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Seewasser als Wärmequelle nutzen

Wärme pumpen auf hoher See

Nachhaltigkeit an Bord: Warum eine Wärmepumpe auf dem Schiff?

KältenKlub: Du warst auf einem Forschungsschiff und hast dort die weltweit erste Wärmepumpe eingebaut. Was waren die Anforderungen auf diesem Schiff, und warum hat man sich für eine Wärmepumpe entschieden?

Martin: Die Uthörn II ist ein kleines Forschungsschiff, das zwischen Bremerhaven und Helgoland pendelt und dabei die Wasserqualität und andere Parameter überwacht. Das alte Schiff war fast 50 Jahre alt und sollte ersetzt werden. Aufgrund der aktuellen Nachhaltigkeitsbestrebungen hat man sich entschieden, keinen Dieselantrieb mehr zu verwenden, sondern auf Ethanol umzusteigen. Ethanol brennt allerdings nicht besonders gut, und es gibt keine zugelassenen Heizkessel dafür. Wir mussten also eine Lösung finden, um das Schiff ohne Verbrennung zu beheizen.

KältenKlub: Wie kamst du auf die Idee, eine Wärmepumpe zu verwenden, und welche Herausforderungen gab es dabei?

Martin: Das Forschungsinstitut hat uns gefragt, ob eine Wärmepumpe möglich wäre. Wir haben das bestätigt, obwohl die Einsatzbedingungen anspruchsvoll waren: Als Wärmequelle stand zunächst Seewasser mit einer Eintrittstemperatur von -6 °C im Raum. Das ist aber unrealistisch, weil Wasser ja normalerweise bei solchen Temperaturen gefriert. Schließlich einigten wir uns auf eine Eintrittstemperatur von 0 °C, die wir auf bis zu -2,4 °C abkühlen können – dem Gefrierpunkt der Nordsee aufgrund des Salzgehalts.

KältenKlub: Welche technischen Lösungen habt ihr gewählt, und mit wem habt ihr zusammengearbeitet?

Martin: Wir haben eng mit Bitzer zusammengearbeitet, besonders bei der Auslegung der Verdichter und der Steuerung. Da Seeluft sehr aggressiv ist und Komponenten beschädigen kann, haben wir uns gegen eine Luft-Wärmepumpe entschieden. Stattdessen nutzen wir Seewasser als Wärmequelle und setzen einen großen Titan-Plattenwärmetauscher ein. So übertragen wir die Wärme effizient, ohne dass das Kältemittel direkt mit dem Seewasser in Kontakt kommt.

KältenKlub: Wie gewährleistet ihr sowohl die Heiz- als auch die Kühlleistung auf dem Schiff?

Martin: Die Wärmepumpe liefert 70 kW Heizleistung, um das Schiff warm zu halten. Gleichzeitig müssen wir Kaltwasser mit 4 bis 6 °C für die Klimatisierung der Labore bereitstellen. Das erreichen wir über den Plattenwärmetauscher und zusätzliche Regeltechnik, die es ermöglicht, sowohl Heiz- als auch Kühlanforderungen zu erfüllen.

KältenKlub: Wie verlief der Einbau der Wärmepumpe auf dem Schiff?

Martin: Der Einbau auf einem Schiff ist anders als in einem Gebäude. Wir haben die Anlage komplett bei uns gebaut, inklusive Verdichter, Steuerung und Wärmetauscher, und sie in der gewünschten Kundenfarbe lackiert. Nach erfolgreichen Probeläufen und der Abnahme durch den Kunden und das Forschungsinstitut wurde die Anlage an die Werft geliefert und in das noch offene Schiff eingebaut. Sobald das Schiff fertiggestellt war, haben wir die Anlage vor Ort in Betrieb genommen.

KältenKlub: Kannst du uns die technischen Daten der Anlage nennen?

Martin: Die Wärmepumpe besteht aus zwei halbhermetischen Sechszylinder-Kolbenverdichtern von Bitzer. Als Kältemittel verwenden wir R 513A. Ursprünglich wollten wir R 1234 yf einsetzen, aber aufgrund von Bedenken der Klassifikationsgesellschaft bezüglich der Brennbarkeit mussten wir umdisponieren. Die Anlage hat eine Heizleistung von 70 kW und eine Kälteleistung von 60 kW. Insgesamt sind etwa 20 kg Kältemittel im System enthalten.

KältenKlub: Ist dies tatsächlich die weltweit erste Wärmepumpe auf einem Schiff?

Martin: Ja, so etwas wurde bisher noch nicht realisiert. Traditionell haben Schiffe Heizkessel, die mit Diesel oder Schweröl betrieben werden. Da wir auf Ethanol setzen und es dafür keine zugelassenen Heizsysteme gibt, mussten wir eine alternative Lösung finden. Das macht dieses Projekt einzigartig.Es war ein spannendes Projekt und eine seltene Gelegenheit, etwas wirklich Neues in der Schiffstechnik umzusetzen. Ich hoffe, dass dieses Beispiel Schule macht und wir künftig mehr nachhaltige Technologien in der Schifffahrt sehen werden.

KältenKlub: Vielen Dank für das Gespräch.