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Zentrale und dezentrale Wohnungslüftungen mit spezifischen Vorteilen

Raumklima bestimmt Systemwahl

Bei der Auslegung von Heizungsanlagen ist es beispielsweise ganz selbstverständlich, dass als Grundanforderung die Heizlast und der Warmwasserbedarf abgedeckt sein müssen. Erst im nächsten Schritt wird überlegt, mit welcher Heiztechnik das gegebene Ziel energieeffizient und wirtschaftlich zu erreichen ist und welche Komfortanforderungen der Bauherr darüber hinaus stellt.

Bei der Auslegung von Wohnungslüftungen sollte die Vorgehensweise ähnlich aussehen: Hier ist für den Komfort und das Wohlgefühl der Bewohner nicht nur die Frage des Luftwechsels entscheidend, sondern ebenso ein gesundes Innenraumklima. Die Innenraumluftqualität (Indoor Air Quality; IAQ) ist dabei im Wesentlichen abhängig von:

  • dem regelbaren Luftaustausch analog der CO2-Belastung im Raum;
  • einer geregelten Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent relativer Luftfeuchte;
  • der Filtration der zugeführten Außenluft, um keine Pollen, Bakterien, Feinstaub und andere Reizstoffe zuzuführen;
  • dem Abtransport belasteter Innenraumluft, speziell von allergen wirkenden Schwebstoffen wie Schimmelsporen, sowie nicht zuletzt von
  • der gleichmäßigen Temperaturhaltung der Frischluft.
  • Welche Vorteile und Einschränkungen weisen zentrale und dezentrale Lüftungssysteme auf, um diese Kriterien für ein gesundes Innenraumklima zu erfüllen? Und wie lässt sich eine hohe Raumluftqualität wirtschaftlich erzeugen?

    Parametergesteuerter Luftwechsel

    Vergleichbar mit der Heizlast für die Heizungsanlage ist die Grundlage für die Auslegung einer Wohnungslüftung die auszutauschende Luftmenge pro Raum und Stunde. Der Maximalwert richtet sich dabei nach Raumvolumen und der üblichen Raumnutzung – beispielsweise dem CO2-Ausstoß durch die Personenzahl. Generell gilt festzuhalten: Je höher das zu bewegende Luftvolumen, umso größer die erforderliche Förderleistung des Ventilators. Das setzt dezentral zum Beispiel raumweise in die Außenwände eingebauten Ventilatoren Grenzen. Denn zu hohe Drehzahlen der Ventilatoren bringen in diesem Fall für die Bewohner eine zu große Geräuschbelastung mit sich.

    Der Ventilator einer zentralen Wohnungslüftungsanlage ist hingegen einfach objektbezogen zu dimensionieren, ohne dass die Gefahr einer Schallemission besteht. Zentrale Anlagen sind in verschiedenen Baugrößen verfügbar, schallgeschützt montiert und werden in der Regel nicht im direkten Wohnbereich installiert. Die Anpassung des geförderten Luftvolumens an den Raum erfolgt hier über das Kanalsystem und regulierbare Luftventile.

    Steigen die Parameter Luftfeuchtigkeit oder CO2-Konzentration über einen definierten Grenzwert, sodass mehr Luftaustausch notwendig ist, bleibt die zwangsläufig höhere Ventilatorleistung für die Bewohner dennoch kaum hörbar. Bei höherem Lüftungsbedarf überschreiten dagegen viele Einzelraumventilatoren die zugelassenen 30 dB(A). Daher ist bei dezentralen Systemen zu empfehlen, die Schallangaben der Hersteller in Abhängigkeit zur Förderleistung zu bewerten.

    Eine der größten Herausforderungen ist aber für die so genannten Push/Pull-Geräte der Winddruck, der gegebenenfalls auf der jeweiligen Gebäudeseite anliegt. Dieser Druck wirkt unmittelbar auf die Funktion der reversierbaren Axialventilatoren. In der Folge verändern sie zwangsläufig und nicht steuerbar ihre Förderleistung in beide Luftrichtungen. Die planmäßigen Volumenströme sind dadurch kaum mehr zu gewährleisten.

    Eine bedarfsgerechte Regelung gemäß den entscheidenden IAQ-Parametern ist zudem mit vielen Einzelraumlüftern schon ausstattungstechnisch nicht möglich. Nur wenige Modelle verfügen zum Beispiel über eine KNX-Konnektivität, um externe Sensoren aufschalten zu können. Außerdem ist für eine wirksame, bedarfsgerechte Regelung der gesamten Wohnungslüftung bei dezentralen Lüftern eine gemeinsame Steuerung aller Ventilatoren erforderlich. Diese Option bieten nur wenige Hersteller an. Bei zentralen Anlagen ist eine ganzheitliche Lüftungsregelung hingegen systembedingt der Standard.

    Regelbare Feuchterückgewinnung

    Neben den Aspekten der Strömungs­regelung ist das Verfahren der Feuchte­rückgewinnung ein weiteres wichtiges Detail.

    Die Feuchterückgewinnung nach dem Enthalpie-Verfahren ist am weitesten verbreitet. Es kommt in vielen zentralen Lüftungsanlagen mit Plattenwärmeüber­tragern zum Einsatz. In dezentralen alternierenden Einzelraumlüftern ist die Feuchterückgewinnung konstruktionsbedingt der Standard. In beiden Fällen lässt sich allerdings die Feuchteübertragung nicht regeln. Die Konsequenz: An Wintertagen mit hoher Außenluftfeuchtigkeit und / oder anhaltend hohem Feuchtegehalt der Abluft besteht die Gefahr der Überfeuchtung der Raumluft.

    Möglich ist eine geregelte Rückgewinnung der Luftfeuchtigkeit hingegen durch Rotationswärmeübertrager, die in zentralen Lüftungsanlagen verbaut werden können. Der Grad der Feuchterückgewinnung wird dabei über die Umdrehungsgeschwindigkeit des Rotors bestimmt. Eine Überfeuchtung der Räume im Sommer wird dadurch ebenso vermieden wie die Austrocknung im Winter.

    Feinstaubfiltration gewinnt an Bedeutung

    Ein anderer Aspekt der Raumluftqualität ist die Filtration der Außenluft. Auch hier weisen zentrale und dezentrale Systeme wichtige Unterschiede im Detail auf.

    Die Feinstaubbelastung durch den Straßenverkehr in Ballungsgebieten ist aktuell in aller Munde. Aber auch im ländlichen Bereich herrscht oft eine hohe Feinstaubkonzentration, und zwar durch die weit verbreitete Holzverfeuerung in Kaminöfen. Die Feinstaubfiltration der Außenluft ist somit ein wichtiges IAQ-Kriterium.

    Hochwirksame Filter, die nach der neuen Norm ISO 16890 bewertet sind, stehen gleichermaßen für immer mehr zentrale und dezentrale Systeme zur Verfügung. Sie können sogar kleinste Partikel von < 1 μm zurückhalten – wie zum Beispiel Bakterien, Viren und sonstige gesundheitsschädliche Nanopartikel.

    Die Praxis zeigt allerdings, dass die beschränkten Baumaße von Einzelraumlüftern und die Leistungsfähigkeit von deren Ventilatoren auch die Filtertechnik limitieren. Hocheffiziente Partikelfilter setzen sich hier schnell zu bzw. unterbinden einen ausreichenden Luftwechsel. Sie müssten häufig gewechselt werden, sonst reduziert sich die Förderleistung des Ventilators drastisch. Daher werden für dezentrale Lüfter vorzugweise gröbere Filter angeboten.

    In zentralen Wohnungslüftungsanlagen steht dagegen deutlich mehr Leistungsreserve der Ventilatoren und Bauraum zur Verfügung, sodass größere Filter mehr Schwebestoffe aufnehmen können. Es sind hier sogar ISO ePM1-Filter einsetzbar, die bis über 80 Prozent einer Fraktion mit Partikelgrößen von 0,3 bis 1 μm abscheiden. Dazu zählen Viren, Bakterien, Nanopartikel und Feinstaubrückstände fossiler Verbrennungsprozesse.

    Thermische Behaglichkeit

    Außer den IAQ-Kriterien sind bei der Systemwahl für eine Wohnungslüftung natürlich auch Komfortmerkmale zu berücksichtigen.

    Die Wärmerückgewinnung von Systemen der Wohnungslüftung ist so allein schon im Sinne der Energieeffizienz zwingend geboten. Vorgaben der Energie-Einsparverordnung (EnEV) lassen sich zum Beispiel ohne eine Übertragung der Wärme aus der Abluft auf die Zuluft nicht mehr erfüllen. Hier weisen sowohl zentrale als auch dezentrale Lüftungen vergleichbare Wärmerückgewinnungsgrade auf.

    Bei der thermischen Behaglichkeit hat jedoch eine zentrale Wohnungslüftung klare Vorteile. Denn hier wird die Zuluft kontinuierlich erwärmt. Einzelraumlüfter hingegen arbeiten im Push/Pull-Betrieb. Das bedeutet, etwa alle 70 Sekunden wechselt der Ventilator zwischen dem Abluft- und Zuluft-Transport. Dabei speichert ein Keramikkern die Wärme aus der Abluft und überträgt sie wieder auf die Zuluft. Daher klagen manche Wohnungsnutzer im Winter über Zugerscheinungen durch kühle Luft, wenn der Keramikkern vor dem Umschalten auf den Abluftbetrieb schon entladen ist.

    Investitions- und Betriebskosten

    Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf die Wirtschaftlichkeit von zentralen und dezentralen Systemen.

    Bei den Investitionskosten hat sich die Annahme verbreitet, Lösungen mit dezentralen Einzelraumlüftern seien kostengünstiger als zentrale Wohnungslüftungsanlagen. Pauschalisierungen sind aber selten zutreffend. Auch bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse ist daher eine genauere Betrachtung erforderlich: Wird die Wohnungslüftung im Zuge einer energetischen Sanierung nachträglich eingebaut, liegen die Kostenvorteile in der Regel auf Seiten dezentraler Systeme. Lüftungsrohre im Bestand zu installieren, wie sie bei einer zentralen Wohnungslüftungsanlage erforderlich sind, ist nur bei hohen Räumen möglich, in die eine Zwischendecke eingezogen werden kann, was das Ganze wiederum teurer macht.

    Bei den Investitionskosten im Neubau liegen beide Lösungen jedoch auf dem gleichen Niveau. Der Vorteil zentraler Anlagen ist, dass nur ein Gerät installiert werden muss, statt vieler einzelner. Der Aufwand für mehrere Durchführungen in Außenwänden und den elektrischen Anschluss für jeden Einzelraumlüfter ist aber mit der Verlegung eines Kanalnetzes mindestens vergleichbar. Wie die Erfahrung zeigt, sind vermeintliche Kostenunterschiede im Neubau also häufig darauf zurückzuführen, dass nicht genug Einzelraumlüfter eingeplant werden. Weil Push/Pull-Lüfter im Wechselbetrieb laufen, ist zudem die angegebene Luftvolumen-Fördermenge des Ventilators für den Luftaustausch nur zur Hälfte zu rechnen. Somit ist pro Raum mindestens ein Lüfterpaar einzuplanen.

    Auf der Betriebskostenseite sind die Vorteile der Systeme nicht so eindeutig zu bewerten. Die Energiekosten sind vergleichbar. Gravierender sind die Kosten für den Filterwechsel. Wie häufig Filter getauscht werden müssen, hängt jedoch von den örtlichen Gegebenheiten ab. Bei dezentralen Systemen müssen mehrere Filter gewechselt werden, was in der Summe teurer ist als bei Filtern zentraler Anlagen.

    Bei zentralen Wohnungslüftungsanlagen kommt die Reinigung des Kanalnetzes hinzu. Werden die Filter konsequent gewechselt, sind die Verunreinigungen in den Leitungen jedoch gering, also hygienisch unbedeutend. In der Regel ist es ausreichend, bedarfsgemäß nach einer optischen Kontrolle groben Schmutz raumseitig aus den Abluftkanälen abzusaugen. Der lagert sich üblicherweise bis 0,5 m hinter dem Ventil ab. Das kann der Wohnungsnutzer selbst erledigen. Diese Arbeit ist deshalb kostenneutral.

    Fazit

    Die Definition, was eine kontrollierte Wohnungslüftung ausmacht, wandelt sich. Stand im Jahr 2009, als die überarbeitete Lüftungsnorm DIN 1946-6 veröffentlicht wurde, noch die Absicherung des Mindestluftwechsels im Vordergrund, wird heute eine hohe Raumluftqualität gefordert. Dazu zählen die Regelung der Luftfeuchtigkeit und des CO2-Gehalts in der Raumluft sowie die Filtrierung und Erwärmung der zugeführten Außenluft bei hoher thermischer Behaglichkeit.

    Eine solche parametergesteuerte Wohnungslüftung lässt sich technisch wie wirtschaftlich am besten mit zentralen Wohnungslüftungsanlagen realisieren. Ist im Bestand die Installation von Lüftungskanälen nicht machbar, decken Einzelraumlüfter zumindest die Basisfunktionen ab. Auf eine ventilatorgestützte Wohnungslüftung ganz zu verzichten, ist in energetisch gedämmten Gebäuden jedoch keine Option. ■

    Bild: Systemair / Lang

    Klaus Lang,
    Product Area Director 
    Residential Ventilation bei der Systemair GmbH, 97944 Boxberg.

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