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Effizienzerhöhung in RLT-Anlagen - 2. Teil: Anwendungsbeispiel

Luftdurchströmte Schotterschüttungen

    Projekt Produktionshalle für mechanische Bearbeitung

    Die Konzeption, Planung und Errichtung der luftdurchströmten Schotterschüttung erfolgte im Zeitraum 2007/2008 und ist aus Platzgründen unterhalb der Bodenplatte der neu zu bauenden Produktionshalle eines mittelständigen Unternehmens in Mittelsachsen angeordnet. Der luftdurchströmte Schotterspeicher soll der Raumkonditionierung insbesondere in der Sommerperiode dienen und ist somit in das Gesamtklimatisierungsregime der Werkhalle eingebunden.

    Das System wurde über einen Zeitraum von anderthalb Jahren aufwendig vermessen und liefert so grundlegende Informationen zur Planung, Berechnung, Simulation und konstruktiven Umsetzung von Schotterspeichern. Ziel war es, wesentliche Ergebnisse über das thermische sowie lufthygienische Verhalten und Erfahrungen über die Bautechnik zu sammeln. Die Erkenntnis über das prinzipielle Leistungs- und Ertragsverhalten in Abhängigkeit von der Jahreszeit, das Erschöpfungsverhalten, die Variabilität als Funktion der Speichergröße und Mate­rialkennwerte sowie der Betriebscharakte­ristik sind von wesentlichem Interesse.

    Die Anlage ist für einen Nennvolumenstrom von 30000 m³/h ausgelegt. Das dafür dimensionierte Speichervolumen hat eine quaderförmige Kubatur mit den Abmessungen 2,5 x 10 x 6,5 m (H x B x L). Als Gesteinsfüllung fand Metagrauwacke mit einer Kornverteilung 45/150 Verwendung. Diese wird von der benötigten RLT-Außenluft direkt durchströmt. Die Regeneration des Speichers erfolgt neben dem erdreichseitigen Wärmetransport mithilfe von durchströmender Außenluft. Der Speicherkörper wurde unterhalb der Bodenplatte der neu zu bauenden Produktionshalle eingebaut. Er ist weder thermisch noch hermetisch gegen das umschließende Erdreich abgedichtet. Zur stofflichen Trennung des Systems wurde der Gesamtkörper mit Geotextil umschlossen. Die Anbindung an das Luftleitungssystem erfolgt über monolithisch hergestellte Schächte. Bild 1 zeigt den oberen Abschluss des Speichers vor dem Einbau des thermisch entkoppelten Fußbodenaufbaus, Bild 2 das technologische Verfahrensschema.

    Der Schotterspeicher wird im Betriebsfall durch zwei getrennte Außenluftansaugungen mit Frischluft versorgt. Je nach Witterungsbedingung kühlt oder erwärmt sich dabei die Außenluft. Eine Außenluftansaugung wurde durch die Werkhalle über Dach geführt. Die zweite besteht in Form eines Ansaugturms im Außenbereich der Produktionsstätte. In beiden Außenluftansaugungen sind Grobfilter der Klasse G 2 integriert. Die so aufbereitete Außenluft wird anschießend den Zuluftanlagen zugeführt. Im Regenerationsfall wird wiederum Außenluft über einen Axialventilator angesaugt und über einen Außenluftturm abgegeben. Die Ansaugung der Regenerationsluft erfolgt dabei über das gleiche Außenluftgitter, welches im Regenerationsfall die Zuluftanlagen 1 und 2 mit Außenluft versorgt. Die im DDC-Screen (Bild 3) dargestellten magentafarbenen Lüftungsstränge führen zu den Zuluftanlagen. Die Außenluftkanäle sind mit grüner Farbe gekennzeichnet. Die beiden Zuluftanlagen sind baugleich und bestehen je aus einem Luftfilter F 7 und dem Radialventilator für die Zuluft. Im Anschluss wird die Zuluft über das Luftleitungssystem der Produktionshalle zur Verfügung gestellt.

    Im Winterfall wird Umluft mit Mindestaußenluftanteil gefahren. Die Lüftungsstrategie sieht folgende Betriebszustände vor.

    1. Winterbetrieb:

    Zuluftanlage I in Betrieb, Zuluftvolumenstrom auf min. 7000 m³/h, Mischluftbetrieb, Umstellklappen werden aus DDC separat gesteuert.

    2. Herbst- / Frühjahrsbetrieb:

    Anlage wird bei einer Außentemperatur von > 0 °C (einstellbar) mit Zuluftanlage I + II mit reduzierter Leistung über den Schotterspeicher gefahren.

    3. Sommerbetrieb:

    Zuluftanlage I + II mit 100 Prozent Volumenstrom über Schotterspeicher am Tag, Nachtaufladung des Speichers mit direkter Nachtkühlung der Hallen.

    Die darauf aufbauende Regelstrategie in Tabelle 1 war Grundlage der DDC-Programmierung.

    Messergebnisse

    Um die Schotterspeicheranlage auf ihr Betriebsverhalten überprüfen zu können, sind an verschiedenen Stellen Messauf­nehmer installiert. Folgende Messgrößen wurden überwacht:

    • Luftvolumenstrom
    • Differenzdruck
    • Außenlufttemperatur
    • Außenlufttemperatur im Ansaugturm über Dach
    • Lufttemperatur im Schotterbett
    • Gesteinsoberflächentemperatur im Schotterbett
    • Gesteinskerntemperatur im Schotterbett
    • Schotterspeicher-Austrittstemperatur
    • Zulufttemperatur
    • Luftfeuchte

    Die Messwertaufnahme der Temperatur erfolgt kontinuierlich, unabhängig von der Betriebsart des Schotterspeichers bzw. der Gasamtanlage. Die in der Legende benannten Abkürzungen stehen für die in Tabelle 2 näher bezeichneten Temperaturen.

    Im Speicherbetriebsfall soll der Schotterspeicher im Sommerbetrieb für eine deutliche Absenkung der Lufttemperatur sorgen.

    Im Diagramm muss sich demzufolge während des Speicherbetriebs die Zulufttemperatur klar unterhalb der Außenlufttemperatur befinden. Dies lässt sich aufgrund der Messwertergebnisse eindeutig ableiten. Die Kühlfunktion des Schotterspeichers kann damit eindeutig belegt werden (Bild 4).

    Vom Spätsommer 2008 bis Frühjahr 2009 wurden umfangreiche Messreihen aufgenommen, ausgewertet und anlagen- sowie regelungstechnische Optimierungen vorgenommen. Seit Juni 2009 konnte der in der Entwurfsplanung gewünschte Zustand der RLT-Anlage weitestgehend realisiert werden. Es folgte eine stetige monatliche Auswertung der am Standort erfassten Messdaten. Beispielhaft sind in Bild 5 die relative Luftfeuchte und in Bild 6 der Druckverlust des Schotterspeichersystems dargestellt.

    In den kühlen Nachtstunden folgt die Zulufttemperatur der Außenlufttemperatur, da die Anlage die Außenluft direkt ansaugt, so wie es das Regelungskonzept vorsieht. In Phasen mit angenehmen Außentemperaturen von weniger als 25 °C lässt sich feststellen, dass sich der Speicher nur noch bei Temperaturspitzen in Betrieb befindet. Ansonsten erfolgte auch am Tage eine Sicherstellung der Zuluft über die Direktansaugung.

    Als Weiteres wurde die Temperaturentwicklung im Schotterbett untersucht. Hierzu wurden an sechs verschiedenen Plätzen im Schotterbett die Lufttemperatur, die Oberflächentemperatur und die Kerntemperatur der Steine messtechnisch erfasst. Die Auswertung der Messwerte ergab, dass zum jeweiligen Zeitpunkt die Temperaturunterschiede zwischen Luft, Oberfläche und Kern am jeweiligen Messplatz kleiner als 0,5 K waren. Die Temperatur entlang des Radius eines Steins kann somit als konstant angesehen werden ( ϑ⁄ϑr = konst.). Damit lässt sich sagen, dass vom aktiv durchströmten Bereich der Schotterschüttung die gesamte Gesteinsmasse zur Speicherung zur Verfügung steht. Alle Messplätze zeigen ein mit der Außentemperatur und Durchströmungsdauer zusammenhängendes und qualitativ vergleichbares Verhalten. Daraus kann geschlossen werden, dass der gesamte Speicherkörper bei der Wärmeübertragung aktiv wird.

    Dennoch lassen sich quantitative Unterschiede bei der Temperaturentwicklung einzelner Messplätze feststellen (siehe Bild 7), die auf eine ungleichmäßige Durchströmung hinweisen. Die Temperaturdifferenzen der einzelnen Messplätze untereinander können während des Speicherbetriebes bis zu 6 K betragen. Daher sollte im Sinne einer optimalen Speicherausnutzung auf die gleichmäßige Durchströmung großer Wert gelegt werden.

    Energetische Auswertung

    Nachfolgend sind die Berechnungsergebnisse, basierend auf der Jahresauswertung 2009, hinsichtlich der Kälteenergiebedarfsbewertung sowie der Kälteenergiebereitstellung des Schotterspeichers für eine durchschnittliche sommerliche Zulufttemperatur von 20 °C dargestellt. Der Energiebedarf ergibt sich aus der Enthalpiedifferenz zwischen der Außenluft und dem gewünschten Zuluftzustand unter Beachtung des durch die Zuluftanlagen geförderten Zuluftvolumenstromes. Je nachdem, ob die Außenluft wärmer oder kälter als der Soll-Zuluftzustand ist, resultiert ein Wärme- oder Kältebedarf. Wie aus dem Regelungskonzept ersichtlich, kann mit dem Speicher eine aktive Kühlung bzw. Vorwärmung der Außenluft erfolgen.

    In Bild 8 ist die Kältebedarfsdeckung grafisch aufbereitet. Im folgenden Flächendiagramm sind die monatlichen Energiemengen als Absolutwert aufgetragen. Die Fläche ist dabei nicht integrativ zu verstehen, sondern dient lediglich der besseren Veranschaulichung.

    Den berechneten Heizenergiebedarf der RLT-Anlage und die durch den Speicher erfolgte Bedarfsabdeckung für eine Heizperioden-Solltemperatur der Zuluft von 15 °C zeigt Bild 9. Defizite sind durch Wärmerückgewinnung, Umluftbeimischung und/oder Nachheizung zu kompensieren. Der Rückgang des Wärmebedarfs in den Monaten November und Dezember ist mit der Reduzierung des Außenluftvolumenstromes begründet, der über den Schotterspeicher geführt wird. Durch den Umluftanteil oder eine effektive Wärmerückgewinnung kann, wie im Fallbeispiel, auf ein Nachheizregister verzichtet werden.

    Abschließend soll auf die Monatsarbeitszahlen für die Zuluftttemperatur von 20 °C eingegangen werden. Die Ergebnisse zeigen die Darstellungen in Bild 10.

    Durch die Aufzeichnung der Volumenströme und die Messung der Druckverluste war es möglich, den für den Zuluftventilator notwendigen Mehraufwand an elektrischer Antriebsenergie zu bestimmen. Dieser resultiert aus den zusätzlichen Druckverlusten im Schotterspeicher und den zusätzlich notwendigen Luftleitungsbauteilen wie Luftverteilsystem, Filter etc. Wird die monatlich gewonnene Kälte- bzw. Wärmeenergiemenge des Speichers durch die zusätzlich aufgewendete Antriebsarbeit des Ventilators geteilt, so ergibt sich die Monatsarbeitszahl.

    Die Gesamtbilanz der Auswertung der Monatsarbeitszahlen fällt äußerst positiv aus. Erinnert sei an dieser Stelle noch einmal daran, dass herkömmliche Anlagen zur Kälteerzeugung eine Arbeitszahl von durchschnittlich drei ausweisen.

    Im gesamten Betriebszeitraum 2009 arbeitete die Schotterspeicheranlage hoch- effizient und erwirtschaftete damit eine energetische Einsparung von 18,9 MWh thermischer Nutzenergie. Dem steht ein Mehraufwand von 1 415 kWh elektrischer Energie gegenüber. Die realistische Jahresarbeitszahl des Projektes, welche sich aus der jährlich eingesparten thermischen Energiemenge und der jährlich zusätzlich aufgewendeten elektrischen Energiemenge zusammensetzt, ergibt in diesem Projekt einen Wert von 13,3. Das heißt, dass im gesamten Betrachtungszeitraum 13,3-mal mehr thermische Energie gewonnen werden konnte, als zusätzliche elektrische Energie aufgewendet werden musste. Auch das beweist einmal mehr den effektiven, ökonomisch wirtschaftlich und ökologisch sinnvollen Einsatz von Schotterspeicheranlagen bei der Konditionierung von Außenluft.

    Zusammenfassung

    Die Energieeffizienz von Raumlufttechnischen Anlagen kann durch vorgeschaltete Erdwärmeübertrager mit luftdurchströmten Schotterschüttungen signifikant erhöht werden. Basierend auf bereits existierenden Anwendungen, vor allem in der Landwirtschaft, aber auch vereinzelt im Komfortbereich, konnten im Rahmen eines BMWI-geförderten Forschungsprojektes an der Westsächsischen Hochschule Zwickau umfangreiche theoretische und praktische Untersuchungen vorgenommen werden, die die optimierte Dimensionierung, Vorausberechnung und Betreibung von luftdurchströmten Schotterschüttungen zulassen. Neben Betrachtungen zu den thermischen und geometrischen Eigenschaften von Schotterschüttungen konnte durch die Simulation des Be- und Entladevorganges während der Luftdurchströmung eine optimale Speichergeometrie entwickelt und messtechnisch nachgewiesen werden. Weitergehende Betrachtungen zu konstruktiven Lösungen, Strömungsverhalten und Druckverlustbestimmung sowie zur Betriebsweise und nicht zuletzt hygienische Untersuchungen ermöglichen die praxistaugliche Anwendung.

    Dadurch kann nicht nur Heizenergie gespart und das Frostrisiko an Wärmerückgewinnungseinrichtungen gemindert werden, sondern meist auf den Einsatz von Luftkühleinrichtungen gänzlich verzichtet werden. Bei erhöhten Klimaanforderungen reduziert sich jedoch zumindest die Größe und Betriebshäufigkeit von maschinellen Kälteerzeugungsanlagen zur Raumkonditio­nierung.

    Das vorgestellte Vorbemessungsverfahren gestattet die Abschätzung der Speichergröße und der Speicherkosten und dient somit als zweckmäßiges Instrument der konzeptionellen Anlagenplanung. Nach der als abschließender Forschungsbericht vorliegenden Planungsdokumentation ist die umfassende Vorausberechnung der Dimensionierung, der Energieerträge sowie der Wirtschaftlichkeit möglich.

    Anhand eines Pilotprojektes, welches einen Schotterspeicher in die RLT-Anlage zur Konditionierung einer Produktionshalle einbezog, konnten umfangreiche ­Messungen, Auswertungen und Optimierungen vorgenommen werden. Diese Ergebnisse fanden bereits in mehreren darauffolgenden Projekten Anwendung. Die vorliegenden Ergebnisse lassen auf eine energieeffiziente technische Lösung schließen, die sich durch hohe Wirtschaftlichkeit auszeichnet. -

    Quellenangaben (siehe Teil 1 in Ausgabe 05/2011)

    Vorbemerkung

    Während der Bearbeitung des in der vorangegangenen Ausgabe vorgestellten Forschungsprojektes „Erdwärmeübertrager mit luftdurchströmten Schotterschüttungen“ sowie in der Folgezeit sind bereits mehrere praktische Anwendungen geplant, gebaut und erfolgreich in Betrieb genommen worden. Neben dem Haupteinsatzbereich von RLT-Anlagen mit großen Luftvolumenströmen konnten zwischenzeitlich auch mehrere Anlagen im Bereich bis 10000 m³/h umgesetzt werden. Infolge eines zu hohen Grundwasserspiegels scheiterte ein Projekt, da sich der Aufwand für Wasserhaltungsmaßnahmen bzw. für bauliche Zusatzaufwendungen als unverhältnismäßig erwies. Für derartige Einsatzfälle und andere, vom ursprünglichen Ansatz abweichende Einbauverhältnisse sind Weiterentwicklungen geplant. Nachfolgendes Projekt, welches auch messtechnisch begleitet wurde, gibt einen Gesamteindruck von der Umsetzung der Forschungsergebnisse.

    Prof. Dr.-Ing. Mario Reichel

    Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, FB Maschinenbau / Verfahrenstechnik, LG TGA, Professur TGA / Regenerative Energiesysteme

    Mario Reichel, Dresden

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