe in direkter Abhängigkeit zum Außenluft-Volumenstrom. Zur Leistungserhöhung würde eine Erhöhung des Außenluft-Volumenstroms jedoch in vielen Betriebszuständen nicht zweckmäßig sein. Deshalb könnten die dezentralen Lüftungsgeräte mit einem zusätzlichen Umluftventilator geliefert werden. Dieser werde unabhängig vom Außenluftstrom je nach gewünschter Raumtemperatur geregelt.

Die Modultechnik bei den Lüftungsgeräten des Lingener Herstellers erhöhe die Flexibilität in der Bauphase. In die Leerwanne können drei verschiedene Funktionseinheiten eingesetzt werden:

  • Fassadenlüftungsgerät für Außen- und Umluftbetrieb
  • Umlufteinheit mit erhöhter Heiz- und Kühlleistung
  • Leerkanal mit Abdeckblechen

In der Praxis habe sich die stufenweise Montage bewährt. Im Rohbau werden die Leer­kanäle mit einer Baustellenabdeckung montiert. Erst im Endausbau werden dann die Innenteile eingebracht. Alle Komponenten seien dabei mit vorkonfektioniertem Elektro-Anschluss durch verwechselungssichere Stecker versehen. Die Inneneinheiten sollen sich in weniger als zehn Minuten installieren lassen. Diese Vorgehensweise spare auch die sonst notwendige Endreinigung nach der Bauphase. Ferner bestehe die Möglichkeit, erst zu einem späten Zeitpunkt zu entscheiden, ob Außenluft- oder Umluftgeräte oder gar Leerteile montiert werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen sich darüber hinaus Außenluftgeräte mit geringem Aufwand zum Umluftgerät umbauen lassen.

Wärmerückgewinnung

Bei sehr vielen Projekten wird die Abluft zentral über die Flure zu einer Absaugungsstelle geführt. In nahezu allen Fällen ist eine Wärmerückgewinnung mit Wärmepumpe vorgesehen. Das hat den Vorteil, dass die zurückgewonnene Wärme auch zentral eingespeist werden kann: Diese steht damit zum Beispiel der sonnenabgewandten Gebäudeseite oder der Brauchwasserbereitung zur Verfügung.

Die Vorteile der dezentralen Klimatisierung werden insbesondere dann ausgenutzt, wenn die Lüftung nur bei besetzten Räumen, zum Beispiel durch Präsenzmelder, betrieben wird. Vorteilhaft ist es, zur Sicherung des hygienischen Luftwechsels in regelmäßigen Abständen, etwa zweimal täglich, einen kurzzeitigen Lüftungsbetrieb vorzusehen. Die Außenluftventilatoren können zum Beispiel auch CO2-abhängig geregelt werden. Die Raumtemperatur wird über den Umluftbetrieb eingestellt.

Instandhaltung und Wartung

Zur Wartung und zum Filtertausch müssen die einzelnen (Büro-)Räume betreten werden. Die Filterprüfung und deren Austausch sei jedoch relativ einfach. Nach Abnahme des Abdeckrostes und Öffnen der Filterabdeckung lasse sich der Filter herausziehen. Die meisten Geräte werden zur trockenen Kühlung eingesetzt. Dennoch gibt es in der Regel bei allen Geräten eine Kondensatauffangwanne, in der eventuell in extremen Situationen kurzzeitig auftretendes Kondensat aufgefangen wird.

Die VDI 6022 sowie die VDI 6035 geben Hinweise zur Wartung und Instandhaltung. Nach VDI 6022 sei es zulässig, sogenannte Referenzprüfungen durchzuführen. Zu diesem Zweck werden Referenzräume ausgewählt. Wird in einem der Referenzräume ein verschmutzter Filter oder eine sonstige Beeinträchtigung festgestellt, so hat ein Austausch der Filter bzw. eine Schadensbehebung im gesamten Sektor stattzufinden.

Durch diese Maßnahme lässt sich die Anzahl der Wartungen deutlich reduzieren. Praxiserfahrungen berichten von bis zu 2½ Jahren Filterstandzeiten. Nicht zuletzt sei dies auf die kurzen Betriebszeiten aufgrund der Raumnutzung zurückzuführen.

In den letzten Jahren hat sich die dezentrale Lüftungstechnik im Markt fest etabliert. Dennoch gibt es Einsatzgrenzen, die insbesondere dann vorliegen, wenn eine kontrollierte Be- und Entfeuchtung gefordert ist. Bei Sanierungen im Bestand oder in denkmalgeschützten Gebäuden, die keine Fassadendurchbrüche zulassen, gibt es häufig keine Alternative zur zentralen Lüftung. -

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