Als das KältenKlub-Mobil für eine neue Folierung bei Wolle stand, nutzten wir die Gelegenheit, um ihn zu fragen, wie das so funktioniert mit der Selbstständigkeit ohne einen Meistertitel.
In Deutschland kann man unter bestimmten Voraussetzungen einen Fachbetrieb gründen, ohne einen Meistertitel zu besitzen. Wolle Schäfer zeigt in diesem Beitrag auf, wie dieser Weg funktioniert und welche Schritte notwendig sind, um erfolgreich ein Handwerksunternehmen aufzubauen. Hier bekommst du eine kompakte Zusammenfassung.
KältenKlub: Ohne Bock geht nichts, oder?
Schäfer: Der erste Schritt zur Gründung eines Fachbetriebs ist die Entscheidung, diesen Weg zu gehen. Neben Begeisterung für das Handwerk ist auch eine gute Planung essenziell. Ohne Lust und Motivation wird es schwierig. Und natürlich brauchst Du viele Jahre Berufserfahrung. Ein Steuerberater ist ebenfalls Gold wert, vor allem, wenn Steuern nicht deine Stärke sind. Er kann dir von Anfang an helfen, steuerrechtliche Aspekte richtig zu handhaben.
Erstmal brauchst du richtig Lust auf die Selbstständigkeit. Ohne Bock drauf wird’s schwierig. Ganz wichtig: Viele, viele Jahre Berufserfahrung
KältenKlub: Was muss ich als erstes machen?
Schäfer: Damit dein Fachbetrieb offiziell existiert, musst du ihn beim zuständigen Gewerbeamt anmelden. Das ist sozusagen der erste offizielle Schritt. Diese Anmeldung wird dann automatisch an die Handwerkskammer weitergeleitet, die sich daraufhin mit dir in Verbindung setzt. Hier beginnt der Papierkram.
KältenKlub: Es geht sicher bürokratisch weiter, oder?
Schäfer: Ja, da du keinen Meistertitel hast, musst du einen Antrag nach § 6 und § 7 der Handwerksordnung (HWO) bei Deiner Handwerkskammer stellen. Diese prüft, ob du die notwendigen Voraussetzungen erfüllst. Dazu gehört z.B. der Nachweis von mindestens vier Jahren leitender Tätigkeit im Handwerk (z. B. als Bauleiter oder Betriebsleiter). Hier reicht es nicht, einfach nur einen Lehrling betreut zu haben. Die Handwerkskammer erwartet eine echte leitende Tätigkeit mit Verantwortung. Dann möchten die sehen, dass du einen betriebswirtschaftlichen und rechtswirtschaftlichen Kurs inklusive Prüfung absolviert hast. Zudem musst Du Arbeitszeugnisse zur Bestätigung deiner Erfahrung einreichen.
Der Weg zum eigenen Fachbetrieb ohne Meistertitel ist mit einigen Hürden und bürokratischen Schritten verbunden.
KältenKlub: Gilt die Handwerksordnung bundesweit einheitlich?
Schäfer: Die Handwerksordnung ist ein bundesweit einheitliches Gesetz, das in ganz Deutschland gilt. Es gibt also keine unterschiedlichen Handwerksordnungen für einzelne Bundesländer. Aber natürlich gibt es in der Praxis gewisse Unterschiede in der Umsetzung. Zum Beispiel haben die Handwerkskammern in den einzelnen Bundesländern einen gewissen Spielraum, wenn es um Ausnahmebewilligungen von der Meisterpflicht geht. Da kann es durchaus sein, dass in einem Bundesland eine solche Bewilligung leichter oder schwerer zu bekommen ist als in einem anderen. Auch im Bereich der Berufsausbildung gibt es Unterschiede. Die Handwerksordnung gibt zwar den Rahmen vor, aber die Bundesländer haben Einfluss auf die Gestaltung der Berufsschulen oder die Förderung von Auszubildenden. Und dann gibt es natürlich noch landesspezifische Förderprogramme für Handwerksbetriebe oder Existenzgründer. Aber was die rechtlichen Grundlagen betrifft, die sind überall gleich. Denn die Handwerksordnung ist eben ein Bundesgesetz – daran müssen sich alle halten.
KältenKlub: Und dann kann es losgehen?
Schäfer: Noch nicht ganz. Nachdem die Handwerkskammer dem Antrag Folge geleistet hat, folgt ein nächster Schritt: Die Beantragung der Betriebszertifizierung nach § 6 der Klimaschutzverordnung beim zuständigen Landesamt. Dafür benötigst du Nachweise über geeignete Werkzeuge (z. B. Lötgerät, Absaugstation, Vakuumpumpe) und eine Dokumentation deiner Betriebsstätte oder deines Lagerbestands. Eine eigene Werkstatt ist nicht zwingend erforderlich, aber du musst nachweisen, dass du über das notwendige Equipment verfügst. Nach Einreichung der Unterlagen dauert es einige Tage, bis die Behörde alles geprüft hat. Dann bekommst du eine Rechnung – und kurz danach deine offizielle Urkunde mit Betriebsnummer. Ab diesem Moment darfst du offiziell arbeiten.
KältenKlub: Der Weg zum eigenen Fachbetrieb ohne Meistertitel ist zwar mit einigen bürokratischen Hürden verbunden, aber er ist absolut machbar. Wolle Schäfer ist das beste Beispiel dafür, dass sich dieser alternative Weg langfristig lohnt. Wenn du die nötige Erfahrung hast und über eine Selbstständigkeit nachdenkst – warum nicht? Nutze die Chance!
Mit Erfahrung, Mut und Disziplin vom Angestellten zum Selbstständigen.
Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle
Wer in Deutschland ein zulassungspflichtiges Handwerk selbstständig ausüben möchte, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet die Handwerksordnung (HwO), insbesondere die Paragraphen 6 und 7. Gemäß § 6 HwO ist die Eintragung in die Handwerksrolle zwingend erforderlich, bevor eine selbstständige Tätigkeit in einem zulassungspflichtigen Handwerk aufgenommen werden darf. Diese Eintragung erfolgt bei der zuständigen Handwerkskammer und dient der Sicherstellung von Qualitätsstandards sowie dem Schutz der Verbraucher. Ohne eine solche Eintragung ist die eigenverantwortliche Ausübung des Handwerks nicht gestattet. Die Voraussetzungen für die Eintragung sind in § 7 HwO geregelt. Grundsätzlich ist das Bestehen der Meisterprüfung in dem betreffenden Handwerk erforderlich. Der Meisterbrief gilt als Nachweis für die fachliche, betriebswirtschaftliche und pädagogische Kompetenz zur Führung eines Handwerksbetriebs. In bestimmten Fällen können jedoch auch gleichwertige Qualifikationen anerkannt werden, beispielsweise ein einschlägiger Hochschulabschluss oder eine langjährige Berufserfahrung mit nachweisbarer Fachkompetenz. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung, wenn der Antragsteller über besondere Fähigkeiten verfügt, die eine eigenverantwortliche Betriebsführung rechtfertigen. Diese wird individuell geprüft und in Ausnahmefällen erteilt, wenn nachgewiesen werden kann, dass die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten anderweitig erworben wurden. Die Regelungen der Handwerksordnung stellen sicher, dass die hohe Qualität und Fachkompetenz im Handwerk gewahrt bleiben. Sie ermöglichen zugleich Flexibilität für qualifizierte Fachkräfte, die alternative Wege zur Selbstständigkeit einschlagen möchten.
Bild: KältenKlub
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