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8. Gustav Lorentzen Konferenz vom 7. bis 10. September in Kopenhagen

IIR-Konferenz zu natürlichen Kältemitteln

Mit über 300 Teilnehmern aus mehr als 30 Ländern und fünf Kontinenten sowie rund 130 Vorträgen war die 8. Gustav Lorentzen Konferenz in Kopenhagen besser besucht denn je: Ein Beweis dafür, dass das Interesse an natürlichen Kältemitteln größer wird. Auch die Aufteilung der Besucher in Bezug auf ihre geographische Herkunft lässt tief blicken. So kam die Mehrzahl aus Dänemark, dem diesjährigen Gastland der Konferenz, gefolgt von Deutschland und Japan Länder also, in denen natürliche Kältemittel schon seit einiger Zeit eine wichtige Rolle spielen.

Grundsätzlich drehten sich so gut wie alle Vorträge um CO2, Ammoniak und Kohlenwasserstoffe in genau dieser Reihenfolge , aber auch Not-In-Kind (zu deutsch: artfremd) Alternativen wie zum Beispiel magnetische Kälteerzeugung sowie neue Kältemittelgemische oder auch Eisbrei kamen zum Zug. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch verschiedene technische Besuche in Supermärkten und einer Industriekälteanlage, bei denen interessierte Teilnehmer CO2-Anlagen in der Anwendung besichtigen konnten.

Der Countdown läuft

Der Wettlauf zwischen natürlichen Kältemitteln und HFKWs ist in vollem Gange. Wir bei Danfoss unterstützen natürlich auch Technologien basierend auf Kältemitteln mit niedrigem Treibhauspotenzial wie zum Beispiel CO2 oder andere natürliche Kältemittel. Auf der anderen Seite dürfen aber auch die Fortschritte auf der HFKW-Seite nicht vergessen werden. Die Anlagen sind wesentlich dichter als früher und die Kältemittelmengen wurden erheblich reduziert. Besonders hervorzuheben ist außerdem die durch den Technologiewettlauf hervorgerufene energetische Verbesserung der HFKW-Kälteanlagen, was besonders zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen unserer Industrie beigetragen hat, so Dr. Jürgen Süss, Vice President Technology bei Danfoss Dänemark, dem Hauptsponsor der Veranstaltung.

Damit lieferte er nicht nur den Einstieg für die Vorträge der kommenden drei Tage, sondern steckte gleichzeitig die Position eines der weltweit größten Unternehmen der Kälte- und Klimatechnik ab eine Position, die sich mit der vieler anderer Unternehmen der Branche decken dürfte.

Die dänische Politik hingegen sieht das Ganze schon etwas kompromissloser. Hier ­ ist seit 1. Januar 2007 der Einsatz von HFKWs in Kälteanlagen mit einer Füllmenge über 10 kg verboten, ausgenommen Pkw-Klima, Militär, Schiffe und Wartung. Hinzu kommt die Besteuerung importierter HFKWs abhängig von deren Treibhauspotenzial, die sich zum Beispiel auf 17,50 Euro/kg für R134a und 50,50 Euro/kg für R404A beläuft. Frank Jensen vom dänischen Umweltamt dazu: Die Politik muss klare Zeichen setzen und Unterstützung beim Ausstieg leisten. [...] In Dänemark konnten die Treibhausgasemissionen bereits erheblich reduziert werden und das ohne übermäßigen wirtschaftlichen Aufwand.

Findigen Anlagenbauern gelingt es allerdings, das 10kg Limit zu umgehen und die stringente Gesetzgebung damit etwas aufzuweichen. Frank Jensen ist dieser Kniff durchaus bekannt: Die größte Herausforderung ist die Einhaltung der maximalen HFKW-Füllmenge von 10 kg. Natürlich kann dieses Limit umgangen werden, indem einfach mehrere kleine Anlagen miteinander gekoppelt werden. Wenn darunter die Energieeffizienz nicht leidet, ist das für uns O.K. Das zeigt, dass auch in Dänemark noch längst nicht alle Aufgaben gelöst sind ganz abgesehen davon, dass es dort nur sehr wenige große kälte- und klimatechnische Produktionsstätten gibt und dass die HFKW-Steuer beim Export fertiger Produkte wieder zurückerstattet wird.

Der Klassenbeste: Ammoniak

Vom energetischen Standpunkt aus gesehen, macht Ammoniak von allen natürlichen Kältemitteln und auch im Vergleich mit den HFKWs in zahlreichen Anwendungen das Rennen. Eine Tatsache, die bei der derzeitigen Euphorie um CO2 gerne vergessen wird ganz im Gegenteil zu den eher negativen Aspekten Sicherheit und Kosten. Aber der kommende R22-Ausstieg, der aktuelle Trend hin zu mehr Energieeffizienz, die Betrachtung der Kosten über den gesamten Lebenszyklus (Life Cycle Cost, kurz LCC) sowie verschiedene technische Weiterentwicklungen könnten in Zukunft durchaus für NH arbeiten.

Bislang ist Ammoniak vor allem in der Industriekälte das Kältemittel der Wahl. Zu den typischen Anwendungen zählen die lebensmittelverarbeitende und pharmazeutische Industrie, Eisbahnen und Kühlhäuser. Allerdings gilt dies nicht für alle Länder. In Frankreich zum Beispiel ist der Einsatz von Ammoniak so streng reglementiert, dass die Anwendung häufig gar nicht möglich ist bzw. so umfangreichen Vorschriften unterliegt, dass die Betreiber davor zurückschrecken. Auch in den USA war man bislang eher vorsichtig.

Verbessertes Anlagendesign, zu dem vor allem geringere Füllmengen zählen, erleichtern den Einsatz von NH. Das gilt nicht nur für die Reglementierung, sondern auch für die Anwendungen. So könnte Ammoniak in Zukunft auch mehr im Klimabereich verwendet werden, einer Anwendung, die bislang aufgrund der Toxizität des Produkts nur selten in Betracht gezogen wurde.

Auch im Hinblick auf die Kosten wandelt sich das Bild. Zwar bleibt die anfängliche Investition für Ammoniakanlagen deutlich höher als bei HFKW-Systemen, was am geringeren Produktionsvolumen und den verwendeten Rohstoffen (Stahl statt Kupfer) liegt, aber die Betriebskosten fallen aufgrund der höheren Energieeffizienz häufig geringer aus. Dies gilt insbesondere bei Teillastbetrieb, einem zunehmend wichtigen Parameter. Unter dem Strich kann sich also der Einsatz von Ammoniak durchaus auch finanziell lohnen. Das größte Potenzial sehen NH-Anhänger bei Chillern im Leistungsbereich über 100kW. Gerade der R22-Ausstieg könnte sich hier als treibende Kraft erweisen, da dies bislang ein wichtiger Einsatzbereich für dieses Kältemittel war.

Das Sorgenkind: Supermärkte

Shit happens so einer der Vortragenden, als er auf die durchschnittlichen Leckageraten in Supermärkten zu sprechen kam und diese mit durchschnittlich 10% bezifferte. Ein Grund mehr, die Kältemittel hier genauer unter die Lupe zu nehmen, ganz abgesehen davon, dass natürlich auch viel in Bezug auf Anlagendichtheit und Energieeffizienz getan werden muss. Prof. Dr.-Ing. Michael Kauffeld, Hochschule Karlsruhe, dazu: Supermärkte sollten eine Energiequelle sein und nicht etwa ein Energierisiko.

In seiner gemeinsam mit der Ecofys GmbH durchgeführten Untersuchung kommt er zu dem Schluss, dass bei einem TEWI-Vergleich verschiedener Kombinationen synthetischer und natürlicher Kältemittel und einer angenommenen Leckagerate von 11,7% die natürlichen Kältemittel besser abschneiden. Nur im Falle hermetisch dichter Systeme führen HFKW-Anlagen und werden nur noch von R717/R744 Kaskaden übertroffen. (siehe Bild 1).

Allerdings wird in seiner Untersuchung auch deutlich, dass das Zusammenwirken zahlreicher Parameter entscheidend für den Energieverbrauch in Supermärkten ist (siehe Bild 2). Als wichtigste Maßnahme sticht dabei die Abdeckung der Kühlmöbel durch Glastüren bzw. Klappen hervor und liefert gleichzeitig Anlass zur Diskussion: Denn bei ungeeigneter Beleuchtung kann es genau durch diese Abdeckung zur Wärmeentwicklung kommen, die wiederum den Einsatz einer Klimaanlage erfordert: ein gutes Beispiel dafür, dass man nie nur einen Parameter losgelöst von allen anderen betrachten sollte. Das gilt im Übrigen auch für die Kältemittel. So sollte bei aller Euphorie um natürliche Alternativen immer die Energieeffizienz im Auge behalten werden.

Der Star: CO2

Wie schon so oft war CO2 wieder einmal der Star der Veranstaltung. Wichtigste Anwendung dürfte derzeit wohl die Supermarktkälte sein. Dabei wird die Anwendung in Kaskaden für die Tiefkühlung schon fast als Standardlösung gehandelt, während transkritische Systeme derzeit noch seltener vorkommen. So soll es laut Kauffeld aktuell europaweit über 100 solcher Anlagen geben. Der Haken: die Energieeffizienz dieser Systeme ist nur gewährleistet bei nördlichem oder gemäßigtem Klima. Bei höheren Außentemperaturen, wie zum Beispiel im Sommer in Südeuropa, bringen HFKW-Anlagen (z.B. mit R404A) deutlich mehr Effizienz.

Ebenfalls beachtet werden sollten die wesentlich höheren Investitionskosten für transkritische CO2-Anlagen verglichen mit konventionellen HFKW-Systemen von der Stange. Für transkritischen Betrieb sprechen Ergebnisse wie die von K.B. Madsen, Danfoss Dänemark sowie die Anlagen, die bereits laufen. Madsen kam bei in Dänemark durchgeführten Feldversuchen, bei denen Systeme mit R404A, CO2/R410A-Kaskaden und CO2 im transkritischen Betrieb miteinander verglichen wurden, zu dem Ergebnis, dass die transkritische Anlage am energie­effizientesten läuft. Neben der Supermarktkälte spielt CO2 inzwischen auch im Wärmepumpenbereich eine wichtige Rolle, sei es zu Heizzwecken oder zur Warmwasserbereitung.

Die Newcomer: R41 und Co.

So ganz ohne Chemie geht es eben doch nicht zumindest noch nicht. So wurden auch verschiedene neue Kältemittelgemische vorgestellt. Eines davon ist das quasi azeotrope Gemisch aus R41 (Fluorethan) und CO2. Dort wo CO2 transkritisch wird, bleibt das Gemisch unterkritisch, so Nicholas Cox von Earthcare Products Ltd. Die neue Mixtur, deren Patent übrigens zum Verkauf steht, bietet laut Cox zahlreiche Vorteile im Vergleich zu reinem CO2 vom höheren COP über 20% niedrigeren Saugdruck bis hin zu einem um ca. 5K höheren kritischen Punkt.

Besonders geeignet soll sie für Pkw-Klima und kleine Gewerbekälte wie zum Beispiel Getränkeautomaten sein. Wo also liegt der Hase im Pfeffer? In der Herstellung, die derzeit ausschließlich über die chemische Industrie, das heißt durch die Hersteller der HFKWs gewährleistet wird. Aber vielleicht ist hier ja noch nicht aller Tage Abend? Es bleibt auf jeden Fall spannend ...A.V. -

Links

http://www.iir-gl-conference-2008.dk

Der Kommentar:

Refrigerants, Naturally! 4 Jahre später

Schöne neue Welt oder einfach nur ein Marketinggag? So titelte die KK vor vier Jahren, als die Initiative Refrigerants, Naturally! ins Leben gerufen wurde. Damals hatten sich die drei Giganten Coca-Cola, Unilever und McDonalds gerade zusammengefunden, um sich für den Einsatz natürlicher Kältemittel in den eigenen Reihen stark zu machen. Was hat sich seither getan? Ehrlich gesagt nicht viel. Darüber konnte weder die Brillanz hinwegtäuschen, mit der John Gummer, ehemaliger britischer Umweltminister, durch das Seminar führte, noch die Tatsache, dass sich der erlesene Kreis inzwischen um PepsiCo, Ikea und Carlsberg erweitert hat. Wirklich aussagekräftige Ergebnisse hatte eigentlich nur Unilever vorzuweisen, die inzwischen 330000 von weltweit 2 Millionen Kühltruhen, also ca. 1/6 des gesamten Parks, auf Kohlenwasserstoffe umgestellt und konkrete Pläne dafür haben, wie sie ihre Kohlenwasserstoff Kühltruhen auch auf dem US-amerikanischen Markt etablieren wollen.

Coca-Cola hat seither ein paar Testreihen durchgeführt, die darauf hindeuten, dass CO2 die künftige Lösung für Getränkeautomaten sein könnte. Bis Ende 2008 will das Unternehmen ganze 40000 Anlagen von weltweit rund 9,5 Millionen (!) umgestellt haben. Ungeheuer beeindruckend auch die Zahlen von PepsiCo und Carlsberg. PepsiCo befindet sich noch im Teststadium und kommt auf ca. 1400 Getränkekühler mit CO2 oder Kohlenwasserstoffen, Carlsberg hat derzeit ca. 1100 Geräte mit Kohlen­wasserstoffen in Betrieb. Über McDonalds gibt es eigentlich gar nichts Neues zu ­sagen und Ikea ist so frisch dabei, dass sich jeglicher Kommentar erübrigt.

Fazit: Auch vier Jahre später drängt sich der Verdacht auf, dass die Kampagne Refrigerants, Naturally! in erster Linie ein Paradebeispiel für cleveres Marketing ist. Aber wer weiß, vielleicht werden wir ja in vier Jahren eines Besseren belehrt. Denn schließlich steht dem Ausstieg aus den HFKWs nichts mehr entgegen, wenn man den Worten von John Gummer Glauben schenken darf. Das sagte er allerdings auch schon vor vier Jahren A.V. -

A.V.

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